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während der letzten 8 Tage im ganzen Golf von Siam sowie an der Küste von Cochinchina stark gestürmt und es stand daher überall eine grobe, unregelmäßige See. Am 10. Januar 9 Uhr 47 Min. abends passierten wir Pulo Panjang und sichteten bei Tagwerden Pulo Ohio. Der Wind war OdlO, Stärke 5. Grobe, unregelmäßige See, in der das Schiff hart stampfte. Um 8 Uhr morgens sichteten wir etwa 3 Seemeilen Süd von der Hauptinsel Pulo Ohi eine entmastete Dschunke, die an einem kleinen Stock Lappen befestigt hatte und dieselben als Notsignal zeigte. Wir hielten darauf zu und dampften dicht daran vorbei. Das etwa 70 Fuß lange Fahrzeug war gedrängt voll Menschen, die alle auf den Knieen lagen und um Aufnahme baten. Die Dschunke war verankert und es lief ein starker Strom in OXO-Richtung. Es herrschte heftiger Sturm. Das Fahrzeug lag quer in der See und rollte heftig. Wir drehten an der Luvseite der Dschunke bei und schickten ein Boot unter Führung des ersten Offiziers ab. Das Boot mußte fünfmal hin und zurück fahren, um die 96 Menschen, Passagiere und Mannschaft mit ihren Effekten aufzunehmen. See und Strom bedingten ein fortwährendes Manöverieren, um in der Nähe der verankerten Dschunke zu bleiben. Die Dschunke, die in Hoihow beheimatet war, hatte Hoihow am 2. Januar verlassen, um mit einer Ladung Tabak und 86 Passagieren nach Saigon zu segeln. Am 5. ungefähr auf der Höhe von Saigon, verlor sie die Masten und trieb in den nächsten fünf Tagen 250 Meilen von Saigon vorüber. Am 10. Januar verlor sie ihr Ruder und das Schiff sprang hinten leck, so daß die Ladung geworfen werden mußte, um das Schiff flott zu halten. Dazu war der Proviant fast ausgegangen. Die Passagiere, meist junge Männer und Kinder, mit wenigen alten Leuten, schienen Kontraktarbeiter zu sein. Nachdem wir sämtliche Personen an Bord genommen hatten, setzten wir die Reise fort. Die Schiffbrüchigen wurden in Kap St. James gelandet und dort der Obhut der Behörde übergeben."
Die Freier von Alice Roosevelt. Fünf Männer streiten sich um die Ehre, der Schwiegersohn des Präsidenten der Vereinigten Staaten zu werden und dessen liebreizende Tochter Alice mit ihrer Hand zu beglücken. Und so erscheint es denn gar nicht unwahrscheinlich, daß Alice bald wählen wird, wenn auch die Wahl ihr nicht allzuleicht sein dürfte. Man sagt, daß sie dem Leutnant Robert Stirling Clark, dem Adoptivsohn deS berühmten Erzbischofs Potter, den Vorzug gebe. Mit diesem jungen, ausgezeichneten Offizier der amerikanischen Armee hat Fräulein Alice erst ganz kürzlich den berühmten Kotillon im Weißen Hause zu Washington,
der das Sümmchen von 10000 Doll, gekostet hat, angeführt. Dadurch sind seine Aussichten gegenüber seinen Mitbewerbern nicht unerheblich gestiegen. Außerdem kann er auf eine Erbschaft von etwa 10 Millionen Dollars rechnen. Ein anderer Bewerber, der Major Charles Mac Cawley, ist tonangebend für die Eleganz in der amerikanischen Gesellschaft, er hat aber den Nachteil, ohne nennenswertes Vermögen zu sein. Ferner bewerben sich noch um die Hand des kapriziösen Präsidententöchterleins John Van Neß Philipp, ein persönlicher Freund Roosevelts und aus einer der ältesten Familien Newyorks stammend, Edwin M. Morgan, der mit allen Milliardären Amerikas verwandt oder verschwägert ist, und schließlich Vicomte de Alto, der portugiesische Gesandte in den Vereinigten Staaten, ein junger, eleganter Herr, der als Hoch- zeitsgabe ein echtes Wappenschild aufweisen kann. Man verfolgt in Amerika eifrig das Fallen und Steigen der Aussichten der verschiedenen Bewerber.
