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Rerreirbür-, Samstag den 3. Febmar 1906

64. Jahrgang.

Lmi-scha«.

Der Reichstag erledigte am Dienstag debatte- loS den Gesetzentwurf betreffend die Abänderung Mehrerer Reichstagswahlkreffe und beendete ferner die erste Lesung der Vorlage über die Hilfskassen. Zu der Debatte gab Abg. Becker (natl.) wie auch die Redner des Zentrums, der Sozialdemokraten, der Freifinuigen und der Antisemiten dem Bedenken Ausdruck, daß mit Annahme des Entwurfs die segensreich wirkende« HilfSkasseu in ihrem Bestände beeinträchtigt würden. Demgegenüber vertrat der Direktor im Reichsamt des Junern Caspar die An­sicht, daß nach Unterdrückung der Schwiudelkaffe« die soliden Hifskassen erst recht florieren würden. Me Vorlage wurde schließlich einer besonderen Kom­misston überwiesen. Am Mittwoch wurde der Toleranzantrag des Zentrums weiterberate». In der Debatte sprachen die Abgg. Frhr. v Hertliug (Ztr.), Hosfmanu (Soz.), Stöcker (Wirtsch. Bg), Gerlach (frs. BP.), Schräder (frs. Bg), Dr. Müller (frs. Bg.), Hennig (konf) und Dr. Spahn (Ztr.). Der sozialdemokratische Antrag ans Kommisstons, beratnug wurde abgelehut und beschlossen, den An- trag in zweiter Lesung im Plenum zu beraten. Am Donnerstag begann der Reichstag die zweite Lesung des Etats.

Da die AnfstandSbewegnng in Deutsch. Ostafrika in der Hauptsache als unterdrückt gelten kann, soll das dorthin entsandte Marinedetachement demnächst hrimbeordert werden.

Berlin, 31. Ja». Der Sozialdemokrat Richard Cal wer, früher Reichstagsabgeordneter für Holz, minden. Gandersheim, der schon einmal den Zorn Bebels dadurch erregt hat, daß er die deutsche Flotteopolitik für berechtigt erklärte, spricht sich jetzt in de»Sozialistischen Monatsheften" durchaus zu­stimmend zur Marokkopolitik aus. Er erklärt, Deutschland würde die französische Vorherrschaft im scherifischeu Reiche nicht dulden können, die deutsche Diplomatie sei daher, indem sie von vornherein auf eine internationale Konferenz hinarbeitete, durchaus richtig vorgegangen. Es sei ganz berechtigt, daß Deutschland gegen das französisch-englische Abkommen Einspruch erhoben habe, dagegen sei die Ansicht falsch, daß eine Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich zur Beilegung der Differenzen hin­gereicht hätte.

Bon einem Sozialdemokraten bei einem Fürstenhofe meldet dieDarmstädter Zeitung" in folgender Hofvachricht:Seine Königliche Hoheit der Großherzog empfingen am 24. Jan. den Haupt- mann z. D. Altrock, Bezirks-Offizier beim Landwehr» bezirk Friedberg, den Pfarrer Schuster von Hering, den Eisevbahndtrektor Kilian von Mainz; eine Depu- tatiou der Garten-Vorstadt-Bereinigung am Hohlen Weg, bestehend aus dem Präsidenten Olbrich, dem Mitglied des Reichstags Cramer ..." Mit bitterm Schmerz schreibt derVorwärts" dazu:ES gibt um einen Reichstagsabgeordneten Cramer: Balt­hasar Cramer, Gastwirt zu Darmstadt und Sozialdemokrat. Was der beim Großherzog zu suchen hatte, geht leider aus der amtlichen Hofaachricht nicht hervor."

In Berlin tagte am Mittwoch ein Kongreß der deutschen Tabakarbeiter. Er genehmigte einstimmig eine Resolution, welche sich gegen jede Erhöhung der Tabaksteuer und des Tabakzolles ausspricht.

London, 1. Februar. Nuumehr wird bekannt gegeben, daß dem König seine Obliegenheiteu nicht gestatten werden, au den Leicheufeierlichkeiten in Kopenhagen teilzunehmen.

