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Der «nztSlen

Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.

klmlsblatt iür Ssn Vbsramtsbszirk Neuenbürg.

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Fernsprecher Nr. 4.

Neuenbürg, Samstag den 28. Mai 1904.

62. Jahrgang.

RunSschau.

In Südwestafrika nehmen die kriegerischen Operationen ihren Fortgang. Die Herero vermeiden es sich unfern tapfer« Truppen in offenem Kampfe zu'stellen, und ziehen sich mit ihren Viehheerden in entlegene Gegenden oder über die Grenze zurück. Major v. Estorff folgte mit seiner Kolonne dem Feinde, und dürfte der Vormarsch von Otjosondu gegen Okamatangara gerichtet sein. Hierauf deutet unter anderm auch eine Nachricht über einen ge> lungenen Ueberfall hin, den Oberleutnant Böttlin, der Führer der der Kolonne zugewiesenen Bastard- Abteilung, auf eine zwischen Okarutuo und Okama- tangara gelegene Hererowerft gemacht hat. Mit Genugtuung kann indessen die Nachricht verzeichnet werden, daß die Typhuserkrankungen in der bis- herigen Ostabteilung der Expeditionstruppen in Otjihaenena nunmehr zum Stillstand gekommen zu fein scheinen.

Berlin, 27. Mai. Die Studiengrsellschast für elektrische Schnellbahnen wird noch auf der Welt­ausstellung in St. Louis ausstellen. Die dazu bestimmten Gegenstände wurden zu einer kleinen Sonderausstellung im großen Sitzungssaal der Deutschen Bank in Berlin vereinigt und sind nun­mehr nach Amerika abgegangsn.

Den Bundesregierungen ist vom Reichskanzler der Entwurf einer neuen Maß- und Gewichts- Ordnung mit dem Ersuchen um Prüfung nutze- teilt worden. Der Entwurf wird demnächst samt den dazu gehörigen Erläuterungen veröffentlicht werden, um auch weitern Kreisen zur Meinungs-Aeußerung Gelegenheit zu geben.

Das Reichsgericht hat entschieden, daß die Führ­ung des Doktortitels der amerikanischen zahn­ärztlichen Hochschulen, Dental College, als un­lauterer Wettbewerb zu betrachten sei und in Deutsch- land deshalb untersagt werde. Von diesem Urteil werden 320 Zahnärzte und Zahntechniker betroffen, die den amerikanischen Doktortitel führten.

Freiburg, 27. Mai. Ein dem Anscheine nach an Periodischen Anfällen von Verfolgungswahn leidender früherer kath. Priester namens Emil Rieger von Pforzheim, z. Zt. Stud. der Philologie im Koll. sap., erschien in der gestrigen Ordinariatssitzung

in heftiger Erregung im Sitzungssaal und feuerte auf den Erzbischof Dr. Nörber einen scharfen Re­volverschuß ab, ohne jedoch jemand zu treffen. Rieger hatte fr. Zt. seinen Benefiziat-Posten in Philipps­burg angesichts einer kirchlichen Disziplinar-Unter- suchung eigenmächtig verlassen, und dadurch seine Wiederverwendung im kirchlichen Dienst unmöglich gemacht. Der Erzbischof verschaffte ihm die Mög­lichkeit, seine Studien als Philolog zu vollenden. Anlaß zu dem Attentat gab ihm die Entziehung der Ermächtigung Religions-Unterricht zu erteilen, ange­sichts der Vorkommnisse in der Vergangenheit.

Erfurt, 26. Mai. Die Blumengärtnereien von Peterseim erreichten im verflossenen Jahre in der Anzucht und Versandt eine Gesamtziffer von vierzehn Millionen Pflanzen und Zwiebelgewächsen.

Löffingen, 26. Mai. Mitte voriger Woche hätte hier ein schweres Unglück entstehen können. Zwei Pferde, die an einen Wagen gespannt waren, scheuten in der Nähe der Schneekreuzkapelle und rasten gegen die Bahnlinie und durchbrachen die Barriere. Das eine Pferd stürzte und lag quer über den Schienen, das andere blieb stehen. Jeden Augenblick konnte der Zug von Neustadt daherbrausen. Die Frau des Bahnwarts erkannte sofort die große Gefahr und sprang dem Zug entgegen. Der Zug konnte glücklicherweise wenige Schritte vor den Pferden zum Sieben gebracht werden.

