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Der Enztälcn
Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.
Amtsblatt kür Sen Oberamtsbezirk Neuenbürg.
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Fernsprecher Nr. 4.
Telegramm-Adresse: „Lnzräler, Neuenbürgs.
Neuenbürg, Montag den 6. Februar 1905
63. Jahrgang.
RunSschau.
Im Reichstage erfolgte am Freitag die zweite Beratung des Etats des Reichsamts des Inneren in Verbindung mit der Besprechung der Verhältnisse im Ruhrrevier. Die Abgg Gothein (frs. Vp.) und Auer (Soz.) hatten einen Antrag auf Schaffung eines Reichs Berggesetzes eingebracht wie auch auf Aenderung der Gewerbeordnung, der auch vom Hause angenommen wurde. Dagegen drang der Abg. v. Hehl (»all) mit seiner Forderung, der Beirat für Arbeiterstatistik solle nach Beendigung des Ausstandes eine Untersuchung über die Lage der Bergarbeiter veranstalten, nicht durch. In der Debatte erging sich der Abg. Bebel (Soz) wieder in maßlosen Angriffen gegen die Regierung, wurde aber vom Staatssekretär v. Posadowsky gebührend abgefertigt. Auch die Abgg. Spahn (Z.) und v. Hehl (nat.>lib.) plädierten für die Schaffung eines Reichsberggesetzes. Sehr bemerkenswert war die Warnung des Staatssekretärs vor aufregenden Reden, da die Behörden, wenn sie gezwungen würden, einzuschreiten, energisch einschreiten müßten. Von verschiedenen Seiten wurde lebhaft das Verlangen nach Gesetzen zum Schutze der Arbeitswilligen ausgesprochen.
Das Befinden des Prinzen Eitel-Friedrich hat sich zur großen Freude des Kaiscrpaares, an der auch das gesamte Patriotisch gesinnte deutsche Volk herzlichen Anteil nimmt, so weit wieder gebessert, daß weitere Krankheitsberichte nur jeden zweiten Tag ausgegeben werden. Der am Sonntag morgen 9 Uhr ansgegebenc Bericht lautet: Die Lösung der Lungenentzündung hat befriedigende Fortschritte gemacht. Die rechtsseitige Rippfellentzündung ist abgelaufen. Die Ausschwitzung im linken Rippfellraum ist in steter Rückbildung begriffen.
Essen a. Ruhr, 4. Febr. In den 18 Revieren des Oberbergamtsbezirks Dortmund und auf Zeche Rheinpreußen sind heute von insgesamt 261016 Man« 6393? angefahren, gegen 62361 Mann von 259446 am gestrigen Tage.
London, 4. Febr. Die Bergleute von Nort- humberland haben eine sofortige Spende von 500 Pfund Sterling an die westfälischen Bergleute und eine solche von 100 Pfund Sterling in der Woche str die Dauer des Ausstandes beschlossen.
KoMn Hnbold's Tochter.
Novelle von M. Kerrmarm.
"0! -(Nachdruck verboten.)
Wenn nur irgend ein menschliches Wesen gekommen wäre, dem er sich hätte anvertrauen, das » Hütte zum Werkzeug seiner Absichten machen könne». Aber niemand dachte daran, sich um den armen, totkranken Schreiber zu kümmern. Die alte Frau, welche vielleicht allein etwas wie Liebe strr chn gefühlt hatte, war ihm vorausgegangen in
unbekannte Land, das sich auch ihm nun bald erschließen sollte, und sonst 'hatte er ja keinen Menschen auf der ganzen weiten Welt. Er hatte M niemandem Umgang gepflogen, als mit Kapitän Herbolo und seiner Tochter; wem sollte es nun in oe» Sinn kommen, den Einsamen, Vergessenen auf- Schlichen? Die Witwe, von der er das Zimmerchen Mkunetet hatte, war eine Waschfrau, die selber erst Ipat abends heimzukehren Pflegte und wenn es ihr ,'iz emsallen würde, um diese Zeit noch nach Aem Mieter zu sehen, so war sicherlich alles »angst vorbei.
^2">und hatte ein Paar mal den Versuch ge- i-in ' ö" schreien, aber der schwache, tonlose Klang und Stimme hatte ihn mit Entsetzen erfüllt,
. er hatte das nutzlose Beginnen aufgegeben, denn K 'h" .ja niemand hören. u,ök>. Ein Ueberzähliger, Vergessener gewesen hrend seines ganzen Lebens, und als ein Ueber-
Die Krupp'schen Werke in Essen sind andauernd stark beschäftigt. Sie haben jetzt mit 26 000 Arbeitern die Höchstzahl seit Bestehen erreicht.
