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Neuenbürg, Mittwoch den 7. März 1906

64. Jahrgang

rLunSschau.

Der Reichstag setzte am 1. ds. Mts. die Be­ratung des Justizetats fort In der Debatte wurden allerlei juristische Themata, wie Strafrechtspflege, Zeugniszwang, Geschworenengerichte, erörtert. Den Beschwerden des Abg. Stücklen (Soz.) über Klassen» justiz trat Staatssekretär Nieberding damit entgegen, daß er auf das Bild der Rechtspflege im Zukunfts­staat verwies. Es sei sehr zweifelhaft, ob im Zu­kunftsstaate ebenso objektive Richter ihres Amtes walten würden, als es jetzt der Fall wäre. Die Resolution Ablaß erklärte der Staatssekretär noch­mals als unannehmbar für den Bundesrat. Sehr fcharf erwiderte der Staatssekretär dem Abg. Heine (Soz.) auf dessen endlose Kritik der deutschen Straf- rechtspflege und bedeutete ihm, er möge sich mit seiner Mahnung zur Ehrlichkeit und Wahrheit, die er an die deutsche Justiz gerichtet habe, lieber an die sozialdemokratische Presse wenden, der es an Wahrheit und Ehrlichkeit fehle, worauf sich bei den Sozialdemokraten ei» ungeheurer Tumult erhob. Am folgenden Tag wurde der Jnstizetat noch nicht erledigt. Von einer eigentlichen Beratung konnte kaum die Rede sein, sondern es handelte sich um ziellose Etatsplaudereien. So kam Abg. Roeren (Ztr.) wieder auf verschärfte Bekämpfung obszöner Bilder und Schriften zurück, Abg. Böckler (Antis.) erging sich in heftigen Angriffen gegen die im Fall Krösell beteiligten Justizbehörden, was ihm einen Ordnungs- ruf einbrachte, und Abg. Krösell (Antis.) hielt eine lange Rede über den Konkurs einer Pyritzer Ge­nossenschaft. In seiner Sitzung vom vergangenen Samstag hat der Reichstag zunächst die Ausgabeposten Gehalt des Staatssekretärs' des Etats des Reichsjuftiz- amtes nach nochmaliger ausgedehnter Debatte endlich angenommen, dann aber den gesamten übrigen Etat des genannten Reichsamtes debattelos erledigt. Hoffentlich schlägt der Reichstag auch bei der Be­handlung der noch übrigen Spezialetats des Reichs­haushaltsetats ein etwas rascheres Tempo ein, damit es mit der Etatsberatung wenigstens einigermaßen flotter vorwärts geht, als bislang, obgleich auf keinen Fall mehr die rechtzeitige Fertigstellung des Gesamt­etats bis zum verfassungsmäßig zulässigen äußersten Termin, bis zum 1. April erhofft werden darf.

Die geplante Reichserbschaftssteuer kann nach den am Samstag gefaßten betreffenden Beschlüssen der Steuerkommisston des Reichstages als gesichert gelten. In ihrem Kernpunkt, dem von der Steuer­höhe handelnden § 12, hat die Erbschaftssteuer. Vorlage der verbündeten Regierungen nach einem ge- nehmigten neuen Kompromißantrag des Zentrums­abgeordneten am Zehnhoff eine Fassung erhalten, der zufolge der Ertrag dieser Steuern auf rund 80 Millionen Mark gegenüber dem Regierungsentwurf, der nur 72 Millionen bringen sollte, geschätzt wird.

Berlin, 5. März. DieNordd. Allg. Ztg." berichtet: Die kommissarischen Verhandlungen über den Gesetzentwurf betr. die Gewährung von An­wesenheitsgeldern an die Mitglieder des Reichstags sind, wie wir hören, dem Abschlüsse nahe, so daß in der nächsten Zeit die endgültige Be- schlußfassung im preußischen Staatsministerium zu erwarten sein dürfte.

Karlsruhe, 5. März. Der Großherzog ernannte den Minister a. D. von Brauer zum Großhofmeister und übertrug ihm die Leitung des Großherzoglichen Oberkammerherrenamts. Oberhof- marschall Graf von Andlaw-Homburg wurde zum Obersthofmarschall ernannt. Die Großherzog­lichen Herrschaften erhielten heute nachmittag den Besuch des Herzogs und der Herzogin von Cumberland.

