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Amts- und Anzcigekkati für den Bezirk Gakw.
78. Jahrgang.
Srscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. JnsertionSpreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirlsorte; außer Bezirk 12 Pfg.
an 1903
Donnerstag, den 5.
Abonnemenlspreis in der Etadl pro Vierteljahr Mk. 1.10 incl. Trägerlohn, im Nachbarortsverkehr einschließl. Zusteüurigs- gebühr Mk. 1.20, außer der 10 Kilom^-Zone Mk. 1.30.
Amtliche Aekarmtmachmtge«.
Bekanntmachung betr. die Handwerkskammerwahlen im Jahre 1903.
Die für die bevorstehenden Handwerkskammerwahlen erfolgten Anmeldungen der in Betracht kommenden gewerblichen Vereinigungen des Oberamtsbezirks samt den Mitgliederverzeichnissen sind auf dem Oberamt acht Tage lang zur öffentlichen Einsicht und Vorbringung von Einsprachen öffentlich aufgelegt.
Calw, 2. März 1903.
K. Oberamt.
Amtm. Rippmann, A.-V.
Bekanntmachung
betreffend de» Schutz der Bögel.
Den Bezirksangehörigen werden die nachstehenden Bestimmungen betreffend den Schutz der Vögel zur Kenntnis gebracht.
Verboten ist:
1) Das Zerstören und Ausheben von Nestern oder Brutstätten der Vögel, das Zerstören und Ausnehmen von Eiern, das Allsnehmen und Töten von Jungen, das Feilbieten und der Verkauf gegen dieses Verbot erlangter Nester, Eier und Jungen.
2) Jede Art des Fangens und der Erlegung von Vögeln, soweit sie nicht zu den jagdbaren Vögeln gehören und soweit nicht das Oberamt für gewisse Vogelarten hiezu Ermächtigung erteilt hat.
3) Dem Fangen im Sinne des Gesetzes wird jedes Nachstellen zum Zweck des FangenS oder Tötens von Vögeln, insbesondere das Aufstellen von Netzen, Schlingen, Leimruten oder anderen Fangvorrichtungen gleich geachtet.
4) Wer Vögel, von denen er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß sie unbefugt
gefangen oder erlegt worden sind, oder verbotswidrig feilgeboten werden, oder wer unter gleicher Voraussetzung verbotswidrig erlangte Vogel-Eier oder -Nester ankauft, ist strafbar.
5) Strafbar ist ferner, wer Hunde oder Katzen in der Zeit vom 1. Mär» bis 15. September im Walde oder auf freiem Felde umherschweifen läßt.
Die Ortsbehörden werden beauftragt Vorstehendes in ihren Gemeinden öffentlich bekannt zu machen, das unterstellte Polizei-, Feld- und Waldschutzpersonal entsprechend zu instruieren, und hierüber Eintrag in das Schulth.-Amts-Protokoll zu fertigen.
Etwaige Anzeigen sind zur Abrügung dem Oberamt vorzulegen.
Da auch der Unfug häufig vorkommt, daß Hecken, die Nistplätze nützlicher Vögel, unbefugt ausgerodet oder Heiken und Gras an Grenzraine« in Brand gesteckt werden, so erhalten die Ortsbehörden den Auftrag, für die Erhaltung der Hecken tunlichst Sorge zu tragen. (Vergl. Art. 36 Z. 3 des württ. Polizeistrafgesetzes.)
Zugleich werden die Herren Ortsschulin- spektore« und Lehrer ersucht, vorstehende Vorschriften unter entsprechender Verwarnung den Kindern in den Schulen einzuprägen und zu erläutern.
Calw, 3. März 1903.
K. Oberamt.
Amtm. Rippmann, A.-V.
Die Gemeindebehörden
werden veranlaßt, sämtliche die Zeit vom 1. April 1902 bis 31. März 1903 betreffenden Forderungen der Gemeinden für Quartier und sonstige Leistungen an die Militärverwaltung (Servis, Vorspanne rc.) soweit noch nicht geschehen, bis spä
testens 1. April ds. Js. mit den nötigen Unterlagen versehen, hieher einzureichen.
Die Nachweisungen über die von den Gemeindepflegen vorschutzweise gezahlte« Marfch- gebührnisse sind sofort der Oberamtspflege zu übersenden, damit der Ersatz dieser Gelder rechtzeitig bewirkt werden kann.
Calw, 4. März 1903.
K. Oberamt.
Amtmann Ripp mann, A.-V.
Tagesneuigkeiten.
Stammheim, 4. März. Heute Vormittag ereignete sich hier ein bedauerlicher Unfall. Der im Steinbruch von Hrn. Wöllhaff beschäftigte, von seiner Frau getrennt lebende 32 Jahre alte Taglöhner Schumacher von hier, wurde von einer Erdmasfe verschüttet und erlitt hiebei solch bedeutende Verletzungen, daß er kurz nachher in seiner Wohnung verstarb.
