Calw, 16. Nov. Heute früh wurde auf der Pforzheimer Bahnlinie oberhalb des Bad. Hofs der Taglöhner Bächler mit vom Leibe getrenntem Kopf tot auf dem Geleise gefunden. Der Getötete ist 67 Jahre alt und von Weiler a. Stein gebürtig. Bächler, der im vorigen Jahre schon eine Gefängnis, strafe erstanden hatte, war wegen unsittlichen Hand- lungen angezeigt und dürfte dieser Umstand ihn zum Selbstmord veranlaßt haben.

Berneck, 16. Novbr. Die Freiherr!, v. Gült- ling'sche Gutsherrschaft hier erzielte bei dem abge- halten«» Submissions'Stammholzverkauf (405.5 Fm.) einen Durchschnittspreis von 126,9 °/o.

** Pforzheim, 17. Nov. Unsere Theater- direktion brachte gestern Mittwoch das bekannte Kostümlustspiel von Ludwig FuldaDie Zwillings­schwester" in ganz vorzüglicher Darstellung zur Auf­führung. Morgen Freitag geht das neue Lustspiel von H. Stobitzer .Münchener Kindl", sorgsam vorbereitet, über die Bühne. Von dieser Vorstellung an beginnen sie nunmehr pünktlich um 8 Uhr abends, so daß in den weitaus meisten Fällen die Aufführung schon vor r/ill Uhr zu Ende sein wird und so den Gästen aus dem Enz und Nagoldtal bequeme Ge­legenheit zum Besuche des Theaters gegeben ist. Am Samstag nachmittag wird als Kindervorstellung .Schneewittchen" aufgeführt.

vermischtes.

Ein in Friedrichshafen in Arbeit stehender Italiener wettete mit einem dortigen Einwohner fünf Mark, wenn er eine Deckelschnecke samt der Behaus­ung verschlinge. Der Einwohner stutzte einen Mo- ment, besah sich das Fünfmarkstück und in wenigen Sekunden war das niedliche Ding mit Haus und Deckel verschwunden.

Ein bösartiges Weib in Pirmasens hatte einen Stiefsohn, den es gern beseitigt hätte. Während des kürzlich«» heftigen Sturmes beschuldigte das Scheusal den armen 11jährigen Buben einer Unart. Sie nahm einen Prügel und zwang ihn, zum Dach­fenster hinauszuklettern und während des Sturmes draußen zu bleiben. Der Junge hielt sich aber fest und der Sturm konnte ihn nicht in die Tiefe stürzen. Jetzt ist die ruchlose Tat bekannt geworden und die verbrecherische Stiefmutter ist zur Anzeige gebracht.

Mägerkingen, 11. Nov. Wie wichtig es ist, die Erdöllampen schon bei Tag zu füllen, beweist folgender Vorfall, den wir derTüb. Ehr." ent­nehmen: Ein hiesiger 35 Jahre alter Mann goß m die ausgehende Lampe Erdöl nach und glaubte, alle Vorsicht angewendet zu haben, indem er das Licht vorher auslöschte. Als er die Lampe wieder in Ordnung hatte, explodierte dieselbe beim Anzünden, (mutmaßlich durch die noch heißen Metallteile) und der ganze Tisch stand im Nu in Flammen. Der Mann wollte das Fkuer mit der um den Leib ge­bundenen Schürze löschen, aber in wenigen Augen- blicken war auch der Mann vom Feuer ergriffen und brannte lichterloh. Die durch Hilferufe seiner Frau herbeigeeilten Nachbarn fanden ihn mit verbrannten Kleidern, mit Brandwunden bedeckt vor. welchen der

Unglückliche unter großen Schmerzen erlag. Dieser schwere Unglücksfall möge zur Vorsicht beim Gebrauch des Erdöls mahnen!

Nichts lohnt unter Umständen besser als Austern­essen. Vom Fischhändler Petersen in Neumünster in Holstein wurden in einer Auster mehrere Perlen im Werte von 5000 ^ gefunden.

