Mainz, 20. Mai. Vor der hiesigen Straf- kammer spielte sich gestern und heute ein aufsehen- erregender Prozeß gegen 6 Weinkommissionäre ab, die angeklagt waren, längere Jahre hindurch Trester- und überstreckten Wein in Rheinhessen aufgekauft und hauptsächlich an die Firma Oppenheimer Söhne und auch an andere Leute weiter verkauft zu haben. In der Sache selbst wurden etwa 100 Zeugen ver­nommen und heute nachmittag das Urteil gesprochen; dasselbe lautet: Gegen Cäzilie Heumann in Gunters­blum auf 3 Wochen Gefängnis, Julius Heumann aus Guntersblum auf 500 Hermann Kappel aus Sprendlingen I Monat Gefängnis, 1000 ^ Geld- strafe, Hermann Feist aus Sprendlingen 1 Monat Gefängnis, 1000 Strafe, Simon Vollner aus Kallstadt (Bayern) 2 Wochen Gefängnis, 100 Strafe und M. Koppel in Bingen zu einer Geldstrafe.

Ueber Karlsruhe zog am Sonntag ein heftiges Gewitter, begleitet von einem furchtbaren Hagelwetter. Wie groß der angerichtete Schaden ist, läßt sich noch nicht übersehen.

Metz, 23. Mai. DieLothr. Ztg." meldet: In Sillegny, 14 Kilometer südlich von Metz, an der Seille, stürzte am Samstag, als die Kinder aus der Schule gingen, 20 Meter weit von dieser entfernt, ein altes Gebäude ein und begrub eine Anzahl der Kinder unter seinen Trümmern. Sechs kleine Mäd­chen von 6 bis 7 Jahren sind als Leichen hervor­gezogen worden. Heute mittag fand die Beerdigung statt. Die 80 jährige Mutter des Pastors eines Nachbarortes, die das Haus bewohnte, ist unversehrt geblieben.

Edenkoben, 20. Mai. Eine Erbschaft von nahezu 9 Millionen Mark ist, so wird demSchwab. Merkur" aus Edenkoben geschrieben, einem hier in einer Möbelfabrik beschäftigten Arbeiter von einem in England verstorbenen Onkel unverhofft zugefallen. Der glückliche Erbe war am 17. Mai vor das Amts­gericht gerufen, wo ihm die überraschende Mitteilung von der ihm zugefallenen Millionenerbschaft gemacht wurde. Der verstorbene Onkel des Moser hat ins­gesamt 300 Millionen Mark hinterlassen. An der Erbschaft sind auch noch andere pfälzische Familien beteiligt.

Cherbourg (Dep. Manche), 24. Mai. Der gestern hier eingetroffene deutsche Postdampfer Kaiser Wilhelm II. von der Hamburg-Amerika-Linie ist mit einer Ladung von 42 */s Millionen Franken in Gold hier eingetroffen. Das Gold ist in 155 Fäßchen verpackt. Die Ladung, die einen Teil der Kauf- summe für den Panamakanal bildet, wurde in einem Sonüerzug, begleitet von mehreren Polizisten, nach Paris gebracht.

Helsingör (Dänemark, Insel Seeland), 24. Mai. Der dänische DampferNapoli" stieß vergangene Nacht südlich vom FeuerschiffLäzze Grund" mit dem Stettiner DampferEmil St. Retzlaff" zu­sammen, der sich auf der Fahrt nach Stettin befand. Der deutsche Dampfer sank; die Mannschaft wurde gerettet.Napoli" lief mit beschädigtem Bug hier ein.

