oder bei offenem Licht Brennstoff aufzugießen, im heißen Sommer ist jedes derartige Verfahren, jede Voreiligkeit verbrecherische Torheit, die vielleicht neunmal ungestraft hingeht, daS zehnte Mal aber daS Lebe» kostet. Denn mit heilbaren Verletzungen geht es hier fast nie ab.
Feldrennach, 2. Juli. Gestern abend zwischen 9 und 10 Uhr trafen 3 junge Leute von Ottenhausen, welche von Conweiler gekommen waren, mit hiesige» jungen Leuten auf dem Wege nach Ottenhausen beim hiesigen Ort zusammen, wobei es alsbald zu Sticheleien kam. Einer der Ottenhauser Burschen hatte einen Revolver bei sich, mit dem er die Feldrennacher wiederholt abschrecken wollte und schließlich auf den vordersten der Feldrennacher Kameraden 4 Schüsse abgab, von denen einer den 18 Jahre alten Gold- arbeiter Gottlieb Genta er, Friedr. Gentner, Taglöhners Sohn, in den Unterleib traf. Der schwer- verletzte junge Mann wurde auf Anordnung des Distriktsarztes Dr. Harsch nachts noch ins Bezirks- krankenhaus Pforzheim verbracht, während Landjäger Stehle sich nach Ottenhausen begab, um die dahin gegangenen Burschen aufzusuchen und den Revolver- Helden dem Gericht einzuliefern. Näheres über diesen bedauerlichen Vorfall war noch nicht zu erfahren.
Wildbad, 30 Juni. Ei» tragisches Ende er- eilte die treubesorgte Gattin des Gasthausbefitzers Gottlob Rometsch zum »Wilden Manu." Am Don- nerstag abend munter und ohne über etwas zu klagen, zu Bette gehend, erlag sie Freitag morgen einer plötzlich ungeahnt eingetrelenen Herzlähmung. Sie erreichte ein Alter von nur 33 Jahren.
Wildbad, 28. Juni. Schnakenplage überall! Bei uns aber merkt man keine Spur davon, trotzdem wir eine ganz warme Temperatur hier haben. Seit 3 Tagen hat sich der Sommer zur Freude aller auch in Wildbad mit ganzer Pracht eingestellt. Die täglich hier ankommeoden 19 Züge bringen auch immer mehr Kurgäste. Heute zählt die Fremdenliste 4300 Gäste auf.
Unterreichenbach, 29. Juni. Einen schrecklichen Tag haben wir hinter uns. Am Donnerstag hatten wir nicht weniger wie fünf Gewitter, welche eine große Wassermasse brachten und zum Teil auch mit Hagel verbunden waren. Das Unwetter dauerte von 4—9 Uhr. Beim Bahnhof gab es am Eisenbahndamm infolge eines Blitzschlages einen Dammrutsch. Beim Bahnwarthaus in Dennjächt brauchte der 7 Uhr-Zug 10 Minuten, bis er endlich durch die Wassermassen kam. Die Bahn ist an derselben Stelle stark beschädigt. — Das Kind der Ludwig Pfeifferschen Eheleute, welches am Dienstag in die Nagold gefallen ist, ist bis jetzt «och nicht aufgefunden worden. Anhaltspunkte wolle man an Schultheiß Scholl oder an die Betroffenen selbst mitteilen.
Vom Calwer Wald, 29. Juni. Gestern zog ein schweres Gewitter, verbunden mit Hagelschlag, über die östliche Abdachungsfläche des Schwarzwalds. Eine Reihe der Waldgemeinden erlitt beträchtlichen Schaden. In Breitenberg erschlug der Blitz den 24jährigen ledigen Bauern Jakob Rentschler, der mit Heuladen auf der Wiese beschäftigt war.
Vermrschics.
Die Rentenempfängerin Witwe Schwarz aus Posegnick, Kreis Gerdauen (Ostpreußen), feierte am 24. ds. Mts. ihren 101. Geburtstag. Die alte Frau ist noch äußerst rüstig, sieht und hört noch vorzüglich, versteht ihren Haushalt und dreht noch fleißig das Spinnrad. Vor zwei Jahren fuhr sie noch mittels einer Karre Getreide nach Gerdauen. Frau Sch. hat ein vorzügliches Gedächtnis und erzählt mit großer Lebhaftigkeit Erlebnisse aus dem Befreiungskriege.
Gut pariert. Eine Zeitung der Jusel Man belustigte ihre Leser unlängst durch die Mitteilung, daß ein Konkurrenzwochenblatt in seinem Gratiskalender den Karfreitag auf den 20. April, statt auf den 13. verlegt habe, »augenscheinlich in der Meinung, daß jener Feiertag besser nach als vor Ostern gefeiert iverden müsse." Das angegriffene Blatt erwiderte Prompt: „Wir danken unserem unfehlbaren Kollegen für die Richtigstellung. Vielleicht entdeckt er nun aber auch, daß er selbst in der letzten Montagsnummer drei Flutzeiten binnen 24 Stunden ««kündigte und außerdem zwei Todesnachrichten unter „Geburten" versetzte." — Wer im Glashause sitzt, soll nicht mit Steinen werfen.
