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Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.
Amtsblatt für Sen OberamtsbLZirk Neuenbürg.
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Fernsprecher Nr. 4.
^ 47.
Neuenbürg, Mittwoch den 23. März 1904.
62. Jahrgang.
RunSschau.
Der Reichstag ist am vergangenen Samstag nach definitiver Genehmigung der Nachtragskredite für Deutsch-Südwestafrika und des Notetatsgesetzes, sowie nach vollständiger Erledigung des Marineetats in seine Osterferien gegangen, die bis zum 11. April einschließlich dauern. Allzuviel hat der Reichstag in dem Abschnitte seiner Session zwischen Neujahr und Ostern noch nicht vor sich gebracht, so daß wohl Pfingsten herankommen dürfte, ehe er sein gesamtes Arbeitsmaterial bewältigt haben wird. Hoffentlich sind die Reichstags sttzungen wenigstens nach Ostern etwas besser besucht, als dies namentlich in der letzten Zeit der Fall war.
In der Frage der Reichstagsdiäten wird offiziöserseite wieder .abgewinkt". Eine dieses Thema behandelnde Zuschrift in der „Südd. Reichskorresp." betont, daß die Lösung der Diätenfrage zweifellos noch größere Schwierigkeiten darbiete, als sie bei der Aufhebung des K 2 des Jesuitengesetzes zu überwinden gewesen seien.
Marienberg, 22. März. Bei der Reichstagsersatzwahl im Wahlkreis Marienberg-Zchopau wurden im ganzen 20 608 Stimmen abgegeben Davon für Pinkau (Soz) 10477, für Zimmermann (Reformp) 3988, für Schanz (kons. 4325 Stimmen. Es hat sonach Stichwahl zwischen Pinkau und Zimmermann stattzufinden.
Der Kaiser hat am Sonntag abend 11 Uhr Gibraltar nach dreitägigem Aufenthalt mit dem Lloyddampfer „König Albert" wieder verlassen und die Weiterreise nach Neapel.über die Balearen fortgesetzt. Die Ankunft in Neapel erfolgt am 24. März, zwei Tage später findet daselbst die angekündigte Begegnung des Kaisers mit dem König Viktor Emanuel von Italien statt. Die Zusammenkunft wird lediglich einen Privaten Charakter tragen.
Bremen, 21. März. Zu dem dreitägigen von herrlichem Sommerwetter begünstigten Aufenthalt des Lloyddampfers „König Albert" mit Seiner Majestät dem Kaiser an Bord in Gibraltar wird noch gemeldet: Der Kaiser befand sich in vorzüglicher Stimmung. Umgeben von den Kriegsschiffen des englischen Kanalgeschwaders, wurde der „König Albert" Tag und Nacht von englischen Kriegsbarkassen als Ehrenwache umkreist. Bei den verschiedenen Gegenbesuchen an Land und auch an englischen Kriegsschiffen wurden dem Kaiser überall mannigfache Huldigungen dargebracht. — Gestern lief der auf einer Orientreise begriffene Lloyddampfer „Der Große Kurfürst" mit 800 amerikanischen Kajülpassagieren an Bord von New-Jork kommend mit vollem Flaggenschmuck und unter lautem Jubel der Passagiere in den Hafen ein.
Der Großherzog von Baden hat nach Privatmeldungen aus Karlsruhe einen neuen Ohnmachtsanfall erlitten; doch soll der greise Monarch denselben gut überstanden haben.
Berlin, 16. März. Die auffallende Plötzliche Versetzung von 8 jüngeren Offizieren des 1. Garde- Regiments zu Fuß wird in Potsdam viel besprochen. Es handelt sich um Offiziere, die zu dem Kronprinzen in freundschaftlichem Verhältnis stehen. Ein Gerücht will wissen, daß die Versetzung deshalb erfolgt sei, weil die Offiziere in Gemeinschaft mit dem Kronprinzen in Berlin die Aufführung von Beyerleins „Zapfenstreich" in Zivil besucht haben, was auch für den Kronprinzen nicht ohne Mißhelligkeiten abgegangen sein soll.