Müncheu, 3. Febr. Die Handels- und Gewerbekammer für Oberbayern nahm heute folgende Resolution an: Die Handels- und Gewerbekammer erblickt in einer starken deutschen Kriegsmarine die Hauptgewähr für eine friedliche Weiterentwicklung der internationalen Handelsbeziehungen sowie für die Sicherheit unserer Handelsflotte und damit für den Handel und die Industrie Deutschlands. Sie erachtet daher die weitere beschleunigte Ausgestaltung der Flotte als eine dringende, durch die wirtschaftlichen Interessen des deutschen Volkes gebotene Notwendigkeit und begrüßt aufs freudigste die dahinzielenden Bestrebungen des deutschen Flottenvereins, denen sie vollen Erfolg wünscht.
Mannheim, 2. Febr. In den Versammlungen des nationalliberalen, freisinnigen und demokratischen Vereins, die gestern hier stattfanden, wurde nach längerer Erörterung das Abkommen über ein Zusammengehen der 3 liberalen Parteien bei den nächsten Landtagswahlen einstimmig angenommen; darnach werden in drei von den fünf Mannheimer Wahlkreisen Kandidaten der Koalition aufgestellt. Die liberale Partei hatte bei der Auswahl ihrer Wahlkreise die Vorderhand. Die Demokraten stellen den Kandidaten im 2. und die Freisinnigen im 3. Wahlkreis. Im 4. und 5. Wahlkreis, die den Sozial- demokraten von vornherein sicher sind, werden keine Kandidaten aufgestellt. Ein ähnliches Abkommen ist für die diesjährigen Kommunalwahlen abgeschlossen, das im wesentlichen auf der Grundlage der Wahrung des gegenseitigen Besitzstandes basiert. Dieses Abkommen gilt auch die Kommunalwahlen im Jahr 1908.
Wertheim a. M., 3. Febr. Die chinesische Regierung hat ans Veranlassung des kaiserlich chinesischen Staatsrats Ensinger von Hankau 12 junge Chinesen im Alter von etwa 20 Jahren ausgewählt, welche die „Deutsche Nationalschule" in Wertheim besuchen sollen. Sie sind bereits auf der Reise nach Deutsch- land begriffen.
In Hamburg wurde das Todesurteil an der fünffachen Kindsmörderin Hebamme Elisabeth Wiese vollstrcckt. Die Delinquentin bewahrte bis zum
zähliger, Vergessener sollte er nun auch unbemerkt
und unbetrauert sterben.
Schon hatte er die Empfindung, als ob die eisigen Schauer ihm bis ans Herz griffen, und schon begann ihm zeitweilig für einige glückliche Minuten das Bewußtsein zu schwinden, da drang plötzlich ein Geräusch an sein Ohr, das ihn noch einmal all' seine erlöschenden Sinne mit fast über- menschlicher Kraft anspannen ließ.
Es war, wie wenn ein leichter Schritt langsam und vorsichtig tastend Über die dunkle und gebrechliche Holzstiege herauf käme, die zu dem Mansarden- zimmer führte. Und dann — das konnte unmöglich eine Täuschung seiner kranken Sinne sein — dann wurde ganz leise und schüchtern an die Tür des Stübchens geklopft, einmal und noch einmal, da das schwache „ Herein I" des Kranken ja nicht bis dahin zu dringen vermochte.
Auf dem Gesicht des kleinen Schreibers malte sich die namenlose Angst, daß der Besucher sich wieder entfernen könnte, weil er die Aufforderung zum Eintreten nicht vernahm. Aber diese Befürchtung ging nicht in Erfüllung. Nach einer kleinen Weile wurde die unverschlossene Tür behutsam geöffnet, und auf der Schwelle erschien, von den Strahlen der bereits dem Untergange zuneigenden Sonne voll beleuchtet, Elsbeths liebliche Gestalt. Sie war sehr blaß, aber ihr Antlitz trug den Ausdruck einer mutigen Entschlossenheit, der nur für einen Moment beim Anblick des Kranken demjenigen einer tiefen Bestürzung wich.
letzten Augenblick ihre völlige Ruhe. Sie schlief einige Stunden und wies jeden geistlichen Beistand von sich. Ein Geständnis abzulegen, war sie nicht zu bewegen. Nachdem sie dem Scharfrichter Engelhard aus Magdeburg überantwortet worden war, wurde sie sofort auf das Brett der Guillotine festgeschnallt, und in wenigen Sekunden war der traurige Akt vollzogen. Der Hinrichtung wohnten der Richter, sowie die verfassungsmäßig notwendigen zwölf Hamburger Bürger bei.