Aus der Schweiz. Eine Ersteigung der Blümlisalp im Berner Oberland (3670 Meter) führte die Engländerin Fräulein Lowe von Kandersteg in den letzten Tagen mit den Führern Abraham und Gottfried Müller aus. Trotz der riesigen Schnee­massen, die streckenweise IV- Meter hoch waren, wurde der Gipfel von der Hütte aus in 4*/t Stunden erreicht; die Temperatur lud nicht zu längerem Ver­weilen ein, und es wurde der Abstieg in 5 Stunden ausgeführt.

Eine recht ergötzliche Geschichte spielte sich kürzlich in einer Mühle in der Nähe des Ortes Hachenberg bei Viechtach ab. Die beste Kuh, welche die Müllerin im Stalle hatte, gab seit mehreren Tagen keine Milch mehr. Alle Forschungen nach der Ursache dieses Uebels waren erfolglos. Daß die Kuh verhext war, stand in der Mühle fest. Auch die befragtenSach­verständigen" waren dieser Meinung. In ihrer Not legte die Müllerin ihren Sonntagsstaat an, um sich beim Pfarrer Rat und Hilfe zu holen. Vorher sah sie sich noch einmal die verhexte Kuh an. Als die Frau die Stalltür öffnete, war sie nicht wenig er­staunt, den .Geist" eben an der Arbeit zu sehen. Einige junge Schweinlein, die man wegen Platz­mangels frei herumlaufen ließ, labten sich mit Be­hagen an dem Futter der verhexten Kuh.

(Ein Opfer der .Damen-Bedienung".) Wie schwer verhängnisvoll oft Kneipen mit weiblicher Be­dienung für deren Besucher werden können, zeigt, wie aus Leipzig, 9. Nov , berichtet wird, der Fall des Unteroffiziers und Zahlmeisteraspiranten L. aus Brehna bei Bitterfeld. L. erhielt verschiedene Be- träge zur Begleichung von Rechnungen. Auf dem Wege kehrte er in einer Kneipe mit .Damenbedien­ung" ein und wurde hier sehr bald von zwei Kellnerinnen mit Beschlag belegt und warf verschiedene Flaschen Wein, die er dann von dem ihm anver­trauten Gelde mit 30 ^ (!) bezahlte. Dann suchte er noch andere Animierkneipen auf und verausgabte im ganzen 100 -/A Auch hier zahlte er mit dem veruntreuten Gelde. Um die Unterschlagungen zu vertuschen, beging er mehrere Urkundenfälschungen. Die Vergehungen kamen schließlich ans Tageslicht. L. wurde vom Kriegsgericht zu einer Gefängnisstrafe von 7 Monaten 3 Wochen und zur Degradierung verurteilt.

(Ein interessanter Vorgang aus dem Leben der Vögel) wurde dieser Tage von der Besatzung des Blankeneser Fischerfahrzeuges .S. B. 34" auf hoher See beobachtet. Ein Zaunkönig und ein Hänfling hatten sich in ermattetem Zustande auf dem Fahr­zeuge niedergelassen. Bei einem erneuten Flugver­suche beider wurde der Zaunkönig von einem Wind­stoß ins Wasser geschleudert. Im nächsten Augen­blick jedoch war der Hänfling bei ihm, um ihn mit

in die Luft zu nehmen. Das gelang nicht. Nach dreimaligem Versuche hatte er den Zaunkönig so weit in die Nähe des Fahrzeuges gebracht, daß er von der Besatzung aufgefischt werden konnte. Darauf schien der Hänfling durch freudiges Gezwitscher seinen Dank kundzugeben.

Letzte Nachrichten u. Telegramme»

Berlin, 17. Nov. Die .Nordd. Allg. Ztg." erklärt einen Bericht des Pariser Gaulois über eine angebliche Ansprache des Kaisers in einem Offiziers- kastno über die französische Armee als von Anfang bis zum Ende erfunden. Der Gaulois hat diese Ansprache zur Unterlage für Ausfälle gegen die Politik der französischen Regierung gemacht. Auch der vom Gaulois geschilderte Vorgang in dem Offi- zierskastno ist erfunden.