In Breslauer militärischen Kreisen verlautet, daß der Generalinspekteur der zweiten Armeeinspektion, Erbprinz von Sachsen-Meiningen, die durch den Tod des Generalfeldmarschalls Grafen Walder- see erledigte Stelle des Generalinspekteurs der dritten Armecinspektion übernehmen solle. Gcneralinspekteur der zweiten Armeeinspektion, zu welcher das 5., 6. und die beiden sächsischen Armeekorps gehören, solle
der kommandierende General des 12. Armeekorps Kronprinz Friedrich August von Sachsen werden.
lieber die empfindliche Niederlage, welche die deutschen Expeditionstruppen durch die aufständischen Hereros in dem Gefecht bei Owikokorero erlitten haben, liegen einstweilen noch keine näheren Nachrichten vor. Immerhin macht sich aber bereits die ziemlich allgemeine Anschauung geltend, daß der Führer des deutschen Rekognoszierungstruppes, Major v. Glasenapp, sich unvorsichtig vom GroS seiner Kolonne getrennt und hierdurch die Katastrophe verschuldet habe, welche 7 Offizieren und 19 Mann das Leben kostete. Major v. Glasenapp ist bei der Affäre selbst verwundet worden, offenbar gelang es ihm nur mühselig, sich mit dem Rest des Trupps zum Gros zurückzuretten. Das Seltsamste bei dem traurigen Vorgang ist Wohl, daß Major v. Glasenapp als ein guter Kenner Deutsch-Südwestafrikas und der dortigen Eingeborenen gilt, und daß er gleichwohl nun von den schwarzen Rebellen eine solche Schlappe erlitten hat. Aber freilich, auch vom Gouverneur Oberst Leutwein hieß es ja, er kenne Land und Leute in der ihm unterstellten Kolonie genau, und doch hat er sich zunächst vom Aufstand der Bondelszwarls und dann Von jenem der Hereros überraschen lassen!
Zu den Bewegungen der russischen Kriegsschiffe in den türkischen Gewässern liegt aus Kanea, der Hauptstadt Kretas, folgende Meldung vom 20. März vor: Heute nachmittag traf der russische Kreuzer „Dmitri Donskoi" in der Sudabai ein. Drei russische Torpedoboote sind ausgelaufen, um sich dem Heute abgegangenen Schlachtschiff „Osljabja" mit Admiral Wirenius an Bord anzuschließen.
Mulden, 22. März. In der Nacht vom 21. auf 22. März erschienen vor Port Arthur von neuem japanische Torpedoboote. Die russischen Wachtschiffe und Batterien eröffneten das Feuer, das 20 Minuten anhielt. Um 4 Uhr morgens wiederholten die japanischen Torpedoboote ihren Angriff. Um 7 Uhr morgens erschien das feindliche Geschwader, dem vier Avisos vorauffuhren. Um 9 Uhr wurde das Feuer gegen die Jnnenrhede eröffnet und von den russischen Schiffen erwidert.
Zwischen der französischen Regierung und und dem Vatikan zeigen sich Verstimmungen. Im Aufträge des Vatikans hat der Nuntius in Paris der französischen Regierung die offizielle Mitteilung gemacht, daß der heilige Stuhl den im April stattfindenden Besuch des Präsidenten Loubet in Rom als ungeschehen betrachte, d. h. der Papst werde den Präsidenten nicht empfangen.
Berlin, 18. März. Eine Probefahrt unternahm gestern Minister Budde mit einem neuen Zuge. Der Zug bestand aus v-Zugwagen mit einem neuen System von Koppelungen. Dieses ermöglicht es, die Wagen aneinander zu hängen, ohne daß der betr. Angestellte zwischen die Wagen zu kriechen baucht. Der Probezug, der auch mit einer neuen elektrischen Beleuchtungs-Anlage ausgerüstet war, fuhr vom Potsdamer Bahnhof nach Brandenburg und kehrte nach einigem Aufenthalt nach Berlin zurück.
Erfurt, 17. März. Die Blumengärtnereien von Peterseim erreichten im verflossenen Jahr in Anzucht und Versand eine Gesamtziffer von 14 Millionen Pflanzen und Zwiebelgewächsen.
