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Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.
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Fernsprecher Nr. 4.
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SS
Neuenbürg, Samstag den 14. April 1906.
64. Jahrgang.
«uirSschau. I
Berlin, II. April. Der Kaiser begab sich heute Nachmittag im Automobil »ach Döberitz und besichtigte dort eine Kompagnie deS Lehr-Infanterie- bataillons, welche Uebuogen nach den Vorschriften deS neuen Exerzierreglements für die Infanterie aus- führte.
Berlin, 12. April. Der Kaiser sprach heute vormittag im Reichskanzlerpalais vor, um sich nach dem Befinden deS Fürsten Bülow zu erkundigen. Die Mageoverschlingung, an der Fürst Bülow litt, als er im Reichstag unwohl wurde, ist jetzt behoben.
Berlin. 12. April. Das .Berl. Tagebl.« meldet: Gegenüber den in diplomatischen Kreisen umgehenden Gerüchten von einer Abberufung des deutschen Botschafters in Paris, Fürsten Radolin, erfahren wir authentisch, daß zu derartigen Gerüchten nicht der mindeste Grund vorliegt. Der Fürst sei vielmehr nach wie vor persona Zrata beim Kaiser.
Berlin, 12. April. Eine Kraukenstation im Reichstagsgebäude für die erste Hilfe wird jetzt im Erdgeschoß eingerichtet werden. Ferner sind Vor- kehrungen für den Transport eines Erkrankten aus dem Sitzungssaal getroffen; weiter ist eine Art Hausapotheke geplant.
Am Mittwoch hat eine neue Finauzaktion des Reiches und Preußens stattgefunden; eS wurden 560 Millionen Mark Z^-Prozentiger Reichsaoleihe und Preußischer Staatsanleihe zur öffentlichen Subskription aufgelegt. Soweit sich der Verlauf der Aktion bereits übersehen läßt, kann mit einer erheblichen Ueber- zeichnung der Anleihe gerechnet werden.
Berlin, 12. April. Der preußische Kriegs- miuistcr v. Einem ist zu eingehender Besichtigung der Kruppschen Werke in Essen eingetroffen.
Berlin, 10. April. Wie die Reichspostverwaltung vorgeht, um auch den modernsten Ansprüchen im Verkehrswesen Rechnung zu tragen, zeigt, daß in Wiesbaden, Erfurt, Plauen, Leipzig, Krefeld und Breslau, ein völlig neues Telephonsyftem einge- sührt worden ist und auch andere große und kleine Aemter nach diesem Siemens u. Halske'scheu System im Bau begriffen find. Bei den neuen Apparaten fällt die Jnduktorkurbel fort. Sobald der Teilnehmer den Hörer abnimmt, leuchtet eine Glühlampe an der Teiluehmerklinke des Betreffenden im Amt auf. Das Amt meldet sich und so bald ihm Amt und Nummer mitgeteilt worden find, wird von der Telephonistin die Verbindung hergestellt. Sollte die kleine Anrufglühlampe defekt werden, so leuchtet für jede Abteilung des Amtes, die von einer Dame bedient wird, eine besondere Kontrolllampe auf. Au zwei anderen Lampen kann das Amt erkennen, ob der gerufene Teilnehmer sich meldet, bezw. welcher der Teilnehmer seinen Hörer auhängt. Haben beide aogehängt, so leuchten die zwei Lampen auf und die Beamtin treonnt die Verbindung. Neuerdings werden sämtliche Tele- Phouämter in Berlin nach diesem System umgebaut. Besonders interessant ist hier das große Fernsprech, amt in der Körnerstraße, das in sich die Aemter VI, VI a und IX aufuehmen soll. Auch in Holland, Trinidad und Bogota werden bereits Telephonämter nach dieser verbesserten Art errichtet.
Madrid, 11. April. Der deutsche Botschafter v. Radowitz veranstaltete gestern zu Ehren Visconti Veuostas ein Frühstück, an dem auch der Herzog von Almodovar uud andere Diplomaten, die Algrciras verlassen haben, teilnahmen.
