weiteren 3 Monaten Gefängnis. Hiervon gehen ab für erlittene Untersuchungshaft 3 Monate und 15 Tage. Von der Anklage des Diebstahls wird Kaiser frei­gesprochen. Otto wird wegen eines vollendeten und eines versuchten Betrugs zu 8 Monaten Gefängnis und wegen unlauteren Wettbewerbs zu 1200 ^ Geldstrafe, event. weiteren 3 Monaten Gefängnis verurteilt und ebenso zu 2 jährigem Ehrverlust. Die Firma Otto und Kaiser hat an die Firma Knorr ins­gesamt 2000 Geldbuße zu bezahlen.

Tübingen, 26 März. (Strafkammer). Mit dem üblichen Gruß:Grüß Gott!" will der Kauf­mann Leon Wrubel in Reutlingen, während er am 9. Dezember v. I. unter seiner Ladentür stand, eine an seinem Geschäfte vorübergehende Frau angeredet haben. Diese Frau aber behauptete, Wrubel habe sie so angeredet:Was suchen Sie?" Nun ver- bietet der § 80 des Reutlinger Ortspolizeistatuts jede Betätigung geschäftlicher Eigenschaften auf öffentlicher Straße. Die Angelegenheit kam deshalb vor das Forum des Reutlinger Schöffengerichts, und dieses verurteilte den Kaufmann wegen einer Ueber- tretung des § 366 Ziffer 10 St.-G.-B. zu 3 -A Geldstrafe, indem es erwiesen erachtet wurde, Wrubel habe die Anredewas suchen Sie?" gebraucht, und zwar zu dem Zwecke, um damit jene Frau zum Eintritt in seinen Laden zu bestimmen. Die von dem Verurteilten hiergegen eingelegte Berufung wurde heute als unbegründet verworfen.

Künzelsau, 28. März. Mit einem Aufwand von gegen 55000 ^ wird das Gebäude für die Prä- parantenanstalt des hies. Schullehrerseminars erweitert.

Heidenheim, 29. März. Die Zigarrenfabrik der Gebrüder Schäfer hier, hat für die in Deutsch- Südwestafrika gegen die Hereros kämpfenden Mann­schaften 12000 Stück Zigarren zur Verfügung gestellt.

Stuttgart. fLandesProdukteubörse.I Bericht vom 28. März von dem Vorstand Fritz Kreglinger. Im Wochenverlauf zeigte sich im Gelreidegeschäft wiederum mehr Animo, weil es den Amerikanern beliebte, die Kurse für Weizen um einige Cents zu erhöhen. Diese Schwank­ungen, welche mehr in amerikanischen lokalen Verhältnissen begründet sind, stören das reelle Geschäft, umsomehr als Bezüge von Amerika in der laufenden Kampagne nur ver­einzelt vorkamen. Die Angebote von Rußland sind schwach, von Argentinien nicht drängend und Preise behauptet. Mehlpreise per 10V KZ inil. Sack: Mehl Nr. 0: 30 bis 30 ^ 50 Nr. 1: 28 ^ bi«

28 50 «l, Nr. 2: 26 50 ^ bis 27 ^ Nr. 3:

25 dis 25 5l> u, Nr. 4t 22 ^ .! bis

22 50 Suppengries 301 bis 30 50

Kleie 9 -et. sAus Verletzen des Setzers wurden in

den letzten 2 Notizen die Preise nicht geändert.)

Slus StaSt» Bezirk und Umgebung.

Die stille Woche.

Seit alter Zeit trägt die Woche vor Ostern diesen Namen. Und wo alte gute Sitte noch eine Macht lst, ist diese Woche noch heut eine Woche der Stille. Der gesellige Verkehr erleidet eine Unter- brechung. Häufiger als sonst rufen die Glocken zum Gotteshaus. Noch beschäftigen häusliche Sorgen im Anfang die geschäftige Hausfrau; bald aber giebt auch sie sich stiller Einkehr hin, um das Fest recht zu feiern.

