Schwanen, Zierente», Gänse usw. vergiftet vor, «ach- dem noch kurz zuvor der Wärter die Tiere gesund und munter angetroffen hatte. Die in der Tierärztl. Hochschule sofort eingeleiteten Untersuchungen werden Ke Ursache der Vergiftung feststellen. Dem Zoolog. Garten erwächst durch diesen Unglücksfall ein Schaden von einigen tausend Mar!.
Stuttgart, 3. März. (Ohne Fahrkarte!) Die Geveraldirektion der K. Württ. Staatseisenbahnen hat folgende Verfügung erlassen: In Fällen, in denen ein Reisender unaufgefordert meldet, daß er wegen Verspätung keine Fahrkarte habe lösen können, wird mitunter der doppelte Fahrpreis für die ganze Strecke, die der Reisende zurücklegen will, nacherhoben. Hiezu wird bemerkt, daß, soweit es sich solchenfalls um den doppelten Fahrpreis handelt, dieser nur bis zu der Station einzuheben ist, auf der der Reisende den Zug verläßt oder auf der genügend Aufenthalt zur Lösung von Fahrkarten für die Weiterfahrt vorhanden ist.
Stuttgart. Eine heitere Episode von der Feier der lOOsten Geburtstages Schillers dürfte in diesen Tagen manche Leser finden. Es handelt sich um die Geschichte, wie der eherne Schiller aus dem Schillerplatz einer Verehrerin dankte, die ihm für seinen lOOsten Geburtstag einen Lorbeerkranz auf sein stattliches Haupt gewidmet hatte. Ein Frau Professor R. hatte diesen guten Gedanken und beauftragte ihren Gärtner, die Schillerstatue mit einem frischen Lorbeer in den entsprechenden Dimensionen zu schmücken. Als die Frau Professor einige Tage nachher — es war ein unfreundlicher stürmischer Tag — sich persönlich überzeugen wollte, ob der Gefeierte seinen Schmuck noch trage, da kam, als sie vor dem Denkmal stand, ein plötzlicher Windstoß und — Schiller warf ihr seinen Kranz zu Füßen. Ob die Frau Professor den Kranz dem Dichter zurückerstattete oder denselben — die unwillkürliche Huldigung annehmend — als Andenken nach Hause trug, darüber schweigt unser Bericht. (S. M.)
Ulm, 9. März Gestern nachmittag hielt sich hier S. K. H. Prinz Dilock von Siam auf. Derselbe hat bis jetzt auf der Universität in München finanzwissenschaftliche Studien getrieben und fiedelt nun zur Fortsetzung derselben nach Tübingen über. Sein Begleiter und Studiengenosse ist ein Sohn des Professors Kimmich in Ulm.
Ulm, 8. März. Durch eine Denunziation kam es zur Kenntnis der Staatsanwaltschaft, daß im Geschäft des Limonadefabrikamen Mich. Müller hier im letzten Sommer zum Auskühlen der zur Fertigstellung der Limonade nötigen Zuckerlösung eine Badewanne aus Zink benützt wurde, in welcher die Frau regelmäßig ihr 3 Jahre altes Kind badete und die Wäsche des Kindes auswusch. Gestern hatten sich der Geschäftsinhaber und seine Frau wegen Nahrungsmittelfälschung vor dem Schöffengericht zu verantworten. Der Staatsanwalt dachte für diese „große Schweinerei" dem Mann eine einmonatige Gefängnis- strafe und der Frau eine Geldstrafe von 100 zu. Das Gericht erkannte auf 50 bezw. 30 ^ Geldstrafe.