Eine schwere Bluttat verübte am zweiten Pfingst- tage der von der Wahner Haide nach Hagen be­urlaubte Artillerist Th. Peters vom 13. Fuß­artillerieregiment. P. traf auf der Straße seine frühere Braut Klara Wiskott, die inzwischen ein anderes Verhältnis eingegangen hatte, und versetzte ihr, von Eifersucht erfüllt, nach kurzem Wortwechsel 5 Stiche mit dem Seitengewehr. Das Mädchen liegt hoffnungslos darnieder.

DemDaily Expreß" wird mitgeteilt, daß eine Verfügung des Papstes bevorstehe, durch die allen Bischöfen und Geistlichen der katholischen Kirche ge­stattet wird, Bärte zu tragen. Italienische Priester pflegen, wenn sie eine Wallfahrt nach dem heiligen Lande machen, ihre Bärte wachsen zu lassen, da sie sonst unter dem Spott der Orientalen zu leiden haben. Als vor kurzem eine Anzahl venetianischer Priester von Jerusalem zurückkehrtc und vom Papste

empfangen wurde, trugen die Geistlichen noch ihre Bärte von der Reise. Als der Papst dies sah, rief er aus:Welch' eine schöne Sammlung von BärtenI" Er fuhr dann fort:Ich kannte einst einen Priester, der es haßte, sich jeden Tag rasieren zu müssen und mehr als einmal hörte ich diesen Priester sagen:Wenn ich jemals Papst werden sollte, so werde ich jedem Priester erlauben, den Bart wachsen zu lassen. Wer, glaubt Ihr wohl, daß dieser Priester war?" Die Geistlichen, die die Antwort errieten, lachten, nnd der Papst fuhr fort: Ich sehe, daß Ihr versteht, daß ich es selbst war. Ich halte mein Wort, und wenn irgend einer von Euch die Erlaubnis haben will, seinen Bart stehen zu lassen, so hat er sie." Als der Papst sich zwischen den Geistlichen bewegte, bemerkte er einen Priester aus Treviso.Willst Du mit diesem Bart zu Deinen Gemeindemitgliedern zurückkehren?", fragte er ihn. Nein, heiliger Vater", lautete die Antwort,ich lasse ihn heute noch abnehmen.'Ganz recht", er- widerte der Papst.Dir steht er gar nicht. Du siehst außerordentlich häßlich darin aus und Dir gebe ich die Erlaubnis nicht I"

Von der bad. Grenze, 27. Mai. Um die zum Ausbau des Melanchthonhauses in Bretten noch erforderlichen Geldmittel zu beschaffen, hat der Verein hierfür einen Bazar zu veranstalten beschlossen.

In der Nähe des Seebades Broesen bei Danzig stürzten sich zwei Töchter des Werftmaschinisten in die See. Von einem Arbeiter wurden beide heraus­geholt. Die Wiederbelebungsversuche waren nur bei der älteren Schwester von Erfolg.

Der russisch-japanische Krieg.

In Ostasien ist neben dem russisch-japanischen Kriege plötzlich noch eine chinesisch-portugiesische Verwicklung entstanden. Vor Macao, der Besitz­ung Portugals bei Hongkong, ist eine aus Kanonen­booten und Torpedobootzerstörern bestehende chinesische Flotte erschienen, um die Auslieferung von Chinesen, welche sich vor den chinesischen Gerichtsbehörden nach Macao geflüchtet haben, zu erzwingen. Die Portu­giesen sind aber entschlossen, einem chinesischen An­griffe Widerstand zu leiste».

Nach den vielen Verlusten Rußlands sim Seekriege mit Japan sollte man meinen, daß

Fräulein Harte,ikurg.

Krimmal-Roman von Rudolf Wustrow.

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(Nachdruck verboten.)

Der Portier sann nach. Wie viele seiner Be rufsgenossen, besaß er ein gutes Personengedächtnis er sagte daher:Ja, er ging an dem Abend ball fort und kam nachher auch wieder."

