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Der «nztäler.

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^ 4S.

Neuenbürg, Samstag den 26. März 1904.

62. Jahrgang.

RunSschau.

Kaiser Wilhelm ist an Bord des Lloyd­dampfersKönig Albert" am Donnerstag wohl­behalten in dem schönen Neapel eingetroffen, womit der hohe Herr den ersten Abschnitt seiner gegen­wärtigen Seereise beendigt hat. In Neapel verließ er denKönig Albert" und begab sich auf seine DachtHohenzollern". mit welcher der Kaiser iiun- mehr die weitere Seefahrt an den Küsten des Mittelländischen Meeres zurücklegen wird. Eine be­sondere Bedeutung erhält der jetzige Besuch des Kaisers durch seine an diesem Samstag daselbst vor sich gehende Begegnung mit dem König Viktor Emanuel III. von Italien, in welchem Ereignisse sich trotz seines nichtoffiziellen Charakters die uner­schütterliche Fortdauer des deutsch-italienischen Freund­schafts- und Bündnisverhältnisfes unverkennbar wiederspiegelt. Im übrigen hat Kaiser Wilhelm in Neapel einen begeisterten Empfang seitens der Be­völkerung gefunden, zugleich wurde er dort vom italienischen Mittelmeergeschwader begrüßt.

Kaiser Wilhelm ist am Donnerstag vor­mittag 1 / 410 Uhr an Bord desKönig Albert" in Neapel eingetroffen, begrüßt vom Salut des dort ankernden italienischen Geschwaders und dem Hurra der Mannschaften. König Viktor Emanuel richtete an den Kaiser folgendes Telegramm:In dem Augenblick, wo Du als kochwillkommener Gast den italienischen Boden berührst, wünsche ich, mich freuend, Dich bald wiederzusehen, daß einstweilen der erste Gruß Dir von mir, Deinem ergebenen Freunde und treuen Bundesgenossen, zugehe. Viktor Emanuel."

In der sächsischen zweiten Kammer gelangte am Mittwoch die Frage der bedingungslosen Zu­lassung der Realgymnasialabiturienten zum juristischen Studium aufs Tapet. Abg. Rüder trat warm dafür ein. daß auch in Sachsen die Abiturienten der Real- gymnasten ohne Nachprüfung zum juristischen Studium zuzulassen seien, wie schon in Preußen. Justiz­minister Dr. Otto verhielt sich indessen ablehnend gegen diese Anregung, die Meinung verteitigend, daß die Bildung auf einem humanistischen Gymnasium entschieden mehr zum Studium der Jurisprudenz be- fähige, als diejenige auf einem Realgymnasium. Von den übrigen Rednern sprachen sich die Abgeordneten Gräfe, Dr. Stöckel, Günther und Enke im Sinne der vom Abgeordneten Rüder gestellten Forderung aus, während andere Redner wie die Abgeordneten Dr. Schill und Dr. Spieß, mehr den vom Justiz­minister gegen die Zulassung der sächsischen Real- gymnasisten zum juristischen Studium erhobenen Be­denken beipflichteten.

Das österreichische Abgeordnetenhaus hat infolge seiner Leistungsunfähigkeit Dank der tschechischen Obstruktion wieder einmal nach Hause geschickt werden müssen. Jetzt kann sich ja die Körbersche Regierung die Rekrutierungsvorlage und das andere mit Hilfe des famosen Verfassungsparagraphen 14 selber be­willigen! Zwischen Deutschen und Tschechen sind wieder einmal Verständigungs-Verhandlungen im Gange; sie werden aber schwerlich ein besseres Resultat haben, als all' die resultatlosen Verständigungs- A?h°udlungen der früheren Jahre. Im sogen.

Prozeß wegen zahlreicher auf einem Manöver- marsch vorgekommenen Unglücksfälle wurden Oberst v. Grunzweig zu 5 Monaten, Oberst v. Török zu 4 Monaten strengen Arrests seitens des Kriegs­gerichts verurteilt.

Aus Kamerun kommen abermals beunruhigende Nachrichten. Der Aufstand am Groß-Fluß breitet sich aus und greift auch aus englisches Gebiet hinüber. Wie ein unkontrollierbares Gerücht wissen will, soll eine von einem weißen Offizier befehligte deutsche Truppenabteilung in Stärke von 40 Mann durch die rebellischen Eingeborenen vernichtet worden sein.