Tübingen, 7. März. (Strafkammer.) Der Schwanenwirt Hauff und die Goldarbeitersehefrau Schröter in Unterhaugstett wurden in anonymen Briefen des ehebrecherischen Verkehrs bezichtigt. Die geführte Untersuchung führte zur Ermittlung des Täters in der Person des verwitweten Bauern Jakob Schnürle in Unterhaugstett, welcher.trotz seines Bestreitens vom Schöffengericht zu 3 Wochen Gefängnis verurteilt wurde, während die Mitangeklagte Anna Schnürle, dessen Tochter, freigesprochen wurde. Hauff und die Schröter wurden in jener Verhandlung als Zeugen eidlich vernommen und zogen den ihnen unterschobenen Bezicht entschieden in Abrede. Nun erstatteten Schnürle und dessen Tochter gegen die beiden Meineidsanzeige und versuchten in diesem Verfahre« die Wahrheit ihres Bezichts zu beweisen, auch dies mißlang. Die beiden Schnürle waren nunmehr der falschen Anschuldigung beschuldigt, weshalb die schmutzige Geschichte wiederholt aufgetischt wurde. Die Verhandlung endete mit Freisprechung derselben.
Tübingen, 9. März. Ueber die Fastnacht machte sich ein Spaßvogel den Scherz, Wertbriefe nach Köln, Frankfurt, Berlin u s. w. zu verlieren. Die Fmder warten bis jetzt trotz Inserat und Anmeldung auf der Polizei vergeblich auf den Eigen- tümer und Finderlohn.
Sulz a. N., 6. März. Bei der letzten Rech- nungsprüfung in Trichtingen ergab sich ein bedeutender Kassknabmangel, dessen Entstehung nach den Einräumungen des Gemeindepflegers auf eine Reihe von Jahren zurückzuführen ist. Wie der vermögliche Mann, den man bisher für durchaus zuverlässig hielt, zu einer solchen Veruntreuung kam, ist noch nicht aufgeklärt.
Eßlingen, 8. März. Seit gestern abend ist der Neckar in stetem Steigen begriffen und hat niedergelegene Stellen unter Wasser gesetzt.
Kus SlaSt» Bezirk uns Umgebung.
Neuenbürg, 8. März. Auf Veranlassung des hiesigen Gewerbevereins hielt am letzten Sonntag nachmittag im Saale zur Sonne Hr. Oberamtspfleger Kübler einen sehr dankenswerten Vortrag über die Steuerreform. In . durchaus verständlicher, geschickter Weise erläuterte der Redner zunächst das bisherige Steuersystem und alsdann die Entstehung des mit dem 1. April d. I ins Leben tretenden Steuergesetzes. Die direkten Staatssteuern in Württemberg bestanden bisher in der Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer, welche sich auf das Gesetz von 1873 gründen, sowie in der Kapital- und Dienst- und Berufs Einkommenssteuer vom Jahre 1862. Diese 5 Steuern hatten den Charakter von Ertragssteuern; eine einheitliche, die gesamte Steuerkrafr eines Steuerpflichtigen umfassende Steuer hatten wir nicht, es wurde der Ertrag einer Sache, der unter normalen Verhältnissen erzielt werde» kann, besteuert. Mit der fortschreitenden Entwicklung des Erwerbslebens erschien dies Ertragssteuersystem mehr oder weniger überlebt. Die Steuerkataster waren nicht beweglich genug; es war namentlich nicht möglich, die größeren Vermögen und Einkommen stärker fassen und den kleineren mehr Luft zu lassen, es war kein Raum da für die Gewährung eines steuerfreien Existenzminimums, auch war eine Berücksichtigung der Schulden nicht möglich. Diese Mißstände drängten mit der Zeit auf eine Reform. Schon im Jahr 189S hat die Regierung die Entwürfe einer Reform den Siänden vor- gelegt; man erinnert sich an die Parlamentarische Be- Handlung, bis die Steuerreform im Jahre 1903 zu stände kam. WaS bringt dieselbe nun? Eine Ab- schwächung der bisherigen oben erwähnten Ertragssteuern, dazu aber die allgemeine Einkommens- st euer, welche progressiv belastet, künftig