Ulm, 17. Novbr. Die Strafkammer verurteilte den Bankier Leopold Gutmann-Göppingen wegen einfachen Bankerotts - Vergehens gegen das Depot­gesetz und das Aktiengesetz zu 1 Jahr Gefängnis, 1100 ^ Geldstrafe und 2 Jahren Ehrverlust, unter Anrechnung von 8 Monaten Untersuchungshaft.

St. Petersburg, 17. Nov. General Kuro- patkin meldet unter dem gestrigen Datum: Am 15. November machten gegen 8 Uhr abends die Japaner einen Angriff gegen unsere Stellung beim Dorfe Linschinpu, wurden aber zurückgeschlagen.

St. Petersburg, 17. Nov. General Stöffel meldet dem Kaiser unter dem 28. Oktober: Seit dem 25. Oktober beschießen die Japaner äußerst heftig unsere Forts und Befestigungen an der Nord» und Aordostfront. Am 26. Oktober machten sie einen Angriff gegen die Befestigungen und gegen eines der Forts der Nordfront, doch wurden durch unser Shrapnellfeuer alle ihre Reserven zersprengt und der Sturmangriff abgeschlagen. Auf unserer Seite wurden 1 Offi zier und gegen 70 Mann getötet, 8 Offiziere uno an 400 Maün verwundet.

St. Petersburg, 17. Nov. In einem an­läßlich der Thronbesteigung an den Kaiser ge­richteten Glückwunschtelegramm vom 3. Nov. erwähnte General Stössel, daß die in den letzten neun Tagen von den Japanern unternommenen Sturmangriffe alle zurückgeschlagen worden seien. Stössel gibt ferner der Freude Ausdruck, daß es den Japaner» nicht gelungen sei, die Festung am Tage der Thron­besteigung, der gleichzeitig der Geburtstag des Kaisers von Japan sei, ihrem Schwure gemäß zu nehmen.

Berlin, 17. Nov. Wie derLokalanzeizer" aus St. Petersburg meldet, lauten die letzten Nachrichten: .Port Arthur fest." Nach den reichen Munitionsvorräten zu urteilen, könne sich Port Arthur bis zur Ankunft der Ostseeflotte halten.

Ravensburg, 18. Nov. (Telegramm an den Enztäler.) Bei der heutigen Stadtschultheißeu- Wahl haben von 1422 Wahlberechtigten 1307 ab­gestimmt; hievon erhielten Stiftungsverw. Reichle (Zentr.) 755, Stadtschultheiß Harrer-Schramberg 551 Stimmen. Reichle somit gewählt.

schritt er auf die Tür des Saales zu, öffnete uni

trar ein. Unwillkürlich war sein erster Blick aus dal Gerüst gerichtet. Die weiße Gestalt, die ihn entsetzt bestand, wie er vermutet, in Laken und Tüchern.

Trotz des heiteren Morgenlichtes machte der still« öde Saal mit seinen verhängten, halbblinden Fenstern den vergilbten Gobelins, den gespenstisch starrblickender Ahnenbildern einen spukhaften Eindruck.

Rudolf überwand durch kühle Zweifelsucht jedes bängliche Gefühl und schritt, die Bilder betrachtend den Saal entlang.

Die Galerie begann mit Gestalten in Pelzroö und Barett aus dem 16. Jahrhundert, dann erschien» Männer mit Pluderhosen und breitkrämpigen Hüten dkswellen auch mit Panzer und Helm, diesen folgter die breilschößigen Röcke, die Kniehosen, Perrücker und zierlichen Degen der Zopfzeit. Und jedesmä neben den Bildern der Ahnherren waren die ihre: Frauen zu sehen, in der Modetracht ihrer Zeiten

Auf die Gesichtszüge der meist nur mittelmäßic gemalten Porträts hatte Rudolf wegen der eigen artigen Eindrücke, die auf ihn eindrängten, nich

sonderlich geachtet. Doch staunend blieb er plötzliä stehen.

