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barten Horgen ab. Der dem Schnapsirunk ergebene Arbeiter Schumpp von da kam in angetrunkenem Zustande nach Hause und wurde von seinem 20jährigen Sohne wegen seiner Trunkenheit zur Rede gestellt. Ohne alles weitere ergriff Schmnpp ein ca. 9 am langes Messer und brachte damit seinem Sohne einen lebensgefährlichen Stich in die Bauchgegend bei. Gleich darauf wurde der betrunkene Vater flüchtig, konnte aber gestern schon in Niedereschbach festgenommen werden.
Göppingen, 1. März. Im Schockensee- saal fand heute eine vom hiesigen Verein veranstaltete Hundeschau mit Prämierung statt. Es waren etwa 500 Tiere der verschiedensten Rassen aus allen Teilen des Landes ausgestellt. Mit der Schau war ein Preishüten für Schäferhunde verbunden, für welches hohe Geld- und Ehrenpreise ausgesetzt waren.
Backnang, 28. Febr. Heute früh wurde der Sohn des Metzgers Baumaun hier in seinem Hause erhängt aufgefunden. Die Schwester des Verlebten ist vor einigen Jahren ermordet worden, indem ihr der Hals durchschnitten wurde. Der Selbstmord B's. dürfte damit in Zusammenhang stehen.
Westheim b. Hall, 27. Febr. Ein Unglück kommt selten allein. In der Familie Wacker forderte der Tod in kurzer Zeit 3 Opfer. Zuerst starb Frau Wacker nach kurzer Krankheit. Zwei Tage spärer folgte ihr der Mann, der bei der Beerdigung noch völlig gesund war, im Tode nach. Und in der folgenden Woche ging der Wunsch von Wackers Schwester in Erfüllung, neben den beiden im Grabe zu ruhen.
Heidenheim, 2. März. In der Nacht von Samstag auf Sonntag wurde in Sontheim a. d. Brenz im Hause eines alleinstehenden Mannes Namens Kelle eingebrochen. Kelle erwachte an einem Geräusch und begab sich mit einem Licht in das Wohnzimmer. Hier fand er einen großen vermummten Mann vor, der schon Alles erbrochen hatte. Der Einbrecher fiel über den alten Mann her, der sich jedoch verzweifelt wehrte und dem es gelang, durch die Tür zu entwischen. Blutüberströmt und nur mit dem Hemd bekleidet, rief er die Nachbarsleute zu Hilfe. Inzwischen hatte der Einbrecher das Weite gesucht.
G Pforzheim. Nach dem soeben an die Mitglieder ausgegebenen Geschäftsbericht des hies. Eons umvereinS pro 1902 ist der Mitglieder- srand von 2139 auf 2356 gestiegen. Die Generalversammlung am 7. d. M. hat darüber zu befinden, daß bei einem Gesamtumsatz von 634 223 15 A
bei 51576 ^ 74 Gesamtunkosten 14 > Consum- dividenden insgesamt 85 061 30 an die Mit
glieder, je nach Verhältnis ihres Einzelumsatzes zur Verteilung gelangen. Immerhin ein erfreuliches Resultat, wenn auch die Gesamtunkosten von 51576 Manchem etwas hoch Vorkommen dürften.
Lindau, 3. März. Prinzessin Luise von Toskana hat gestern bereits mit ihrer Mutter und ihrer Hofdame, der Gräfin Kirch- heim, Spaziergänge und Fahrten in die Umgegend gemacht. Von einer klösterlichen Zurückgezogenheit scheint keine Rede zu sein. Das
Aussehen der Prinzessin wird allgemein als ein recht gutes bezeichnet. Die toskanische Villa liegt wenige Minuten von Lindau auf dem Festlande im Dorfe Aeschbach. In ihrer Umgegend patrouilliert ein bayerischer Gendarm. Für ein eventuelles Eintreffen von Leopold Wölfling oder von Giron sind Haftbefehle vorgesehen.
Vom Boden see, 3. März. Ein raffinierter Einbruchdiebstahl ist dieser Tage auf der Station Kreuzlingen bei Konstanz verübt worden. Ein geriebener Gauner legte morgens vor dem Einfahren des ersten Zugs ziemlich entfernt von der Station eine sog. Sicherheitskapsel auf das Geleise, deren Explosion natürlich eine Panik hervorrief. Der Zug hielt an, und das Stationspersonal eilte schleunigst auf den Platz. Während dieser Zeit wurde im Stationsgebäude eingebrochen und die Kasse mit etwa 400 Frcs. Inhalt geplündert. Vom Täter hat man noch keine Spur.
München, 2. März. Giron ist Freitag früh 7 Uhr 15 Min. mit dem Würzburger Schnellzuge hier angekommen und um 9 Uhr 24 Min. mit dem Salzburger Schnellzuge wieder abgereist. Von Ansbach aus war die Ankunft GironS telegraphisch signalisiert worden.
