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Fernsprecher Nr. 4.
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Neuenbürg, Samstag den 24. Juni 1905.
63. Jahrgang.
rLunSschau.
KaiserWilhelm weilt seit Mittwoch wiederum in Kiel, um, wie allsvmmerlich um diese Zeit, den umfassenden wassersportlichen Veranstaltungen der Kieler Woche" beizuwohnen. Am genannten Tage fanden im Kieler Hafen die erste Regatta der Kriegs- schiffsboote und eine Wettfahrt des kaiserlichen Nachtklubs statt.
Allgemeine Polizei-Vorschriften über den Verkehr von Kraftfahrzeugen liegen jetzt im ! Reichsamt des Innern fertig ausgearbeitet vor und werden demnächst dem Bundesrat zur Beratung vorgelegt werden. Im Bundesrat beabsichtigt man, eine Verständigung herbeizusühren und zwar derart, daß sämtliche Bundesregierungen sich bereit erklären, ihren Staaten für den Verkehr von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen diese allgemeinen Vorschriften im Rahmen ihrer Verwaltungsgesetzgebung anzuwenden.
Die Berggesetz-Kommission des Preußischen Herrenhauses hat sich am Dienstag und Mittwoch mit der Beratung der Novelle zum Berggesetz beschäftigt und sie hierbei im wesentlichen nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses angenommen.
Im österreichischen Parlament ist jetzt die Zollreform definitiv unter Dach und Fach gelangt; am Mittwoch nahm das Herrenhaus den neuen Zolltarif und das Zolltarifgesetz an.
Berlin, 22. Juni. Aus St. Petersburg wird dem „Berl. Tagebl." telegraphiert: Nach der Rede des Zarem au die isemstwo-Vertreter in Peterhof spricht die liberale Presse den Gedanken aus, daß der sehr unvollkommene Bulyginsche Entwurf einer Volksvertretung nunmehr nicht genüge. Ruß» land sei der elenden Beamtenwirtschaft entwachsen und bedürfe einer Volksvertretung auf konstitutioneller Basis. Nach den von Bulygin ausgearbeiteten Vorschlägen soll die Volksvertretung aus 500 Mitgliedern bestehen, die vom Volk auf 5 Jahre gewählt werden.
Die Erwartung, daß die durch den norwegischen Storthing eingeleitete TrennungSchwedens und Norwegens keineswegs zu einer blutigen Auseinandersetzung zwischen den beiden Reichen führen, sondern sich auf friedlichem Wege vollziehen werde, findet durch die Entwicklung der Dinge ihre Bestätigung. Die Thronrede, mit welcher König Oskar am Mittwoch die außerordentliche Session des schwed. Reichstages eröffnete, läßt in ihrem resignierten Ton erkennen, daß man an den maßgebenden Stockholmer Stellen keinen Versuch machen will, mit bewaffneter Hand die Norweger zur Union mit Schweden zurückzuzwingen. König Oskar hat somit seinen früheren Standpunkt der schroffen Ablehnung aufgegeben, in der Kenntnis, daß im Laufe der Dinge nun doch nichts mehr zu ändern ist.
Roosevelt über deutsche Art. In einer Ansprache an Studenten der Clark-Univerfität in Wor- cefter (Massachusetts) erklärte am Mittwoch Präsident Roosevelt, das Land sei Deutschland verpflichtet für die Art und Weise der studentischen Erziehung. Er wünsche, die Amerikaner könnten besonders sich den deutschen Idealismus zu eigen machen, ebenso den scharfen, praktischen, gesunden Verstand, der die Deutschen befähige, ihren idealistischen Sinn zu einem Werkzeug zu machen, zur Schaffung der vollkommensten militärischen und industriellen Organisation, die die Welt jemals gesehen habe.
Dijon, 22. Juni. Heute wurden die Gebeine der hier in den Kämpfen von 1870/71 gefallenen Franzosen, Deutschen und Garibaldianer feier- lich unter der Eskorte von Truppen nach dem neuen Friedhof übergeführt. General Labatut widmete allen Gefallenen warme Worte des Gedächtnisses.. Der Bürgermeister von Dijon ehrte besonders das Andenken der gefallenen Deutschen.
