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Der Lnztäler.
Anzeiger für das Enztal und Umgebung.
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Fernsprecher Nr. 4.
Telegramm-Abrisse: „Lnzläler, Neuenbürg".
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Neuenbürg, Mittwoch den 27. Septencker 1905.
63. Jahrgang.
rrunSschau.
Berlin, 26. Sept. Der Reichskanzler hat während seines Kuraufenthaltes in Baden-Baden ; u. a. auch den Besuch des japanischen Gesandten in '! Berlin erhalten. Der Besuch galt nach dem „Berl. ? Tagebl" einer Besprechung über einen Handels-" vertrag zwischen Deutschland und Japan.
Berlin, 25. Sept. Reichskanzler Fürst Bülow empfing heute den französischen Botschafter Bihourd zu einer längeren Unterredung.
Gleichzeitig mit dem freisinnigen Parteitag in Wiesbaden tagt in Frankfurt a. M. der Parteitag der süddeutschen Volkspartei. Ans letzterem hielt der Abgeordnete Payer-Stuttgart in der Sonntagssitzung eine größere Politische Rede, in welcher er vom oppositionellen Standpunkt auS den Abschluß der neuen Handelsverträge, die Fleischuot und die Kolonialpolitik berührte, sowie sich über die auswärtigen Beziehungen des Reiches verbreitete.
Mannheim, 25. Sept. Der nächste sozialdemokratische Parteitag Deutschlands findet hier statt.
Gegen die Macht des Zentrums wendet sich Graf Hoensbroech in seiner Monatsschrift „Deutschland"; es heißt da u. a.: „Eine der auffallendsten Erscheinungen im politischen und kulturellen Leben der Gegenwart ist es, daß in Deutschland derjenige Teil des deutschen Volkes, der nicht nur die ziffernmäßige Minderheit bildet, sondern der geistig in jeder Beziehung weit hinter der Mehrheit des Volkes zurückfteht, der entscheidende, maßgebende geworden ist: Das Zentrum, der Vertreter der Minderheit und i Minderwertigkeit des deutschen Volkes, entscheidet über unsere politische und kulturelle Entwicklung! Ei« Menetekel eindringlichster Art für alle, aber besonders für diejenigen, die es soweit haben kommen lassen: Regierung, Parteien, Presse. Vor gerade zwanzig Jahren sprach im Reichstag ein Manu daS Wort: .Ich habe das gelernt, daß mit den Grundsätzen des Zentrums weder das Deutsche Reich, noch der preuß. Staat bestehen können." Dieser Mann hieß allerdings Bismarck. Lang, lang ists her."
Kapstadt, 26. Sept. General v. Trotha teilt dem deutschen Konsulat in Kapstadt telegraphisch mit, daß das in Kapstadt verbreitete Gerücht von einem der Schutztruppe zugestoßenen Unglücksfall falsch sei. Es sei dadurch entstanden, daß einige Viehdiebstähle, bei denen man aber das geraubte Vieh meistens den Dieben wieder abgenommen habe, in der Nähe von Keetmanshaop vorgekommen seien.
In Paris wird zwischen dem Ministerpräsidenten Rouoier, dem deutsche» Botschafter Fürsten Radolin, dem Gesandten Dr. Rosen und Revoil in der marokkanischen Angelegenheit fortgesetzt weiter unter- handelt. Am Sonntag hatte Dr. Rosen neue Be- sprechuvgen mit Revoil und Rouvier, die günstig verlause» sein sollen.
Die Verständigung zwischen Schweden und Norwegen über die Auflösung der skandinavischen Union ist auf der Karlstader Delegiertenkonferenz am Samstag endlich erzielt worden, worauf die beiderseitigen Delegierten Karlstad unverzüglich wieder verlassen haben. In dem am Sonntag in Stockholm unter dem Vorsitz des Kronprinz-Regenten «bgehaltenen Staatsrat wurde beschlossen, den Reichs- ^>g zu einer außerordentlichen Session aus Anlaß der Auflösung der Union auf den 2. Oktober einzuberufen.