Die Japaner mühen sich noch immer mit aanr unnutzen Flottenangriffen auf Port Arthur ab.

wie solche auch wieder in der Nacht zum 22. März j mit darauffolgender erneuter Beschießung Port Arthurs unternommen wurden. Unbestätigt ist noch das Gerücht, dem zufolge am 18. März ein Seekampf bei Port Arthur stattgefunden haben soll, bei welchem die Japaner ein russisches Panzerschiff angeblich in den Grund bohrten. Noch immer nicht erledigt ist der merkwürdige Zwischenfall mit dem russischen Kanonen­bootMandschur" in Shanghai. Die Russen haben bisher ihr Versprechen, denMandschur" gefechts- unfähig zu machen-, noch nicht erfüllt, es verbleibt daher auch der in Wusung zur Beobachtung des Mandschur" stationierte japanische Kreuzer auf seinem Posten. Ueber die Landoperationen der zwei krieg- führenden Mächte ist noch immer nichts von Belang zu berichten.

Mit Befriedigung kann die Nachricht verzeichnet werden, daß die Urheber des anarchistischen Bombenattentats von Lüttich ermittelt und verhaftet worden sind. Es sind dies zwei Anarchisten französischer Nationalität; sie wollen das Attentat aus Rache wegen der Ausweisung von Anarchisten aus Belgien begangen haben.

Der Norddeutsche Lloyd wird auf der St. Louis-Weltausstellung mit einer Reihe interessanter Ausstellungsgegenstände vertreten sein. In der deut- schen Schiffahrts-Abteilung dürfte namentlich das große Modell seiner neuen Pieranlagen in Hoboken- New Jork große Anziehungskraft ausüben, welches den ganzen mittleren Raum des Saales einnchmen wird. Die neuen Pierbauten des Lloyd in New- Dork gehören zu den größten und praktischsten der Welt. Außerdem stellt der Lloyd mehrere Prachtvolle Modelle seiner Riesen-Schnelldampfer und ferner eine in Farben ausgeführte, höchst instruktiv ge- haltene Längsschnittzeichnung des Schnelldampfers Kaiser Wilhelm II." in Größe von etwa ö'/s m aus, welche die gesamten inneren Einrichtungen dieses schwimmenden Palastes in übersichtlichster Weise veranschaulicht. Die geradezu wunderbare Aus- stattung dieses Ozeanriesen hat nicht nur in Deutsch­land, sondern auch in England und Amerika das größte Aufsehen erregt.

Hamburg, 24. März. In der heutigen Bürger- schaftssitzung wurde die schriftliche Antwort des Senats betreffend das Jesuitengesetz verlesen. Diese lautet:In Anbetracht aller maßgebenden Umstände hat der Vertreter Hamburgs gegen die Aufhebung des ganzen Gesetzes, für Aufhebung des tz 2 gestimmt."

Karlsruhe, 17. März. Im Prozeß der Reichspost gegen die Stadt Mannheim verwarf das Reichsgericht am 14. März die von der Reichspost eingelegte Revision gegen chas Urteil des Oberlandes­gerichts Karlsruhe. Die Post muß hienach der Stadt die Kosten ersetzen für die Schutzvorrichtungen an Kreuzungen zwischen den Starkstromleitungen der elektrischen Straßenbahn und den Fernsprechleitungen der Reichspost. Der Streitgegenstand beträgt etwa 40000 Eine Reihe von Städten warteten auf den Ausgang des Prozesses, um gleiche Forderungen wie Mannheim geltend zu machen.

Owiko-Korero.

Der Name Owiko-Korero wird in der Geschichte unserer Kolonien einen düsteren Klang behalten. Am 13. März sind in der Nähe dieses Ortes unserer Schutztruppe im Kampfe gegen die aufständischen Herero schwerere Verluste zugefügt worden, als bisher im ganzen Feldzuge. Unter insgesamt 26 tot auf dem Felde gebliebenen und 5 Verwundeten befinden sich 7 Offiziere, die das Leben Hingaben, und drei Offiziere, die Verwundungen davon trugen. Von den beteiligten Mannschaften sind 19 tot und 2 verwundet.

