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Der Lnztälsr

Anzeiger für das Enztal und Umgebung.

Amtsblatt lür San Vberamtsbazirk Neuenbürg.

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Neuenbürg, Mittwoch dm 8. Februar 1905.

63. Jahrgang.

RunSsehau.

Berlin, 6. Febr. Der Senioreükonvent des Reichstags hielt heute eine Sitzung ab. Am 3. Febr. war beschlossen worden, die erste Lesung der Handels­verträge am Donnerstag zu beginnen. Inzwischen war von seiten der Regierung die Notwendigkeit be- lont worden, möglichst schon früher mit der Beratung zu beginnen und sie schleunigst ohne Äommisfions» arbeit im Plenum zu erledigen, damit bis zum 12. Februar die Verträge verabschiedet werden können, da alsdann der Vertrag mit Rußland ratifiziert werden müsse. Die Mehrheit des Konvents war für Kommissionsberatungen, sowie für Plenarberatung am Donnerstag.

JmKolonialamte ist ein dritter Nachtrags­etat für Deutsch-Sübwestaffrita in Vorbereitung, der, wie verlautet, weitere 50 Millionen Mark fordern wird. Das ist wirklich einenette Bescherung!"

Der Kaiser .traf am Sonntag nachmittag 3 ^/« Uhr aus Berlin in Potsdam ein und fuhr nach dem Stadtschloß, wo bereits die Kaiserin eingetroffen war. Kurz nach 4 Uhr traf dort auch Prinz August Wilhelm ein. Um 4*/« Uhr fuhr der Kaiser nach Berlin zurück. Prinz August Wilhelm nimmt dauernd in Potsdam Wohnsitz.

Potsdam, 7. Febr. Prinz Eitel Friedrich ist fieberfrei. Das AllgemeinbHnden hat sich heute soweit gebessert, daß keine weiteren Krankheitsberichte ausgegeben werden.

Berlin, 6. Febr. Dem Vernehmen der Kreuz- zeitmig zufolge soll bei einigen Bataillonen der Armee die Zweckmäßigkeit einer Feldbekleidung aus- probiert werden. Es ist hierzu die Farbe des grauen Manteltuchs gewählt und als Muster für den Rock der blusenartige Schnitt genommen worden, der von den Mannschaften der ostafiatischen Besatzungsbrigade getragen wird.

Karlsruhe, 4. Febr. Der Justizminister hat auf eine Anfrage entschieden, daß die badische Regierung nicht beabsichtige, weibliche Personen zu den juristischen Staatsprüfungen zuzulassen.

Zum Stande des Bergarbeiterstreiks Än Ruhrkohlengebiet liegen neue Nachrichten von Belang nicht vor. Was die Streikbewegung unter den Wesischen Bergleuten anbelangt, so ist nach der Schles. Ztg. die Zahl der ausständigen Arbeiter der Königin. Luise-, der Guido- und der Bielschowitz- Gruben in der Samstags-Tag- und Nachtschicht auf Ms zurückgegangen, so daß seit dem Vortage eine Abnahme der Ausständigen um 4151 stattgefunden hat. Die Zahl der Ausständigen belaufe sich somit »m noch auf 23 Prozent aller Arbeiter. Auf der Friebenzhütte hätten Verhandlungen mit den Ar- oellern stattgehabt; es sei ihnen zugesagt worden, oaß die von ihnen vorgebrachten Beschwerden und Wunschen Ort und Stelle geprüft werden würden. E Verhandlungen hätten das Ergebnis gehabt, daß »0 Arbeiter gleich wieder eingefahren wären. Es stehe zu erwarten, daß am Montag die Arbeit all» gemem wieder ausgenommen werde. Demselben Blatte zufolge sind Samstag auf der Grube Hed- wlgswunsch bei Brosigwerk 130 Schlepper in den Mann d getreten. Die Belegschaft beträgt 4000

Mannheim. Die streikenden Kohlenarbeiter verlangen in einem Lohntarif, den sie den Arbeit- geoem vorlegten, eine Lohnerhöhung von 15 bis 20°/».