In New-Jork wurde unter dem dringenden Verdacht, Mädchenhandel zu treiben, eine Frau Weinzierl verhaftet. Die Festgenommene, die mit sechs jungen Mädchen aus Deutschland dort angelangt war, dürfte identisch sein mit der Frau des Agenten Josef Weinzierl aus Bayern, die schon seit langer Zeit in Verdacht steht, Mädchenhandel zu treiben. Weinzierl vermittelt Stellungen für sog. Münchener Kellnerinnen, stellt auch Tiroler Gesellschaften zu­sammen und soll unter diesem Deckmantel bereits zahlreiche junge Mädchen nach dem Ausland ver­schleppt haben. Der Behörde war es bekannt ge­worden, daß Weinzierl für St. Louis anwerbe, und der in New Jork angehalteneTransport" dürfte zweifellos für die Ausstellung bestimmt gewesen sein. Die Untersuchung gegen die Verhaftete wird durch die New-Aorker Behörde geführt werden.

Der russisch-japanische Krieg.

Tokio, 21. Mai. (Reuterm.) Die in Taku- schan gelandeten japanischen Truppen haben gestern abend in der Nähe von Wanchatun, 7 Meilen nörd­lich von Takuschan eine Schwadron russischer Kavallerie umzingelt und aufgerieben. Viele Russen wurden getötet oder verwundet. Der Führer der Schwadron wurde gefangen genommen. Die Japaner hatten keine Verluste.

Niutschwang, 23. Mai. Die Russen haben die Stadt wieder mit ziemlich starker Artillerie und berittener Infanterie besetzt. Die Meldung von dem Untergang der Kriegsschiffe Joschino und Hatsuse wurde hcute nachmittag den russischen Truppen, als eine Parade über sie abgehalten wurde, bekanntgegeben und mit Jubel ausgenommen. Der amtliche russische Bericht liegt noch nicht vor.

Petersburg, 23 Mai. In das neue, noch nicht vollständig fertig gestellte Panzerschiff Orel, das vor einigen Wochen aufgelaufen war und darauf nach Kronstadt gebracht wurde, war während der vorletzten Nacht plötzlich Wasser eingedrungen, sodaß das Schiff zu sinken begann. Den ganzen Tag über arbeiteten gestern die Truppen eines Eisbrechers und mehrerer Hafenfahrzeuge, wodurch es gelang, das Schiff vor dem Untergang zu bewahren. Man glaubt, daß das Eindringen des Wassers auf die Fahrlässigkeit von Arbeitern, die Panzerplatten ein­schraubten, zurückzuführen ist.

Weiße" undGelbe". In einer am Montag in Tokio abgehaltenen Versammlung von Buddhisten, Shintoisteo, Protestantischen Christen und englisch­amerikanischen Missionaren wurde folgende Resolution angenommen:Japans Ziel ist die Sicherheit des Reiches und dauernder Friede in Ostasien. Der Krieg mit Rußland wird im Interesse der Gerechtigkeit, der Humanität und der Zivilisation unbeeinflußt durch die Verschiedenheiten der Rassen und Religionen ge­führt. Wir wollen deshalb ohne Unterschied der Rasse und der Religion entsprechend den Bräuchen unserer verschiedenen Religionen der Welt den wirk­lichen Zweck des Krieges und unseren Wunsch nach einem baldigen ehrenvollen Frieden kundtun." Dann wurde eine zweite Resolution angenommen, in welcher es heißt, die Russen seien Gelbe mit weißen Gesichtern, die Japaner dagegen Weiße mit gelben Gesichtern.

Württemberg.

