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Die Gemeindebehörden

werden hiemit an rechtzeitige Vornahme von Neu­wahlen derjenige« öffentlichen Rechner,

deren Wahlperiode am 31. März 1903 abläust, erinnert. Die Neuwahlen sind mittelst Vorlage von Protokollauszügen unter Angabe des Berufs, sowie des Orts, Jahrs und Tags der Geburt der neu­gewählten Rechner, sowie der etwaigen Verwandt­schaftsverhältnisse derselben mit dem Ortsvorsteher bis zum 15. April ds. Js. dem Oberamt an­zuzeigen.

Vor der Neuwahl sind die Kautions- und Besoldungsverhältnisse festzusetzen. In den hierüber abzusassenden Protokollen muß auch eine genaue Kautionsberechnung enthalten sein Bezüglich der letzteren find die neuen Vorschriften zu beachten. (Minist.-Verfügung vom 8. Juni 1900 Reg.-Bl. S. 471.)

Behufs Ermittelung der Kautionshöhe ist der Betrag der ordentlichen etatsmäßigen Einnahmen der betreffenden Verwaltung nach der letztgestellten Rechnung und des etwa umgelegten Gemeinde­schadens zusammenzustellen; bei Gemeindepflegern denen zugleich der Steuereinzug obliegt, ist außer­dem noch der vierte Teil der auf die Gemeinde pro 1902/03 entfallenen Staatssteuer, sowie des Amtsschadcns, Brandschadens, der Körperschafts­steuer und Umlage für die landwirtschaftliche Berufs­genossenschaft, hinzuzurechnen. Innerhalb des Rah­mens von mindestens 4 °/» bis 8"/» der hiebei sich ergebenden Summe ist sodann die Höhe der Dienst­kaution zu bestimmen. Die gefaßten Beschlüsse sind dem Oberamt spätestens bis 15. April d. I. zur Genehmigung vorzulegen.

Die gewählten Rechner sind zu beeidigen, bezw. auf den früher abgelegten Diensteid hin­zuweisen, auch mit den Strafbestimmungen für öffentliche Rechner, sowie mit den Bestimmungen über die Kassenführung Minist.-Verfügung vom 9. August 1902, Reg.-Bl. S. 400 bekannt zu machen. Wenn dieselben Mitglieder des Gemeindc- rats sind, ist die Zustimmung des Bürgerausschusses zur Wahl einzuholen.

Ein passendes Gemeindepflegerswahlprotokoll ist im Handbuch von Frisch S. 1211 enthalten.

Calw, 25. Februar 1903.

K. Oberamt.

Rippmann, A.-V.

Die Ortsbehörden

derjenigen Gemeinden, in welchen Krankenkassen bestehen, werden hiemit veranlaßt die vorgeschriebenen

Nachweisungen für das Jahr 1902 spätestens bis zum 15. März d. I. hieher vorzulegen.

Bei Aufstellung der Nachweisungen ist auch der Minist.-Erlaß vom 9. Dezember 1897 Minist.- A.-Bl. S. 400 und Calwer Wochenblatt von 1897 No. 154 zu beachten.

Besitzt die Krankenkasse keine Börsenpapiere, so ist dies auf Seite 4 des Nachweisungsformulars bei II ^ b zu bemerken.

Calw, 25. Februar 1903.

K. Oberamt.

Rippmann, A.-V.

Die Herrn Verwaltungs-Aktuare

werden hiemit veranlaßt, bis 1. April d. I. hieher anzuzeigen, daß die Rapiate, Tagbücher und Abrechnungsbücher pro 1903/04 angelegt und den Rechnern übergeben worden sind.

Bei Anlage der Bücher sind die Vorschriften der Minist.-Verf. vom 9. August 1902 betr. die Kassenführung und Kassenkontrolle Reg.-Bl. S. 400 genau zu beachten.

Calw, 25. Februar 1903.

K. Oberamt. Rippmann, A.-V.

Die Herren Verwaltungs-Aktuare

werden beauftragt, die Rechnungsstcllpläne

pro 1902/03 in doppelter Ausfertigung spätestens bis 1. Mat -s. Js. hieher vorzulegen.

Calw, 25. Februar 1903.

K. Oberamt.

Ripp mann, A.-V.

Tagesneuigkeiten.