In der französischen Depntiertevkammer gab der Minister des Auswärtigen, Bourgois,am Donnerstag Erklärungen ab, die sich hauptsächlich auf die Marokko-Kouferenz bezogen. Bourgeois betonte den glücklichen Ausgang der Konferenz und hob hervor, ^vchUunmehr der nordafrikauische Besitz Frankreichs
In Ungarn erklärte die liberale Partei, die 35 Jahre lang au der Spitze der Geschäfte stand, ihre
Auflösung; der liberale Klub wurde gleichfalls auf- gelöst. Graf Tisza, der bisherige Führer der Liberalen, zieht sich inS Privatleben zurück. Sämtliche staatlichen und Munizipalbeamteu, die das System Fejervary angenommen hatten, mußten zu» rücktreteu uud verlassen größtenteils Ungarn; Frhr. v. Fejervary ließ, nach einer Wiener Meldung des Neuen Tagbl., 2 Millionen Kronen aus dem Dispositionsfonds als Entschädigung an sie verteilen.
Die Untersuchung gegen General Stössel, den Verteidiger von Port Arthur, hat ergeben, daß die von ihm herrühreuden amtlichen Telegramme über die verzweifelte Lage von Port Arthur gänzlich unbegründet waren, weil noch große Mengen von Munition uud Nahrungsmittel vorhanden waren.
Karlsruhe, 9. April. Nachdem bekannt ge- worden ist, daß der neue Karlsruher Bahnhof auf über 30 Millionen Mark zu stehen kommt, ist wieder eine Bewegung zugunsten der Belastung des Bahn- Hofs an seiner jetzigen Stelle in Fluß gekommen. Es ist richtig, daß die Höherlegung des jetzigen Bahn- Hofs oder die Beseitigung der Mißstände durch Ueber- führung der Straßen billiger kommt, als die Erstellung des neuen Bahnhofs; allein au eine Aender- ung des Projekts ist nicht mehr zu denken. Zunächst würde die Aufgabe des Bahnhofprojekts deu Verkauf des sehr umfangreichen um viele Millionen erworbenen Geländes nötig machen, was nur mit großen Ver- lüsten möglich wäre. Aber abgesehen davon, kann die Belastung des Bahnhofs an seiner jetzigen Stelle nicht mehr in Frage kommen, weil die Verlegung die einzige Möglichkeit bietet, die scharfen, für den Betrieb gefährlichen Kurven der Bahnen nach Ett- liugeu und Durlach zu beseitigen.
Württemberg.
Die Kommission der Kammer der Abgeordneten beriet in der letzten Woche über die ab- weichenden Beschlüsse der ersten Kammer zu dem Verwaltuugsreformgesetz. In manche» Punkten stimmte die Kommission den Beschlüssen der ersten Kammer zu, in anderen aber empfahl sie die Aufrechterhaltung der Beschlüsse der zweite» Kammer. Die Verwaltungsreform wird also im Kammerplenum noch beide Häuser des Landtags noch einige Zeit beschäftigen. Was die schwebende Ministerkrifis in Württemberg anlangt, so wird noch viel uud zum Teil Absurdes darüber in heimischen und auswärtigen Blättern geschrieben. Nach unseren Informationen liegt die Sache so, daß die in Urlaub gegangenen Minister des Kriegs, v. Schnürlen, und Minister des Auswärtigen, Frhr. v. Soden, auf ihren Posten nicht mehr zurückkehreu werden. Der Ministerpräsident v. Breitling gedenkt im kommende» Herbst von seinem Amt zurückzutreten. Ziemlich sicher ist zu erwarten, daß der jetzige Kultusminister o. Weizsäcker, das Justizportefeuille übernehmen und zum Minister- Präsidenten ernannt werden wird. Dadurch werden die dienstälteren Minister des Innern und der Finanzen, v. Pischek und v. Zeyer sich veranlaßt sehen, gleichfalls vom Amte zurückzutreten. Als Nachfolger des Ministers des Innern nennt man den Staatsrat v. Fleischhauer in erster Linie. Als Nachfolger des Fiuanzministers nennt man entweder deu Präsidenten v. Zeller bei dem Steuerkollegium, oder, da er kein gewandter parlamentarischer Redner ist, den württembergischen Bevollmächtigten beim Bnudes- rat, v. Schneider. Der Hofkammerpräfident von Geßler dürfte entweder daS Ministerium des Aeußeren oder des Kirchen- uud Schulwesens erhalte». Für letzteres nennt mau jedoch deu Oberlaudesgerichts- präfidenten v. Schmidlin als ausersehen. Daß Frhr. v. Varnbüler, der württembergische Gesandte in Berlin, nach Stuttgart berufen werden soll, um ein Ministerportefeuille zu übernehmen, scheint ganz ausgeschlossen. Ebenso unsicher, d. h. »«beglaubigt, ist die mehrfach aufgestellte Behauptung, daß das Mini- sterium des Aeußern dem künftigen Ministerpräsidenten
als Nebenamt übertragen und ein besonderes Beckehrsministerium geschaffen werde, dem dann daS Straßen, uud Wasserbauwesen unter Abtrennung vom Ministerium des Innern zugetcilt werden soll.