Stuttgart, 20. Mai. In der Kammer der Abgeordneten wurde heute zunächst die 2. Nachtrags- Vorlage zum Finanzgesetz 1903/05 beraten und erledigt. Die Vorlage enthält eine Nachexigenz von insgesamt 364407 ^ Hiervon strich der Landtag auf Antrag des Vizepräsidenten Dr. v. Kiene 35000-/E ab; im übrigen wurde die Nachforderung der Re­gierung angenommen. Der Finanzminister Dr. von Zeyer wies u. a. darauf hin, daß der Nachtragsetat sich auf die Neuorganisation der Kameralämter be­ziehe. Beim nächsten Etat werde ein vollständig neuer Status für die Kameralämter ausgestellt werden. Die Steuerreform stelle an die Kameralämter ganz bedeutende Anforderungen; das Personal der Kameral­ämter sei fchon seither nicht zureichend gewesen. Von 500 000 Steuerpflichtigen seien nach der Schätzung der Regierung nur etwa 60 000 Fasstonspflichtige, während 450000 Steuerpflichtige einzuschätzen seien. Das nehme mindestens eine Zeit von 3 bis 4 Monaten in Anspruch. Dann ging man zur Erledigung ver­schiedener Anträge und Eingaben über, welche in der Kommission für Gegenstände der inneren Verwaltung vorberaten worden sind. Znnächst kam ein Antrag Reihling (Vp.) an die Reihe, betreffend den Verkehr mit Schlachtvieh und Fleisch. Der Berichterstatter Schmid-Besigheim (Vp.) beantragte namens der Kom­mission, die Regierung wolle erwägen, ob die teil­weise Uebernahme der Kosten für die Schlachtvieh- und Fleischbeschau auf den Staat oder die Amts­körperschaft unter Wahrung des ortspolizeilichen Charakters der Fleischbeschau'nicht tunlich sei. Seitens der Zentrumsfraktion wie auch seitens der volks­parteilichen Fraktion wurden Abänderungs- bezw. Zusatzanträge gestellt. Verschiedene Abgeordnete sprachen den Wunsch aus, daß die Ausführungsbe­stimmungen möglichst abgeschwächt werden sollen. Der Minister des Innern, Dr. v. Pischek, verteidigte in längeren Ausführungen die Handhabung des Ge­setzes durch die württembergische Regierung, die es durchaus loyal und unter Vermeidung unnötiger Härten durchgeführt habe. Er sei bereit, in wohl­wollende Erwägungen darüber einzutreten, ob nicht eine Mitwirkung des Staates bei den Kosten in Betracht kommen könne, etwa in der Weise, daß die Kosten des Unterrichts und der Prüfung der Fleisch­beschauer auf den Staat übernommen werden. Eine Reihe weiterer Redner, meist die Vertreter der über­wiegend ländlichen Bezirke, brachten die Klagen der Bevölkerung gegen das Gesetz bezw. seine Ausführungs­bestimmungen vor, was den Minister des Innern noch mehrmals veranlaßte, in die Debatte einzugreifen. Interessant war seine Erklärung, daß die württem­bergische Regierung im Bundesrate mit aller Ent­schiedenheit dafür eingetreten sei, daß die Haus­schlachtungen von der Fleischbeschau befreit sein sollen. Der Zentrumsantrag wurde mit Ausnahme einer Ziffer angenommen, ebenso der Antrag der Kommission und derjenige der Volkspartei.

Stuttgart, 21. Mai. Die Kammer der Abge­ordneten beschäftigte sich in ihrer heutigen Sitzung zunächst mit einer Eingabe des Vereins für Pharma­zeutische Großindustrie, betreffend den Verkehr mit Geheimmittcln. Vizepräsident Dr. v. Kiene und Abg. Haußmann-Balingen wiesen darauf hin, daß es

vom Volke nicht verstanden werde, warum die be- liebten und bekannten Schweizer-Pillen usw. unter die Geheimmittel ausgenommen wurden, deren Au- kündigung verboten ist. Der Minister des Inner» Dr- v. Pischek, wies darauf hin, daß die Aufnahme dle,er Geheimmittel in die Listen entsprechend dem Gutachten des Reichsgesundheitsrats und des Medi- zinalkollegiums erfolgt sei. Die Geheimmittelfraae wurde schließlich auf den Antrag Haußmann-Balingen an die staatsrechtliche Kommission zur Prüfung über- wiesen. Die Bitte des Allgemeinen Deutschen Frauen- Vereins, betreffend den Erlaß von Ausbildungsvor­schriften für weibliche Gewerbeaufsichtsbeamte, wurde der Regierung zur Kenntnisnahme übergeben. Bei Behandlung einer Eingabe verschiedener Grundstücks, und Gebäudebesitzer um Entfernung des Art. 1b aus der neuen allgemeinen Bauordnung rollte der Mm- ordnete der Stadt Stuttgart, Kloß, unter Ansührw, zahlreicher Beispiele die Frage des unverdienten Wett. Zuwachses auf. Auch diese Eingabe wurde der Re­gierung zur Kenntnisnahme überwiesen Dasselbe Schicksal hatte eine Petition, welche den Betrieb von Warengeschäften durch Lehrer, sowie deren Frauen und minderjährige Angehörige verboten wissen will. Der Rechenschaftsbericht des Ständischen Ausschusses, über welchen Vizepräsident Dr. v. Kiene referierte, fand rasche Erledigung. Es stand dann noch eine Eingabe des Verbands der selbständigen Buchbinder Württembergs, betreffend den Vertrieb der Schul­bücher und Schreibhefte durch die Buchbinder auf der Tagesordnung. Da aber hierüber umfangreiche Debatten in Aussicht stehen, so entschloß mau sich, diesen Punkt von der Tagesordnung abzusetzen.

