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Fernsprecher Nr. 4.
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Neuenbürg, Samstag den 31. Oktober 1903.
61. Jahrgang.
RunSschau.
Die Vorbereitungen zu der Tagung des neu- gewählten Reichsparlaments nehmen ihren Fortgang. Hiezu gehört auch die am 28. Oktober im Reichsamte des Innern zu Berlin unter Vorsitz des Vortragenden Rates im genannten Reichsamte, Euker-Addenhausen von Vertretern aller Bundesstaaten abgehaltene Konferenz. In derselben wurden die bisherigen Erfahrungen über die Schlachtviehversicherung ausgetauscht, als Material für eine künftige Reichsversicherung für Schlachtvieh. Nachklänge zu der in Berlin stattgefundenen Finanzministerkonferenz enthält eine Auslassung der mit dem Reichskanzleramte in Verbindung stehenden „Süddeutschen Reichskorrespondenz". Dieser offiziösen Darlegung zufolge haben die vom Reichskanzler der gedachten Konferenz unterbreiteten finanzpolitischen Vorschläge die persönliche Zustimmung aller beteiligten Finanzminister erhalten, während die schwebenden großen Steuerfragen noch bei Seite gestellt wurden, womit allerdings die bisherigen offiziösen Mitteilungen von anderen Seiten über die Berliner Ministerkonferenz lediglich ihre Bestätigung erfahren.
Die am 4. November in Wiesbaden bevor- stehende Zusammenkunft Kaiser Wilhelms mit dem Zaren Nikolaus beschäftigt bereits jetzt schon die deutsche wie die auswärtige Presse. Die Anreg. ung zu der Zusammenkunft ist vom Zaren ausgegangen, der in einem Telegramm an unseren Kaiser den Wunsch ausgedrückt hat. Deutschland nicht zu verlassen, ohne seinen Freund, den deutschen Kaiser gesehen und gesprochen zu haben. Kaiser Wilhelm hat diese Anregung mit herzlicher Bereitwilligkeit ausgenommen und dem Zaren vorgeschlagen, damit ihm so wenig Unbequemlichkeiten wie möglich erwüchsen, die Begegnung in dem Darmstadt so nahe belegenen Wiesbaden vor sich gehen zu lassen. Zweifellos gelangt in diesem Ereignisse zunächst die Fortdauer der persönlichen Freundschaft zwischen den beiden mächtigen Herrschern zum erneuten Ausdruck, daneben ist jedoch auch die politische Bedeutung dieses Vorganges unverkennbar. Denn aus die politische Umrahmung der Wiesbadener Kaiserbegegnung weist der Umstand schon genugsam hin, daß derselben so- Wohl der deutsche Reichskanzler Graf Bülow, als auch der russische Minister des Aeußeren Graf Lambsdorff, sowie ferner der deutsche Botschafter am Petersburger Hofe, Graf Alvensleben beiwohnen werden. Vermutlich werden die Balkanwirren im Vordergründe der Wiesbadener Monarchen- und Diplomatenbegegnung stehen. Unmittelbar nach dem Besuche des Zaren bei Kaiser Wilhelm in Wiesbaden wird letzterer dem russischen Herrscher einen Gegenbesuch abstatten entweder auf Schloß Wolfsgarten oder in Darmstadt selbst.
Der Kaiser empfing am 27. Oktober u. a. den zur Zeit in Deutschland weilenden mexikanischen Minister des Aeußeren, Mariscal, wobei der Unterstaatssekretär des Auswärtigen Amtes, Dr. Mühl- berg zugegen war. Im Laufe des nächsten Tages hatte der neue Reichsgerichtsprästdent, Dr. Gutbrod, und der neue Direktor im Reichsjustizamt, Hoffmann, die Ehre des Empfanges seitens des Kaisers.
Berlin, 30. Okt. Die kaiserliche Verordnung über die Behandlung Betrunkener und den Gebrauch der Waffe hat anläßlich des Falls Hüssener eine Ergänzung und genauere Feststellung erfahren.
Prinz Adalbert von Preußen befindet sich gegenwärtig auf seiner ersten großen Auslandsreise, die den jungen Prinzen an Bord des Schnelldampfers „König Albert" zunächst von Genua nach Ostasien führt.