München, 5. März. Der frühere Oberst- kommandierende in Deutsch-Südwestafrika, General- leutnant von Trotha, der heute von Berlin hier '

j eintraf, wurde vom Prinzregenten in Audienz em­pfangen und zur Tafel gezogen.

Baden-Baden, 5. März. Der ehemalige reichsländische Staatssekretär, Wirkliche Geheime Rat Max v. Puttkamer, ist heute abend gestorben.

Berlin, 5. März. Oberst Dame bestätigt durch ein Telegramm aus RamanSdrift vom 3. März die Unterwerfung des Kornelius. Dieser Führer der Bethanier hat sich am 2. März in Neikoms, 60 Kilometer südwestlich von Bethanien, mit 75 Männern und 36 Frauen und Kindern gestellt und 54 Ge­wehre, darunter 47 moderne Hinterlader, abgegeben. Wie Oberst Dame hervorhebt, ist der Erfolg der energischen Verfolgung durch die Abteilung des Hauptmanns Volkmann, sowie der unausgesetzten Hetzjagd zu verdanken, die alle beteiligten Truppen in den letzten Monaten unter den schwersten An- strengungen in dem schluchtenreichen Felsenaelände veranstaltet haben.

DerKrieg gegen Deutschland" be­schäftigte die französische Deputiertenkammer. Bouhey Allex lobte die Verstärkung der Truppe» zur Deck­ung der Ostgrenze und stellte an den Minister die Forderung, das Offizierkorps republikanisch zu machen. Oberst Rousset unterzog den Plan, be- treffend die Befestigung der Ostgrenze, einer Kritik und führte aus, man dürfe mit der Anlage von be- festigten Werken nicht über das Ziel hinausschießen. Der Endzweck jeden Krieges sei die Feldschlacht, und er empfehle daher die Vermehrung der Zahl der Feldbatterien, um das Uebergewicht über die deutsche Artillerie festzuhalten. Er schloß mit dem Ausspruche Wir sehen dem Kriege furchtlos entgegen, aber wir wünschen ihn nicht!

Algeciras, 5. März. Die Konferenz ver- handelte heute als Komitee. Von russischer Seite wurde ein Projekt entwickelt, das die Uebertragung der Polizeifrage an Frankreich und Spanien vor­sieht. Sodann wurde die Konferenz vertagt und zwar soll über die Polizeifrage am Donnerstag und über die Bankfrage am Mittwoch weiter beraten werden.

Paris, 5. März. Beim heutigen Frühstück in der englischen Botschaft waren der frühere Präsident Loubet und der frühere Minister Delcasse Gäste des Königs Eduard. Vormittags verließ der König in- folge einer leichten Ermüdung die Botschaft nicht.

Durch einen Ukas des Zaren wurden die Wahlen für die Reichsduma in 28 Gouvernements des inneren Landes auf den 8. April, in 17 anderen Gouvernements im Innern und im Dongebiet auf den 27. April und in 2 anderen Gouvernements auf den 2. Mai festgesetzt.

In England geht man mit der Absicht um, Transvaal und Oranjekolonie hinsichtlich des Maßes ihrer Selbstverwaltung den übrigen großen britischen Kolonien gleichzustellen. Weiterhin machen koloniale Aufstände in Natal und im Nigergebiet der englischen Regierung zu schaffen. In China treten von neuem Symptome einer fremdenfeindlichen Bewegung hervor, der insbesondere von amerikanischer Seite weitgehende Aufmerksamkeit gewidmet wird.

In Rußland sieht es nach wie vor wenig erfreulich aus. Das Ministerium Witte zerbröckelt und zersetzt sich, ohne daß sich die neuen Männer zeigen, die es machen können, und zugleich wächst die Zersplitterung des Parteiwesens und damit die Uneinigkeit. Nun richtet sich alle Hoffnung auf die Duma, die Anfang Mai zusammentreten soll. Wir wünschen von Herzen, daß sich diese Hoffnung er­füllen möge, obwohl unser Glauben hieran nicht allzu groß ist.

Der Lord-Major von London gibt bekannt, daß er zur Linderung der von der Hungersnot in Japan betroffenen Bevölkerung eine Sammlung er­öffnet habe.

Durban, 5. März. Eine englische Truppen- abteilung hat den Kraal des Häuptlings Gobigeube

j bei Jnpumuto eingeschlossen, den Häuptling gefangen genommen und den Kraal durch Artilleriefeucr zerstört.