Stuttgart, 2. März. Das Testament des Herzogs Nikolaus von Württemberg ist vor dem ersten Senate des Oberlandesgerichts eröffnet worden. Wie der „Schwab. Merkur" erfährt, geht das Besitztum des Herzogs in Karlsruhe in Schlesien auf Seine Majestät den König über.
Eningen OA. Reutlingen. Einen schlechten Scherz gestatteten sich gestern einige schulpflichtige Knaben von hier mit einem ihrer Kameraden. Sie gaben demselben 3 Päckchen Schießpulver zum aufbewahren in seine Hosentasche. Einer der Schlingel ließ unbemerkt ein brennendes Zündholz in die Tasche des Armen fallen, wodurch das Pulver sich entzündete, und der Knabe am Schenkel und Unterleib sehr schwer verbrannt wurde.
Rottweil, 2. März. Ein Familien- drama spielte sich am Samstag in dem benach-
Fsnlstslon. Nachdruck verbotin.
Wer wccv es?
Militärischer Original-Kriminalroman von Egbert v. Elster.
1. Kapitel.
„Stillgestanden! Nicht' Euch!" schallte die scharfe Stimme des Oberleutnants von Bodenhausen über den Kasernenhof, „Augen gerade — aus! Augen
— links!" Seine Hand fuhr an den Helm und mit großen Schritten ging er dem „Alten" entgegen, der auf einem prächtigen Schweißfuchs durch das Kasernentor geritten kam. Als er ihn erreicht hatte, meldete er: „Drei Offiziere, zehn Unteroffiziere, vier Spielleute, — Züge zu sechzehn Rotten!"
„Danke!" rief der Hauptmann, die Hand ebenfalls an den Helm legend, und dann ging es los! „Köpfe hoch! Augen auf! Mich ansehen — da — der Sechste vom linken Flügel im ersten Glieds hat die Nase im Sand — der Achte zurück — der Zehnte ein wenig vor! Ja, — aber die Richtung stimmt auch nicht, Herr Leutnant — und der Vordermann ! Zurück — da, der im zweiten Glieds
— hinter dem Einjährigen! — Rührt Euch!" kommandierte er endlich, nachdem er Richtung und Vordermann genügsam geprüft. „Klencke!" fügte er dann hinzu und aus dem zweiten Glieds löste sich ein sonst hübscher Kerl, der nur etwas krumme Beine hatte. Der wußte, was los war. Er kam im Laufschritt vor und hielt das Pferd des Kompagnievaters, denn eS war sein Bursche. Aber die ganze Kompagnie wußte ebenfalls, was die Glocke geschlagen hatte. Wenn der Alte die Kompagnie so begrüßte, wie heute früh, dann war er verkehrt aufgestanden und dann war er überhaupt böse.
„Sonst ist er ja ein sehr guter Kerl!" — sagten seine Musketiere von ihm — „aber wenn er seine Mucken hat-"
Und heute hatte er sie. Er stieg vom Pferde und kommandierte: „Kom- pogniekolonne for — miert!" und die Züge, die in Kompagniefront nebeneinander gestanden hatten, reihten sich in der Folge: zweiter, erster, dritter Zug, hintereinander. Aber das konnte dem Alten nicht imponieren. Das frische, wetter- braune Gesicht des herkulischen Mannes wurde um einen Schein dunkler.
„Donnerwetter noch mal!" schnauzte er los, „was ist das heute Morgen für eine verfluchte Schlappheit? Wartet nur — ich werde Euch das schon eintränken! Die Herren Offiziere und die Unteroffiziere heraus! Marschiert auf — marsch — marsch!"
Die Offiziere und Unteroffiziere hatten sich hinter dem Alten zurückgezogen und dieser ließ zur angenehmen Kurzweil ungefähr ein halbes Dutzend Mal Kompagniekolonne formieren und aufmarschieren. Dann kam das Kommando: „Zweites Glied drei Schritte rückwärts — marsch!"
Jetzt wird es erst schön — jetzt wird der Anzug nachgesehen — zum dritten Male — und die Korporalschaftsführer erfaßte ein Grauen. Das war nämlich auch eins Spezialität des Hauptmanns v. Keller. Wenn er schlechter Laune war, sah er den Anzug noch einmal bis ins Kleinste nach, obschon es doch schon einmal von der sorgenden Kompogniemutter und dann von dem betreffenden Herrn Leutnant geschehen war, der den betreffenden Zug führte. Der Alte aber hatte einen Adlerblick und wenn niemand mehr etwas fand — er fand etwas.
Richtig — da hatte er auch schon wieder sein Opfer erreicht.
„Murgentaler! Stockschwerenot! — Wie sieht denn der Kerl aus — immer dieser Schmutzfink!" wetterte er los, „warum haben Sie die oberen drei Knöpfe nicht geputzt? Wo ist der Korporalschaftsführer?"