das gesamte Einkommen erfassen soll, d. h. es werden die größeren Einkommen stärker belastet als die kleineren. Die bisherigen Eintragssteuern aus Grund, Gebäuden, Gewerben und Kapitalien werden ganz erheblich ab- geschwächt und bilden künftig nur noch eine Art Nebensteuern, die den Charakter einer Vermögenssteuer tragen. Wie groß die Verschiebung der Be- lastung ist, geht schon aus der Inanspruchnahme der einzelnen Steuerqnellen durch den Staat hervor. Bisher mußten an Steuern aufbringen: Grundeigentum, Gebäude u. Gewerbe ca. 12 Mill. ^ Kapital-, Dienst, u. Berufseinkommen „ 9 „ „
Künftig sollen aufbringen:
Einkommensteuer „ 15 „ „
Grund-, Gebäude- u. Gewerbesteuer „ 5 „
Kapitalsteuer „ 2'/» „
Daraus ergibt sich, daß die neue Einkommenssteuer 2/z der ganzen bisherigen Steuerlast aufzu- bringen hat, während die übrigen Steuern auf ^/s des bisherigen Ertrages zurückgesetzt werden und die bisherige Steuer aus Dienst- und Berufseinkommen ganz in Wegfall kommt. Nachdem der gewandte Redner die neue Gestaltung der Ertragssteuern im einzelnen erläutert hatte, ging er über auf die neue Einkommenssteuer, indem er die 3 Fragen aus- führlich beantwortete: Wer ist steuerpflichtig? Was ist steuerpflichtig? Wie vollzieht sich die Steuerpflicht? — Es ist nicht möglich, im Rahmen des gegenwärtigen Artikels all' die Ausführungen über das so umfangreiche Material wiederzugeben; wir müssen auf die frühere Artikelserie in ds. Bl. und auf inzwischen erschienene Schriften verweisen, doch wollen wir das Wichtigste aus dem Vortrag, das, was für den Steuerpflichtigen demnächst von praktischer Bedeutung ist, folgen lassen. Der Redner gab in dem zweiten Teil seines Vortrags eine spezielle Erläuterung des Einschätzungsverfahrens, indem er als Praktisches Beispiel die Einkommenssteuerfasston eines Gewerbetreibenden aus der Mitte der Versammlung vornahm. Die Fassionen, oder deutsch gesagt, Steuer-Erklärungen, gelten nur als Anhaltspunkte für die Schätzungskommisston. Eingeschätzt wird nach Mustern. Fasstonspflichtig ist jeder, der ein Einkommen von mindestens 2600 hat, berechtigt dazu ist der Steuerpflichtige mit einem Einkommen unter 2600 Mark. Steuerpflichtig ist der Reinertrag. Anzugeben ist also das Einkommen aus jeder einzelnen Einkommensquelle mit Abzug der Produktionskosten:
1) Einkommen von Grundeigentum: Die Einnahmen aus Felderzeugnissen, Vieh- und Schweinehaltung u. dergl., Zuwachs beim Vieh, der Hausverbrauch, Wert der Vorräte rc. Abgezogen dürfen werden: Unterhaltung der Gebäude und des Inventars, Saat und Düngemittel, Löhne und Versicherungsbeiträge, Versicherungsgebühren;
2) Einkommen von Gebäuden: Einnahmen an
Mieten, Wert der eigenen Wohnung. Abzüge: Unterhaltungskosten (1°/<, vom Verkaufswert) Abschreibungen für Abnützung rc.; '
3) Einkommen von Gewerben: Gewinne aller Art aus Gewerbe und Handel, Wert der verkauften Erzeugnisse und Waren, Wert der Arbeitsleistungen Zinse aus Forderungen, Geldwert des Hausver-' brauchs, Zuwachs an beweglichen Anlagen- und Betriebskapital. Abzüge: Betriebskosten (Unter- haltungskosten für Gebäude, Maschinen, Geschäfts- einrichtungen, Verstcherungsgebühren, Pacht- und Mietzins. Heizung und Beleuchtung, Kosten der Roh und Hilfsstoffe rc , Löhne der Angestellten und Arbeiter einschließlich Naturalien, Berficher- ungsbeiträge für dieselben, staatliche Ertragssteuern (nicht die Einkommenssteuer und nicht Gemeinde- steuern), indirekte Steuern (Bier- und Branntweinsteuer, Umgeld), uneinbringliche Forderungen, Abschreibungen.
