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Revenbürg, Montag den 25. September 1905.
63. Jahrgang.
ttunSschau.
Der Kaiser und die Kriegervereine. In der hochbedcutsamen Rede, die der Kaiser bei der der Provinz Hessen-Nassau im Hamburger Kurhause gegebenen Galatafel gehalten hat, hat Se. Majestät der Kriegervereine mit folgenden Worten gedacht: .Der gestrige Tag hat Mir die große Freude gemacht, viele Tausende alter Kriegskameraden Meines Großvaters und Vaters dem aktiven Korps gegenüber- stehen zu sehen mit den Ehrenzeichen aus großer Zeit an der Brust. Sie haben ihren Fahneneid ge- halten, ihre Pflicht getan und leben jetzt als Bor- bilder der Pflege von Treue und Patriotismus für die jüngere Generation." Dazu schreibt die Kyff- Häuser-Korrespondenz: Diese Anerkennung aus Allerhöchstem Munde wird die im Kyffhäuser-Bunde der Deutschen Landes Kriegeroerbände vereinigten 2'/s Millionen alten Soldaten mit freudigem Stolz erfüllen und wird ihnen ein Sporn sein, auch in Zukunft mit allen Fasern ihres Herzens danach zu streben, des Vertrauens des Allerhöchsten Kriegsherrn würdig zu fein und nicht wankend zu werden in der Pflege und Betätigung der Liebe und Treue zu Kaiser und Reich, Landesfürst und Vaterland.
Wie nachträglich bekannt wird, hat der Kaiser aus seiner Privatschatulle allen Soldaten, die an der Parade bei Homburg o. d. H. am 8. Sept. teilnahmen, je 50 auszahlen lassen, die als Früh- stücksgeld anzusehen sind. Da ca. 40 000 Mann an Wilhelm H. vorbeidefilierten, so dürfte die Gesamtsumme, die zur Auszahlung gelangt, ca. 20000 Mark betragen.
Berlin, 21. Sept. Die amtlichen Erhebungen über die Ursachen der Fleischteuerung werden, wie die „Tägl. Rdsch." hört, nicht vor dem 1. Oktober abgeschlossen sein. Bereits ans vielen Teilen des Reiches sollen Meldungen über den Rückgang der Fleischpreise vorliegen. Die künstliche Mast liefert in der Schweinezucht schon nach 8 Monaten ein schlachtreifes Schwein von 2 Zentner Gewicht, was früher erst in 2 Jahren zu erreichen war; daher kommt schon in der nächsten Zeit die im Frühjahr geworfene Zucht zur Schlachtung. Andererseits wird durch die ungewöhnlich kalten Herbftnächre das Rind- Vieh vorzeitig von der Weide vertrieben, so daß auch hierdurch ein größeres Angebot für den Verkauf eiutritt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß auf diesem natürlichen Wege wieder normale Zustände in der Fleischversorgung eintreten, so daß vielleicht von besonderen Maßregeln überhaupt abgesehen werden kann.
Bezüglich der Beteiligung von Beamten an Konsumvereinen sagt das sächsische Ministerium m einer neuerlichen Verordnung, es weise bei jeder sich bietenden Gelegenheit die unterstellten Behörden darauf hin, daß gegenüber den Bestrebungen zur Gründung von Beamten-Einkaufs- und -Konsum- Vereinen völlige Neutralität zu beobachten und der Wettbewerb solcher Vereine gegen den Kausmanns- stand und das Kleingewerbe in keiner Weise zu begünstigen sei. Die Genehmigung zur Uebernahme einer Beschäftigung oder Stelle im Vorstände, Ver- waltungs- oder Aufsichtsrate einer Erwerbsgenossen, schaft durch einen Staatsbeamten werde nur in ganz besonderen Fällen und unter Anwendung der größten Vorsicht erteilt werden.