Wir modernen Menschen haben uns durch die Steigerung des Verkehrs bewegen lassen, manche gute Gewohnheit der alten Zeit aufzugeben. Oft taten wir recht daran. Oft wurde es unser Schaden. Kein Mensch vermag die Rastlosigkeit unserer Zeit auf die Dauer ohne Schaden zu ertragen. Der Zeitkrankheit Nervosität fallen die einen zum Opfer; andere gehen sittlich zu Grunde, weil sie zur Samm­lung und Einkehr keine Zeit mehr finden.

So darf es aber nicht bleiben, soll unser Volk nicht verderben. Durch Stillesein werdet ihr stark sein! Wie der Leib der Ruhe bedarf, wie die Menschen heut zu gewissen Zeiten dem Leibe beson­dere Raft und Erholungszeit gönnen, so bedarf das Herz solcher Zeit zu stiller Sammlung und Einkehr. Wohlan, die stille Woche soll solche Zeit der Er­quickung für unsere Seele sein!

Und wahrlich, geeignetere Zeit läßt sich dafür kaum denken, als diese Zeit. Liebe erfahren, ist der Seele größte Erquickung. Und diese Woche verkündet uns die Taten der größten Liebe. Sie zeigt uns die menschgewordene Liebe, Jesum selbst, auf dem Leidens­wege. Ihn dort anschauen, ist Erquickung. Denn wer ihn sieht, wie er inmitten seiner ehrgeizigen Jünger sich erniedrigt und ihnen die Füße wäscht; wer ihn sieht, wie er unter dem Hohn der rohen Kriegsknechte ohne Murren duldet; wer ihn sieht, wie er den un- getreuen Petrus trotz seiner Schwachheit nicht von sich stößt; wer ihn sieht, wie er am Kreuze noch für seine Feinde betet: der schöpft Erquickung aus solchem Anblick. Denn wir spüren's, der so geliebt hat bis zum Ende, hat auch uns lieb trotz unserer Schuld. Und an solche Liebe wieder glauben lernen,

heißt das nicht, neu gestärkt werden für den Kampf des Lebens, mit ihm zu dulden, zu tragen, zu vergeben und durch ihn zu siegen? Gott segne unserm Volk die stille Woche!

