hiesigen Presse eingehende Erörterung und eine Be­leuchtung gefunden, die dem sozialdemokratischen .Volksfreund' keine Freude bereitet. Er schimpft deshalb gewaltig auf die gesamte bürgerliche Presse und zwar in einer Weise, die leicht erkennen läßt, wie sehr ihm der Hinweis auf den Zusammenhang zwischen dem verkrachten Verein und der sozialdemo­kratischen Partei und den Gewerkschaften unangenehm ist. Gewerkschaften und Privatpersonen wurden um Darlehen angegangen, teils mit, teils ohne Erfolg. So ließ sich ein Lokomotivführer, dessen Schwieger­sohn Vorstandsmitglied ist, bewegen, dem Verein ein Darlehen von 3100 zu geben. Seit 3 Jahren wartete er vergeblich auf einen Pfennig Zins; als in letzter Woche endlich das Zwangsverfahren ein- leitete, war es zu spät. Eine Mannheimer Firma suchte kurz vor Torschluß eine beträchtliche Lieferung von Waren dadurch zu retten, daß sie Beschlag da­rauf legte,- auch sie dürste das Nachsehen haben, da die Waren selbstverständlich in die Masse fallen. Ueber die Höhe der Verlnste läßt sich noch kein sicheres Urteil fällen.

Karlsruhe, 16. Juni. Beim Vorschußverein Eigeltingen wurde, wie die Blätter melden, anläßlich einer Revision ein Fehlbetrag von 160000 ^ fest­gestellt. Man hofft durch Hereinziehung des Reserve- fonds und des Stammanteils eine» Konkurs zu ver- meiden. Der Verein hatte durch den Konkurs des Kunstmühlenbefitzers Winter in Stockach im vorigen Jahre große Verluste erlitten. Auch sollen Unregel­mäßigkeiten von früher verschleiert worden sein.

Ein tragikomisches Erlebnis unserer Stadtver­waltung gab dem Gemeinderat Mühlhausen in seiner letzte» Sitzung zu manchen bissigen Bemerk- ungen und einer »scharfen Kritik Anlaß. Die Stadt hatte im Wege der Zwangsversteigerung von einem gewissen Aeby ein Haus für 5800 ^ gekauft. Die 5800 zahlte die Stadtkasse dem Notar des Aeby aus. Infolge eines Versehens stellte die Stadtkasse dem Aeby selbst eine Anweisung für 5800 aus und forderte ihn, da er das Geld nicht erhob, meh­rere Male dringend ans, den Betrag abzuhebe», was er denn auch tat. Die Stadt hat also das gekaufte Haus zweimal bezahlt. Später stellte sich der Irrtum heraus. Aeby, der inzwischen nach der Schweiz verzog, erklärte sich nur bereit, 5200 ^ herauszu- rücken, die übrigen 600 ^ will er für seine Mühe und seine Kosten behalten. Daraufhin hat die Stadtverwaltung ihn bei der schweizerischen Staats- anwaltschaft wegen Betruges und Unterschlagungen angezeizt.

AuS Düsseldorf wird geschrieben: Ohne weitere Prüfung des Sachverhalts hatte die in Düsseldorf erscheinende sozialdemokratische .Volks­zeitung' eine» ihr eingesandteu Bericht ausgenommen, daß ein städtischer Polizeibeamter im betrunkenen Zustande einen Knaben schwer mißhandelt habe. Der von dem betreffenden Beamten eingcleitete Beleidigungsprozeß stellte vor der hiesigen Straf­kammer die völlige Haltlosigkeit dieser Behauptung fest, weshalb zunächst der verantwortliche Redakteur Hugo Schotte wegen öffentlicher Beleidigung zu

zu sehen, ob er Widerstand leisten würde. Ich ver- misse ihn seit längerer Zeit. Woher haben Sie ihn?"

Ich fand ihn in der Gruft des Kommerziell- rats Heuberg!' erklärte Rühlemann, den Blick scharf auf Seefeld gerichtet.

»In der Gruft? Ist das möglich? Wie kommt mein Meißel dorthin?' rief Seefeld halb erstaunt, halb erschreckt.

.Diese Frage muß ich Ihnen vorlegen!'

.Ich bi» außer Stande, sie zu beantworte» I Ich sagte Ihnen ja schon, daß ich den Meißel seit längerer Zeit vermisse!'

ES bedurfte nicht des psychologischen Scharf- blickes, der eine der Haupteigeuschaften des tüchtigen Kriminalisten bildete, um zu erkennen, daß Seefelds Erstaune« ein aufrichtiges, ungekünsteltes war. Rühle- mann mochte ihn nicht quälen.

»Es ist klar,' sagte er, .daß alle diese Umstände gegen Sie sprechen. Aber ebenso klar ist mir auch, daß wir den Schuldigen anderswo zu suchen haben.'

.Wo aber?'

.Darüber habe ich vor der Hand kaum mehr als eine Vermutung. Lassen wir das momentan. Ahnen Sie, wer mir, der ich erst seit heute morgen hier bin, das Material gegen Sie in die Hand ge­geben hat?'