— sDer reinlichste Fürst.j Aus Heidelberg wird uns geschrieben: Im gestrigen Abendblatt der „Franks. Ztg." war in einer Mitteilung über das Jubiläum der Lnxorto-Vnrola die Vermutung ausgesprochen worden, daß die Hundertjahrfeier des Anfalls Heidelbergs und der rechtsrheinischen Pfalz an Baden wohl aus Rücksicht auf den bayerischen Nachbar nicht besonders begangen werde. Daß die Wittelsbacher lange Jahre den Verlust des schönen Landes nicht verschmerzen konnten, daß sie keine Mittel unversucht ließen, um wieder in seinen Besitz zu gelangen, ist bekannt, und die Mannheimer und Heidelberger wußten wohl die mannigfachen Gnadenbeweise, die ihnen Ludwig I. von Bayern angedeihen ließ, namentlich einige Denkmäler in sehr fragwürdigen Gestalten, nach ihrem wahren Wert und nach den Absichten des königlichen Stifters zu würdigen. Aus diesen Bestrebungen und Stimmungen heraus wurde in jener Zeit die politische Scherzfrage und Antwort geboren:
„Wer ist der reinlichste Fürst?"
„Der König von Bayern, er will immer baden!"
Das Opfer einer scherzhaften Hinrichtung ist in Hamburg-Barmbeck ein 1 8jähriger Fabrikarbeiter geworden. Während der Mittagspause wollte er eine Hinrichtung nachahmen, indem er sich aus Spielerei hängen wollte. Aber aus dem Spiel wurde bitterer Ernst. Denn als der junge Mann den Kopf in die Schlinge gesteckt hatte und den Stuhl, auf dem er solange gestanden hatte, umstürzte, um die in das Zimmer tretenden übrigen Arbeiter zu erschrecken, konnte sich der Unglückliche nicht wieder I aus der Schlinge befreien und erstickte. Die
von den Mitarbeitern sofort angestellten Wiederbelebungsversuche hatten keinen Erfolg.
Humoristisches. Unter dem Schlagwort „Die widerspruchsvollen Deutschen" reproduziert die „Kölnische Volkszeitung" folgende Bemerkung eines Franzosen: „O, 'ökst seltsamer, widerspreckender Gebrauk 'aben die Deutsche. Erst gießen er Rum in Bowl', su maken es stark, dann tun er Wasser 'inein, su maken es swack, dann geben er Zitron, su maken es sauer, und wieder Suker, su maken es süß. Und dann 'eben er die Glas 'ok und sagen: Ick bringe es Ihnen, und dann — trinken er es selber!" _
Gemeinnütziges.
Gegen Kalk im Auge. Kalk im Auge verursacht unsägliche Schmerzen und hat oft sogar den Verlust der Sehkraft zur Folge. Nach der „Fundgrube" besteht ein einfaches, sofort den Schmerz beseitigendes Mittel im Auswaschen des beschädigten Auges mit Zuckerwasser. Der Kalk geht mit dem Zucker eine chemische Verbindung ein, welche die ätzende Wirkung der ersteren alsbald aufhebt.
Putzpulver für Fensterscheiben. Ein solches Putzpulver für Glasscheiben, welches keinen Schmutz in den Fugen zurückläßt, bereitet man durch Befeuchten von kalzinierter Magnesia mit reinem Benzin so, daß eine Masse entsteht, welche hinreichend naß ist, um durch Pressen daran einen Tropfen perlen zu lassen. Diese Mischung bewahrt man in Gläsern auf, welche mit einem Glasstöpsel versehen sind, um das leichtflüchtige Benzin znrückzuhalten. Um die Mischung anzuwenden, gibt man ein wenig davon aus ein Baum- wollbäuschchen und reibt damit die Glastafeln ab. Man kann dieses Mittel auch zum Reinigen von Spiegeln benutzen.
BeLkameteir.
Das Wohlbefinden des Kindes wird nur zu häufig durch Hautaffektionen, Wundsein, Pusteln u. s. w. gestört. Deshalb sollten alle Mütter auf den Mahnruf erfahrener Aerzte -hören:
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nur mit „Patent-Myrrholin-Scife", welche durch den Myrrholingehalt eine große Milde und absolute Reizlosigkeit besitzt und so den besten Einfluß auf die zarte Kinderhaut ausübt. Ueberall, auch in den Apotheken, erhältlich, woselbst auch die 400 hochinteressanten Myrrholin-Bilder gratis zu haben sind. Man nehme keine andere Seife.
Diese deponiere ich hier bei d:m Polizeikommissär. Sie werden sie ausgeliefert erhalten, wenn Sie nack einiger Zeit auf meinen Befehl freigelaffen werden."
Dem Mann traten die Tränen in die Augen. „Es ist eigentlich mehr als ich verdient habe," murmelte er.
„Gewiß", antwortete Hell, aber ich gebe Ihnen, wie gesagt, eine Aussicht. Es ist mein Dank, weil Sie, obschon gegen Ihren Willen, mir wiedergegeben haben, was mir hier im Leben am teuersten ist, nämlich Weib und Kind."
Er gab dem Oberbeamten zu verstehen, daß seine Verhandlungen mit dem Arrestanten zu Ende seien, und darauf wurde dieser von einem Polizisten nach seiner Zelle geführt.