Berlin, 3 März. Das Zusammentreffen der Prinzessin Louise von Toskana mit ihrer Mutter in Lindau gestaltete sich nach einer Wiener Depesche der Morgenpost ungemein bewegt. Die Prinzessin gab die Versicherung ab, der Bruch mit Giron sei eudgiltig. Sie habe seine letzten Briefe und Telegramme uneröffnet zurückgesandt. Sie könne kein größeres Glück mehr, als das in den Kreis ihrer Familie zurückkehren zu können. — Dem „Lokalanzeiger" zufolge ist die Wahl des jetzigen Aufenthaltsortes der Prinzessin in einer Korrespondenz zwischen dem König von Sachsen und dem Großherzog von Toskana getroffen worden. Der Aufenthalt der Großherzogin in Lindau wird nur von kurzer Dauer sein. Auch für die Prinzessin > Louise ist dieses Domizil nur ein Provisorium. In Wiener Hofkreisen heißt es, man werde ihr, wenn über das Kind Verfügungen getroffen sind, in Oesterreich ein Asyl schaffen.
Berlin, 3. März. Zum Jubiläum Leos XIII. wird dem „Berliner Tageblatt" auS Rom telegraphiert: Der Papst hielt um 11'/- Uhr seinen feierlichen Einzug in den Petersdom. Alle Straßen, die dahin führten, wimmelten schon vor Tagesanbruch an von Menschen und Droschken. Es war eine förmliche Völkerwanderung,, die der Kathedrale trotz Regenwetters zuströmte. Schon vor 8 Uhr war die gewaltige Halle der Peterskirche dicht gefüllt. Das Innere derselben war wie bei allen größeren Anlässen, mit Draperien geschmückt. Während der Papst in den Dom getragen wurde, brach die zunächst stehende Menge in brausenden Jubel aus, der sich über die ganze gewaltige Halle schnell fortpflanzte. Der Papst hob sich empor und spendete nach allen Seiten den päpstlichen Segen. Je mehr sich der Zug des Papstes dem Hochaltar näherte, desto frenetischer wurde der Beifall. Aus hunderttausend Kehlen brauste der Ruf: „Lviva il xaxa". Immer wieder erhob sich der Papst in seinem Tragsessel, um die
Menge zu segnen. Inzwischen läuteten sämtliche Glocken Roms und die endlose Prozession von 45 Kardinälen und 250 Bischöfen sowie zahlreichen Priestern folgte dem Papst und gruppierte sich um den Hochaltar. Das Hochamt verlief ohne jeden Zwischenfall. Mit starker Stimme spendete der Papst erst vom Thron, dann vom Hochaltar den Segen. — Dem „Lokalanzeiger" zufolge wohnten auf der Kirchen-Tribüne der Feierlichkeit u. A. die Kronprinzessin von Schweden und Prinz Max von Baden bei. Um 1 Uhr war die Messe beendet. Unter donnernden nicht endenwollenden Lvivas während der Papst nach rechts und links den Segen erteilte, verließ der Zug die Basilika.
Berlin, 2. März. Dem „Lokalanzeiger" zufolge wurde in Korea (Ostasien) durch Neber- schwemmung und Feuersnot etwa 4600 Häuser zuni Einsturz gebracht wobei soweit bis jetzt feststeht 186 Menschen ums Leben kamen.
Rom, 3. März. Die hier vom sächsischen Hofe eingetroffenen Nachrichten besagen, daß der König von Sachsen Mitte März definitiv in Gardone Aufenthalt nehmen wird.
Marktberichte.
Stuttgart. (W-ochenmarkt.) Noch steht das Stuttgarter Marktleben stark unter der Herrschaft des Winters, aber doch beginnt sich schüchtern und allmählich des kommenden Frühjahrs Kraft zu regen. Auf dem Großmarkt fanden Linken zu 16 und 18 A Goldparminen und Winter- rofenäpfel zu 13 bis 16 A nur wenig Käufer. Schöne große Zwiebeln wurden zu 5 A angeboten. Auf dem Kleinmarkt treten die roten ital. Apfelsinen besonders hervor, 4 Stück schon von 20 H an. Aepfel verschiedener Sorten kosten 18 bis 25 A, Nüsse 40 A das Pfund. Kartoffeln in auserlesener Größe sind zu 5 und 6 ^.erhältlich, Zwiebeln zu 10 A das Pfund. Auf dem Gemüsemarkt herrschen noch die bekannten Wintergemüse, Rosenkohl, Winterkehl. Schwarzwurzel (25 ^), Blumenkohl (20—30 A) u. s. w. vor. Daneben gibt es auch noch einige Neuigkeiten, wie Brvnnenkresse, Radieschen, das sehr bescheidene Büschelchen zu 6 und 7 A, weiße Rettiche, das Bündelchen 15 A französ. Kopfsalat daS Häuptlein zu 15 A und hiesige junge Spargel zu 1—2 das Pfund. Auch der Setzlingsmarkt entfaltet sich schon, allerdings noch in bescheidener Ausdehnung. Er bietet Veilchen, Nelken und Vergißmeinnicht neben reichlichen Schnittlauchpflanzen an. Auf dem Blumenmarkt, stehen blühende Azaleen, Rotodendron, Tulpen und Hyazinthen im bunten Wechsel mit Veilchen, Vergißmeinnicht und Palmkäzchen. An die rauhe Jahreszeit erinnern noch die ziemlich viel vertretenen Winterkränze.