Paris, 25. Sept. Der Abgeordnete und frühere Kriegsmiüister Cavaignac ist hier im Alter von ö2 Jahren gestorben. Cavaignac wird in der dritten Republik als einer der vier Kriegsminister fortleben, die im Drcyfus-Prozeß eine unglückliche Rolle gespielt haben. Er war von der Schuld des Dreyfus felsenfest überzeugt. Auf eine Interpellation r« Juni 1898 gab er als Kriegsmiuister seiner Ueberzeuguug vor der Kammer lebhaften Ausdruck und verlas zum Beweis drei Aktenstücke, die dann
auch in der Kammer die Ueberzeuguug von der Schuld des auf der Teufelsinsel schmachtenden Exhauptmanns befestigten. Ein paar Wochen später wurde entdeckt, daß das dritte von ihm verlesene Aktenstück, das besonders beweiskräftig sein sollte, von dem Generalstabsobersten Henry gefälscht war. Dennoch hielt Cavaignac an seinem Glauben an die Schuld des Dreyfus fest und weigerte sich, der Revision des Dreyfus.Prozesses zuzustimmen, was dann im August 1898 seinen Rücktritt zur Folge hatte. Cavaignac hat 1870 als Freiwilliger am Krieg teilgenommen. Kriegsminister war er 1895 bis 1896 und dann wieder 1BA8 unter Brisson. Der Verstorbene war ein Sohn jenes Generals und Kriegsministers Cavaignac, der in der Geschichte der 1848 er Bewegung durch die blutige Niederwerfung des Pariser Juni-Aufstandes und seine darauf- folgende Militärdikdatur, sowie als republikanischer Gegenkandidat Louis Napoleons bei der Prästdent- schaftSwahl vom 10. Dez. 1848 bekannt geworden ist.
London. 24. Septbr. DaS Bureau Reuter meldet aus Peking, 24. Sept.: Jrndem Augenblicke, wo die Reformkommission Peking mit der Bahn verließ, explodierte eine Bombe in dem für sie reservierten Wagen. Schou wurde schwer, sieben andere Mitglieder der Kommission weniger schwer verwundet; Wutingang wurde leicht verletzt Der Urheber des Anschlages, der sich im Wagen befand, wurde in Stücke gerissen.
München, 23. Sept. Die geschiedene Gemahlin Melitta des Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen und Großfürst Kyril! von Rußland Hallen sich augenblicklich beide in Bayern auf. Der Großfürst hat eine Nervenkur in der Anstalt Neu-Wittelsbach bei München beendet, die Großherzogin verbringt mit ihrer Mutter, der Herzogin-Witwe Marie von Koburg, in jedem Jahr einige Monate an den Ufer» deS Tegernsees. Das tägliche Zusammensein des Großfürsten und der Großherzogin hat nun Anlaß zu der Vermutung gegeben, daß beide längst ein Paar, d. h. heimlich getraut seien. Dazu schreibt die .Neue Gesellschafts-Korrespondenz": Dieser Vermutung gaben wir, aus guten Gründen, ischon vor einem halben Jahre Ausdruck. Jetzt darf man bestätigen, daß Großfürst und Großherzogin längst getraut sind. Wie sie sich mit dem Zaren auseinandersetzen werden, ohne dessen Genehmigung ein Großfürst überhaupt keine rechtskräftige Ehe schließen kann, — das bleibt freilich Sache der jungen, nach so viel Hindernissen zueinander gelaugten Eheleute.
Karlsruhe, 23. Sept. Die Stadt zählt nach den jetzt ausgestellten Wählerlisten im ersten Wahl- kreis (Oststadt) 3905, im zweiten (Mittelstadt) 3788, im dritten (Weststadt) 4114, und im vierten (Südstadt) 4260, im ganzen 16067 Wahlberechtigte gegen 14908 bei der Landtagswahl im Jahr 1901. Wie sehr diese Zahlen von den Reichstagswahlen abweichen, geht daraus hervor, daß bei der Reichstags- Wahl im Jahr 1903 die Stadt 20590 Wahlberechtigte, 4523 mehr als zur Landtagswahl besaß. Der größte Unterschied besteht in der Südstadt. Daselbst ist die Zahl der Wahlberechtigten um nahezu 2000 geringer als bei der Reichstagswahl.
Berlin, 26. Sept. Nachdem die Arbeiter den Elektrizitäts-Gesellschaften mitgeteilt hatten, daß sie beschlossen hätten, den Streik fortzusetzen, erließe» die Gesellschaften eine Erklärung, worin es heißt, sie seien zu ihrem Bedauern gezwungen am 30. Sept. nachmittags ihre Fabriken zu schließen. Die Erklärung wird in den betroffenen Werken morgen durch Anschlag bekannt gegeben.
Gera, 26. Septbr. Das Ministerium hat auf Grund eingehender Erörterungen festgestellt, daß in Reuß j. L. eine Fleisch- und Viehnot vorhanden ist. Es hat die Petitionen des Stadt- und Gemeinde- rats dem Bundesrat mit dem Wunsche mitgeteilt, der Bitte der Petenten um Oeffnung der Grenzen nachzukommen.
