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Der «nztöler.

Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.

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Neuenbürg, Freitag den 10. März 1905.

63. Jahrgang.

Rundschau.

Bei der Beratung des Etats des Reichsamts des Innern im Reichstag wurde von Abgeord- neten verschiedener Parteien der Hausierunfug scharf kritisiert. Freilich fanden die Hausierer auch ihre Verteidiger, welche darauf hinwiese», daß es nament- lich in Norddeutschland Gegenden gebe, in welchen Hausierer eine willkommene Erscheinung seien, wo aber der Hausierhandel schon längst überflüssig und zu einem Unfug gemacht worden ist, sollte mau doch wohl dagegen einschreiten, man braucht ja nicht alle über einen Kamm zu scheeren.

Gerüchte über eine zu erwartende neue Bier- nnd Tabaksteuer find letzter Tage wieder einmal durch die Presse gegangen. Allerdings hat es den Anschein, als ob man sich in den Kreisen der Reichs- rcgierung ernstlich mit diesen Steuerprojekten trage, denn die Lage der Reichsfinanzen ist trotz der .kleinen Finanzreform" des Schatzsekretärs v. Stengel fort- gesetzt eine ernste und drängt auf Erschließung neuer Einnahmequellen für das Reich. Ein Blatt, in welchem die Leiter der Reichspolitik öfters ihre An- und Ab­sichten inkognito abzulagern Pflegen, dieMünch. Allg. Ztg.", weiß denn auch zu versichern, daß ein neues Biersteuergesetz für das ganze Reich in Aus­sicht genommen sei, während allerdings die Tabak­steuer einstweilen noch nicht in Frage kommen solle. Und das Blatt fügt seiner Mitteilung ausdrücklich die Erklärung hinzu, daß die geplante Steuermaß­nahmein Regierungskreisen" verlaute. Weiter be­hauptet das genannte Blatt, daß in den maßgebenden Berliner Kreisen auch mit dem Plane einer Reichs­erbschaftssteuer gerechnet werde, trotz des Widerstandes, welchem gerade eine solche Steuer zweifellos im Reichs­tag begegnen würde. Jedenfalls sind im Hinblick auf den Stand der Reichsfinanzen Ueberraschungeu auf dem Gebiete der Steuergesetzgebung nicht aus­geschlossen.

Berlin, 9. März. Der Kaiser hat zum Ehren- ritter des Johanniterordens u. a. den württ. Major im Feldartillerieregiment 52 (Königsberg), Frhrn. v. Matter, ernannt.

Karlsruhe, 8. März. Der Großherzog hat dem wiederholten Ersuchen des Staatsministers Dr. v. Brauer um Enthebung von seinem Posten evt- sprachen. Für den Rücktritt sind lediglich Gesund­heitsrücksichten maßgebend. Der Großherzog ließ Hin. v. Brauer ein huldvolles Handschreiben unter gleichzeitiger Verleihung des Hausordens der Treue zngehen. Nachfolger ist der Minister der Justiz, Frhr. v. Dusch, der das bisherige Portefeuille bei behält. Das Portefeuille des Ministers des groß- herzoglichen Hauses und des Auswärtigen übernimmt der Ministerialdirektor Frhr. v. Marschall.

Eine Aenderung in der Personenbeur- kundung soll nach einem Antrag des Abg. Müller- Sagan eintreten. Zn § 23 des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und der Ehe­schließung vom 6. Februar 1876 soll das WortTage" ersetzt werden durch das WortWochentage". Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, die Standes­ämter an Sonntagen geschlossen zu halte», weil nun- mehr Totgeburten nicht mehr am folgenden Tage, sondern erst am folgenden Wochentage angemeldet zu werden brauchen.

Der französische Ministerrat hat sich dahin ausgesprochen, daß eine vollständige Verständigung zwischen der Regierung und der Kommission zur Prüfung des Gesetzentwurfs über die Trennung von Kirche und Staat wünschenswert sei, bevor der Ge­setzentwurf au die Deputiertenkammer gelange. Der Unterrichtsminister Bienvenu Martin wird möglichst bald eine Kommission einberufen lassen, der er die Grundlage für eine mögliche Einigung unterbreiten wird.

