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21. Amts-

und Knzeigebkalt für den Aezirk Eakw. 78. Jahrgang.

Erscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Sams­tag, Sonntag. Jnsertionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und Bezirksorte; außer Bezirk 12 Pfg.

Samstag, den 7. Februar 1903.

Abonnementspreis in der Stadt pro Vierteljahr Mk. 1.10 incl. Träaerlohn, im Nachbarortsverkehr einschließl. Zustellungs­gebühr Mk. 1.20, außer der 10 Kilom.-Zone Mk. I.Ä.

Amtliche AekanntmachvNgen.

Die Ortsbehörden

werden hiemit veranlaßt sich der neuen Schreib­weise zu bedienen.

Bemerkt wird, daß die Eigennamen insbe­sondere Ortsnamen eine Aenderung nicht erlitten haben und daher nach wie vorKohlersthal, Seitzen­thal, Röthenbach, Thalmühle, Thann" mith" ge­schrieben werden.

Calw, 4. Februar 1903.

K. Oberamt. Voelte r.

Tagesneuigkeiten.

* Calw, 6. Febr. Auf den 1. April hat Stiftungspfleger Bub wegen hohen Alters sein Amt niedergelegt. Mit Eifer und Treue hat der seit lange im Dienste der Stadt tätige Mann seines Amtes gewaltet und seine ihm übertragene Aufgabe mit größter Gewissenhaftigkeit ausgeführt. Möge ihm noch ein schöner Lebensabend beschieden sein. Wie wir vernehmen, wurde vom Gemeinderat Hr. Oberamtsgeometer und Gemeinderat Bühner zum Rechner der Stiftungspflege gewählt.

Calw. (Nächtlicher Unfug.) In der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag morgens nach 1 Uhr verübten einige junge Leute in der Bahnhofstraße einen großen Lärm. Mit wüstem Geschrei und Gejohle wurde durch die Straße ge­reimt und ein unerhörter Spektakel gemacht. An einem Ladengeschäft wurde eine Fensterscheibe ein­gedrückt und als ein Nebenbewohner mit einem Licht nach der Ursache des Lärms forschen wollte, trat einer der Ruhestörer an das Fenster auf ihn zu, nahm ihm das Licht aus der Hand, warf es aus den Gehweg und fragte in höhnischem Ton: Wünschen Sie sonst noch etwas? Der Lärm dauerte lange fort, bis es den übermütigen Leuten endlich gefiel, nach Hause zu gehen. Wir sind weit ent­fernt, jungen Leuten jugendlichen Uebermut als großes Vergehen anzurechnen, aber was zu viel ist, das ist vom Uebel. Der Uebermut darf sich nicht zu einer Schädigung für die Bewohner steigern und die Nachtruhe sollte in einer solchen Stunde nicht mehr gestört werden.

Neubulach. Se. Maj. der König hat bei dem am 11. Jan. d. I. geborenen 7. Sohn des Bauern Christ. Mayer hier die Taufpaten­stelle gnädigst übernommen und demselben ein Geschenk von 20 gütigst zukommen lassen.

L. Simmo zh eim, 3. Febr. Gestern fand ünter dem Vorsitze des Hrn. Schultheißen Hilli- gardt eine vom landwirtschaftl. Bezirks­verein einberufene, äußerst zahlreich besuchten Versammlung statt, in welcher Hr. Landwirtschafts­inspektor vr. Wacker aus Leonberg über Düngung, Fruchtfolge und Feldbereinigung sprach. Nach den einleitenden Worten des Vorsitzenden, der u. a. darauf hinwies, wie notwendig es bei der gegen­wärtigen Notlage der Landwirtschaft sei, von einem theoretisch und praktisch gebildeten Manne sich be­lehren zu lassen, wurde dem Redner das Wort zu seinem Vortrage erteilt. Herr vr. Wacker ent­ledigte sich seiner Aufgabe in meisterhafter Weise. Seine klaren und überzeugenden Ausführungen fanden den ungeteilten Beifall der Versammlung. Insbesondere hat er die von den Gegnern der Feld­bereinigung bisher immer vorgebrachten Einwände gründlich zerstreut und die Haltlosigkeit ihrer Gründe so übeqeugend nachgewiesen, daß man der Hoffnung