In der abgelaufenen Woche tagten an verschiedenen Orten Deutschlands eine Anzahl bemerkenswerter Versammlungen. So waren in Berlin die fünfte Preußische Generalsynode und die zweite deutsche Nationalkonferenz zur Bekämpfung des Mädchenhandels, in Straßburg der erste Kongreß der
nichtsozialdemokratischen Arbeiter Deutschlands, in Stuttgart der Verband deutscher Krankenpflege- anstalten u. s. w. versammelt. Vor dem Schwurgericht zu Berlin dauert der Sensationsprozeß gegen die Gräfin Kwilecka und Genossen wegen Kindesunterschiebung fort.
München, 30. Oktober. Die Kammer der Abgeordneten genehmigte heute mit 118 gegen 9 Stimmen die Errichtung des neuen Berkehrsministeriums. Dagegen stimmten nur einige Abgeordnete der freien Vereinigung.
Die französisch-russische Allianz hat mit dem soeben abgestatteten Besuche des russischen Ministers des Auswärtigen, Grafen Lambsdorff, in Paris eine neue Bekräftigung erfahren, wenn man den Versicherungen der Pariser und Petersburger offiziösen Blätter glauben darf. So versichert „Figaro", Graf Lambsdorff werde von den Unterredungen mit seinem Kollegen Delcasse den Eindruck mit fortnehmen, daß Frankreich dem Bündnisse mit Rußland treu sei und ein verständnisvoller Vorkämpfer für den Frieden bleibe. In Wahrheit dürfte Graf Lambsdorff aber nach Paris gekommen sein, um die freundschaftlichen Anbändeleien des französ. Bundes- genossen nach der englischen und italienischen Seite in Schranken zu halten. Uebrigens hat sich gerade zur Zeit des Lambsdorff'schen Besuches in Paris eine neue französisch - englische Freundschaftsdemonstration vollzogen. Es sind 200 Vertreter der englischen Handelswelt in der französischen Hauptstadt eingetroffen, wo ihnen zu Ehren ein Bankett vom republikanischen Handelskomilee veranstaltet wurde Hierbei war Ministerpräsident Combes mit anwesend, er dankte den englischen Gästen für die Unterstützung, die sie in ihrer Heimat der französischen Republik angedeihen ließen.
Chamberlains Liverpooler Rede findet begeisterten Beifall bei „Times", „Morning Post", „Daily Post", „Daily Telegraph" und „Daily Mail". Die liberalen Preßorgane unterziehen sie dagegen einer vernichtenden Kritik. „Daily News" bezeichnet Chamberlains Behauptungen durchgängig als unwahr und quacksalberisch. „Standard" wendet sich hauptsächlich gegen Chamberlains Versicherung, daß die Lebensmittel nicht verteuert werden würden. Chamber- lain verspreche jedermann mehr Arbeit; das klinge wunderbar, aber man wisse noch nicht, wie es bewerkstelligt werden solle. Durch glänzende Beredsamkeit und sprühenden Witz allein könne das Problem nicht gelöst werden.
Gegen den verdienstvollen greisen Präsidenten von Mexiko, Porfirio Diaz, feuerte einer der unlängst aus dem Gefängnisse entlassenen Verbrecher fünf Revolverschüsse ab, doch blieb der Präsident unverletzt.
Köln a. Rh., 30. Okt. Zur Lage der Schifffahrtsgesellschaften wird der „Köln. Ztg." geschrieben: In Hamburger Schifffahrtskreisen ist in letzter Zeit die Entwicklung der größeren Dampfschiffahrtsgesellschaften recht befriedigend erachtet worden, zum mindesten, wenn man sie mit den vorhergegangenen mageren Jahren vergleicht. Der im August ver- öffentlichte Halbjahrabschluß des Nordd. Lloyd hatte ebenfalls eine erhebliche Besserung für das erste Halbjahr nachgewiesen, die inzwischen noch weitere Fortschritte gemacht hat, da, wie wir erfahren, die Überschüsse des Nordd. Lloyd in den ersten neun Monaten des Jahres in Vergleich zu denen des Vorjahrs sich um 6 Mill. ^ erhöht haben.
Köln, 28. Oklbr. In der verflossenen Nacht brach Großeuer in der Gießerei-Maschinenfabrik von Eulenberg, Mänting u. Co. in Mülheim a. Rhein aus. Die gesamte Fabrik wurde eingeäschert. Zahlreiche wertvolle Modelle sind ein Raub der Flammen geworden. Das Karlswerk Guilleaume war stark gefährdet.