»Nein! Aber ich bitte Sie dringend, es mir zu sagen, damit ich den Schurken zur Rechenschaft ziehen kann!'

.Nicht so hitzig! Mit einem solchen Schritt würden Sie alles verderben. Nur dann werde ich

1 Monat Gefängnis verurteilt wurde. Dann aber beschloß ferner das Gericht eine Warnung für ähnliche Fälle den als Zeugen geladenen Urheber der Notiz wegen dringenden Verdachts des Meineids sofort zu verhaften.

Ein Pferdeschinder erhielt von dem Schöffengericht in Hochheim a. M. seine Strafe, aber leider eine zu milde. Der Landwirt PH. Hartmaun von Flörs­heim war angeklagt, seine beiden Pferde so mangel­haft ernährt zu haben, daß sie am Hunger zugrunde gingen. Das Gericht erkannte auf eine Freiheitsstrafe von 14 Tage».

Kattowitz, 18. Juni. Ein Ostündiger Wolken- bruch richtete gestern hier bedeutenden Schaden an. Das Wasser stand 1*/- Meter hoch in den Straßen. Ein 2stöckiger Neubau stürzte zusammen. Die Peter- und Paulskirche konnte von den Besuchern nicht ver­lasse» werden. Infolge Dammrutsches stürzte ein Eisenbahnzug, ohne daß Personen verletzt wurden, auf der Strecke Kattowitz-Jdaweiche vom Fahrdamm. Auch in Beuthen hat das Unwetter Schaden angerichtet.

Prag, 18. Juni. Im Sazawa - Gebiete ging über mehrere Gemeinden, darunter Selcan und Konopischt, ein Wolkenbruch nieder. Ungeheure Wassermengen überschwemmten ganze Gemeinden, rissen mehrere Brücken fort, verursachten bei mehreren Deichen Dammbrüche und machten ganze Straßen und Bahnstrecken unpassierbar. 7 Personen werden vermißt, 60 Häuser sind vollständig demoliert. Die Felder und Baumanlagen sind verwüstet. Eine Menge von Kleinvieh und Geflügel ist zugrunde gegangen. Zur Hilfeleistung ist Militär abgegangen.

ver misc htes.

Ein heißer Sommer in Sicht? Der Sonneu- hof, der am letzten Freitag in verschiedenen Landes­teilen und auch im Enztal beobachtet wurde, soll auf einen heißen Sommer hindenten. Im Stuttgarter Tagblatt erklärt ein Meteorologe die Erscheinung da­mit, daß der Planet Merkur in obere Konjunktion mit der Sonne kam und es nicht unwahrscheinlich ist, daß dies im Zusammenhang mit dem Phänomen steht. Am 10. Juni kam Jupiter in Konjunktion mit der Sonne; ebenso werden sich die Positionen anderer Planeten noch im Laufe dieses Monats und zu An- fang des nächsten bemerkenswert gestalten, was, in Verbindung mit dem gegenwärtigen Maximum von Sonnen flecken, solchen Leuten, die an einen Einfluß der Gestirne auf unsere Erde glauben, Veranlassung gibt, für die nächste Zukunft außergewöhnliche tellu- rische Erscheinungen vorauszusagen, was sich nicht nur in erneuerten seismischen Störungen und Vulkan­ausbrüchen äußer» würde, sonder« auch einen aus­nehmend heißen Sommer für die gemäßigten Zonen, außergewöhnliche Stürme zur See, Zyklone Orkane und Ueberschwemmungeu zu Land und dergleichen mehr befürchten ließe.

Mannheim, 18. Juni. Ei« Eifersuchtsdrama spielte sich gestern hier auf offener Straße ab. Einer ledigen Fabrikarbeiterin wurden von ihrem Liebhaber vier lebensgefährliche Dolchstiche beigebracht, aus Wut

Ihnen mitteilen, wer es war, wenn Sie mir ver- sprechen, keinen Schritt zu unternehmen, den ich nicht für gut befinde.'

Das kann ich nicht! Meine Ehre verlangt, daß ich den Hallunken züchtige, wie er es verdient!'

Wenn Sie mir jenes Verspreche» nicht geben, erfahren Sie von mir nichts mehr! Ich habe keine Lust, mir die ganze Arbeit durch ein unbedachtsames Vorgehen Ihrerseits verpfusche« zu lassen!'

Sceseld war erregt aufgesprungen und ging mit großen Schritten im Zimmer auf und ab.Aber dieses Versprechen soll doch nicht für ewige Zeiten gelten?' frug er.

Nur bis zum Ende der Untersuchung!'

Und wie lange kann diese dauern?'

Höchstens eine Woche!'

Gut, dann will ich Ihnen das Verspreche» geben.'

Auf Ehrenwort?'

Auf Ehrenwort!'

Das Sie verdächtigende Material wurde mir durch Herrn Josef Heuberg mitgeteilt!"

Das hätte ich ihm doch nicht zugetraut!' rief Seefeld.Ich weiß, daß er mich nicht leiden kann, ich weiß auch, warum'

Weil er Ihr Nebenbuhler ist!'

Ganz recht! Aber mau kann miteinander rivali­sieren, ohne zu ehrlosen Mitteln zu greifen mir wäre es nie eingefallen, ihn zu verdächtigen!'

