Württemberg.

Die württ. Staatseisenbahnen hatten im Monat April bei einer Gesamteinuahme von 5.261,000 Mark gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres eine Mehreinnahme von von 177,000 zu verzeich­ne». Von den Mehreinnahmen entfallen 129,000 ^ auf den Personenverkehr und 48,000 ^ auf den Güterverkehr.

Beim Heeresersatzgeschäft im Jahre 1905 wurden im Bereich des württ. Armeekorps 10336 Mann ausgehobeu, und zwar 8858 für Truppen mit 2 jährigem Dienst, 861 für 3 jährigen Dienst, 126 als Trainsoldaten zu einjährigem Dienst und 217 zum Dienst ohne Waffe. Für die Marine Wurden 294 Mann ausgehoben. Von den Ausge- hobenen standen im Alter von 20 Jahren 6415 Mann, 21 jährig waren 2178 Man», 22 jährig waren 1701 Mann und älter 42 Mann. Einjährig. Frei­willige sind eingetreten 508, 2- und 3 jährige 567. In den Listen wurden im vergangenen Jahr im ganzen 33716 Manu geführt.

Stuttgart, 29. Mai. Bei den Grabarbeiten im Sanierungsgebiet der Altstadt stieß man heute vormittag in Kellertiefe auf einen etwa 1 in hohen unterirdischen Gang, der nach einer kurzen geraden Strecke jäh abstürzt. Anfang und Ende des Ganges konnten noch nicht gefunden werden.

Stuttgart, 31. Mai. Auf dem Großmarkt waren heute die ersten Frühkirschen aus dem Remstal zugeführt. Preis 30 bis 40 L per Pfund.

Tübingen, 26. Mai. (Strafkammer.) Wegen eines in Calw verübten Verbrechens wider die Sitt­lichkeit wurde der Erdarbeiter Johann Kramer aus Werden a. Ruhr zu 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus und 3 Jahren Ehrenverlust verurteilt. Fremdem Eigentum äußerst gefährlich ist die Bauersehefrau Christian Ertiger von Oberboihingen. Sie wurde als rückfällige Diebin zu 5 Monaten Gefängnis und den Kosten verurteilt. Am 5. März befand sie sich auf dem Kirchheimer Markt und hat dort von dem Stand des Kaufmanns Philipp weg eine Reform­schürze im Wert von 3 ^ 90 gestohlen. Trotz­dem sie von Augenzeugen beobachtet wurde, leugnete sie die Tat. Schon, früher hatte sie einem Nürtinger Wirt 3 Pfund Schwartenmagen gestohlen; als sich der Landjäger damals der Sache annahm, bot sie ihm, um die Anzeige zu hinterlreiben, ein Geschenk an. Auch dies leugnete sie. Von der Anklage der Bestechung wurde sie freigesprochen.'

Herrenberg, 1. Juni. Gestern abend gingen 3 schwere Gewitter über unsere Stadt, zum Teil mit Hagelschlag verbunden. Der Himmel glich fast un­unterbrochen einem großen Flammenmeer. Dabei schlug der Blitz in das Wohngebäude des Gerbers Gerlach, ohne jedoch erheblichen Schaden anzurichten, sowie in dieselbe Linde, unter der am Himmelfahrts- tag 1898 ein Schäfer mit Hund und 43 Schafen erschlagen worden war. Der durch den orkanartigen Sturm an den Obstbäumeu verursachte Schaden ist bedeutend.