Der Steuereinzug erfolgt durch den Staat, doch sind auch die Gemeinden dazu berechtigt. In Ge- meinden mit dem Sitz des Kameralamts nur durch den Staat. Die Einkommenssteuer ist in 3 gleichen Teilen auf 1. August, 1. November und 1. Februar fällig und spätestens bis 14. der betr. Monate zu entrichten. Der Redner schloß seinen lehrreichen Vortrag mit dem Wunsche, daß die Steuerpflichtigen aus den gemachten Aufschlüssen möglichst viel Nutz- anwendung ziehen möchten. — Der Vortrag war erfreulicherweise von hiesigen Interessenten zahlreich besucht, von Gräfenhausen waren der Ortsvorsteher und mehrere Einwohner erschienen. Der Vorstand des Gewerbevereins zollte unter lebhaftem Beifall der Anwesenden dem Hrn. Amtspfleger Kübler den verbindlichsten Dank. Ein weiterer Vortrag speziell über die Besteuerungsrechte der Amtskörperschaften und Gemeinden wurde freundlich in Aussicht gestellt. Die Einladung dazu wird in diesem Blatt erfolgen.
Neuenbürg, 8 März. Der Württ. Schwarzwaldverein hat an die Regierung das Gesuch ge- richtet, den von ihm im Lande hergestellten Wegen, Wegbezeichnungen, Wegtafeln, Aussichtstürmen, Aussichtsgestellen, Schutzhütten und sonstigen gemeinnützigen Arbeiten den besonderen Schutz der Polizeibehörden angedeihen zu lassen, nachdem sich in jüngster Zeit das Bedürfnis herausgeftellt hat, die erwähnten Arbeiten in wirksamerer Weise als seither vor Beschädigungen zu schützen. Diesem Wunsche gemäß hat nunmehr das Ministerium des Innern die ihm unterstellten Behörden angewiesen, wegen geeigneter dauernder Ueberwachung der Anlagen des Schwarzwaldvereins die Polizeiorgane, Landjäger und Ortspolizeidiener mit den erforderlichen Weisungen zu versehen, wie dies schon bezügl. der Arbeiten des Schwab. Albvereins vor einigen Jahren geschehen ist.
Neuenbürg. (Eingesandt.) Die am letzten Samstag hier stattgefandene Wahl von Arbeiter- Vertretern zur Bezirkskrankenkasse, ging unter stärkerer Beteiligung seitens der Mitglieder vor sich wie seither. Wenn früher ca. 40—60 Stimmen abgegeben wurden, stimmten diesmal 167 Mitglieder ab, gewiß gegen früher eine nennenswerte Erhöhung der Stimmenzahl. Der von der Kasse gemachte Vorschlag fand nicht die Billigung aller Mitglieder, weshalb von letzteren ein weiterer Vorschlag gemacht wurde, welcher von Mitgliedern der Waldbauer'sche« Bügeleiseufabrik ausgehend, von derselben einstimmig unterstützt wurde, so daß letzterer Vorschlag mit großer Majorität durchging. Die hiesigen Vertreter beabsichtigen eine allgemeine Vertreterversammlung in Calmbach einzuberufen, um mit den in Höfen, Calmbach und Wildbad ebenfalls neugewählten Vertretern in Fühlung zu treten, und mit diesen gemeinschaftlich an die Aenderung einiger nicht mehr zeitgemäßen Paragraphen des Statuts heranzutreten, sowie auch begründete Beschwerden seitens der Mitglieder u. s. w. entgegenzunehmen und bei der nachfolgenden Generalversammlung zur Sprache zu bringen. Ein neues Leben gehört unbedingt in dieses wichtige Institut und haben die neugewählten Vertreter die aufrichtige Absicht auf dem Boden des bestehenden Rechts für das Wohl der Mitglieder einzutreten und wo nur irgend möglich Verbesserungen herbeizuführen und Uebelstände abzuschaffev; auf anderer Seite aber auch das Wohl der Kasse in jeder Beziehung im Auge zu behalten. Wie man allgemein hört, sind die Kassenmitglieder auf die Veröffentlichung des Wahlresultats sehr gespannt und es wäre gut, wenn dasselbe in Bälde veröffentlicht würde. Wir hoffen, durch Einigkeit und Eintracht auch hier zu erreichen, was in anderen Kassen schon längst eingeführt ist. Eine bezügliche Einladung erfolgt demnächst.