Württemberg.
Stuttgart, 23. April. Der König hat dem württ. Gesandten in München, Frhr». v. Soden, der heute sein 50jähriges Diplomatenjubiläum feiert, das Großkreuz des Ordens der württ. Krone verliehen und ihm seine Glückwünsche aussprechen lassen. Priuzregent Luitpold von Bayern ließ dem Jubilar sein Bild und ein Handschreiben zugehen.
Im Rechnungsjahr 1. April 1905 bis 31. März 1906 vereinnahmten die württ. Staatsbahuen aus dem Personen- und Gepäckverkehr 23 799000 Mark, aus dem Güterverkehr 38823000 aus sonstigen Quellen 5575000 <^ü, demnach insgesamt 68197 000 3 614000 -/A mehr als im gleichen
Zeitraum des Vorjahrs.
Stuttgart, 21. April. Der 14. württemb. Landesfeuerwehrtag findet am 28. und 29. Juli in Tuttlingen statt. Mit dem Feuerwehrtag ist eine Ausstellung von Feuerwehrrequifiten verbunden.
Stuttgart, 21. April. Heute wurden die Be- ratungen des 9. deutschen Histörikertages geschlossen. Als Ort der nächsten Tagung wurde Dresden, zum Vorsitzenden wurde Professor Dr. Seeliger-Leipzig gewählt. Heute nachmittag schloß sich den Verhandlungen ein Ausflug nach Eßlingen au, wohin die Teilnehmer des Kongresses von der Stadt Eßlingen zu einem Bankett geladen waren.
Stuttgart, 24. April. Den hiesigen Haupt- bahnhof berührte heute mittag ein feldmarschmäßig ausgerüstetes Kommando des Berliner Luftschiffe r-Bataillons, in der Stärke von etwa 40 Mann, das sich unter Führung des Bataillons- Adjudanten Oberleutnant Sax auf der Reise zur Mailänder Ausstellung befindet. Es find auserlesen schöne Leute in guter Haltung, die dem Ruf des deutschen Militärs im Süden auch alle Ehre zu machen vermögen. In ihrer Uniformierung, ähnlich der unserer Pioniere, fällt besonders ihr an die Stelle des Helms tretender Tschako auf.
Stuttgart, 21. April. Dir Maifeier soll, »ach der „Schwäb. Tagw" Heuer zu einer „wirklichen Demonstration" gestaltet werden. Sie schreibt zu dem Umzug: „Niemand darf zu Hause bleiben! Keiner darf in schmachvoller Weise iu den Straßen Spalier stehen und sich von der Teilnahme am Zug drücken. Jeder Arbeiter, jeder Parteigenosse muß eS sich zur Ehrenpflicht machen, seinen Platz im Zug einzunehmen." Am Vormittag des 1. Mai finden 5 Versammlungen statt; der Umzug soll um 3 Uhr nachmittags an der Gewerbehalle beginnen. Am Abend werden nochmals 3 Versammlungen gehalten und am Sonntag den 29. ds. soll ein Flugblatt über „die neue Steuergesetzgebung Württembergs und die Sozialdemokratie" zur Verteilung im ganzen Lande kommen.