Was war das? Der Mann dort fast am End der Reihe, in der Tracht der vierziger Jahre unsere« Jahrhunderts gekleidet, sah Rudolf ungemein ähnlich

An der Willkür des Malers lag es wohl nichi denn em gewisser Realismus der Auffassung zeigt« oatz der Künstler sich an die Wirklichkeit gebnnde.

hatte, und technische Fertigkeit bewies, daß er die Fähigkeit besaß, das Wirkliche' wiederzugeben.

Aber woher diese Aehnlichkeit in den ernsten, hellbraunen Augen, der sanftgebogenen Nase, der eigenartig gewölbten Stirn, sogar dem weichen Munde und dem runden Kinn?" War es Zufall, oder lag hier ein Geheimnis verborgen?

Rudolf gedachte des bei seinem ersten Anblick ohnmächtig zusammenstnkenden alten Bertram, auch das Erstaunen, das Herr v. Sorm kund gegeben, fiel ihm ein.

In tiefes Sinnen versunken, stand er vor dem Bilde. War es denn so unmöglich, konnte er nicht diesem Hause entstammen? Lag doch über seine Herkunft, seine Geburt ein Dunkel gebreitet!

Seinen Vater hatte er nie gekannt. Bis zu seinem zwölften Jahre hatte er mit seiner unver- geßlichen Mutter, die sich Frau Falk nannte, zusammen in Berlin gelebt. Dann starb seine Mutter und der Knabe fiel in fremde Hände. Ec zeigte gute Anlagen und den Wunsch, zu studieren; der ihm gesetzlich bestellte Vormund, ein wackerer Handwerksmeister, beschloß daher, das von der Malter hinterlassene mäßige Vermögen zu diesem Zweck zu verwenden.

Die Mutter besaß keine Verwandten, mit denen sie je verkehrt hätte, und der Vormund vermochte Rudolf nichts mitzuteilen, als daß seine Mutter aus Warschau gebürtig gewesen sei. Dort war auch die Ehe geschlossen, die nur wenige Monate gewährt hatte und an deren reines Glück die junge, anmutige Witwe stets mit unendlicher Sehnsucht zurückdachte.

Nach diesen kurzen Monden, die das Paar in Berlin verlebt, war Rudolf s Vater, der Kaufmann Heinrich Falk, in wichtiger Angelegenheit frohen Mutes verreist, aber nicht wiedergekehrt. Er hatte seiner Gattin, welche sich um alle äußeren Angelegen­heiten wenig bekümmerte, nur ein kleines Vermögen hinterlassen. Höchst sonderbar war es nun, daß kurze Zeit nach dem Verschwinden ihres Gatten eine bedeutende Summe von unbekannter Seite eintraf, und daß diese rätselhafte Sendung kurz nach Rudolf s Geburt, ferner in seinem zehnten und zwanzigsten Lebensjahr wiederholt wurde. In einer wunderlichen, wahrscheinlich verstellten Handschrift war bei diesen Sendungen stets bemerkt, daß man sie nur unbesorgt annehmen und verwenden solle, da sie vom frühern Geschäftsteilhaber des Kaufmanns Falk kämen.

Bis zu ihrem frühen Tode hatte Rudolfs Mutter der Rückkehr ihres Gatten treulich geharrt. Alle Nachforschungen waren vergeblich geblieben, sie konnte daher nur annehmen, er halte sich unter verändertem Namen an einem andern Orte auf doch dazu hatte er sie zu sehr geliebt, zu glücklich mit ihr gelebt oder er sei eines rätselhaften Todes ge­storben. Diese letztere Ansicht war auch diejenige, der nach so vielen Jahren Rudolf und sein ehemaliger Vormund entschieden zuneigte.

(Fortsetzung folgt.)

(Bedingungsweise.)Weeste, Aujust, Du wärst eijentlich n janz anständijer Kerl, wen De bloß nich son jemeiner Schweinehund wärst!"