Schafhausen, OA. Böblingen, 29. Mai. Nach- dem vor 8 Tagen erst durch das unerhörte Hoch- Wasser die Gemüter in Bewegung gesetzt worden waren, entstand dieser Tage ein geheimnisvolles Gerede, das nun ein Eingreifen der Gerichtsbehörden zur Folge hatte. Vor etwa 26 Jahren verschwand hier nämlich die Maria Dorothea Widmaier, geb. Wolfangel, zweite Ehegattin des im September 1888 gestorbenen Johannes Widmaier, Bauern. Die Frau stand stark im Geruch einer Wahrsagerin uud Toten» beschwörerin und hatte in der Tat einen auffallenden Zulauf aus der Umgegend. Unaufgeklärt war bisher ihr völliges Verschwinden geblieben. Nun hat sich neuerdings durch eine Aeußerung einer ihrer Töchter das Gerede in Umlauf gesetzt, die Verschollene sei eine Zeit lang leblos im Hause ihres Mannes ge- legen und dann von diesem im Garten beim Haus verscharrt worden. Nachdem die Behörden hievon Kenntnis erlangt hatten, erschien heute eine gericht­liche Kommission, um im Garten des betreffenden Hauses eine Ausgrabung vorzunehmen. Der Erfolg, dem man mit großer Spannung entgegensah, war, daß das ganze Skelett der Frau zum Vorschein kam, mit Schuhen und Resten von Kleidungsstücken; und zwar durfte nur ein wenig gegraben werden, der Leichnam war demnach keine ^ Meter tief unter der Erde verscharrt worden.

Waiblingen, 29. Mai. Nachdem die Blüte­zeit im unteren Remstal vorbei ist, lassen sich die Obstausstchten einigermaßen übersehen. In den Tälern stehen Birnen und Aepfel sehr schön. Anders sieht es auf den Höhen aus. Ganze Strecken von Obstanlagen stehen zum Teil völlig entlaubt da. Die

Raupen treten hier so massenhaft auf, daß der Er- trag vollständig vernichtet ist. Auf der Strecke zwischen Beutelsbach uud Schönbühl stehen selbst Kirschbäume kahlgefresseu da. Das Steinobst zeigt überhaupt sehr geringen Fruchtansatz. Die Obst- ernte wird sich zu einem sog. Glücksherbst gestalten.

Göppingen, 31. Mai. Gestern ging das Maienfest zu Ende, das schon Jahrhunderte hindurch als Kinderfest hier gefeiert wird. An dem Festzug beteiligten sich über 3000 Kinder. Interessant ist hiebei, wie sich die Zahl der Schüler vermehrt hat. Nach einer alten Chronik wurden im Jahre 1657 265 Kinderin die Maien" geführt, vor 100 Jahren 640 und heute 3300 Kinder.

Großbottwar, 28. Mai. Seit vielen Jahren nistete auf dem hohen Giebel unseres altertümlichen Rathauses ein Paar Störche. Sie schienen um so unzertrennlicher zum Bild der Stadt zu gehören, als diese den Storch in ihrem Wappen führt. Daher er- regte es denn auch allgemeinen Unwillen, daß kürzlich die beiden Störche von ihren Eiern weggeschossen wurden. Die Ermittlung des Täters ist bis jetzt leider noch nicht gelungen.

Neu-Ulm, 31. Mai. Die Spinnerei und Weberei Ulm in Ah bei Senden wird, wenn eine eben vorgenommene Umfrage eine genügende Be­teiligung ergibt, nach Ausbau ihrer Wasserkraft, anlage am Jllerwehr und am Jllerkanal ein Elek­trizitätswerk in Betrieb nehmen und die ganze Um- gegend mit Strom versorgen. Dabei wird hauptsächlich an die Verwendung der elektrischen Kraft für die Zwecke der Landwirtschaft gedacht. Das Werk, dessen Kosten auf 200000 veranschlagt sind, wird Drehstrom mit einer Leitungsspannung von 5000 Volt und einer Gebrauchsspannuug von 250 Volt abgegeben, es soll von der Filiale Augsburg der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft in Berlin zur Ausführung kommen.