Na, sehen Sie mal." lachte Rasch, und bo jenem eine Zigarre an,da bin ich also reingefalle, mit meiner Wette, da ist er doch auf dem Ball ge Wesen, wenn Sie sich nicht geirrt haben."

Der Portier beteuerte, daß dies nicht der Fal wäre, und Rasch begab sich zum Garderobier Neubert Hier erfuhr er dasselbe, nach längerem Nachfinne, bekundete der Gefragte, er erinnere sich, daß Rädisck ^ Hut und Mantel geholt und sich entfern habe; daß er wieder gekommen wäre, hatte de Garderobier nicht gesehen.

r ^gub sich nun ins Kasino zurück uni

die Kellner; diese entsannen sich recht Wohl daß Rädisch an jenem Abend viel Champagner ge

lassen "habe ^ ^ S-gen Morgen ver

Rasch nahm nun in einem Restaurant, das m semem Wege lag das Mittagessen ein und begal sich zum Hotel Royal. Hier erfuhr - er auf sein Frage vom Kellner, daß Rädisch anwesend sei So fort eilte er in dessen Wohnung.

Auf sein Läuten erschien jene Zofe mit dem frechen Lächeln wieder.

Mein schönes Kind," sagte Rasch,ist vielleicht Herr Rädisch zu sprechen?"

Tut mir leid," erwiderte das Mädchen,er speist jetzt im Hotel Royal."

Ach wie schade!" sagte der Kommissar, indem er den Angeheiterten spielte.Mein lieber Freund, der Rädisch, speist also jetzt? Er gab letzten Diens­tag, als wir im Royal zusammen kneipten, diese Stunde an. Sie kleiner Engel Sie, was Sie für hübsche, weiche Patschchen haben! Er wollte mir etwas Neues zeigen, was er da hat. Sie wissen doch seine Liebhaberei mit den Schlüsseln und Schlössern"

Wieso?" fragte das Mädchen, das dem liebens- würdigen Schwerenöter gern zuhörte.

»Na, es macht ihm doch riesig Spaß, mit den einfachsten Drähten die Türen zu öffnen; Sie müssen doch die Drähte schon bei ihm liegen gesehen haben!"

Ach so, ja!" sagte das Mädchen. Ich habe schon solche Drähte bei ihm gesehen."

Na, sehen Sie wohl, Sie reizender Käfer!" scherzte der angeheiterte Herr.Haben Sie denn die Drähte schon gesehen, die er mir zeigen wollte?"

Nein," erwiderte die Zofe,in letzter Zeit habe ich keine mehr gesehen, früher lagen ein Paar Mal solche Dinger herum."

Sonst war er ja manchmal ein bischen knapp mit dem Draht, nicht, Sie hübsche Kleine?" fragte

der joviale Herr weiter, indem er die Bewegung des Geldzählens machte.

Na, Sie müssen es doch wissen!" sagte die Zofe dreist.Früher, ehe er geerbt hat, da wars ja manchmal klamm, aber jetzt ist er wieder flott!"

Weiß ich, weiß ich!" sagte RädischsFreund" vertraulich.Er steckte ja manchmal mächtig in der Klemme!"

Na, wissen Sie," sagte das Mädchen,man wußte nicht, wo es hinkam."

Er hat sicher spekuliert und verloren!" sagte Rasch auf gut Glück.

Es muß so etwas sein," erwiderte die Zofe.

-Er selbst hat ja freilich auch viel gebraucht, er weiß ja einen guten Tropfen zu schätzen, denn das Spielchen, die Weiber"

Ach hören Sie nur auf!" rief das Mädchen ärgerlich.Er hats freilich toll getrieben!"

Plötzlich wurde sie aber zurückhaltend und Rasch mußte daher das Gespräch abbrechen.

Er machte nun Bekanntschaft mit dem Kassen­diener der Bank, an der Rädisch angestellt war, und kam auf die Gehälter der Bankbeamten zu sprechen, sowie auf die Nebeneinnahme, die sie durch Börsen­spekulationen erzielten.

Der Rädisch er ist doch Wohl an Ihrer Bank soll mächtige Summen gewonnen haben," sagte er.

Gewonnen?" fragte der Beamte.Ne, eher umgekehrt!"