In Frankreich nimmt der Widerstand in gut katholischen Gemeinden gegen die Inventur- Aufnahme in den katholischen Kirchen zu, und die betreffenden Finanzbeamten find großen Unannehmlichkeiten aus- gesetzt, wenn sie Pflichtgemäß diese Inventur. Aus­

nahme vornehmen wollen. Me Regierung will jetzt die Widerstand leistenden Männer und Frauen vor Gericht stellen, wobei nicht viel herauskommen dürfte.

Paris, 1. Februar. Bei der Kirche der hl. Chlothilde kam es heute nachmittag zu einer erheb- lichen Ruhestörung. Eine Menschenmenge warf den städtischen Vertreter Meursan, als er die Inventur- aufriahme ankündigeu wollte, die Stufe der Kirche hinab. Meursan wurde nicht unerheblich verletzt. Die Menge verschanzte sich in der Kirche mit Barri- kaden aus Kirchenstühleu und konnte erst nach hef­tigem Kampf vertrieben werden, nachdem der Polizei- Präfekt Le Pine mit einer Kompagnie Garderepubli- kaaer eingetroffe» war. Ein Domäneniasprktor nahm sodann daS Inventar auf. Das Innere der Kirche ist vollständig verwüstet. Es gab zahlreiche Bcr- wundete, doch niemand wurde schwer verletzt. 150 Verhaftungen wurden vorgeuommen; auch ein Priester wurde verhaftet.

Die Hungersnot ia den nördlichen Provinzen Japans muß geradezu furchtbar sein, heißt es doch, daß dort nahezu eine Million Menschen verhungert find. Die Mittel zur Linderung der herrschenden Not find ganz unzulänglich; auch die Stiftung des Mikado von 50000 De» für diesen Zweck nimmt sich nicht allzu großartig aus. '

Ei«e bedeutsame Rebe.

Wie alljährlich, so auch am Sonntag feierte die deutsche Kolonie in Paris Kaisers Geburtstag durch einen Gottesdienst in der deutschen Kapelle in der Rue Blanche, bei dem Pastor Streng Predigte, und an den sich ei» Empfang in der Botschaft schloß. Am Abend versammelte sich die Kolonie, dreihundert Köpfe stark, in einem Saal deS Hotel Continental zu dem g» wohnten Festessen, auf dem der Botschafter Fürst Radoliu nach all dem Hangen und Bange« der vergangenen Monate eine Rede halten konnte, die nicht nur ungemein beifällig ausgenommen wurde von den versammelten Deutschen, sondern die auch auf die französische Presse und das französische Publikum ihre Wirkung nicht verfehlen wird. Der Botschafter führte aus:

Die Wolken, welche den politischen Himmel bedeckt hatten, scheinen sich zu verziehen. Wir hegen die Zuversicht, daß die jüngst zusammengetretene Kon­ferenz von Algeciras eine befriedigende Erledigung der Fragen bringen werde, welche den Gegenstand langwieriger Verhandlungen zwischen uns und Frank­reich gebildet hat. Es liegt kein Grund zu der Be- sorgriis vor, daß die Entwicklung freundlicher Be­ziehungen, die von beiden Nationen gewünscht werden, eine Störung erfahren wird. Eine dauernde An­näherung zwischen Deutschland und Frank­reich ist die sicherste Gewähr des Weltfriedens. Niemand wünscht düsen mehr, als der Kaiser, welcher ein Hort des Friedens ist und bleibt. Ja dem Wunsch, mit allen Nachbarstaaten in Frieden und Freundschaft zu leben, schließt der Kaiser Frankreich ein. Er ist bereit, die Hand zur Verständigung zu bieteu in der sicheren Erwartung, daß seine Bereit­willigkeit Entgegenkommen finden wird und daß diese Verständigung mit der Würde und den Lebensinteressen des deutschen Volkes in Ew klang zu bringen ist. Deutschland verlangt nichts Unbilliges; es muß aber seine Stellung als Weltmacht be­halten. Deren Aufrechterhaltung bedeutet keinerlei Drohung für irgend jemanden, ebensowenig die zeit­gemäße Entwicklung unserer Armee und Flotte. Der versöhnliche Geist, den auch die sranzöstsche Regierung in den Verhandlungen mit uns gezeigt, berechtigt zu der Annahme, daß das Endergebnis allseitig befriedigend sein werde. Wir können sonach im Bewußtsein unseres Rechts getrost in die Zukunft blicken und die Hoffnung hegen, daß das neue Lebens­jahr unseres geliebten Herrschers segeosvoll, glorreich und sorgenlos verlaufen werde. Der Botschafter gedachte sodann mit Worten der Sympathie des