Raum geben darf, es werde die von dem größten Teil der hiesigen Bürger gewünschte Feldbereinigung in nicht zu ferner Zeit zu Stande kommen. Hrn. vr. Wacker wurde durch den Mund des Hrn. Vor­sitzenden der Dank der Versammlung ausgesprochen. Nachdem Hr. Schultheiß Hilligardt noch eindringlich die dem landwirtschaftlichen Verein fern stehenden Landwirte zum Beitritt eingeladen, wurde die sehr anregend verlaufene Versammlung geschlossen. Möge Hr. vr Wacker uns bald wieder mit einem Vortrag beehren.

Stuttgart, 4. Febr. Der heute in" der Gewerbehalle abgehaltenen Ledermesse waren ca. 900 Zentner zugeführt. Der Verkauf war am Vormittag sehr rege; in den Nachmittagsstunden flaute das Geschäft stark ab. Der Absatz hielt sich im wesentlichen auf der Höhe früherer Märkte; der Umsatz wird auf etwa 160,000 ^ geschätzt. Wenn die Händler mit den erzielten Preisen auch nicht ganz zufrieden waren, so ist doch ein Anziehen der­selben zu konstatieren. (N. Tgbl.)

Ballmertshofen OA. Neresheim, 5. Febr. Hier ereignete sich der Kocherztg. zufolge ein gräß­licher Unglückssall. Der Knecht des Bräu­meisters Danner von Dettenhausen war mit Holz­führen beschäftigt. An einer abschüssigen Stelle konnten die Pferde den Wagen nicht mehr halten, so daß er umfiel. Der etwa 18jährige Fuhrknecht Schwenk aus Zöschingen kam unter denselben zu liegen und obgleich sofort Hilfe zur Hand war, konnte man den jungen Mann nicht mehr retten. Schwer verwundet brachte man ihn in ein Nachbar­haus, wo er nach kurzer Zeit verschied.

Frankfurt a. M., 5. Febr. Im Bockcn- heimer städtischen Krankenhaus versuchten heute Nacht zwei Krankenpflegerinnen gemeinsam in den Tod zu gehen. Sie haben sich mit Mor­phium vergiftet, das man auf einem Tisch des Zimmers fand. Die Schwester Hilma Scheibel- huber aus Bremen starb gleich nach ihrer Auffind­ung, die andere, Lilli Löther aus Hanau, liegt auf den Tod krank darnieder. Der Grund zur That ist noch nicht klar.

Dresden, 4. Febr. DenDresdener Neuesten Nachrichten" wird aus Mentone ge­meldet: Die plötzliche Abreise der ehemaligen Kron­prinzessin Louise wurde durch ein Telegramm aus Salzburg veranlaßt, wonach die Krankheit ihres Sohnes sich verschlimmert haben soll. Die Kron­prinzessin wartet in Genf auf die Erlangung freien Geleites nach Salzburg oder Dresden. Giron reist in diesem Falle nach Mentone zurück, wo er die Prinzessin in nächster Woche trifft. In Dres­dener Hofkreisen hält man denDresdener Neuesten Nachrichten" zufolge eine Reise der früheren Kron­prinzessin nach Dresden als ausgeschlossen.

Berlin, 4. Febr. Das Kaiserpaar ließ den 6jährigen spanischen Pianisten Pepito Arriola, der bekanntlich augenblicklich unter der Leitung von Nikisch ausgebildet wird, zu sich ins Schloß kommen, um das Wunderkind zu hören. Für heute Nach­mittag ist Pepito nochmals von der Kaiserin ein­geladen, damit er auch mit der Prinzessin Viktoria Louise spiele.