England beginnt den Politischen Forderungen der Buren nachzngeben. Die JohaonesburgerRand Mail" meldet hierüber folgendes: Mitte März werde

ein königlicher Erlaß erscheinen, wodurch eine Re- prüsentationsverfassung eingeführt wird. Es werde ein Wahlrecht auf breiter Grundlage vorgesehen. Die Stimmen aller Wahlberechtigten sollen gleichwertig und jeder Wahlkreis durch einen Abgeordneten ver­treten sein. Die Wahlkreise sollen durch eine königl. Kommission bestimmt und ein Verfahren für durch die Entwicklung notwendig werdende Wahlkreis­änderungen automatisch festgelegt werden. Das Blatt schätzt, daß im Parlament 18 Abgeordnete von der Richtung des BlattesHat Volk" und 18 Mitglieder der Gegenpartei vorhanden sein werden.

Metz, 6. März. Wie dieMetzer Ztg." erfährt, soll die Gedenkhalle in Gravelotte im Mai dieses Jahres im Beisein des Kaisers feierlichst eingeweiht werden. Gegenwärtig ist man dabei, die 14 Bronze­büsten der einzelnen Korpsführer und die Tafeln an den Wänden anzubringen. Die Büsten find in Stutt­gart gegossen worden. Jede von ihnen soll 800 gekostet haben. Gleichzeitig mit der feierlichen Ein­weihung werden die auf Pergament geschriebenen Namen der Toten und Verwundeten der drei Schlacht­tage in einer Blechbüchse eingemauert. Die Toten beziffern sich auf 16000, die Verwundeten, die ge­fallen und wiederhergestellt wurden, betragen 32000, im ganzen sind es also 48000 Mann. Der große Engel wird in schönstem karrarischen Marmor hergestellt.

Eine großartige Schillerfeier beging in Luzern das Volk der Urschweiz an der Wiege Wilhelm Teils. Die Stadt Luzern hat es unter­nommen, in einem großartigen, kostümierten Festzuge mit über 1600 Teilnehmern, 400 Berittenen und Wagen, alle großen Werke Schillers und ihre Zeiten wieder erstehen zu lasse». AuS allen Teilen der Schweiz war das Volk zu Tausenden herbeigeeilt, um an dem Huldigungsakte teilzunehmen und die Feier gestaltete sich zu einer Ehrung des großen Dichters durch das ganze Schweizervolk.

Vom Bodensee, 7. März. In Hard bei Bregenz hat ein Herrschaftsgärtner vorgestern einen schrecklichen Tod erlitten. Derselbe war mit Baum­putzen beschäftigt und stürzte dabei so unglücklich ab, daß er sich am eisernen Gartenzaun aufspießte. In dieser qualvollen Lage mußte er verbleiben, bis ihm Hilfe wurde. Er starb kurz darauf unter gräßlichen Schmerzen noch ehe ein Arzt zur Stelle war.

Marseille, 9. März. Der Aschermittwoch, maskenzug fand ein jähes Ende durch das Scheu­werden des Pferdes eines Maskenwagens. Zahl­reiche Personen wurden im Gedränge zertreten. Bis­her find 17 Opfer aufgefunden worden.

Der russisch'japanische Krieg.

Petersburg, 9. März. Seit gestern laufen die pessimistischsten Gerüchte in der Stadt. Aus den in den verschiedenen Verwaltungen eingegangenen Depeschen geht hervor, daß die Japaner zwei Batterien schwerer Belagerungsgeschütze vor Mukden aufgestellt und die Beschießung der Stadt begonnen haben. Hierdurch wurde die Räumung aller Proviantmagazine notwendig und die Russen gezwungen, über Futschun nach Norden zurückweichen. Der Zar hat ein Tele­gramm von Kuropatkin erhalte», worin derselbe mit­teilt, daß er unter dem Druck überwältigender feind- sicher Streitkräfte gezwungen worden sei, die jetzige Stellung aufzugeben und sich nach Norden zurück- zuziehen.

Petersburg, 9. März. Die letzten aus Charbin emgelaufenen Nachrichten besagen, daß der russische Rückzug seit gestern begonnen habe. Der rechte Flügel des Generals Linnewitsch hat sich zum größten Teil in die Berge zurückgezogen. Kuropatkin sei fast umzingelt worden und mußte seinen Rückzug nach Tieliug und Futschun vornehmen. Die japanischen Batterien, welche nördlich und südwestlich von Mnkden aufgestellt find, beschossen die Russen, die die Stadt räumten. Kuropatkin mußte seinen Rückzug antreten,

von der Armee Okus hart bedrängt. Die Schlacht wird auf beiden Seiten mit großer Energie fortgesetzt.