Gleich der dänischen Milch, die in immer größerer Menge in Berlin eingeführt wird, soll demnächst auch schwedische zur Versorgung der Reichshanptstadt
^ mit Milch herangezoge» werden. Eine Anzahl süd- j schwedischer Landwirte haben, durch den Erfolg der dänischen Milch ermutigt, sich bereits an den Vorstand des Milchhändler-Verbandes mit dem Anerbieten gewandt, tadellose Ware auf dem schnellsten Wege, über Trelleborg und Saßnitz, nach Berlin zu liefern.
Mainz. 23. Juni. Die Meldung, daß der Mörder Mogler von Neckargartach hier verhaftet worden sei, bestätigt sich nicht: es ist wohl ein Handwerksbursche festgenommen worden, von dem man ' glaubte, daß er Mogler sei, doch ist er mit diesem nicht identisch.
Landau (Pfalz), 21. Juni. Mit einem Wein- fälschungsprozeß größeren Stils hatte sich die hiesige Strafkammer schon wieder zu beschäftigen. Unter der Anklage der Weinfälschung stand der frühere Kurhausbesitzer in Bergzabern, Georg Holler, und wegen Beihilfe dessen Sohn Edgar und der Kaufmann Wilh. Seiter von Annweilcr. Vater Holler hatte 132 000 Liter „Wein" unter Verwendung von größeren Mengen Glyzerin, Weinsteinsäure, Pottasche, Zucker, Rosinen, Weinhefe und etwas Naturwein hergestellt, wobei ihm sein Mitangeklagter Sohn behilflich wor Diese auf obengenannte Weise hergestellten .Kunstweine" setzte er zu 140—150 die 1000 Liter. Die Chemikalien hatte er von dem Angeklagten Seiter bezogen. 26 500 Liter dieser gepantschten Weine wurden bei einer in den Holler schen Kellereien vorgenommenen Visitationen beschlagnahmt. Das Gericht verurteilte den Hauptangeklagten *zu einer Gefängnisstrafe von 1 Monat, Edgar Holler und Wilh. Seiter zu je 60 ^ Geldstrafe oder zu je 4 Tage Gefängnis. Der beschlagnahmte Wein wurde eingezogen.
Laufenburger Stromschnellen. Der be- kannte Miterbauer des Simplontunnels, der schweizerische Oberst Dr. Locher, hat dem Bund Heimatschutz die Mitteilung gemacht, daß es sehr Wohl möglich sei, unter Erhaltung der Stromschnellen die gleiche Menge Kraft zu gewinnen, wie sie das der Konzession zugrunde liegende Staumauerprojekt Vorsicht. Da die badische Regierung nur unter Hinweis auf diesen höheren Ertrag das Gesuch des 'Bundes um Aufstellung eines anderen Projektes abgelehnt und dabei ihrer Sympathie für tunlichste Erhaltung der Naturschönheit kräftigen Ausdruck gegeben hat, darf man erwarten, daß sie sich mit der schweizerischen Regierung und den Konzessionären ins Einvernehmen setzen wird, um die Angelegenheit nochmals zu Prüfen — und wenn möglich — das Projekt entsprechend umzugestalten.
Baden-Baden, 21. Juni. Nach Nachrichten aus dem Reblande (Bühler Gegend) stehen die Reben gegenwärtig in voller Blüte und ist deren Stand zur Zeit ein so guter, wie schon seit vielen Jahren nicht mehr. Nach allem zu schließen, ist man zu den schönsten Hoffnungen berechtigt. Allerdings bis zur Lese ist noch eine lange Zeit, in welcher noch manches verdorben werden kann.
Der amtliche preußische Saatenstandsbericht von Mitte Juni läßt, zumal fortdauernd fruchtbares Wetter herrscht, auf eine befriedigende gute Ernte hoffen. Auf die Preisgestaltung für Brotgetreide auf spätere Lieferung haben diese günstigen Aussichten aber einen starken Einfluß nicht gewinnen können. Einerseits mag der Grund hierfür darin liegen, daß man in Händlerkreisen die bevorstehende Zollerhöhung schon in Anschlag bringt, anderseits dient wohl der Umstand den Notierungen zur Stütze, daß man bei nahezu gänzlichem Aufbrauch der verfügbaren alten Vorräte bei Erscheinen des neuen Gewächses auf umfangreiche Ansprüche des Konsums rechnet. Im Gegensatz zu der gut oder ziemlich behaupteten Haltung des Preisstandes für späte Lieferungen geben sowohl die Locopreise wie auch die Notierungen für Julilieferung für Weizen und Roggen erheblicher nach. Die anhaltend reichliche Versorgung des Welt- I Marktes, welche in letzter Woche wieder vorzugsweise
den sehr umfangreichen russischen Weizenverschiffungen zu danken ist, hat so ziemlich jegliche Besorgnis verscheucht, daß noch vor Beschickung des Marktes mit neuer Frucht eine Knappheit an Brotgetreide ein» treten könnte. Die Besitzer von Ware suchten daher noch möglichst viel zu verkaufen.