Berlin, 4. Febr. (Deutscher Reichs­tag.) Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten Lesung des Etats, Etat des Reichskanzlers und der Reichskanzlei, nebst der dazu beantragten Resolution Barth, Müller-Sagan, betreffs Revision

der Wahlkreis-Einteilung gemäß den in der Be­völkerung eingetretenen Verschiebungen. Abg Oertel (kons.) ist von der Aufhebung des § 2 deS Jesuiten- gesetzeS nicht überrascht. Redner wendet sich gegen den Antrag Barth, hält die Gewährung von Diäten für dringend nötig und wünscht schließlich noch eine Statistik über die Herkunft der Rekruten. Abg. Hoffmann-Hall (südd. Volksp.) verbreitet sich über das Haager Schiedsgericht und appelliert namentlich an das Zentrum, an die katholische Kirche zu Gunsten der internationalen Friedensbe­strebungen. Abg. Gröber (Ztr.) beleuchtet die Aufhebung des Z 2 des Jesuitengesetzes näher und bespricht hierauf die in Aussicht gestellte Vorlage betreffend Sicherung des Wahlgeheimnisses. Alle Parteien müßten einig sein in Bezug auf besseren Schutz des Wahlgeheimnisses. WM den Antrag Barth anlange, so würde zweifellM derselbe auf eine Verschiebung des Wahlrechtes zum Nachteil der ländlichen Bevölkerung hinauslaufcn. Der An­trag Barth würde schwere Kämpfe Hervorrufen. Uebrigens sei eine Bedeutung eine rein agitatorische. Zu bedauern sei, daß die Diäten immer noch ab­gelehnt würden. Bedenke man das Wort von hoher Stelle, daß Arbeiter in den Reichstag gewählt werden sollten, so klinge das in den Ohren der Arbeiter wie ein Hohn, wenn nicht die Betätigung darauf folge, wenn nicht durch Diäten den Arbeitern ermöglicht werde, in den Reichstag sich wählen zu lassen. Den Süddeutschen besonders werde die An­wesenheit hier durch den Diätenmangel erschwert. Auch in Süddeutschland würde der Reichsgedanke schon viel festeren Fuß gefaßt haben, wenn Diäten gewährt würden. Er betone ausdrücklich, daß heute Diäten ein Gebot der Notwendigkeit seien. Abg. Wiemer (freis. Volksp.) tritt für den Antrag Barth ein.

Berlin, 4. Febr. Heute Vormittag 11 Uhr hat in der Gnadenkirche die Trauerfeier für den verstorbenen Staatsminister a. D. Rudolf von Delbrück stattgefunden. Der Kaiser, die Kaiserin, die Prinzen Heinrich, Friedrich Leopold, Joachim Heinrich und Friedrich Wilhelm wohnten der er­hebenden Feier bei. Ferner waren erschienen: Reichskanzler Gras Bülow, die Minister von Rhein­baben und Hammerstein, die Staatssekretäre Graf Posadowsky, von Richthofen, von Ttrpitz, von Thiel­mann und Krätke, außerdem die Generale Graf Hülsen-Häseler, von Plässen, von Hahnke und Graf Schlieffen. Zahlreiche Ritter des Schwarzen Ordens hatten sich gleichfalls im Gotteshause eingefunden, desgleichen Oberbürgermeister Kirschner, Bürger­meister Reicke, Professor Mommsen und Professor von Menzel. Der BundeSrat hatte schon vor der Feier einen Kranz am Sarge niederlegen lassen. Die Mitglieder des Reichstags waren in corpore bei dem Trauergottesdienst zugegen. Für den Reichs­tag überbrachte der erste Vizepräsident Graf Stol- berg einen großen Kranz. Auch die einzelnen Fraktionen hatten Kränze gewidmet. Das Kaiser­paar und die anderen Fürstlichkeiten hatten eben­falls kostbare Kränze mitgebracht. Nach einem vom Dom-Chor vorgetragenen Liede hielt Oberhosprediger vr. Dryander die Trauerrede. Alsdann formierte sich der Leichenzug, um die Leiche zur Beisetzung nach dem alten Dorotheenstädtischen Kirchhofe zu überführen. Dem Leichenzuge folgte auch ein vier­spänniger Galawagen des Kaisers mit Spitzenreitern. Unter dem Geläut der Glocken bewegte sich der Zug nach dem Kirchhofe. Nach Gebet und Segen erfolgte die Beisetzung in der Familiengruft.