Weinheim, 21. März. Gestern abend kurz nach 6 Uhr war Lützelsachsen der Schauplatz einer Bluttat, welcher der etwa 30 Jahre alte Polizeidiener Kadel zum Opfer fiel. Der Genannte war eben damit beschäftigt, eine öffentliche Bekanntmachung in der oberen Ortsstraße durch Ausschellen auszurufen, als er einen ihm verdächtig erscheinenden fremden Menschen gewahrte, der in auffallender Weise mit zwei unerwachsenen Mädchen verhandelte. Er verfolgte denselben und stellte ihn schließlich zu Rede, gleichzeitig nach seinen Ausweispapieren forschend. Scheinbar nach letzterem suchend, zog der Fremde hastig ein Messer aus der Tasche und versetzte dem
I ahnungslosen Polizeidiener einen Stich, der die Lunge verletzte und nach wenigen Minuten den Tod des jungen Mannes herbeiführte Der Mörder wurde sofort von Einwohnern festgenommen, erhielt zunächst eine gehörige Tracht Prügel und nur seine Ueberbringuvg in den Ortsarrest rettete ihn vor weiteren Ausschreitungen der naturgemäß erregten Bevölkerung. Es soll sich um einen zwischen 40 und 50 Jahre alten Korbmacher und Insassen der Kreis- 'pflegeanstalt hier namens Robert Grün handeln, der gestern ausgehen durfte und während des Nachmittags schon beitelnd im Orte Lützelsachsen sich Herumgetrieben hatte.
In Wien tagt augenblicklich der erste deutsche Volkshochschultag, welcher von den Universitäten und technischen Hochschulen Deutschlands und Oesterreich-Ungarns stark beschickt ist.
Dublin (Irland), 21. März. Die deutsche Barke „Mona" stieß heute früh 25 Meilen östlich vom Kish-Leuchtschiff mit der in Swansea (England, Kanal von Bristol) beheimateten 1100 Tonnen großen Bark „Lady Cairus" zusammen. Letztere sank rasch. Obgleich „Mona" zur Hilfelsistung bei ihr blieb, wurde von der Mannschaft sowie den Reisenden nichts mehr gesehen. Später wurde „Mona" nach Dublin eingeschleppt.
Wien, 21. März. In der vergangenen Nacht schlich der Fleischhauergehilfe Ebner in die Wohnung des Fleischhauers Svatos in Ottakring ein, ermordete diesen und dessen Frau durch Messerstiche und danach den Lehrling und die Dienstmagd. Der Mörder beabsichtigte die. eiserne Kaffe des Fleischhauers zu berauben, wurde jedoch durch die Hilferufe der Magd daran verhindert. Ebner wollte durch ein Fenster fliehen, wurde aber durch Soldaten und einen Radfahrer entdeckt. Er machte dann einen Selbstmordversuch.
Kattowitz, 21. März. Die russische Stadt Clevan ist vollständig niedergebrannt. 600 Gebäude sind abgebrannt, darunter die Synagoge, die katholische Kirche, das Rathaus, die Post und das Gericht. 5000 Menschen sind obdachlos.
Württemberg.
Stuttgart, 21. März. Das Referat des Landtagsabgeordneten v. Geß über die Verfassungs- reform hält, wie die „Schwäbische Tagwacht" hört, die Wiederaufnahme der Verfassungsresorm jetzt für geboten; im wesentlichen soll das Referat an dem Entwurf festhalten, der im Jahre 1898 gescheitert ist.
Im Laufe dieses Frühjahrs wird in Stuttgart wieder eine Landesausstellung von Lehrlings- arbeiten veranstaltet werden. Anmeldungen sind bis zum 12. April an die Zentralstelle zu richten.
Von den Freiwilligen, die sich im Bereich des württembergischen Armeekorps nach Südwestasrika meldeten, werden zum 28. bezw. 29. d. Mts. von der Feldartillerie 1 Unteroffizier, 5 Fahrer, 6 Kano- niere; zum 5. bezw. 6. April von der Infanterie 1 Unteroffizier, 12 Gemeine, von der Kavallerie 1 Sergeant, 18 Gemeine und außerdem ein Sanitäts- Gefreiter gestellt.
Stuttgart, 21. März. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag zwischen 3 und 4 Uhr erschoß sich auf dem Schloßplatz ein unbekannter Herr. Namen und Herkunft konnten nicht festgestellt werden, da man bei ihm außer einer Einladung zu einer Hochzeit nach München keine weitere Papiere fand. Sein Alter wird auf 32—35 Jahree geschätzt, er trug neue Kleider und hatte einige hundert Mark bei sich.
Stuttgart, 22. März. In Gaisburg gab es gestern abend an einem Acetylen-Apparat eine Störung. Der Wirt und ein Gast wollten nach der Ur- fache derselben sehen, hiebei fand eine Explosion statt. Dem Wirt flog ein Stück Eisen an den Kopf, so daß der Tod sofort eintrat; sein Begleiter erlitt eine leichtere Verletzung.