Calw, 25. Febr. Am vergangenen Sonn­tag hielt die Spar- und Vorschuß bank Calw ihre diesjährige Generalversammlung in der Brauerei Dreiß ab. Der Direktor der Bank, Hr. Fabrikant Hermann Wagner, begrüßte die Erschienenen und gab einen kurzen Ueberblick über das abgelaufene 41. Geschäftsjahr der Bank, das in jeder Beziehung mit recht günstigen Resul­taten abschloß. Der detailierte Rechenschaftsbericht wurde vom Kassier, Hr. Paul Georgii, in klarer und übersichtlicher Weise erstattet. Trotz des großen Umsatzes von über 5'/» Millonen hatte die Bank auch im verflossenen Jahre nicht den ge­ringsten Verlust zu verzeichnen. Die im Jahre 1901 eingeführten Neuerungen Erhebung der Zinsen aus gewährten Vorschüssen erst nach Ver­fall, Führung eines genauen Bürgenbuches, Ein­führung des Chekverkehrs rc. haben sich auch im letzten Jahre vorzüglich bewährt und haben die Zufriedenheit der Mitglieder gefunden. Die Mit­gliederzahl hat sich wieder um 13 vermehrt und beträgt nun 926, der höchste Stand seit Bestehen der Bank. An Reingewinn wurde erzielt 19835 ---- 8,13 °/» des dividendenberechtigten

Einlagekapitals. Hievon werden nach dem Vor­schlag des Aufsichtsrates und Beschlusses der Gene­ralversammlung auf das dividendenbercchtigte Ein­lagekapital von 243 829 5'/- °/° Dividende

verteilt mit 13386 54 dem gesetzlichen

Reservefonds neben 342 Eintrittsgeldern noch 658 und dem Specialreservefonds 2500^. zugewiesen, an den vorhandenen Mobilien 199 abgeschriebcn, so daß solche künftig nur noch mit 1 zu Buche stehen und der Rest mit 3 091 auf neue Rechnung vorgctragen. Die Reserven betragen nun zusammen 69 500 die in mündelsicheren Papieren angelegt sind. Ein sehr erfreuliches Zeichen ist die von Jahr zu Jahr steigende Teilnahme der Geschäftswelt am Conto-

Corrent-Verkehr, auf dem die Bank ohne Einrechnung der Saldi mehr als 2'/- Millionen umsetzte und von ihr völlig provisonsfrei geführt wird, sowie die stets zunehmende Benützung des für den raschen und leichten Geldverkehr so praktischen Chekverkehrs. Das eigene Vermögen der Genossenschaft (Mit- glieder-Einlagen und Reserven) beträgt nun rund 360 000 ^., im Verhältnis zu den Verbindlichkeiten der Genossenschaft ein äußerst günstiger Stand. Die der Genossenschaftsbank im letzten Jahre über­tragene Agentur der Württ. Notenbank hatte einen Umsatz von 2 Millionen. Von der sehr vorsichtigen Aufstellung der Bilanz zeugt der Um­stand, daß die vorhandenen Effekten, an denen in den letzten Jahren durch das Fallen des Kurses größere Beträge abgeschrieben werden mußten, zum niederen Cours des Vorjahrs eingestellt wurden, während der Courswert am 1. Januar d. I. um 3500 höher war. Gab so der Rechenschaftsbericht des Vor­standes ein erfreuliches Bild vom Stand der Bank, so zeigte auch der Bericht des Vorsitzenden des AufsichtSratcS, Hr. Verwaltungsoktuar Staub en- meyer, daß der Aufsichtsrat seinen Verpflichtungen als Kontrolorgan sehr gewissenhaft und eifrig nach­kommt und wurde deshalb auch von der General­versammlung dem Vorstand und Aufsichtsrat unter Anerkennung ihrer tüchtigen Geschäftsführung ein­stimmig Entlastung erteilt. Die Ergänzungswahlen für den Aussichtsrat führten zur fast einmütigen Wiederwahl der seitherigen Mitglieder. Dem Verein zur Hebung des Fremdenver­kehrs in Calw, dessen Bestrebungen dem ganzen Bezirke zu gute kommen dürsten, wurde auf sein Gesuch ein einmaliger Beitrag von 100 ver- willigt uvd auf eine Anregung von Verwaltungs­aktuar Staudcnmeyer hin dem Vorstand Ermächtig­ung erteilt, aus den Ueberschüssen der kommenden Jahre nach und nach einen D ivid end enfond zu gründen, um im Jahre 1912, in dem die Bank die Feier ihres 50jährigen Be­stehens begehen wird, den Mitgliedern in Form einer besonderen Jubiläumsdividende eine Festgabe verabreichen zu können. Mit Verteilung der Dividende aus vollen Einlagen schloß die in schönster Harmonie verlaufene Generalversammlung.