Stuttgart, 23. April. Die anläßlich des Pferdemarkts alljährlich veranstaltete Wagen- und Geschirrausstellung ist stark beschickt. Zugeführt sind etwa 140 Wagen jeder Art, Pferdegeschirre, Sättel sowie sonstige Reit- und Fahrrcquifiten. Auch außerhalb der Gewerbehalle find teils neue, -teils gebrauchte Wagen aller Art aufgestellt. — Der Pferdemarkt weist eine zahlreiche Zufuhr auf. Besonders stark ist der Schlag der schwereren Pferde vertreten, aber auch Luxuspferde sind ziemlich zahlreich zum Verkauf geboten. Der Verkauf der Wagner- und Sattler- Waren findet in der Gewerbehalle statt und ist eben- falls zahlreich beschickt. Die Zufuhr von Pferden ist eine außerordentlich große. Auf dem Gewerbe- Halle- und Garnisonskirchenvorplatz stehen etwa 1100 Arbeitspferde leichten und schwere« Schlags zum Verkauf. In der städtischen Reithalle sind etwa 300 LuxuSpferde zugeführt. Das Geschäft entwickelte sich bei starkem Besuch recht lebhaft. Es wurden zahlreiche Käufe amtlich notiert, ebenso zahlreich find jedoch auch die Käufe, die ohne Anzeige beim Markt- amt in den nahegelegenen Wirtschaften abgeschlossen wurden. Für die Pferdrmarktslotterie wurden 17 Pferde aufgekauft. — Dem Hundemarkt auf dem Hegelplatz find etwa 300 kleine und große Hunde aller Rassen zugeführt; auch zahlreiche Hundefamilien stehe» zum Verkauf.
Nach den Berichten der Vertrauensmänner des württemb. Weinbauvereins ist der Stand der Rebe» in den verschiedenen Weinbaugegenden des Landes ein recht befriedigender. Der Boden hat im Lauf des Winters so viel Feuchtigkeit aufnehmen können, wie seit Jahren nicht mehr und es steht zu erwarten, daß dieser Umstand einen recht vorteil- haften Einfluß auf die Entwicklung der Reben aus- übeu wird. Der Austrieb ist seit Mitte des Monats im Gang. Der Hagel, der im vorigen Jahr iu einigen Gegenden, namentlich im Bottwartal niederging, hat dem Holz weniger geschadet, als man
befürchtete. Am meisten haben Trollinger den Hagel Lberstanden, am schlechtesten Sylvaner. In einigen Gegenden, so im Stuttgarter Tal, find infolge der nassen Winterwitterung an den bezogenen Rebhölzern, namentlich an solchen, die dicht mit Erde bedeckt waren, viele Augen ausgefault. In anderen Gegenden, so namentlich im Zabergäu und am Bodeusee, tritt Schildlaus in größeren Mengen auf; dieselbe wird durch Abkratzen der Reben bekämpft.
Tübingen. 24. April. Eine Dienstmagd aus Neuenhaus, welche mit einem gefälschten Wechsel auf einen hiesigen Präzeptor von einem Oberschwäbischen Eierhändler 200 erschwindelte, wurde von dem Beschädigten hieher verfolgt und auf dessen Betreiben verhaftet.
Stuttgart. sLandeSprodukteubörse.f Bericht vom 23. April von dem Vorstand Fritz Kreglinger. Die Situation im Getreidegeschäft hat sich seit unserem letzten Bericht nicht geändert. Die Angebote in Weizen von den Ausfuhrländern blieben schwach bei unveränderten Preisen. Die Mühlen zeigen bessere Kauflust. — Mehlpreise per 100 Kilogramm inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 30 ^ bis 31 Nr. 1: 28 ^ bis
29 Nr. 2: 26 .6 50 bis 27 50 ^, Nr. 3:
25 bis 26 -, 1 L — Nr. 4: 22 50 bis 23
50 Suppengries 80 ^ bis 31 .L — Kleie
10 -,K — bis 10 25
Kus Stadt, Bezirk uns Umgebung,
Seine Majestät der König hat das Forst- amt Simmersfeld dem Forftamtmann Götz in Simmersfeld übertragen.
Zur Bewerbung ist ausgeschrieben: eine neu- errichtete Schulstelle in Neuenbürg mit dem Normalgehalt, 250 Ortszulage, 300 ^ Mietzinsentschädigung und mit dem Lehrauftrag an einer gemischten Mittel- oder Oberklasse; Befähigung zur Erteilung von Turn- und Zeichenunterricht ist er- forderlich.