Mainz, 25. Sept. In der vergangenen Nacht ist der Militärposten am GonsenLeimer Tor von Soldaten überfallen und durch Messerstiche schwer verletzt worden. An seinem Auskommen wird ge- zweifelt. Sein Gewehr und sein Seitengewehr find verschwunden. Eine scharfe Patrone fehlt.
In Mannheim wurde am Montag die Generalversammlung des Vereins für Sozialpolitik eröffnet; es find hierzu auch Teilnehmer aus Oesterreich und der Schweiz erschienen.
Stettin, 25. Septbr. Gegen Abend brach im Freihafenbezirk nicht weit vom Freihafen Groß- feuer aus, daS die dortigen umfangreichen Holzlager ergriff. Die gesamte Feuerwehr bemüht sich, dem Brande Einhalt zu tun.
Vom Bodeosee, 23 Sept Bald werden wir imHerzen unseres Kontinents Seekabelverbiudung haben. Seit einer Woche find die Ingenieure und Arbeiter der Kabelwerke von Siemens - Schlickert beschäftigt, ei« sieben Einzelleitungen einschließendes Kabel zwischen Friedrichshafen und Rgmanshorn in den Bodeosee zu legen. Das Kabel, bei dem das neueste System Pupies verwendet wird, soll dem internationalen Fernsprechverkehr Bayern - Württem- bergs mit der Schweiz dienen. Die Arbeiten werde» in kurzer Zeit beendigt sein. Das Schiff, das zu. ihrem Legen benutzt wird, ist ein umgebautes Schleppboot. Der Uebergabe werden Vertreter verschiedener Postverwaltungen beiwohnen: Das Kabel schafft
u. a. direkte Fernsprechverbindungen zwi'chen Stuttgart, München und Zürich.
Rastatt, 24. Sept. Die Grabstätte des Freischarenführers Adolf v Lützow auf dem alten Gar- nisonkirchhof in der Linienstraße zu Berlin, ist jetzt von dem Offizierkorps des Infanterie Regiments
v. Lützow (1. Rheinisches) Nr. 25 mit einem schöne» Eiseogitter umgeben worden, während sie bisher vollständig freilag.
Schlettst adt, 24. Sept. Weinlese hat auf der ganzen Linie begonnen. In Kestenholz, Kinzheim, Orschweiler und St. Pilt wird seit 3—4 Tagen mit aller Kraft geherbstet, da die Fäulnis rasch, um sich greift. Quantitativ in allen Gemeinden starker Dreiviertelherbst. In der Ebene wiegt Most 50—60, in höheren Lagen 65—70, in ganz bevorzugten Parzellen bis 80 Grad nach Oechsle. Mehr als 10—11 r/L dürfte pro Ohm (50 Liter) nicht verlangt werden. In Diefeotal, Dambach und Scherweiler, wo anfänglich 11 ^ bezahlt wurden, werden nur noch 10 und 9 ^ angelegt.
Kus Stasi» Bezirk uns Umgebung.
Die Landesversammlung des württ. Hauptvereins des Evang. Bundes in Neuenbürg.
Neuenbürg, 25. September 1905.
I.
So ist es nun vorüber daS glänzende Fest, das unvergeßlich bleiben wird im Herzen aller Teilnehmer. Unzweifelhaft wird der 24. September 1905 einen Höhepunkt bilden iu der Geschichte unserer Schwarz. Waldstadt. Schwer ist es, in einem trockenen Bericht alle die verschiedenen Stimmungen wiederzugeben, die das au geistigen Anregungen so reiche Fest in uns geweckt hat. Schon am Samstag wogte es lebhaft durcheinander. In fröhlichem Wetteifer wurden die Festlokale geschmückt, die Quartiere gerichtet, die Häuser beflaggt, Gäste abgeholt und begrüßt. Von 5 Uhr abends ab hielt der Vorsitzende des württ. Hauptvereins des Evangel. Bundes, Professor Dr. Hieb er, eine Vorstandssitzung im Gasthof z. Bären, in der die verschiedensten Anfragen und Bittgesuche iu rascher Reihenfolge erledigt, das Verhältnis zum hessischen Hauptvereiu neu geordnet, der Versuch, den Bund auch in die sozial-politischen Kämpfe in unserem Vaterland hineinzutreibeu, kräftig zurückgewiesen und die letzten Vorbereitungen zum Fest getroffen wurden.