Heilbronn, 26. Mai. Im März dieses Jahres wurde im Gemeinderat beschlossen, wieder ein­mal einen Wohltätigkeitsbazar und zwar in Form eines Frühlingsfestes zu halten. Auf den Aufruf zur Mitwirkung, den Oberbürgermeister Dr. Göbel erließ, stoffen nicht nur die Liebesgaben dazu über Erwarten reichlich, sondern auch tausend fleißige Hände waren alsbald bereit, nicht nur die nötigen Vorarbeiten zu besorgen, den Theatersaal zum Kaufhaus umzuge- gestalten, sondern auch die Fülle der Spenden zu ver­kaufen oder auf andere Weise die leeren Kasse» füllen zu helfen. Am Himmelfahrtstag, konnte nun beim schönsten Frühlingswetter das Fest eröffnet werden. Ein Frühlingsfest ist es in der Tat: überall duftende Maisträußchen, bunte Blumengewinde, Maibäumchen, einladende Lauben! Bevor die Hallen sich öffneten, hielt Oberbürgermeister Dr. Göbel eine von poetischem Schwung uud der Freude am schönen Gelingen des Fests getragene Ansprache, in welcher er dem Wunsch Ausdruck verlieh, das Fest möchte nicht nur goldene Früchte für unsere bedürftige Jugend bringen, sondern auch für die Bürgerschaft, indem cs die verschiedenen Stände, deren Herzen der Mai doch alle weit gemacht habe, einander näher bringe. Sodann stattete er mit warmen Worten der Harmoniegesellschaft, der Herrin des Hauses, und den vielen opferbereiten Mitwirkenden den Dank der Stadt ab. In den Verkaufsräumen machte sich sofort ein äußerst lebhaftes geschäftliches Treiben bemerklich. So verschiedenartig die einzelnen Buden sich zeigen, so ist doch sofort bemerklich, daß das ganze vielsarbene Bild von einheitlichem Entwurf und geschmackvollster Ausführung ist. Man spürt hier die Künstlerhand des leitenden Geistes,' Hofrats P. Bruckmann, der besonders von Baurat Keppler und Kaufmann Weyler unterstützt murde. Ein färben- reiches Bild bieten auch die vielen Verkäuferinnen, die den eigenen Reiz durch Prächtige Trachten zu erhöhen verstanden: Griechinnen, Italienerinnen und Zigeu­nerinnen in brennenden Farben gehüllt, züchtige Hell­brauner Kätchen und Winzerinnen, schmucke, schuh- plattlrrkundige Tirolermadel, anmutende Holländer- innen uud reizende Postillone schwirren vorbei und locken die letzten Denare aus dem Säckel. Parfüme­rien, Zigarren, Südfrüchte, Blumen und ein Berg von weiblichen Handarbeiten, von Kaufmann Keim sorg- fältig geordnet, werden feilgeboten. Für die leibliche« Bedürfnisse sorgten mehrere Bierstuben, für die unsere Brauereien den .Stoff" lieferten, eine American Bar, eine Sektlaube und die besonders anmutende Hell­brauner Weinlaube, für die unsere Weingärrner und Weiuhandlungen mehrere hundert Flaschen und über 1000 Liter Weins zur Verfügung stellten. Die Damen des hies. Regiments haben einen Theesalou in Gestalt einer holländischen Tappery eingerichtet, eine Tiroler Weinschenke ist zugleich Schießbude, Zither- und Tanzsalon. Für die nötige Unterhaltung sorgen ein buntes Theater mit reichem Spielplan, Kinder­

vorstellungen. Preiskegel- und Roulettespiel, Nasführ- ungen der Turugemeinde, photographische Ateliers, Wahrsagerinnen mit untrüglichen Prophezeiungen, eine Liebhabermufikkapelle, eine Zigeunerkapelle u. s. f. Ein Postamt übermittelt die zahllosen Ansichtspost­karten. Automobile wurden bereitgestellt, um Auto- feiude in Autofreuude zu verwandeln.

vermischtes.

Die 6 jährige Tochter des Gemeindevorstehers Harms in Iddensen bei Haarburg ist an Ver­giftung durch Samen von Goldregen gestorben.

Ueber die Nacht zum Millionär geworden ist der Güter-Expedieut Zastrow aus der Bahnhofstraße Köpenick. Vor einigen Tagen starb ein Oakel des Z, welcher in Ungarn enorme Terrains und zahl­reiche Gebäude besaß. Bei seinem Tode hat er ein Erbe von 1012 Millionen Mark hinterlassen, das zur einen Hälfte Z. erhält. Der Glückliche besitzt 10 Kinder.