Die Streikbewegung im Ruhrkohlengebiet ist nun auch nach den belgischen Kohlenrevieren über- A^U"gen. Die am Samstag in Charleroi statt- UEe Versammlung der Bergarbeiter beschloß mit starrer Majorität den allgemeinen Ausstand für die

beginnen "^"2- ^ Ausstand sollte Montag

-^5. D°ver wurde am vergangenen Samstag

Sondersitzung des internationalen Komites der

nenarbeiter abgehalten, an der Vertreter aus

England, Deutschland, Frankreich und Belgien teil- nahmen. Die englischen Abgesandten kündigten an, daß die Zusammenkunft der «Mitglieder der britischen Grubeuarbcitervereinigung am 13. d. M. stattfinden solle und daß das Exekutivkomite vorgeschlagen würde, die Unterstützungen, die den deutschen Grubenarbeitern bereits gewährt worden seien , durch neue wesentlich zu erhöhen. Die französischen Vertreter teilten mit, daß die französischen Grubenarbeiter beschlossen hätten, Ueberftundenarbeit zu verweigern, um auf diese Weise zu verhüten, daß französische Kohle nach Deutschland gehe. Die Hafenarbeiter in den nördlichen Häfen Frankreichs würden die Uebersendung von Kohlen nach Deutschland überwachen; dem deutschen Streik- konnte sei mitgetcilt, daß ine französischen Arbeiter ebenfalls beschlossen hätten, Geldsummen für die Ausständigen in Deutschland zu sammeln. Es wurde ferner eine große Versammlung angekündigt, die in Belgien abgehalten werden soll, um die Antwort der Unternehmer auf die Forderungen der Arbeiter zu beraten. Sollten die Forderungen abgelehnt werden, so würden wahrscheinlich alle in den belgischen Kohlenbergwerken beschäftigten Arbeiter in den Aus­stand treten. Die deutschen Delegierten sprechen sich hoffnungsvoll über den Erfolg des deutschen-Aus- standes aus.

Die Streikbewegung in Rußland flackert hie und da noch immer fort, namentlich dauert sie in den polnischen Gouvernements an. Auch in Kasan, Datum, Poti, Tiflis u. s w. wird gestreikt. In Warschau wurden, der Zeitung Sapadnii Golos zu­folge, bei den Unruhen am 27. v. M. sechs Schutz­leute und ein Gendarm verwundet. Die Zahl der getöteten und verwundeten Zivilpersonen anzugeben, sei unmöglich, da die Menge viele mit sich nahm. 700 Personen seien in Haft genommen worden. Jetzt herrscht überall Ruhe. Zn mehreren Fabriken ist der Ausstand beendigt. In einem längeren Artikel des Warschewsky Dnewnik wird ausgeführt, die Tat­sachen bewiesen, daß der Ausstandimportiert" sei. Die Arbeiter seien nur die betrogenen Opfer von Agitatoren, denen es auf den Ausbruch von Unruhen ankam. Das Leben in Warschau kehre jetzt wieder zum normalen Gange zurück. In Lodz ist es zu erneuten Unruhen gekommen. Die Moskauer Adelsschaft hat anläßlich der jetzigen inneren Wirren in Rußland eine servile Adresse an den Zaren ge­richtet, in welcher derselbe aufgefordert wird, sein autokratisches Regierungssysiem fortzusetzen. Der Zar genehmigte die Beschlüsse des Ministerkomites wegen Einführung der staatlichen Arbeiterverficherung. Der Schriftsteller Maxim Gorki ist u. a. der Mitarbeiter­schaft an einer revolutionären Propaganda angeklagt; für dieses Vergehen könnte er mit Zwangsarbeit oder Festung bestraft werden.

Petersburgs. Febr. (Ruff. Tel.-Ag.) Von der hiesigen Adelsversammlung wurde heute beschlossen, eine Adresse an den Kaiser zu richten, worin es schließlich heißt:Sire, befehlen Sie jetzt, daß er- wählte Vertreter des Volkes ihre Stimme zur Höhe des Thrones erheben und nach den Angaben des Souveräns an Gesetzgebung und Beratung der Re- giernngsmaßnahmen teilnehmen. Sire, der Adel St. Petersburgs glaubt aufrichtig, daß, falls der Kaiser das Vertrauen hat und kundgibt, daß Thron und Nation innig verbunden sind, die Unruhen im Inneren aufhören werden und das gesamte Rußland sich erheben wird, um in treuer und nutzbringender Weise seinem Souverän zu dienen zum Wohle und Ruhme des Landes, wie zum Schrecken seiner Feinde." Die Adresse wurde mit 158 gegen 20 Stimmen ge- nehmigt.

Berlin, 6. Febr. In St. Petersburg fragte in einem Interview mit General Trepow der dortige Korrespondent desFigaro" nach dem Verbleiben des Popen Gapon. Trepow antwortete:Wir wissen nicht, wo er ist." Der Korrespondent bemerkte, man sage, er befinde sich im Ausland. Trepow entgeg-

nete:Man sagt es, aber ich glaube es nicht. Ich glaube, er ist irgendwo in Rußland versteckt; mau sucht ihn und ich gebe die Hoffnung nicht auf, ihn zu finden." Auf der russischen Botschaft in Paris erklärt man aufs bestimmteste, Gapon sei nicht ver­haftet, sondern verschwunden.