Stuttgart, 24. Mai. Der König begibt sitz am Montag den 30. Mai nachmittags mittels Sonder- zug zu längerem Aufenthalt nach Bebenhausen.

Stuttgart, 24. Mai. Der König empfing am Sonntag nach dem Gottesdienst den K. preußischen Hoftheaterintendanten Freiherr v. u. zu Gilsa-Kassel, welcher an einem Modell seine Erfindung zur Feuer­sicherheit von Theatern erläuterte.

Stuttgart, 23. Mai. Der Bahnverkehr war bei dem schönen Wetter am ersten Pfingstfesttage ein sehr bedeutender, doch war er nicht größer als in früheren Jahren. Dagegen reichte der Verkehr am zweiten Feiertage infolge des Regens noch nicht ein­mal an einen gewöhnlichen Sonntagsverkehr heran.

Bei der Leitung der Postsendungen werden häufig die Orte Kornthal (Württ.) und Kornthal (Bez. Bromberg) verwechselt, vermutlich weil die zusätzliche Bezeichnung Bromberg für Leonberg gelesen wird. Der richtigen Leitung der Sendungen nach diesen Orten ist künftig erhöhte Aufmerksamkeit zuzu­wenden. (Amtsbl. des Reichspostamts.)

Stuttgart. Ein Artikel in den Mitteilungen des Statistischen Landesamts überdie Bedeutung des Fernsprechnetzes für den Verkehr" zeigt, daß im Neckar­kreise nur etwas über 10°/«, der ortsanwesenden Be­völkerung (vom 1. Mai 1900), im Schwarzwaldkreise 15,8°/», im Donaukreise 18,5°/«, im Jagstkreise 26°/o, in Württemberg im Ganzen 16,3°/» der Bevölkerung noch nicht mit Telephonanstalten unmittelbar ver­bunden sind. Das Fernsprechnetz, welches erst nach dem Eisenbahnnetz sich zu entwickeln begonnen hat, ist also in der Entwicklung und in der Verdichtung der Maschen dem Eisenbahnnetz vorangeeilt und wird in absehbarer Zeit völlig ausgebaut sein, derart, daß von jeder Gemeinde des Landes aus an irgend eine Zentrale und damit auch von jeder Gemeinde an jede andere wird gesprochen werden können.

Tübingen, 23. Mai. Ueber die Pfingstferie» machten viele Studierende, besonders die aus Nord- deutschland, Ausflüge in den Schwarzwald oder an den Bodensee und in die Schweiz.

Ulm, 20. Mai. Graf v. Hoensbroech Wird auf Veranlassung des hiesigen jungliberalen Vereins am Samstag den 28. Mai abends 8 Uhr einen für jedermann zugänglichen Vortrag halten über das Thema:Der Ultramontismus als kulturhistorische Erscheinung."

Hall, 21. Mai. In der gestrigen. Amtsver- sammlung wurde, lautHaller Tagblatt", Stadt­schultheiß Schwarz von Jlshofen mit 19 Stimmen zum Oberamtspfleger gewählt. Verwaltungsaktuar Schmidt hier erhielt 10 Stimmen..

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Fortsetzung in der Beilage.