**Calw. Der Landwirtschaft!. Con- sumverein Calw hielt am Matthiasfeiertag seine Generalversammlung im Dreiß'schen Saale hier ab. Herr Alt Stadtschultheiß Hermann von Neubulach eröffnete dieselbe und begrüßte die Mitglieder. Der geschäftsführende Vorstand, Herr Fr. Gärtner, gab einen Rückblick aufs ver­flossene Geschäftsjahr, das im allgemeinen ein recht gutes zu nennen ist, da der Umsatz an Waren recht groß war, ein Beweis, daß das Vertrauen zum Verein wieder gewachsen ist. Mit dem erzielten Reingewinn mußten aber leider noch alte Scharten ausgewetzt werden, so daß die Bilanz mit einem kleinen Defizit schließt. Herr Gutspächter Fahrton

.Wer weiß", sagte Bühring zu sich selber, während er seine Schritte nach einem NachtkafS in der Lcipzigerstraße leitete,aus dieser Bekanntschaft kann viel­leicht doch etwas werden."

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-s- *

Nun, wie ist die Geschichte abgelaufen, meine Liebe?" fragte Hell, als er am Abend seiner Frau die Haustüre öffnete.

Gut, wie ich es erwartet habe. Ich habe eine Eroberung gemacht, und übermorgen hast Du meinen Anbeter an dem gewünschten Ort."

15. Kapitel.

Moritz Eiscntal verwünschte Grünstadt und seine eigene Dummheit. Der kleine, krummbeinige Jude mit den runden, freundlichen Zügen und dem Knebel­bart stand allein in seinem Laden und ärgerte sich über den Mangel an Unter­nehmungsgeist der Leute. Vor fünf Jahren hatte er sich in dem kleinen Ort als Waffen- und Eisenhändler niedergelaffen, aber trotzdem er ohne Konkurrenz war, ging doch das Geschäft schlecht. Er hatte erwartet, daß das kleine Städtchen sich zu einem zweiten Charlottenburg entwickeln würde, sich aber sehr getäuscht.

Er hatte, angespornt von der SpekulationSsucht seiner Stammekgenosien in größter Eile ein Haus und ein großes Grundstück in dem Flecken gekauft, weil damals stark von der Gründung einer elektrotechnischen Lehranstalt außerhalb Berlins in Grünstadt die Rede war. Aus dem Projekt wurde indessen nichts, und der kleine Moritz blieb mit seinem Laden, seinem Hause und dem Grundstück sitzen, ohne sie auf anständige Weise veräußern zu können. Er wollte gerade seine Lokale schließen, als unvermutet ein Kunde in seinen einsamen Laden trat.

Es war ein eleganter Herr, jedenfalls ein Ausländer.

Habe ich die Ehre, mit Herrn Eisental zu sprechen?"

Ja womit kann ich Ihnen dienen?"

Sind Sie der einzige Waffenhändler hier am Ort?"

Und der einzige Eisenkrämer, mein Herr wären deren noch mehr, so müßten wir alle zusammen verhungern."

Darf ich Sie einen Augenblick um eine Unterredung unter vier Augen bitten?"

Der Waffenhändler zögerte etwas verlegen.

Nun, es ist zu Ihrem eigenen Vorteil."

Der kleine Moritz verneigte sich verbindlich und verwundert, schloß dann eiligst seinen Laden und führte den seltsamen Gast in sein Privatzimmer.

Als ihn der Fremde nach einer halben Stunde wieder verließ, schüttelte der kleine Jude unschlüssig den Kopf.Das ist eine geheimnisvolle Geschichte," murmelte er,aber hundert Mark findet man bei diesen schlechten Zeiten nicht auf der Straße und es ist ja nichts Böses, was ich ihm versprochen habe!"

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Bühring zahlte die Stunden, bis er seine schöne Unbekannte wieder finden sollte. An dem vereinbarten Tag stellte er sich auch auf der Station ein und löste ein Billet zweiter Klasse nach Grünstadt.

Bühring hatte nur einen einzigen Reisegefährten, einen flotten, jungen Hu­sarenleutnant, der die Gesprächigkeit und Liebenswürdigkeit selber war.

Als er vernahm, daß sein Begleiter Norweger war, wurde die Unterhal­tung bald recht lebhaft, und der junge Krieger wurde nicht müde, den andern über die Verhältnisse in demSvmmcraufenthaltsorte" auszufragen, und traktierte den andern dafür mit kleinen pikanten Garnisonsgeschichtin. Es dauerte eine unglaub­lich lange Zeit, um die paar Meilen zurückzulegen, da der Zug unzählige Male auf der kurzen Strecke anhielt.

Der Leutnant schlug seinem Gefährten eine Partie Piquet vor, um die Zeit zu vertreiben, er hatte sein Kartenfutteral bei sich, und nahm nun eine Zi-