(Eine stattliche Leibwache.) Aus Rom wird berichtet: Außerordentliche Sicherheitsmaßregeln sind für den Besuch des Königs Viktor Emaouel in Ancona getroffen worden. Der „Messagero" stellt fest, daß 280 Detektivs, 500 Polizisten, 800 Jäger und 9000 Soldaten bei dieser Gelegenheit im Dienst sein werden. Die Polizei hat alle Balkone in den Straßen,
durch die der König kommen wird, gemietet und wird sie besetzt halten. Verschiedene Personen, die verdächtig erschienen, sind bereits verhaftet worden.
Eßt Gemüse! Die Gemüsekost tritt im Sommer in ihr volles Recht rin. Sie ist wenigstens für die warme Jahreszeit die geeignetste, da sie weniger Müdigkeit und Neigung zum Schlafen verursacht als die Fleischnahrung. Die fleischfressenden Tiere zeigen während des Tages das Schlafbedürfnis umso mehr, je heißer es ist; die pflanzenfressenden dagegen zeigen auch unter dem Einflüsse heißer Sonnenstrahlen wenig oder gar keine Einbuße ihrer Munterkeit. Das Pferd z. B. wird durch Hitze vielleicht nur feuriger und zur Bewegung geneigter, wie man aus dem lebendige» Araber schließen könnte. Die Menschen genießen die vielseitigste Nahrung, sie sind demnach auch den ver- schiedenartigsten Wirkungen ausgesetzt. Nach reichlichem Fleischgenuß stellt sich stets das Verdauungs- fieber in stärkerem Maße ei«, das in beschleunigtem Pulsschlag und dem Gefühl der Schwere und Müdigkeit besteht. Vegetarier (solche die nur von Pflanzen- kost leben) kennen dieses Schlafbedürfnis nach Tische überhaupt nicht. Wer weniger Fleisch und mehr Gemüse oder reichlich Obst genießt, spürt wenig davon. Leute, die viel Fleisch genieße», sind zwar voller und haben kräftigeres Aussehen, sind aber auch hitziger. Fleischgenuß steigert die Körperwärme, allein das ist es, was dazu bestimmt, ihn im Sommer zu beschränken, weil dadurch die Widerstandsfähigkeit gegen die Sou- neuwärme vermindert wird. Ein Lastträger von Neapel, der sich fast nur von Makkaroni nährt, trägt in der größten Hitze einen Menschen auf seinem Rücken den Vesuv hinan. In den Zeitungen war einmal mitgeteilt, daß ein Lastträger, der sich in Paris durch besondere Stärke auszeichnete, sich fast ausschließlich von Zwiebeln nährte, während mau im Gegenteil bei vollblütigen Fleischessern schon bei geringerer Bewegung starken Schweiß bemerken kann. Wir wollen nun keineswegs behaupten, daß in der Pflanzenkost das Heil bezüglich der menschlichen Nahrung zu suchen sei. Wir sind dagegen überzeugt, daß es zuträglich für das allgemeine Wohlbefinden und für die Gesundheit des Menschen ist, seine Aus- Wahl in den Nahrungsmitteln, wodurch er sich wesentlich vom Tier unterscheidet, den Zeiten mit ihren verschiedenen Einflüssen mehr anzupasfen, als es jetzt geschieht. Es ist wohlgetan, in der heißen Jahreszelt den Genuß von Fleisch und fetter Brühe, sowie von zu heißen Speisen herabzusetzeu und dem Gemüse, den leichten Mehlspeisen und erfrischendem Salat den Vorrang einzuräumen, um die Körperwärme, die schon durch äußerliche Einflüsse und durch die Kleidung gesteigert wird, auch nicht noch durch innerliche Au- feuerung in schädlicher Weise zu erhöhen.
Letzte Nachrichten u. Telegramms
London, 1. Juli. Der Expreßzug der Dampferlinie „Americam-Line" entgleiste auf der Fahrt von Plymouth nach London aus der Station Salisbury der Londoner, und Südwest-Eisenbahn. Nach den letzten Nachrichten find 23 Personen getötet und viele verletzt. — Die Reisenden des bei Salis- bury entgleisten Zuges waren in Plymouth mit dem Dampfer der »New-Nork-Americain-Liue" angekommen. Unter den Passagieren des Dampfers befanden sich auch der Bürgermeister von New-Dork uni) seine Gattin. Diese fuhren jedoch mit oem Dampfer von Plymouth nach Southampton weiter. Bei dem Unfall fuhr die Lokomotive, die zuerst entgleiste, in einen entgegenkommenden Güterzug hinein. Bei dem Zusammenstoß wurden mehrere Wagen des Expreßzuges, in denen 47 Reisende saßen, vollständig zertrümmert. Die Toten und Verwundeten konnten nur mit größter Mühe unter den zertrümmerten Wagen hervorgezogen werden. Letztere stürzten zum Teil den Bahndamm hinunter. Unter den verunglückten Passagieren sind einige mit deutschen Namen. Sie sind jedoch amerikanische Staatsangehörige.