Die Zukunft Deutsch-Südwestafrikas. Von der nächsten Zukunft Deutsch - Südwestafrikas, im besonderen der jetzt zu befolgenden Eingeborenenpolitik, entwirft die .Köln. Ztg." ein Bild, das, wie sie versichert, im wesentlichen auch den An- schaumigen des Gouverneurs v. Lindequist entspricht. Danach wäre den verschiedenen aufständischen Stämmen gegenüber in folgender Weise zu verfahren: Mit Moren ga und seinen Anhängern ist, da er den Krieg in verhältnismäßig anständiger Form geführt hat, Frieden zu schließen; (falls er die Waffen ab- liefert), er muß weiter im Norden der Kolonie au-
j gesiedelt werden. Die Witbois dagegen, die sich I 1 als Meuchelmörder erwiesen haben, sind zu vernichten oder zu deportieren, als Arbeiter find sie doch nicht zu gebrauchen. Die Hereros wiederum soll man, unter Vermittlung der Missionare, zur Uebergabe veranlassen und auf Pachtland ansiedelu; die von der Amnestie ausgenommenen Mörder sind jetzt namentlich aufzuführen; im übrigen gilt die Amnestie nur für diejenigen, die sich bis zu einem gewissen Zeitpunkt stellen. Die auf englisches Gebiet übergctreteuen Hereros muß die Kapregierung möglichst weit von der Grenze entfernt ansiedeln; wie wir es seinerzeit in Ostafrika mit dem übergetrctenen Scheih Mbaruk getan haben. Im Gebiet der Ovambos ist nur mit dem Häuptling Nechale ab- zurechnen, der in seiner Deutschfeindlichkeit isoliert zu sein scheint. Sollte von dem schuldigen Stamme die Auslieferung des Häuptlings Nechale und die Abgabe der Waffen, wie zu vermuten, auf friedlichem Wege nicht zu erreichen sein, so wäre das Stammland zu beschlagnahmen und, nachdem man für die Eingeborenen ein Reservat angelegt hat, das verfügbare Land, das durch die Nähe der Eisenbahn und seine Bodenbeschaffenheit wirtschaftlich wertvoll ist, baldigst der Ansiedluog zugängig zu machen. — Hoffentlich gelingt es dem neuen Gouverneur, dieses Programm durchzusühren. Anerkennung und Dank wären ihm gewiß.
In Sachen der Arbeiterbewegung der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschast Siemens und Halske A.-G. finden Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern statt, die noch nicht zum Abschluß gediehen sind und fortgesetzt werden.
Der Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd „Kaiser Wilhelm II." hat auf seiner letzten Reise von Bremen nach New-Z)ork 633 Passagiere erster und 352 Passagiere zweiter Klasse nebst 773 Zwischendecklern an Bord gehabt. Dies ist die höchste Zahl von Kajüts Passagieren, die je ein Dampfer über den Ozean befördert hat.
Vom Feldberg wird gemeldet: „Zum Schluß der diesjährigen Saison wird auf der höchsten Spitze des badischen Schwarzwaldes, dem Feldberg (1495 Meter ü. d. M.), sich ein außerordentliches Leben entfalten. Am 1. Oktober findet daselbst die Einweihung des neuen großartigen Hotels statt, womit zugleich die Uebergabe des ganzen Besitzes durch den seitherigen Inhaber, Mayer sen., an die Mayer jun. und Schladerer verknüpft ist."
Die Attentatsära in Rußland ist noch immer nicht abgeschlossen. Auf den Prinzen Louis Napoleon, der bekanntlich in russischen Militärdiensten steht, wurde in Petersburg bei einer Wagenfahrt ein Schuß abgcfeuert, der aber fehl ging; der Attentäter entkam. Die erregte Stimmung in Finnland hält an. In HelfingSfors kam es anläßlich eines großen Meetings der konstitutionellen Partei zu einem blutigen Zusammenstoß der Versammlungsteilnehmer mit Polizei und Militär. Hierbei wurden 72 Zivilisten und eine Anzahl Soldaten verwundet, zwei Offiziere und 12 Soldaten getötet. Die Lage im Kaukasusgebiet ist noch immer gefahrdrohend, die militärischen Streitkräfte sind ungenügend zur Wiederherstellung der Ordnung. Der Gouverneur von Saratow verfügte die Verhaftung von Aerzte», die an einer regierungsfeindlichen Versammlung teilgenommen hatten. Die Kreisvertretungen des Gouvernements Saratow erhoben in einer an den Minister des Innern gerichteten Depesche Einspruch gegen diesen Willkürakt des Gouverneurs.
London, 23. Sept. Lloyds Agentur meldet aus Port Said, daß der Dampfer Chatham, der im Suezkanal gesunken ist, am nächsten Mittwoch gesprengt wird. Man befürchtet, daß der Kanal für 14 Tage durch die Wrakteile gesperrt werden wird.