Neuenbürg, 23. April. Wenig vertrauenerweckend war das Wetter, als eine Schar Schwarzwaldvereinsmitglieder Sonntag mittag sich nach dem Bahnhof begab, um nach Rotenbach zu fahren, wo sie mit den Mitgliedern von Höfen, Calmbach und Wildbad Zusammentreffen wollten, um gemeinsam einen Ausflug in die Kirschenblüte zu machen. Wenngleich von Wildbad nur 3 Mitglieder sich an- schlossen, betrug die Anzahl der Teilnehmer doch ungefähr 40, welche durch Zuwachs in Schwann und Feldrennach sich auf rund 50 erhöhte. In ge- amtlichem Tempo gings vorbei au der idyllisch gelegenen Schwärmer Sägmühle das Rotenbachtal aufwärts und unverhofft bald stand die Gesellschaft an der Schwärmer Warte, von wo aus die herrliche Rundficht mit vollen Zügen genossen wurde. Nun gings bergab nach den im Blütenfeld versteckten Orten Schwan» und Feldrennach und von da auf einem abwechslungsreichen Fußweg der Hockrmühle entgegen. Ein überraschend, für die Ausflügler ungeahnt schöner Anblick bot sich von dieser Anhöhe dem Beschauer, ein geradezu entzückender Blick auf das von unserem heimischen Dichter Ganzhorn besungene, in frischem Grün und Blütenschmuck Prangende Tal zwischen Conweiler und Feldrennach, angesichts dessen die Teilnehmer das so stimmungsvolle Volkslied „Im schönsten Wiesengrunde" erschallen ließen. Auf der Hochmühle, welche sich zu Ehren der Schwarzwaldgäste in grünen Tannenschmuck geworfen hatte, herrschte trotz beschränkter Räume eine gehobene Stimmung und nur zu bald mußte man das gastliche Haus verlassen, um noch bei ordentlicher Witterung die Kirschenblüte von Otten- Hausen, Niebelsbach und Gräfenhausen zu genießen, wobei leider die Sonne sich schmollend hinter dunklen Wolken versteckt hatte. Zu Ehren der auswärtigen Mitglieder vereinigte man sich insgesamt noch im Gast- Hof z. „Bären" in Neuenbürg, wo bald eine fidele Stimmung herrschte, welche sogar noch in eine musikalische Unterhaltung überging, dank der Liebenswürdigkeit eines anwesenden Gastes. Hochbefriedigt von dem gelungenen Ausflug trennte sich gegen 11 Uhr die Gesellschaft mit frohem Waldheil und dem Versprechen, zahlreich an der Fahrt nach dem Mahlberg in 4 Wochen teilzunehmen und inzwischen im Bekanntenkreise für diesen vielversprechenden Ausflug Stimmung zu machen. — War der gestern veranstaltete Ausflug in das Gelände der Kirschenblüte ein glücklicher Gedanke des neuen Vereinsvorstandes, so ist der neu geplante größere Ausflug auf den ein prachtvolles Panorama bietenden Mahlberg auf der Höhe bei Moosbronn-Bernbach als eine ebenso treffliche Wahl zu bezeichnen.
Calw, 23. April. Unsere Waldorte Weltenschwann, Siehdichfür, Zainen und Beinberg übten fcheiuts eine solche Anziehungskraft aus, daß sich am gestrigen Ausflug des Schwarzwaldvereius gegen 100 Personen beteiligten. Auf 4stündigem Marsch
wurde Wald und Feld durchwandert und Auge und Herz erfreut an der schönen Natur in ihrem jetzigen FrühlingSkleide. — Ein ganz besonderes Interesse verdient unter den berührten Plätzen wohl Beinberg, das der Sage nach auf einem Hügel steht, den der Riese und Menschenfresser Erkinger von seiner Burg Liebenzell aus durch Hinüberwerfen von Beinern gebildet haben soll. Der Ort selbst ist eines der sogenannten „Waldhufendörfer", deren es in den Oberämtern Nagold, Calw und Neuenbürg einige gibt. Die Häuser sind entlang einer einzigen Straße derart ziemlich weit auseinander gebaut, daß je hinter jedem Gehöft in den sogenannten Hausäckern und im Hauswald der ganze Besitz der Bewohner liegt.