Den japanischen Blättern ist amtlich ver- boten worden, Einzelheiten über die Stärke der Regimenter, die aus der Mandschurei zurückkehren, zu bringe».

Nach einer Meldung deS Daily Telegraph aus Tokio richteten der englische und französische Ge­sandte in Peking ernstliche Vorstellungen an die chinesische Regierung wegen der zerstörten Mis­sionen in Nanchang und verlangten vollständige Genugtuung Nach neueren Meldungen ist übrigens der Zwischenfall von Nanchang bisher lokalisiert ge- blieben. Man nimmt an, daß die Gefahr einer größeren fremdenfeindlichen Bewegung beseitigt ist.

Württemberg.

Stuttgart, 5. März. Der Kaiser hat das aus Anlaß seiner silbernen Hochzeit gestiftete Er­innerungszeichen dem König und den Herzogen Albrecht und Ulrich verliehen.

Stuttgart, 5. März. Seine Majestät der König ist heute abend in Begleitung des General­adjutanten Frhrn. v. Bilfinger und der beiden Flügel­adjutanten Major v. Tessin und Hauptmann Dörtenbach nach Dresden abgereist, wo die Ankunft heute nachmittag */s11 Uhr erfolgt. Die Rückkehr soll Donnerstag früh erfolgen.

Stuttgart, 5. März. Die Kammer der Standesherren kam in ihrer heutigen Sitzung mit der Gemeindeordnung zu Ende. Sie nahm nur »och wenige Aenderungen an den vom andern Hause ge­faßten Beschlüssen vor. Zu erwähnen ist, daß auch die Freigebigkeitsleistungen der Gemeinden mit ge- wissen Einschränkungen der Genehmigung der Auf- fichtsbeörde unterworfen werden sollen. Eme zweite erwähnenswerte Aenderung bezieht sich darauf, daß den vor dem Tag der Verkündigung der neuen Ge- meindeordnung auf Lebenszeit gewählten Ortsvor­stehern, welche sich einer Neuwahl zur Einlösung einer von ihnen bei der ersten Wahl gegebenen Zu­sage unterziehen wollen, dies dadurch erleichtert werden soll, daß ihnen im Falle der Nichtwiederwahl oder Nichtwiederbestätigung die Wohltat der Ge­währung eines zeitlichen oder lebenslänglichen Ruhe­gehaltes zuteil werden muß. Man ging hierauf zur Bezirksordnung über und erledigte noch 11 Artikel derselben, wobei Berichterstatter Präsident v. Geßler allein das Wort ergriff. Es kamen ein paar Be­schlüsse zustande, welche von denen des anderen Hauses abwichen. Einer derselben verlangt die Be­stätigung der bau- und feuerpolizeilichen Bezirks­beamten durch die staatliche Aufsichtsbehörde, eia weiterer unter gewissen Modalitäten den unentgelt­lichen Uebergang der vorhandenen oberamtlichen Ge­fängnisse an den Staat und ein dritter bezieht sich auf die Berechtigung des Oberamtsvorstaudes, einzelnen Sitzungen der Gemeindekollegieu persönlich anzuwohnen.

Stuttgart. In ihrer Dienstagssitzung erledigte die Kammer der Standesherren eine ganze Reihe von Artikel» der Bezirksordnung durchweg nach den Beschlüssen der Kommission, welche der Referent Präsident v. Geßler begründete. Von den im Gegensatz zu der Kammer der Abgeordneten gefaßten Beschlüssen erwähnen wir, daß bei den vom Bezirks- rat vorzuuehmendeu Wahlen auch dem Vorsitzenden eine Stimme zustehen, daß die lebenslängliche An- stellung der Beamten der Amtskörperschaft ermöglicht werden soll, und daß darüber, ob die Dienstentlassung eines Amtskörperschastsbeamteu im Disziplinarweg gerechtfertigt wäre, auf Anrufen der Disziplinarhof für Körperschaftsbeamte in der vollen Besetzung von 7 Mitglieder« entscheidet.

Stuttgart, 6. März. Die Kammer der Ab­geordneten befaßte sich in ihrer heute nachmittag abgehaltenen Sitzung mit der Frage des Bahnhof. Umbaus in Stuttgart. Die Regierung hatte in