Militärische Maßnahmen lassen sich erst dann richtig beurteilen, wenn man ihre Gründe sowie die zu ihrer Durchführung getroffenen Anordnungen kennt. Am meisten fällt die Versammlung von so vielen Offizieren auf, die im Aufklärungsdienste ihrer

Truppe weit vorausgeritten waren. Diese Tatsache dürfte indessen eine natürliche Erklärung finden in dem außerordentlichen Mangel an Pferden, unter dem die Operationen in jenen Gegenden leiden. Wenn man unter diesen Umständen überhaupt vor­wärts kommen will, so bleibt nichts anderes übrig, als die wenigen Reittiere auszunutzen und die Offiziere selber aufklären zu lassen, statt die unter normalen Verhältnissen übliche Zusammensetzung der Patrouillen anzuwenden.

Das Gelände nördlich der Onjatiberge ist sehr schwierig, und es scheint, daß man sich beim Zusammen­treffen mit dem Feinde über dessen Stärke und Stellung einer Täuschung hingab, die verhängnisvoll werden sollte. Von ungestümem Mute beseelt, ließ sich die tapfere Schar auf einen Kampf ein, mit dem sie vielleicht besser gewartet hätte, bis das nach­folgende Gros herangekommen war. Hinterher läßt sich so etwas leicht sagen, wenn man, zu Hause sitzend, von dem Fehlschlagen einer Unternehmung hört. Aber man muß sich doch anderseits vor Augen halten, daß, wenn Fehler begangen sein sollten, diese einem Uebermaß an gutem Willen, an Pflichteifer, an Furchtlosigkeit entstammen. Fehler, die aus solchen Quellen hervorgegangen sind, möge man immer, wenn auch sachlich gerecht, so doch milde beurteilen, denn die Initiative und das schneidige, rücksichtslose Drauf­gehen sind Eigenschaften, an denen es unfern Truppen nie gefehlt hat; sie haben uns von Roßbach über Leipzig nach Sedan geführt und werden unS, so Gott will, erhalten bleiben.

Nicht auf Tadel und überhebendes Kritisieren kommt es jetzt an. sondern darauf, aus jenem verlust­reichen Gefechte zu lernen. Die wichtigste Lehre, die sich daraus ziehen läßt, ist offenbar die, daß die Geringschätzung der Herero als Gegner, der man so oft begegnete, ein gefährlicher Irrtum war. Je eher man sich mit dieser Tatsache vertraut macht, desto besser ist es; denn es ist unzweifelhaft, daß die Kühnheit und Unternehmungslust der Herero durch den bei dieser Gelegenheit errungenen Erfolg noch erheblich gesteigert werden.

Jedenfalls steht die Zuversicht unerschütterlich fest, daß unsere braven Truppen die Scharte von Owiko-Korero wieder auswetzen und das deutsche Blut, das dort so reichlich geflossen ist, sühnen werden. Durch dieses Blut ist die südwestafrikanische Kolonie nun um so fester mit dem deutschen Reiche verknüpft. Es ist ein Gebot unserer nationalen Ehre, eine Pflicht, die sich aus unserer Großmachtstellung ergibt, ohne Zaudern und Zögern jedes Opfer zu bringen, damit der Boden, auf dem am 13. März 26 deutsche Heldensöhne gefallen sind, allezeit deutsches Gebiet bleibe.

Würllemberg.

Seine Majestät der König hat den Ministerial­direktor im Ministerium des Innern, Präsidenten v, Geßler, zum Präsidenten der Hofdomänenkammer unter Verleihung des Rangs auf der zweiten Stufe der Rangordnung ernannt.

Stuttgart, 24. März. Der König em­pfing gestern Nachmittag den Leiter der deutschen Südpolexpedition, Professor Dr. von Drygalski, und den Dr. Bidlingsmaier in Audienz und wohnte am Abend den vom württembergischen Verein für Handelsgeographie veranstalteten Vortragender beiden genannten Herren in derLiedcrhalle" an.

Stuttgart, 25. März. Infolge der an den Seminaren zu Eßlingen, Nagold und Nürtingen vor­genommenen Dienstprüfuvg sind 103 Kandidaten für befähigt zur Versetzung von unständigen Lehrstellen an Volksschulen erklärt worden. Die erste theo­logische Dienstprüfung, die im Februar und März abgehalten wurde, haben 12 Predigtamtskandidaten mit Erfolg bestanden und sind dieselben bereits im Kirchendienst verwendet.