Er beteuerte auch stets, nicht an Ihre Schuld

darüber, weil das Mädchen wieder mit ihrem früheren Liebhaberangebendelt' hatte.

Konstauz, 15. Juni. In Langenenzlingen (Hohenzollern) starb im 94. Lebensjahr der Arzt Dr. Failer. Er ist in seinem ganzen Leben nie auf der Eisenbahn gefahren. Vor zwei Jahren besuchte er einen Aerztetag in Sigmaringen zu Fuß.

Maursmünster i. Elf., 16. Juni. Das in der Gemarkung Reinhardsmünster gelegene Anwesen mit Wasserkraft, früher Sägemühle und Hammer­werk,Auf dem Hammer', unweit Zabern gelegen, wird am 29. ds. öffentlich versteigert. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, daß es sich hierbei um ein historisches, merkwürdiges Anwesen handelt, nämlich um den .Eisenhammer', den Schiller in seinem be­kannten Gedichte erwähnt. In unmittelbarer Nähe des Anwesens steht auch die Fridolinskapelle.

In der großen Meierei des französischen Land­wirts Hugo, dessen Gut am Ufer der Seine liegt, werden die Kühe, um die Milch vor jeder Unreinlich­keit zu bewahren, elektrisch gemolken. Das Prinzip besteht in der Nachahmung des Kalbsäugeverfahrens. Der Apparat wird durch eine gewöhnliche Vakuum­pumpe in Bewegung gesetzt. Von einem Pulsator aus zweigt auf jeder Seite ein vier Gumminäpfchen tragendes Rohr ab. Die Näpfchen werden an den Eutern angebracht, der Vakuumhahn wird geöffnet und durch die nun beginnende Tätigkeit des Pulsators erfolgt ein zweckentsprechendes Ausdehnen und Zu­sammenziehen der Näpfchen, so daß die Kuh glaubt, ein Kalb sauge an ihr. Die Erfahrung lehrt, daß die Kühe von dieser Melkart mehr befriedigt sind als vom Haudmelken. Von den Eutern rinnt die Milch durch einen mittels Drathnetzes geschützten Glashahn in die Milcheimer. Sobald die Milch zu fließen aufhört, dreht man den Pumpenhahn ab, läßt aber die Gummi- uäpfchen auf den Eutern, bis sie einer anderen Kuh aufgelegt werden; kommt die Milch keinen Augenblick mit der Luft in Berührung. Abgesehen von voll­kommener Reinheit und Reinlichkeit, wird durch das neue Verfahren auch eine viel größere Haltbarkeit der Milch erzielt als durch das Melken mit der Hand.

Immunisierung von Kälbern gegen Tuber­kulose. In der Akademie der Wissenschaften zu Paris teilte der Leiter des Pafteurschen Instituts in Lille, Prof. Calmette, mit, daß es ihm und seinem Mitarbeiter Gnerard gelungen sei, junge Kälber gegen Tuberkulose zu immunisieren, indem er ihrer Milch­nahrung ein kleines Quantum von Tuberkel-Bazillen zusetzte. Prof. Calmette hält es für möglich, daß auch Kinder auf diese Weise gegen Tuberkulose immunisiert werden könnten.

Rätsel.

Eine der Städte bin ich, auf Italiens Karte zu

finde»,

Aeudert mau Kopf mir und Fuß, bin ich ein

Fluß in Tirol.

Auflösung des Kapsel-Rätsels in Nr. 93.

Viele Köche verderben den Brei.,

zu glauben, während er Argument auf Argument für dieselbe herbeischafft.'

DaS sieht ihm ähnlich! O, könnte ich ihn fassen! Lieber Herr Kriminalkommissär, beeilen Sie sich möglichst mit Ihrer Untersuchung! Sie glauben nicht, wie ich mich danach sehne, den Hallunken zur Rechenschaft zu ziehen!'

Ich kan» es mir Wohl vorftellen. Allein ich muß in dieser Sache sehr vorsichtig operieren.'

Was gedenken Sie zu tun?'

Zunächst noch einige kleine Recherchen anzu- stellen. Vor allem aber muß ich an Sie die Bitte richten, jedes Zusammentreffen mit Herrn Heuberg vorläufig zu vermeiden.'

Das werde ich tun. Denn, wenn ich ihn träfe, könnte ich kaum für mich einstehen.'

Es ist dies um so wichtiger, als er unter keinen Umständen mißtrauisch gemacht werden darf. Viel­leicht kann ich Ihnen eine Revanche verschaffen, wie sie glänzender nicht gedacht werden kann!'

Wie meinen Sie das?'

Wir werden gemeinschaftlich Vorgehen müssen, und ich muß Ihnen deshalb mehr anvertrauen, als ich es sonst tun würde. Es geschieht jedoch ohne Bedenken, denn niemand hat ein lebhafteres Interesse daran, daß der wirklich Schuldige ermittelt werde, als Sie!'

Das ist gewiß richtig!'

(Fortsetzung folgt.)

Redaktion, Druck und Verla- von L. Meeh tn Neuenbürg,