(C. W.)
Bern eck, 23. April. Am gestrigen Sonntag herrschte hier im „Waldhorn" bewegtes Leben. Etwa 70 Mitglieder des Stuttgarter Schwarzwaldvereins, darunter auch Damen, mit dem Vorstand, Professor Dr. Endriß, an der Spitze, hatten hier Mittag gemacht. Sie waren bis Teinach gefahren, dann über Oberkollwangen. Neuweiler, Hofstett, Hornberg bis hieher marschiert, wo sie um ft-5 Uhr ankamen. Ein Teil der Ebhauser Ortsgruppe war ihnen bis zur Baiermühle entgegen gegangen.
Letzte Nachrichten u. Telegramme
Berlin, 24. April. Jin Reichstag nahm heute Präsident Graf Ballestrem zunächst Bezug auf die elementaren Ereignisse, die während der Reichstagsserien eingetreten sind, und sührte aus: Das uns verbündete Königreich Italien, mit dessen Volk uns historische Beziehungen und gegenwärtig sympathische Gefühle besonders nahe verbinden, ist durch den ungewöhnlich heftigen Ausbruch des Vesuvs heimgesucht worden. Doch viel schwerer ist das Verhängnis, welches das in letzter Zeit uns herzlich befreundete und stammverwandte Volk der Vereinigten Staaten von Amerika heimgesucht hat. Das deutsche Volk nimmt an diesen schweren Heimsuchungen der besreundeten Nationen den innigsten, schmerzlichsten Anteil. (Bravo!) Ich bin mir bewußt, im Namen aller Vertreter des deutschen Volkes zu sprechen, wenn ich von dieser Stelle aus diesem Mitgefühl Ausdruck gegeben habe. (Lebh. Zustimmung.) Das Haus hat sich während dieser Worte erhoben.
Berlin, 24. April. Den Abendblättern zufolge reisen Oberbürgermeister Kirschner und 8 Magistratsmitglieder von Berlin, ferner die Oberbürgermeister Adickes-Frankfurt, Becker-Köln, Beutler-Dresden, v. Borfcht- München, Lender-Breslau u. a. Mitte Mai auf Einladung des Londoner Lordmayors nach England zum Besuche Londons und anderer englischer Städte.
Rom, 24. April. Die Ag. Stef. meldet: Botschafter Gras Lanza kehrt anfangs Mai nach Berlin zurück.
Berlin, 24. April. Dem „Lok.-Anz." wird aus Montolimar gemeldet: Der ehemalige Präsident Loubet wohnt seit der vorigen Woche in seinem alten Wohnhans. Ein vorübergehender Finanz- inspektor, namens Jossand, bemerkte gestern an einem Fenstervorsprung des Hauses die glimmende Lunte einer Bombe. Das rasch unschädlich gemachte Sprenggeschoß enthielt ausreichendes Material zur Zerstörung des Hauses. Man vermutet, daß vielleicht em entlassener Sträfling hier seine Hand im Spiele hatte.
Berlin, 24. April. Die „Nordd. Allg. Ztg.s' berichtet: Nach einer Meldung aus Washington ist der deutsche Konsul Bopp in San Franzisko mit seiner Familie unversehrt geblieben. Der deutsche Botschafter in Washington erhielt den Auftrag, baldmöglichst zu melden, was sich über die Lage der Deutschen in San Franzisko, die Zahl der etwaigen deutschen Opfer und über Vorkehrungen für bedürftige Deutsche ermitteln läßt.
xxxxxxxxxoxxxxxxxx
Beftelluuge«
auf den
„Gnztcrt'er"
für die Monate Mal und Juni werden von allen Postanstalten u. Landpost«
boten entgegengenommen.
xxxxxxxxxoxxxxxxxx
ZZM" Hiezu zweiter Blatt.