In Petersburg glätten sich die Wogen all- mählich und nach Beendigung der zahllosen Unter- suchungen und Verhöre wird die Reaktion aufs neue gestärkt ihr altes Wirtschaften fortsetzen. — Die Untersuchung über den Einsturz der über den Fon- tanafluß führenden Hängebrücke hat ergeben, daß es sich nicht um einen Zufall handelt, sondern um eine Tat der Revolutionäre. — Ueber das Schicksal des Dichters Maxim Gorkis laufen widersprechende Gerüchte. Nach der einen Meldung erfolgte seine Freilassung auf einen direkten Befehl des Zaren, welcher durch die Zarin infolge eines vom Darmstädter Hose zugegangenen Briefes veranlaßt war. Dieser allerdings etwas unwahrscheinlich klingenden Nachricht steht eine telegraphische Mitteilung aus London entgegen, nach welcher sich die Freilassung Gorkis nicht bestätigt. Es sei noch unbestimmt, ob seiner eine richterliche Verurteilung oder administrative Verbannung warte. — In der Provinz dauertdie Bewegungfort. InKrakau fand ein aus 20 000 Personen bestehender Demonstrationszug statt. bei welchem ein großes Bild des Zaren in Stücke gerissen wurde. Bei einem Handgemenge mit der Polizei wurden 20 Personell durch Säbelhiebe verwundet. In Lodz, wo der Generalstreik am 26. Januar begonnen hat, kam cs zu Zusammenstößen zwischen streikenden Arbeitern der Fabrik Kunitza und dem Militär. 6 Arbeiter wurden getötet, 48 schwer und 20 leicht verletzt. Weitere Truppenverstärkungen sind hier eingetroffen. In Sosnowice und Umgebung begann am 1. Februar der Arbeiterausstand. Es streiken hier etwa 30000 Mann, trotzdem ist die Ruhe nicht gestört. Auch in Ka lisch und Bat um herrscht allgemeiner Ausstand bei völliger Ausrechterhaltung der Ordnung. Die Verluste,, welche das Geschäftsleben und die Industrie zu verzeichnen hat, sind unberechenbar.
Sie hatte daheim stundenlang unter heißen Tränen und Gebeten der Heimkehr ihres Vaters gewartet. Endlich aber hatte sie dies fürchterliche Alleinsein nicht länger ertragen können, denn es war ihr zuweilen gewesen, als wenn sie wahnsinnig werden müsse. Sie mußte sich einem teilnehmenden menschlichen Wesen anvertrauen können, wenn sie diese schaurigen Gespenster bannen sollte, und sie mußte auch irgend etwas unternehmen, um ihrem Vater beizustehen und sich über das Schicksal des Geliebten Gewißheit zu verschaffen.
Da war ihr Johannes Jasmund eingefallen und sie halte sich nach kurzem Kampfe entschlossen, ihn aufzusuchen. Sie wußte ja, daß er sie liebte, und sie wußte auch, daß sie auf ihn mehr zählen könne als auf irgend einen Menschen in der Welt. Hätte es sich nur um sie allein gehandelt, so würde ihre mädchenhafte Scheu ihr gewiß nicht gestattet habe», zu ihm zu gehen, hier aber, wo es das Schicksal ihres ttureu Vaters galt, mußte jede kleinliche Rücksicht auf die Gebote einer all' zu ängstlichen Schicklichkeit und ans das Gerede der Welt verstummen.
Und nun mußte Elsbeth den Mann, von welchem sie Hilfe und Beistand erhoffte, in einem so kläglichen, Schrecken erregenden Zustande finden! Sie war für einen Moment nahe daran, unter diesem neuen, unerwartetem Schicksalsschlage zusammenzubrechen. Aber da ging vor ihren Augen mit dem Kranken selbst eine Veränderung vor, die nahe genug au das Wunderbare streifte. Erst hatte er sie aus seinen tiefliegenden, fieberglänzenden Augen anaeftarrt,