Warschau, 7. Febr. In sämtlichen Bäckereien herrscht der Ausstand. Die Bierbrauer wollten ar­beiten, wurden jedoch daran gehindert. Die Vor­stellungen im Volkstheater find abgesagt. Die Kohlen­preise sind fast um das Doppelte gestiegen. Der Ausstand nimmt an Ausdehnung zu. Die Arbeiter überreichten gestern den Fabrikherren ihre Forderungen, von denen die hauptsächlichsten find: Mündige Arbeits­zeit, Abichaffung der Akkordarbeit, Erhöhung, der Arbeitslöhne. Angesichts der Unmöglichkeit, diese Forderungen zu bewilligen, baten die Hüttenbesitzer den Finanzminister telegraphisch, sie an den Beratungen, betreffend die Arbeiterfragen, teilnehmen zu lassen, deren Lösung nur auf gesetzgeberischem Wege möglich sei. In Sosnowice dauert der Ausstand fort. Gestern ist eine Abordnung des Generalgouverneurs, betreffend Volksansammlungen, veröffentlicht worden. Die bei den gestrigen Umzügen vorangetragenen Fahnen hatten u. a. Aufschriften wie:Nieder mit der Selbstherr­schaft! Nieder mit dem Kriege!" Entsprechend der Forderung der Ausständigen sind die Lehrstunden an der Bergschule zu Dombrowo eingestellt worden.

Batum, 6. Febr. Der Aus stand breitet sich mit neuer Kraft aus, die Fabriken feiern mit Aus­nahme einer einzigen. Viele Magazine und Läden sind geschlossen. Die Verluste find groß, die Lebens­mittelpreise sind gestiegen. Infolge der Beschädigung der Eisenbahn auf eine Strecke von mehreren Kilo­metern durch Uebelgesinnte find Patrouillen anSge- schickt worden. Auf der Station Samtredi ist der Passagier- und Frachtverkehr eingestellt.

Stockholm, 6. Febr. DasAstonbladet" meldet aus Helstngfors (Finland): Ein Mann in Offiziers- uniform verübte heute auf den Staatsprokurator Jonsson in dessen Wohnung ein Revolverattentat. Jonson war augenblicklich tot. Auch sein Sohn wurde verwundet. Der Attentäter gibt Alexander Gadd als seinen Namen an. (Auch der Vorgänger des Prokn- rators ist ermordet worden.)

Helsingfors (Finland), 7. Febr. Ueber dm Anschlag auf den Staatsprokurator wird gemeldet: Gestern erschien in der Wohnung des Prokurators Jonsson ein militärisch gekleideter Mann, der eine französische Visitenkarte auf den Namen Alexander Gadd vorzeigend um eine geschäftliche Unterredung bat. Als er das Kabinett des Prokurators betrat, schoß er mehrere Male auf ihn. Drei Kugeln trafen Brust, Magen und Schulter. Der Angegriffene stürzte sofort. Ein Geheimpolizist schoß mehrere Male auf Gadd und traf ihn in den rechten Fuß. Gadd flüchtete, stolperte aber und fiel im Vorzimmer. Er wurde ins Spital gebracht, wo festgestellt wurde, daß er außer am Fuß noch an der rechten Hand ver- wundet worden ist; am abend war er ohne Besinnung. Sechs Aerzte stellten den Tod Jonffons fest. Sem Sohn, der beim ersten Schuß hinzugesprungen war und auf den Angreifer schoß, trug eine Verwundung am linken Fuß davon.

Helsingfors, 7. Febr. Ueber das Attentat auf den Senatsprokurator wird gemeldet: Der Mörder, dessen Wunden ungefährlich sind, wird in dem russischen Militärlazarett behandelt. Die Untersuchung hat fest­gestellt, daß er ein ehemaliger Student der Alexander- Universität namens Karl Lenard Hohenthal ist, sowie daß er in letzter Zeit sich in Stockholm aufgehalten hat und in Finland am 13. Januar eingetroffen ist. Er beobachtet hartnäckiges Schweigen.

Paris, 6. Febr. Der Senat nahm mehrere Artikel des Militärgesetzes an. General Billot ver- langt Trennung der Artikel, worin die Dauer der Dienstzeit festgesetzt wird, und behauptet, die Durch- führung der zweijährigen Dienstzeit sei unausführbar