Stuttgart, 11. April. Wie die „Württemb. Kriegerztg." mitteilt, ist der 18. Bundestag des Württ. Kriegerbuudes nunmehr auf deu 10. Juni nach Tübingen eiuberufen.
Beil st ei», 12. April. Auf dem hiesigen Friedhof wurde gestern nachmittag Frhr. Havs Ulrich von Gaisberg-Helfenberg zur letzten Ruhe bestattet. Ein überaus zahlreiches Trauergesolge gab dem Dahingeschiedenen das letzte Geleite. Stadt- Pfarrer Krauß hielt eine tiefempfundene Grabrede. Ein reiches Leben, reich durch seinen inneren Wert, seine umfassende Wirksamkeit und seine vielfachen Erfahrungen, habe hier seine» Abschluß gefunden, ein Leben, das mannigfache Spuren des Segens zurückgelassen habe. Das Bild des Dahingeschiedenen werde im Gedächtnis aller, die ihm uahestaoden, fortleben als das eines treuen Wohltäters und opferwilligen Freundes. Im Namen der ritterschaftlicheu Abgeordneten des Landtags widmete sodann Graf v. Uxkull dem Dahingeschiedenen einen ehrenvollen Nachruf. Der Verstorbene sei überall, wohin er auch während seiner erfolgreichen Laufbahn gestellt worden sei, immer ein ganzer Mann gewesen, der unerschrocken stets seiner Ueberzeuguug Ausdruck gegeben habe, der mit Beständigkeit durchführte, was er begonnen. Nicht durch die Gunst seiner Stellung, sondern durch ernste und unermüdliche Arbeit und treue Pflichterfüllung habe sich der Verstorbene in allen seinen Aufgaben den Weg geebnet. Für die Freie Vereinigung der Abgeordnetenkammer sprach dann Frhr. v. Seckendorfs, der betonte, daß er erschienen sei, um Zeugnis abzulegen von der hohen Wertschätzung und Anerkennung, die dem Verstorbenen allenthalben zuteil geworden sei.
Stuttgart, 11. April. Zur Nagolder Katastrophe äußert sich ein in deu einschlägigen Gesetzen wohlbewanderter Fachmann wie folgt: Noch heute besitzt der tz 11 der Kgl. Verordnung vom 23. Okt. 1808 Geltung in Württemberg und dieser lautet: »Da überhaupt jeder Kommune obliegt, alle gefährlichen Stellen auf ihrer Ortsmarkung mit Sicherheitsschranken zu versehen, so muß dies besonders auf der Chaussee beobachtet werden. Die Ortsvorsteher werden dafür verantwortlich gemacht, daß an allen Brücken, Dohlen und überhaupt an jeder Gefahr drohende« Stelle die Schranken oder Brüstungen stets in gutem Stand vorgefunden werden." In einem Fall, allerdings etwas anderer Art, wurde unter Billigung dieser Momente Recht gesprochen und eine fahrlässige Körperverletzung im Amt durch einen Gemeindebeamtea daraus konstruiert, obschou die Hantierung im Au- gesicht des Rathauses (der Polizei) vor sich ging (siehe Boschers Zeitschrift von 1894 S. 275). Ju Nagold scheint nicht einmal abgeschrankt worden zu sei». Die polizeilichen Vorschriften sind, das ist eine Binsenwahrheit, aus Gründen des allgemeinen Wohls und im Interesse eines ungestörten Zusammenlebens der Bevölkerung gegeben; jedermann hat daher ein Recht darauf, daß sie ohne sein Dazutun von Amts- wegen zum Vollzug gebracht werden.
Tübingen, 10. April. Wie die Nachbarstadt Reutlingen, so bewilligte auch der hiesige Gemeinderat für die durch das Unglück in Nagold bedrängten Angehörigen eine Spende von 500
Stuttgart, 12. April. Am Fastnachtsdienstag saß der Kaufmann Preßler von Göppingen mit seiner Frau in einem Restaurant, als ein frecher Mensch herantrat und die Frau zu küssen suchte. Als der Betreffende, ei» Student, seine Belästigungen trotz der Aufforderung zum Weggehen fortsetzte, schlug Preßler ihn mit dem Bierglas auf den Kopf. Nun spielte der Frechling auch noch den Gekränkten uud machte Anzeige wegen Körperverletzung. Das