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Der Schauplatz hat sich wieder verändert, wir befinden uns nicht mehr in dem lärmenden Gewühl der Weltstadt, sondern in einem stillen und freundlichen Tal droben in Altnorwegen.
Ich sah Hell zum ersten Male nach Verlauf eines Jahres wieder, und muß gestehen, daß ich den Mann fast nicht wieder erkannte. Ich hatte einen menschenfeindlichen Melancholiker verlassen und traf nun wieder einen glücklichen, lebensfrohen Mann, der sich nichts mehr in dieser Welt zu wünschen schien.
Mit seiner Frau und seinem Knaben weihte er zum ersten Mal sein neues Heim ein.
Eine stattliche Villa erhob sich jetzt dort, wo früher einsam der kleine Hof gestanden hatte und gerade bei dieser Gelegenheit hatte er mir eine Einladung gesandt, ihn zu besuchen.
An einem schönen Sommerabend, etwa ein halbes Jahr nach den vorhin geschilderten Ereignissen, saßen wir wieder in dem schönen Garten. Die Zigarren waren angezündet, auf dem Tisch dampften Grogg-Gläser und auf dem Rasenplatz daneben tummelte sich der kleine Oskar mit einem jungen Neufundländerhund, während die Augen der Mutter in stiller, glückseliger Ruhe bald auf ihm, Kalo auf dem Vater ruhten.
„Sie wissen vermutlich, wie es gegangen ist, seit ich Ihnen meinen letzten Brief gesandt und erzählt habe, auf welche Weise ich dem Kerl das Messer an die Kehl« setzen konnte."
„Nur teilweise. Das Resultat weiß ich ja."
Sie sollen die Geschichte in aller Kürze vernehmen. Mit Bührings Erklärung versehen, reiste ich mit Frau und Sohn nach Norwegen zurück. Ich batte viele Beschwerlichkeiten zu überstehen, ehe ich seinen Mitschuldigen ausfindig machte. Der Pferdehändler war schlau genug gewesen, sich aus dem
Staube zu machen und hatte sich mehrere Monate lang unter anderem Namen in den östlichen Gegenden des Landes aufgehqlten. Auf dem Markt in Chri- stiania entdeckte ich zufällig eine Spur von ihm. Endlich erwischte ich ihn in einer Tanzbude auf dem Markt in Kongsberg. Er war halb betrunken und warf mit großen Worten und vielem Geld um sich. Er wurde festgenommen und leugnete natürlich Alles, was ihm indessen nichts nützte. Außer BühringS Erklärung bekamen wir bald Beweise genug in die Hände. Er war im Besitz von etwa 15000 Kronen, über deren Erwerb er keine Rechenschaft ablegen konnte. Ueberdies fanden wir bei ihm mehrere Noten, deren Nummern die Bank verzeichnet hatte, als Bühring seinen Diebstahl beging. Gleichzeitig erklärte die frühere Wirtin des Letzteren mit aller Bestimmtheit, daß sie in ihm den Mann wieder erkenne, der eine Woche vor der Verhaftung Bührings in dessen Wohnung nach ihm gefragt hatte. Kurz und gut, der Mann mußte am Ende mit der Sprache 'raus und wurde mit ein paar Jahren Strafarbeit belohnt. Ich hatte indessen das Vergnügen, nach viermonatlicher Arbeit 54000 Kronen auf den Tisch des Bankdirektors legen zu können, worauf er in überströmender Freude mich ersuchte, mein Honorar selbst zu bestimmen."
Ich fragte nicht weiter, da ich wohl wußte, daß Hell jedenfalls keine größere Summe angenommen hatte, als die direkten Ausgaben betrugen, welche ihn die Geschichte gekostet hatte.
Es fiel schwer, sich von den liebenswürdigen Menschen loszureißen, die nun endlich nach so vielen Prüfungen im Hafen des Glückes gelandet waren.
* H *
Drunten in der Nähe von Monte Carlo, fern von den goldenen Sälen und den prachtvollen Esplanaden der Spielhölle liegt eine düstere und einsame Einfriedigung.
Kein Kreuz, kein Denkmal, von den Händen liebevoller Verwandten ausgerichtet, erhebt sich über den zahlreichen braungebrannten Rasenhügeln. Es sind die Gräber unglücklicher Spieler, die sich selbst gemordet, nachdem sie alles verloren hatten. Kein Name gibt dem Beobachter Aufklärung. Auf einigen Hügeln ist das Gras noch grün. Einer derselben hatte sich erst vor Kurzem gewölbt.
„Irre ich nicht, so war es ein Norweger", sagte der Aufseher achselzuckend auf eine Frage. Kein Zweifel, es war Bühring, der da unten ruht. Er hatte ein Ende genommen, wie er eS verdiente.
Ende.