* Wildbad, 27. März. Der hiesigen Orts­gruppe des deutschen Flottenvereins gelang es, am letzten Samstag, kinematographische Vorführungen zu veranstalten. Nachmittags 5 Uhr fand eine Vorstellung für die Schuljugend statt und es war eine Freude, zu sehen, mit welchem Interesse die Kinder der Vorführung der einzelnen Bilder folgten. Die Abendvorstellung war von Damen und Herren so zahlreich besucht, daß auch der letzte Platz der geräumigen Lokalitäten des Gasthofs zum Ochsen" besetzt war. Neallehrer Kirschmer leitete die Versammlung mit einer Ansprache ein, in welcher er die Notwendigkeit einer starken Flotte für Deutsch­land nachwies. Er zeigte, wie die Anfänge der deutschen Flotte aus der Begeisterung des liberalen Bürgertums herausgeboren find im Jahre 1848, als Dänemark die deutsche Küste blockierte, und daß da mals das ganze fortschrittliche, zukunftsfrohe Deutsch­land eine Flotte wollte. Merkwürdigerweise sei gerade in diesen Kreisen heutzutage die Begeisterung für die Flotte geschwunden. Im Hintergrund der Flotten­frage stehe die Tatsache, daß wir ein wachsendes Volk sind, also kurz die Bevölkerungsvermehrung und ihre Folgen. Für die zuwachsende Schicht von über 800 000 Köpfen pro Jahr brauchen wir Brot und Arbeit; beides hänge an unseren Schiffen und seien Hauptbestandteile der Einfuhr. Deutschland habe eine Nahrungsmitteleinfuhr von nahezu 2000 Millionen Mark, dazu komme die Einfuhr an Roh­stoffen. Um diese kolossale Einfuhr gewinnen zu können, müssen wir Ausfuhr und Kapitalanlage im Ausland haben. Unsere Handelsflotte, die zweitgrößte der Welt, brauche Schutz; die Kriegs­flotte müsse in einem richtigen Verhältnis zur Han­delsflotte stehen. Die Frage, ob Deutschland eine größere Rüstung zur See finanziell tragen könne, müsse bejaht werden. Die Gesamtbelastung mit direkten und indirekten Steuern auf den Kopf der Bevölkerung betrage in Deutschland 23 in England 47 c/A und in Frankreich 50 ^ Die Pro-Kopfausgaben für Landheer, Marine und Staats­schuld betragen in Deutschland 18^/2 in England 33 und in Frankreich 41 ^ Deutschland habe im Jahr 1901 für Brot 1700 Mill. Mark, Fleisch 2250 Mill. Mark, Heer und Flotte 881 Mill. Mark, für Bier, Branntwein und Wein zusammen 3300 Mill. Mark ausgegeben. Ein Volk, das jährlich fast 3',2 Milliarden für geistige Getränke ausgab, könne gewiß auch einige Opfer für seine Flotte bringen. Die Vorführungen geschahen in 3 Teilen: Der I. Teil führte die Kriegsflotten der Welt in den verschiedenen Schiffstypen vor: 1. Küsten­panzerHagen" bei der Probefahrt. 2 . Großer KreuzerViktoria Luise". 3. LinienschiffKaiser Barbarossa." 4. LinienschiffWittelsbach". 5. Rus­sischer PanzerkreuzerGromoboi". 6 . Japanisches Schlachtschiff. 7. Französische LinienschiffeSt. Louis" undGaulois". 8 . Englische Torpedobote. Im II. Teil hieß esIn 20 Minuten von Bremerhaven nach New-Aork" in 10 Bildern: 1 . Abschied von Bremerhaven. 2 . Schnelldampfer Kronprinz Wilhelm" passiert auf der Ausreise nach New Jork das letzte Weser-Feuerschiff. 3. Besteck­nehmen. 4. Zeitvertreib an Bord. 5. Bootsmanöver. 6 . Begegnung mit dem DampferNetherland" bei hohem Seegang". 7. Mann über Bord! 8 . Morgen­toilette bei hohem Seegang. 9. Begegnung mit einer Heringsflotte. 10 . Ankunft in New-Hork. Der III. Teil führteDie Flotte in Ausbildung, Ma­növer und Gefecht" vor: 1 . Bootaussetzen und Segelexerzieren auf dem SchulschiffStein." 2 . Kohlen. Freizeit. 3. Exerzieren am 8,8 em-Schnell­feuergeschütz auf dem LinienschiffKaiser Friedrich III" 4. Kohlenübernahme auf See in Fahrt. 5. Schieß­übungen nach der Scheibe und Einholen der letzteren durch ein Torpedoboot. 6 . Torpedobote durchbrechen die Linie der Schlachtschiffe. 7. Im Gefecht. 8 . Parademarsch der Seebataillone. Die Bilder waren durchweg deutlich und klar und recht geeignet, die Eigenarten des Seewesens, der Kriegs- und Handels­flotte uns Landratten vorzuführcn. Am Schluß der Vorführungen sprach Reallehrer Kirichmer der Orts­gruppe und namentlich Hrn. Bankdirektor Bätzner, der sich der Vorbereitung der Veranstaltung voll und ganz gewidmet hatte, den Dank der Versamm­lung aus und forderte gleichzeitig zum Beitritt zum deutschen Flottenverein auf, welcher Aufforderung auch von manchen Anwesenden entsprochen wurde, so daß die hiesige Ortsgruppe einen schönen Zuwachs von neuen Mitgliedern erhielt.

Nagold. 27. März. Einer unserer wertesten Mitbürger, Ingenieur und Elektrizitätswerkbesitzer Kl. Klingler, wurde in der Nacht vom 24. auf 25. ds. durch einen Herzschlag völlig unerwartet aus dem Leben genommen. Am folgenden Morgen sollte seine letzte Tochter ihr Hochzeitsfest feiern. Ein zahlreiches Leichengefolge legte am Samstag Zeugnis ab von der Hochachtung, die der Verstorbene allent­halben genoß. Ec war ein Mann von außerordent­lichen geistigen Fähigkeiten und ausgezeichnetem Charakter, von kühnem, weitausschauendem Unter- nehmungsgeift, der namentlich für die gewerbliche Entwicklung von Stadt und Umgegend sehr viel getan und sich in seinen rüstigen Jahren auch um das ge- sellige Leben der Stadt große Verdienste erworben hat. Den Dank der Deutschen Partei, der der Ver­storbene ein warmer und tätiger Freund gewesen war, brachte eine Kranzspende zum Ausdruck. Ehre seinem Andenken.