Bei einem .Wirte wunderwild", waren die Wurmstichigen" so nennt sich ein Verein in München zu Gaste. Sie wollten Stiftungsfest feiern. Allein schon bei Beginn gabs Krach, denn es wurmte den Wurmstichigen nicht wenig, daß ihnen der Wirt die Tische nicht gedeckt hatte. Als sich dann gar wegen Bezahlung der Tafelmusik Streit erhob, da zog der Wirt in höchst uuehr- erbietiger Weise den Vorstand vom Stuhl, gab ihm Ohrfeigen uud warf ihn zum Tempel der Freund­schaft hinaus. Auf dieses Zeichen fiel die Musik ein, aber nicht mit Flöten uno Geigen, sondern mit Maßkrügeu und Ochsenziemern. Vor der Straf- kammrr traf sich die Raufgesellschaft wieder und die Teilnehmer erhielten zur Erinnerung an dasFest" Gefängnisstrafen von 3 Tagen bis 3 Wochen.

Es find große Eisberge in der Fahrstraße der atlantischen Dampfer gesichtet worden. Der CunarddampferUmbria" meldete am Samstag in Queenstown, daß er am 22. Mai unter Längengrad 49,19 und Breitengrad 40,55 einen Eisberg von 180 Fuß Höhe und 600 Fuß Länge neben ver­schiedenen kleineren Bergen gesichtet habe. Eine Stunde später sichtete derselbe Dampfer einen Eis­berg von 90 Fuß Höhe und 400 Fuß Länge. In seiner Nähe schwamm ein zertrümmertes Schiffsdeck. Die Cuuardgesellschaft hat ihren Schiffe» befohlen, auf ihrer Fahrt einen südlicheren Kurs zu nehmen, um einen Zusammenstoß mit diesen Bergen zu ver­meiden. Kapitän Schierhorst von dem deutschen Dampfer .Phöbus" meldet, er habe einen Eisberg von 1000 Quadratfuß am 17. Mai, 450 Meilen von Neufundland entfernt, getroffen. Der Berg habe den Eindruck eines von Eis bedeckten, ab­gelösten Tafellandes gemacht.

Alter Käse. In den Alpengegenden der Kan­tone Waadt und Wallis wird der Käse jahrzehnten- lang aufbewahrt, wie anderswo der Wein aus guten Jahrgängen. In Les Cormonts im Waadtlaude pflegt man den am Geburtstag eines Kindes hergestellten Käse mit dem Namen des jungen Familienmitglieds und der Jahreszahl zu verzeichnen und ihn an de- sonders wichtigen Tagen, Verlobung, Hochzeit, sogar noch bei dem Begräbuismahl des betreffenden auszu­tischen. Manchmal wird er auch den Erben feierlich übergeben. So teilten sich kürzlich zwei Söhne beim Tode des Vaters einen im Jahre 1785 bereiteten, vom Großvater stammenden Käse. Er mußte mit der Säge zerteilt werden, soll aber trotz seiner 120 Jahre noch genießbar gewesen sein. Für die Alpensöhne war er vielleicht auch noch gut verdaulich; obgleich diese darüber, sowie über den Geschmack des eigen- artigen Erbstücks nichts verateu wollten.

(Zuvorkommend.) Folgende kleine Geschichte soll sich so erzählt man der Täglichen Rundschau dieser Tage in Görlitz tatsächlich zugetragcn haben. Ein Gymnastalprofessor, der bei seiner Villa einen kleinen Hühnerhof hält, führt eine Dame seiner Be­kanntschaft gegen Abend in den Hühnerstall, um ihr einige Prächtige Exemplare seiner Hennen zu zeigen. Die Hühner sitzen bereits hoch oben auf den Stangen, im Begriff, zu entschlummern. Die Dame bewundert gebührendermaßen und fügt dann hinzu: .Ich wun- dere mich nur, daß die Eier nicht zerschlagen werden, wenn sie beim Legen von so hoch oben herunterfalleu", worauf der Professor erwiderte: .Nun gnädige Frau, ich halte immer rechtzeitig ein Körbchen unter."

(Die heilende Kraft des Sonnenbades.) Während man früher die Wirkung der Luft- und Sonnenbäder für eine identische gehalten hat, weiß man heute durch Erfahrung und Experimente, daß das Luftbad vor­wiegend der Abhärtung dient, das Sonnenbad dagegen als natürliches Schwitzbad zu betrachten ist uud vor