(Schw. M.)
Riedlingen, 2. März. (Pferde und Vieh- markt.f Am heutigen Markt waren ca. 300 Pferde zum Verkauf aufgestellt, darunter etwa 200 Fohlen; jedoch war der Handel flau. Die Preise bewegten sich von 200—600 Weiter waren ca. 700 Stück Rindvieh zugeführt und wurden bei etwas flauem Handel bezahlt: für Farren 400—700 für 1 Paar Ochsen 300—600-M, für Kühe 180—300 für Kalbeln 200—400 für Boschen 120—160
„Hier!" und schnellen straffen Schrittes trat ein kleiner dunkelblonder Unteroffizier mit hübschem sympatischen Gesicht und flott aufgewirbeltem Schnurrbärtchen hervor.
„Schumann? — Natürlich! Den Flotten 'rauebeißen, immer auf dem Tanzboden liegen — den Kopf voll dummer Streiche haben — das kann man. Aber seine Leute in Ordnung halten — darauf sehen, daß die Kerls wenigstens propre zum Dienst kommen — giebts nicht. Herr — wie wollen Sie denn im Leben weiter kommen? Glauben Sie denn, ich soll Interesse für Sie haben, wenn Sie k-ins für mich und den Dienst zeigen und für die Ihnen anvertrauten Leute? Sehen Sie mal den Mann an — warum hat der seine drei obersten Knöpfe nicht geputzt?"
„Herr Hauptmann verzeihen — die Knöpfe waren geputzt, als ich den Anzug nachsah."
„Na, nun wollen Sie mir nicht freundlichst erklären, woher es kommt, daß sie jetzt so saumäßig aussehsn?"
„Zu Befehl, Herr Hauptmann. Der Mann hat Schweißsinger und damit faßt er sich, so bald „rührt Euch" kommandiert ist, vorn an den Rock und macht sich regelmäßig vorn die Knöpfe schmutzig. Der Herr Leutnant und der Herr Feldwebel haben auch schon den Anzug nachgesehen und da war —"
„Maul halten — darnach habe ich Sie nicht gefragt!"
Aber er rief doch den Feldwebel herbei und fragte ihn dieserhalb und der Feldwebel bestätigte das. Nun wandte sich der ganze Grimm des Hauptmanns gegen den Mann. „So, mein Junge, warum halten Sie Ihre Flossen nicht still — was haben Sie an Ihren Knöpfen herumzufummeln?"
Aber der Angeredete antwortete nicht. Man sah es ihm überhaupt gleich an, daß er das Pulver nicht erfunden hatte, nieder das rauchlose noch irgend ein
anderes. Er war sine Mittelfigur, etwas vierschrötig, strohblond, mit wasserblauen Augen. Er wurde von seinen Kameraden und teilweise von seinen Vorgesetzten auch fast nie mit seinem Namen, sondern immer mit Kosenamen wie „Schmierfink" oder „Ferkel" angeredet. Und in der Tat war er wohl der unsauberste Mann in 'der Kompagnie. Wer von den Unteroffizieren die Korporalschaft bekam, bei welcher der Murgentaler Anton, oder, wie er sich selber nannte, Murchedaler — Antun, war, der hatte schon genug. Denn dieser Schlumps machte einem das Leben sattsam sauer. Er war ein richtiger „Parlewuh", der als man ihn vor nun fast zwei Jahren aushob, nicht ein Wort hochdeutsch verstand — aber auch kein Wort Französisch, sondern nur seinen scheußlichen, mit korrumpierten französischen Brocken vermengten Dialekt.
Das verständnislose Hinstarren des Kerls war nicht dazu geeignet, die erregte Stimmung des Hauptmanns zu besänftigen. Er faßte den Murgentaler
— Anton am Vorstoß des Rockes in Brusthöhe an und donnerte:
„Der Deibel soll Dich holen, mein Sohn, wenn ich das noch einmal sehe."
Aber der Rock gab an der Stelle, an welcher der Hauptmann angefaßt hatte, merkwürdig nach — und im Nu hatte der Hauptmann den Stoff ein wenig umgewendet und was er nun sah, versetzte ihn vollends in Wut.
„Kerl, Lotterbube I Du Haft ja den Knopf nicht einmal angenäht. Du hast ihn ja durch das Knopfloch gesteckt und durch die Oese ein Streichholz gezogen
— so, das ist Wahre! Na, Herr Schumann, waS sagen Sie denn dazu?"
„Herr Hauptmann verzeihen, als ich heute früh den Anzug nachsah, war der Knopf noch angenäht — allerdings etwas- lose, ich habe dem Mann auch den Befehl gegeben, sich den Knopf gleich nach derü Dienste anzunähen. Wie eS jetzt kommt, daß er abgerissen ist, das weiß ich nicht, Herr Hauptmann."
(Fortsetzung folgst)