Nagold, 28. März. Bei dem hiesigen Küfer und Weinhändler Wilhelm Harr wurde vom K. Amts­gericht hier eine Hausdurchsuchung vorgenommen, wobei ein größeres Quantum gemischter Stoffe, welche derselbe zur Bereitung von Wein von einer Stutt- garter Firma bezogen hatte, mit Beschlag belegt wurde. Auch das sehr bedeutende Weinlager wurde konfisziert. Der Frau des Weinhändlers gelang es, während der Durchsuchung eine Flasche solcher ver- botener Stoffe auf die Straße zu werfen, es wurde jedoch von dem Inhalt der Flasche eine Probe ent­nommen.

Altensteig, 29. März. Die Spezereihandlung und Bäckerei des Friedrich Lander hier ging durch Kauf um 17 500 an Friedrich Schäfer von Euten- OA. Gaildorf über. Bor 4 Monaten kaufte Lander das Anwesen um 16000

Pf 0 rzheim, 28. März. Eine Klage auf Zahlung von 125000 l/A hat der Bankdirektor Kayser, ein vielfacher Millionär, gegen die hiesige Stadt ange­strengt. Die letztere benötigt zur Enzkorrektion das Gebäude von Kayser und hat eine Kommission den Wert desselben auf 48000 festgesetzt und zwar im Zwangsenteignungsvcrfahren. Die Bevölkerung ist gespannt auf den Ausgang des Prozesses.

Pforzheim, 29. März. Im Hagenschieß- Wald hat schon wieder ein Üeberfall auf eine Frau stattgefunden. Eine 75 Jahre alte Holzleserin von Pforzheim bemerkte gestern nachmittag im Walde am Kirschpfad, der von der Straße Pforzheim-Wurmberg abzweigt, längere Zeit einen etwa 26 Jahre alten Menschen von ziemlich großer Figur, kräftigem Aus­sehen, mit blondem Schnurrbart und mit einer ge­spritzten Juppe bekleidet, der die Frau schließlich an- sprach und sich als Waldaufseher ausgab. Plötzlich überfiel der Mensch dann die Frau, schleppte sie in einen Graben und verübte ein Sittlichkeitsverbrechen. Die Frau, welche mehrere Kratzwunden an Gesicht und Armen hatte, wurde später von heimkehrenden Arbeitern angetroffen, denen es aber nicht gelang, eine Spur von dem Verbrecher zu entdecken. Selbst, verständlich ist die Angabe des Strolches, er sei Waldaufseher, erlogen. Vorigen Sommer ereignete sich nicht weit vom Ort dieses Verbrechens ein ähn­liches Verbrechen an einem Mädchen von Möns­heim. Auch in jenem Fall ist es bis heute nicht gelungen, den Täter zu ermitteln. (Pf. Anz.")

Nagold, 26. März. Der heutige Schweine- markt war gegen das letztem«! etwas schwächer be­fahren. Zugeführt wurden 40 Stück Saugschweine, von welchen 16 Stück um den Preis von 2531 Mark pro Paar verkauft wurden: ferner 4 Stück Läuferschweine, welche jedoch keinen Liebhaber fanden.

Mutmaßliches Wetter am 31. März und 1. April.

Der neue Luftwirbel ist an der Nordküste Schottlands auf 740 mm vertieft worden und macht kräftige Vorstöße sowohl in südlicher als auch in südöstlicher Richtung, wes- halb in Süddeutschland das Barometer in raschem Fallen begriffen ist. Dagegen behauptet sich in der Umgebung des Ladogasees und des Weißen Meeres, sowie weiter ostwärts noch immer ein Hochdruck von 780 mm, der einen völligen Witterungsumschlag vorerst noch verhindert. Für Donners­tag und Freitag ist aber größtenteils bewölktes und schließ­lich auch zu vereinzelten Niederschlägen geneigtes Wetter in Aussicht zu nehmen.

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für das n. Quartal 19V4 werden von allen Postanstalten und Landpost«

boten entgegengenommen.

Mit einer außerordentlichen Beilage:

Prospekt

der Möbelhandlung I. Schwersenz, Pforzheim.

DM- Hiezu zweites Blatt.