Mukden, 9. März. Gestern griffen die Japaner unsere Stellungen nordwestlich von Mukden an. Bei der Ortschaft Padjasa, nordwestlich von den Kaisergräbern, findet ein heftiger Kampf statt. Unsere Vorhut verließ das Dorf. Während der Nacht griffen die Japaner die Ortschaft Sanhaitse, nördlich von den Kaisergräberu, an. Der Kampf dauert fort. Auf der Südfront erreichte die Vorhut der Japaner Huantschau.

Tokio, 9. März. Obgleich der Umfang des Erfolgs bei Mnkden noch unbekannt ist, feiert die Bevölkerung in Tokio bereits den Sieg. Ueberall ist geflaggt; die Menge kauft eifrig die von dm Zeitungen ausgegebenen Extrablätter. Im Kriegs­ministerium und im Generalstab laufen zahlreiche Glückwünsche ein. Es geht das Gerücht, Kuropatkin, dessen Rückzug teilweise abgeschnitten ist, habe schwere Verluste an Gefangenen gehabt. Eine amt- liche Bestätigung liegt noch nicht vor.

London, 9. März. Die japanische Gesandtschaft erhielt folgendes Telegramm: Die japanischen Truppen, welche bei Matschuntau mit starken feindlichen Streit­kräften zusammenstießen, haben diese aus allen Posi­tionen geworfen und verfolgten den Feind nach Norden. Weiter besetzten sie eine Position am rechten Hun Ufer.

Tokio, 9. März. General Kuropatkin ist offenbar aesch lagen. Die Schacht war die blutigste des ganzen Krieges.

Württemberg.

Stuttgart, 9. März. Auf der rechten Seite des Hauptportals des neuen Rathauses wurde gestern das Standbild König Wilhelms II. auf­gestellt. Der König ist in Uniform dargestellt, er stützt die Linke auf den Säbel und in der Rechten hält er die Handschuhe. Der Kopf, der ebenso wie bei dem auf der anderen Seite des Portals stehenden König Wilhem I. unbedeckt ist, ist zu großer Aehn- lichkeit ausgearbeitet. Das Standbild ist von Bild­hauer Federsin-Ulm.

Am letzten Sonntag hat sich in Stuttgart ein chwäb. Gauverband gegen den Alkoholismus gebildet. Es find ihm vorerst einmal beigetreten der Alkoholgegnerbund Stuttgart, der Verein ab­stinenter Arbeiter in Stuttgart, die Vereine abstinenter Studenten Jberia (Stuttgart) und Liberias (Tübingen) und die Alkoholgegnerbünde in Ulm und Geislingen- Altenstädt. Vorort ist Stuttgart. Im Mai soll dort ein Schwäb. Abstineutentag gehalten werden.

Am 1. März wurde unter dem MottoKinder- hilfstag" eine Geldsammlung in ganz Stuttgart veranstaltet, um den Kindern armer Eltern im nord­westlichen Stadtteil die Wohltat eines freien Mittags­tisches verschaffen zu können. Arme Kinder, die zu Hause nicht genügend ernährt werden können, be- dürfen gewiß des allgemeinen Mitleids und die Sammlung hat denn auch einschließlich des Ertrags von besonderen Veranstaltungen über 54000 er­gebe». Der Ertrag wäre viel größer geworden, wenn der Kinderhilfstag nicht von vornherein etwas unge­schickt insceniert worden wäre; hatte man doch den Stuttgarter Geschäftsleuten zugemutet, sie sollen einen von ihnen namhaft zu machenden Prozentsatz ihrer Tageseinnahmen vom 1. März diesem guten Zweck zusühren. Dieser Vorschlag hat bei den Geschäfts- leuten ziemlich böses Blut gemacht, weshalb der Plan wieder aufgegeben werden mußte. Auch von zahlreichen Privatleuten wurde die Sache deshalb nicht freundlich ausgenommen, weil nur zu gut bekannt ist, daß es auch solche Väter gibt, die ihre Kinder ernähren könnten, es aber vorziehe, das Geld, das sie für ihre Kinder brauchen würden, für sich selbst in Bier um- zusetzen.

Stuttgarts. März. In Nills Zoolog. Garten fand man heute vorm, sämtliche- Wassergeflügel,