Petersburg, 1. Juli. Der „Nowoje Wremja" wird aus Baturu gemeldet: Die Gährung bei den Mannschaften der Feftungsartillerie dauert fort. Die den Meuterern gestellte Frist, sich zu ergeben, läuft heute ab. In der Stadt hört das Morden uud Rauben nicht auf. Durch die nun 5 Wochen dauernde Unterbrechung, die der Dampfvcrkehr nach Odessa durch den Streik der Schiffsmannschaft erleidet, ist das Wirtschaftsleben an der ganzen Küste des Schwarzen Meeres lahm gelegt.
Der „Lok.-Anz." meldet aus Warschau: In der Neufeld'schen Fabrik in der Pragavorstadt über- fielen 10 bewaffnete Männer die Fabrikmädchen, mehrere Hundert, und beraubten sie des Wocheu- lohns. Ein Räuber wurde gestellt, er verübte Selbstmord, die anderen entkamen.
Heldentaten?
i.
Vom Himmel scheinet der Mond so hell Aui's Blumengärtchen nieder.
Es saß daselbst aus einsamer Stell'
Ein Pärchen, treu und bieder.
Händchen im Händchen Ein niedlich Studentchen,
Ein niedliches Klärchen,
Welch' trautes Pärchen!
Es leuchten die Sterne auf sie herab,
Ein Bächlein rauschet daneben,
Man hört in der Ferne Pferdegetrab Und Menschen, die sich bewegen.
Nichts tun sie hören,
Nichts tut sie stören,
Sie haben sich Liebe geschworen Und sind d'rum aufs neue geboren.
Es schreitet ein „Herrchen" von Stand Am blumigen Gärtchen vorüber.
„Eine Uniform! — ein Herr Leutenant!
Ach, alles wäre uns lieber!"
„Was seh' ich? Ein Pärchen?
Wahrhaftig, mein Klärchen!
Welch' bitteres Schmerzte Für's arme Herzle!"
Er ziehet den Säbel und springt hinan,
Denn Rache hat er geschworen;
Gewaltsam macht er durchs Gitter sich Bahn,
Er tut den Verführer — durchbohren.
Und das Studentchen —
Kalt wird sein Händchen.
0 tsmxora, o nwres!
Er ist und bleibt eaporss.
Doch Klärchen nimmt den Säbel zur Hand,
-- Sie läßt sich ihr „Glück" doch nicht rauben, —
Sie durchbohret zunächst den Leutenant,
Dann sich. — Ihr dürfet es glauben.
Naß und nässer Werden die Gräser.
Das schwarze Verderben Tut rot sie färben.
Das murmelnde Quellchen wird stumm,
Der Mond und die Sterne verschwinden,
Sie geh'n hinter Wolken hinum,
Um Deckung dahinter zu finden.
Ja: die drei Leichen,
Schreckliche Zeichen!
Doch — der Sünde Schimmer Verlocket noch immer.
II.
Es war eine alte, kranke Person Vom Krebs entsetzlich entstellet,
Und kein erfreulicher Liebeston Ihr einsames Stübchen erhellet.
Ihr gräßlich Leiden Tut Eckel bereiten.
Es läßt, sie zu pflegen,
Sich niemand bewegen.
Allein seufzt sie; der schreckliche Schmerz Hot ihren Glauben erschüttert.
Erkaltet ist das liebende Herz,
Das Leben durch's Leiden verbittert.
Es bleibt zu hoffen Kein Türchen offen,
Sie muß verderben Und hofft zu sterben.
Da tritt eines Tags im seidenen Kleid — So berichtet uns die Geschichte —
Frau von Krüdener, allezeit hilfsbereit,
Zur Armen mit frohem Gesichte.
Das Weib auf dem Lager,
So elend und mager,
Zwingt durch ihr Stöhnen Die Dame zu Tränen.
Sie erkennt in der stillen Jammergestalt Die liebedürstende Seele;
Es reißt sie fort mit solcher Gewalt,
Als ob das Leiden sie quäle.
Sie spricht keine Worte Am Jammerorte,
Doch die Augen künden Ihr tiefes Empfinden.
Der Druck der Hand die Leidende grüßt,
Getrieben von heiliger Liebe
Das gramdurchsurchte Gesicht sie küßt,
Hell wird das Stübchen, das trübe.
Und im dunkeln Tränen funkeln;
Es spürt die Arme Die Liebe, die warme.
Sie schüttet ihr Herz vor der Fremden aus,
Bekennt ihr offen die Sünden;
Zum Tempel wird das dürftige Haus,
Die Liede läßt Liebe finden.
Selige Leute!
Heilige Freude!
Lasse dich laden
Zu solchen Taten! Sv. N.
Bestellmgeu aus kn „Cuztäler"
für das LH. Quartal werden von allen Postanstalten u. Landstost«
boten entgegengenommen.