Präsidenten Lonbet, welcher der deutschen Kolonie stets eine wohlwollende Gesinnung eutgegengebracht habe, sowie des Erwählten der Nationalversammlung, Herrn Fälliges, dessen Persönlichkeit dafür bürge, daß er dieselbe freundliche und friedliche Haltung wie sein Vorgänger beobachten werde. Danach er­innerte Fürst Radolin an die bevorstehende Feier der silbernen Hochzeit Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin und die kommende Vermahlung des Prinzen Eitel Friedrich und schloß mit eine» Hoch auf den Kaiser, in das die Versammlung jubelnd eiustimmte.

Es ist sicher, daß die Rede des Fürsten Radolia ein lebhaftes und sympathisches Echo in Paris finden wird, zumal auf das Bestimmteste verlautet, daß tat­sächlich auch die französische Regierung vom versöhn­lichsten Geiste beseelt sei und so die Aussicht vor­handen ist, daß ans der Konferenz von Algeciräs nur Forderungen aufgestellt werde» dürsten, die uirgeuds auf einen unversöhnlichen und hartnäckigen Widerstand stoßen.

MirttLMberg.

Königliche Baugewerkschnle. Die An- Meldungen für das Sommersemester haben vor dem 1. März zu erfolgen. Später eintreffende Aufoahme- gesuche haben keinerlei Anspruch auf Berücksichtigung.

Göppingen, 29. Ja». Ein mehrfacher Millio- uär und Käsereibefitzer, der 72jährige Jakob Preß» mers aus dem nahen Gingen a. Fils, begab sich gestern abend aus einer Wirtschaft aus den Heimweg. Hierbei muß er vom Wege abgeraten und in den Ortsbach gestürzt sein, woselbst seine Leiche am anderen Morgen gefunden wurde. Das Ertrinken Preßmers ist deshalb fast unbegreiflich, da der Orts­bach ganz seicht ist.

Reutlingen, 2. Febr. Der 16jährige Kauf- mannslehrliog Otto Grimm hier bestellte bei einer Stuttgarter Firma im Namen hiesiger Geschäftsleute, ohne indes hierzu beauftragt zu sei», Maschinenteile von Fahrrädern im Gesamtwert von 250 Mk. und ließ sie bahnlagernd hierher kommen, um sie dann nach Empfangnahme auf eigene Faust in Geld zu machen und den Erlös für sich zu verbrauchen. Der junge Mensch dürste nun nach Entdeckung seiner Schwindeleien schwer für seinen Leichtsinn zu büßen haben.

In Mös singen ist die Sägmühle des Privatiers Gustav Schmid in Tübingen mit dem gesamten Holz­vorrat niedergebrannt. Es liegt Brandstiftung vor.

** Pforzheim, 2. Februar. Hier wurde der Ausläufer Ehr. Frey aus Dillstein verhaftet, weil er nahezu überführt ist, um Ostern 1905 einen Ein» lageschein der württ. Oberamtssparkasse Horb über 322 ^ gestohlen und im Juli unter falscher Namens­angabe sich von einer hiesigen Brauerei ein Darlehen erschwindelt zu haben.

Letzi« Nachrichten u. Telegramm«

Berlin, 2. Febr. Gouverneur Graf Götzen telegraphiert aus Dar-es-Salaam: Major Johannes meldet ein erfolgreiches Gefecht des Leutnants Sibberns ohne diesseitige Verluste bei Mohamaukiro im Norden des Songeabezirks und eine fortschreitende Unterwerfung. Hauptmann Seyfried meldet, daß der Aufstand im Lindi-Bezirk völlig ge- krochen sei. Die Neuginea-Lente find am 31. Januar eiogetroffen.

Wien, 2. Febr. Gras Andrassy ist gestern aus Budapest hier eingetroffen nnd heute vormittag vom Kaiser in einstündiger Audienz empfangen worden. Er erklärte nach der Audienz, daß er dem Kaiser die Autwort der Koalition ans die kaiserliche Botschaft überbracht habe. Der Kaiser habe sich seine Entscheidung Vorbehalten und ihn ersucht, vor- läufiq in Wien zu bleiben.

LE Hiezn zweites Blatt. "ML