Die Station Eismeer. Der kühne Bahnbau an der Jungfrau hat eine weitere Etappe erreicht. Letzten Samstag nachmittag ist der Eiger- tuunel durchschlagen worden und die Bahn hat nun den Punkt erreicht, wo die Station Eismeer 3161 Meter über dem Meer, errichtet werden soll. Die Unternehmung hat die Absicht, rasch eine Provisorische Haltestelle auf diesem vorläufigen Endpunkte der Jungfraubahn einzurichten und den Betrieb der Bahn so bald als möglich bis hieher iortzusetzen. Während die vorhergehende Station der Jungfraubahn, die Station Eigerwand, 2867 Meter ü. d. M. in die Nordflanke des Eigers eingesprengt ist, kommt die Station Eismeer auf die Südflanke, also die Walliser Seite des Eigermassivs zu stehen und zwar in eine Hochgebirgsszenerie von überwältigender Pracht hinein. Die Starion Eismeer, die vom Ausgangs- Punkt der Jungfraubahn, also von der kleinen Scheidegg, 5750 Meter entfernt ist, wird etwa 30 Meter über dem Rande des großen Gletschers in den Felsen gehauen. Die Station Eismeer wird Wohl für geraume Zeit der Endpunkt der Jungfraubahn bleiben. Sie ist der höchste im Bahnwagen zu erreichende Aussichtspunkt der Welt. Bis hieher hat die Jungfraubahn ungefähr 6 Millionen Franks gekostet. Ebensoviel werden für die Fortführung der Bahn bis zum Gipfel erforderlich. Man rechnet nach Deckung der Betriebsanlagen mit einer Verzinsung von 5 von Hundert. In allernächster Zeit wird auch der Scheinwerfer in Tätigkeit treten, den Siemens u. Halske bei der Station Eigerwand aufstellen und der seine Strahlen an klaren Abenden bis in die Entfernung von 100 Kilometer durch die Lüfte senden soll.
Der rusfifch-japauische Krieg.
In der Mandschurei lassen sich die Operationen gegenwärtig nur schwer überblicken, da die meisten der Ortschaften, die in den letzten Telegrammen ge- nannt wurden, auf keiner Karte zu finden sind. Es ist aber offenbar eine japanische Offensivbewegung im größten Stil im Gange, und wenn auch private Blättermeldungen, die von einer verzweifelten Lage der russischen Armee sprechen, offensichtlich stark über- trieben sind, so läßt sich doch nicht verkennen, daß die Japaner auf der ganzen Linie stetig an Boden gewinnen. Die jüngste amtliche Meldung von japa- nischer Seite zählt wieder verschiedene Ortschaften in dem weit ausgedehnten Operationsbezirk auf, aus denen die Russen verdrängt wurden.
Wie aus St. Petersburg verlautet, ist die Untersuchungskommission für die Kapitulation Port Arthurs zu dem Ergebnis gelangt, daß die Kapitulation unumgänglich war, da weder von der Land- noch von der Secseite Hilfe zu erwarten war. Die Kommission hat, da der größte Teil der Zeugen sich in japanischer Gefangenschaft befindet, einstweilen ihre Tätigkeit eingestellt.
Petersburg, 22. Juni. Großfürst Nikolaus Nikolajewitsch, Generalinspekteur der Kavallerie, ist unter Belastung in seiner Stellung zum Vorsitzenden des Landesverteidigungsrats ernannt worden.
Württemberg.
Stuttgart, 23. Juni. In der Staatssammlung vaterländischer Altertümer ist vom 1. Juli ab keine Garderobegebühr mehr zu entrichten. Annahme von Trinkgeld ist dem Aufsichtspersonal für die öffentliche Besuchszeit untersagt. (St.-Anz.)
Reutlingen, 22. Juni. Das Gesamtkollegium der Zentralstelle für Gewerbe und Handel, welches vorgestern hier im Saale des Technikums