Wien, 22. Sept. In dem Wiener Stadtbezirk Ottakring erfolgte in der Zelluloidfabrik von Seiler eine Explosion, welche die Fabrikgebäude in Flammen
setzte. Zwei Personen kamen in den Flammen um, 3 Personen wurden schwer und 6 leicht verletzt.
Württemberg.
Saulgau, 24. Seplb. Die Deutsche Volks- Partei hielt heule hier ihren „Oberschwäbischen Parteitag" ab. Aus diesem Anlaß fand vormittags eine Versammlung von Parteimitgliedern statt, in der nach einem Referat des Lcmdtags- abgeordneten Henning über Eisenbahnfragen eine Resolution gefaßt wurde. In der nachmittags veranstalteten von etwa 300 Personen besuchten öffentlichen Versammlung sprach zunächst Parteisekretär Kienle über den Mittelstand, wobei er auf die Verhältnisse der Handel- und Gewerbetreibenden, der Handwerker- und Landwirte näher ein ging und hervorhob, daß die Mittelstandssrage eine Organi- sations- und Bildungsfrage sei, und daß in dieser Richtung die Zukunft des deutschen Handels liege. Der Mittelstand komme nur durch größeren Gemeinsinn, größeres Wissen und Können sowie durch emsiges Fortarbeiten an sich selbst fort. Möge er auch in politischer Beziehung allezeit dem Fortschritt huldigen. Rechtsanwalt Mayer-Ulm referierte über die Verfassungsrevision. Er betonte, daß es für eine Beseitigung der Ersten Kammer keine Aussicht gebe, und daß man deshalb einen Vergleich schließen müsse, bei dem genommen werde, was man biete, und gefordert werde, auf was man nicht verzichten könne. Der Entwurf sei nicht so wertlos, daß man ihn unter den Tisch werfen könne; denn er bringe vor allem die reine Volkskammer. Der Redner ging dann auf die einzelnen Bestimm- ungen des Entwurfes, sowie die Verhandlungen darüber näher ein und versprach sich eine Einigung über alle Nebenfragen wie die Zusammensetzung der ersten Kammer und die Stärke beider Kammern. Nur das Budgetrecht dürfe den Standesherrn nie- mals zugestauden werden, das sie offenbar blos forderten, um die Verfassungsrevistou zu Fall zu bringen. Der Referent tadelte die Haltung des Zentrums und bedauerte die Spaltung unter den Rittern, bei deren Fortdauer das ganze Werk fallen müsse. Nach 3stündiger Dauer wurde die Versamm- lung von dem Vorsitzenden geschlossen.
Cannstatt, 24. Sept. Vom Volksfest. Der heutige Eröffnungstag des Volksfestes hatte sehr unter der Ungunst der Witterung zu leiden, trotzdem war der Besuch ein kolossaler. Alle die Sehenswürdigkeiten, die uns schon von Kindesbeinen bekannt sind, sind vertreten. An Schaubuden haben wir nichts neues entdeckt, außer einer großen Prachtbude mit der Aufschrift: „Im Sumpf der Großstadt und seine Folgen," in welche aber nur Herren Zutritt haben. An Kinematographen und Biographen fehlt es natür- lich nicht, sind sie doch eigentlich die modernsten aller Errungenschaften. Der Postkartenhandel ging natürlich glänzend. — Vormittags 11 Uhr fand die Eröffnung der Allgemeinen Deutschen Militär-Brieftauben-Aus- stellnng statt. Zur Eröffnung war erschienen als Vertreter des Königs, der Gouverneur von Stuttgart, Generalleutnant von Marchthaler. Außerdem waren anwesend die Minister v. Breitling und v. Pischek, die Generale der Infanterie z. D. Freiherr Pergier, von Perglas und von Dettinger, mehrere höhere Offiziere. Oberbürgermeister v. Gauß hielt eingangs eine Ansprache, worin er auf die Bedeutung des Brieftaubenwesens hiuwies. Seine Rede klang aus in einem Hoch aus den König, den Protektor der Ausstellung. Generalleutnant von Marchthaler vollzog sodann die Eröffnung der Ausstellung. Er schloß mit einem Hurra auf den Kaiser.
Herrenberg, 23. Sept. Ju der Gültsteiner Wurstvergiftungs-Angelegenheit hat Ober- medizinalrat Rembold von Stuttgart gestern die ärztliche Untersuchung vorgenommen. Heute sollen Erhebungen des Gerichts und der Staatsanwaltschaft folgen. Die Zahl der hier und io der Umgegend