Wie aus Osnabrück berichtet wird, finden in der Bentheimer Gegend Nachforschungen nach Erdöl
statt. Es liegen sichere Anzeichen vor, daß dort ein großes Erdöllager vorhanden ist.
Baden-Baden, 29. Oktbr. Herr Redakteur Hermann Weber feierte vor wenigen Tagen sein 25 jähriges Jubiläum als Stadtrat. Er bekleidete mehrere Jahre hindurch auch das Amt eines Kurdirektors mit vieler Sachkenntnis und Umsicht.
Trier, 29. Oktbr. Der Handel in Most wird an der Saar lebhafter. Verkauft wurden dort bis jetzt 100 Fuder Most zu 475—600 ^ Auch an der Obermosel fanden schon bedeutende Mostverkäufe statt. Hier wird für das Fuder durchschnittlich 200 ^ bezahlt; doch ist man gerade in diesem Jahre zurückhaltender als früher, da bei dem geringen Mostgewicht von 50—60 Grad Oechsle die Händler erst kaufen wollen, wenn der Wein klar geworden ist. Während die Lese an der Untermosel in den ersten Tagen dieser Woche schon beendet ist, tritt man in dieser Woche an der Mittelmosel erst in die Hauptlese. Das Traubengeschäft an der Untermosel ist recht lebhaft zu Preisen zwischen 10 und 15 für den Zentner. Für geringe und mittlere Lagen wird der Zentner jedoch schon zu 10,50—11,50 ^ abgegeben.
Geradezu revolutionäre Zustände sind in der nordspanischen Hafenstadt Bilbao durch den dortigen Generalstreik hervorgerufen worden. Täglich kommt es in den Straßen Bilbaos zu förmlichen Gefechten der Streikenden mit Militär und Gendarmerie, es mußte denn auch der Belagerungszustand über die Stadt verhängt werden. In beiden Häusern des spanischen Parlaments wurden regierungsseitig Erklärungen über die Lage in Bilbao abgegeben, wonach die Regierung entschlossen ist, die strengsten Maßnahmen zur Wiederherstellung der Ordnung zu ergreifen.
Madrid, 30. Okt. Einem aus Bilbao eingegangenen amtlichen Telegramm zufolge hält man dort die Regelung der Dinge für schwierig. Der Ministerrat beschloß, drei Kanonenboote dorthin abzusenden.
Paris, 30. Okt. Der ehemalige Bankbeamte Kurt Groß, der wegen Veruntreuung von 24000 von einem Berliner Hause verfolgt wurde, ist hier auf Ersuchen der deutschen Behörde verhaftet worden.
Württemberg.
Stuttgart, 29. Okt. Anfangs November tritt die Kommission der Kammer der Abgeordneten zur Beratung der Gemeinde- und Bezirksverwaltungsreform zusammen, damit die Kammer, deren Einberufung nicht vor Anfang Dezember zu erwarten sein dürfte, gleich einen ausgiebigen Beratungsstoff habe. Ob dem Landtag in der nächsten Tagung schon auch eine Gesetzesvorlage betr. den Wiederaufbau des Hoftheaters zugeheu wird, erscheint einigermaßen zweifelhaft, nachdem gegen eine solche Vorlage angesichts des gegenwärtigen Zustandes der Finanzen unseres Landes schwere Bedenken geltend gemacht worden sind.
Stuttgart, 29. Oktober. Der Gemeinderat bewilligte für die Hochwassergeschädigten in Posen und Schlesien einen Beitrag von 2000 ^
Tübingen, 27. Okt. (Strafkammer.) Unvorsichtigkeit eines Dienstmädchens hatte zur Folge, daß in der Nacht vom 18.—19. August ds. Js. in dem Wohnhaus des Kronenwirts Mast in Zavel- stein OA. Calw ein Brand ausbrach, der in kürzester Zeit das ganze Gebäude einäschertc, wodurch ein Schaden von über 8000 ^ entstand. Die 16jährige Christiane Gengenbach von Gültlingen OA. Nagold stand bei Mast in Dienst. Am 18. August legte sich das Mädchen schlaftrunken zu Bette und brannte zum Ueberfluß eine frisch gefüllte Erdöllampe, die sie dicht neben ihrem Bette stehen hatte. Infolge einer Bewegung im Schlaf warf sie die Lampe auf den Boden, das Oel floß aus und rasch ergriff der dürre tannene Boden Feuer, er war auch bald