Erscheint

Montag, Mittwoch, Freitag u. Samstag.

Arcis Vierteljahr!,:

inNeuenbürg^l.20. vurch d. Post bezogen: im Drts- u. Nachbar­orts-Verkehr 1.15; im sonstigen inländ. Verkehr 1.25; hiezu je 20 Bestellgeld.

Abonnements nehmen alle Postanstalten u. Postboten jederzeit entgegen.

Der «nztälsr.

Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.

Amtsblatt kür Sen Vberamtsbezirk Neuenbürg.

Anzeigenpreis:

die 5 gespaltene Zeile od. deren Raum 10 beiAuskunsterteilung durch die Lrped. 12 Reklamen die Sgesx. Zeile 25

Bei öfterer Insertion entsxrech. Rabatt.

Fernsprecher Nr. 4.

^ 170.

Neuenbürg, Freitag den 30. Oktober 1903.

61. Jahrgang.

Rundschau.

In warmen Worten hat Kaiser Wilhelm bei den Küstriner D-enkmalsfestlichkeiten das Gedenken seiner berühmten Vorfahren, des Großen Kurfürsten und Friedrichs des Großen gefeiert, und an deren unauslöschlichen Verdienste um Preußen in schwerer Zeit erinnert. Im weiteren charakterisierte dann der kaiserliche Redner, hinweisend auf das persönliche Beispiel Friedrichs des Großen, die Disziplin in jeder Beziehung als dasjenige Moment, durch welches Preußen mit groß geworden sei und seine historische Mission in Deutschland erfüllen habe können. Mit der ernsten Mahnung an die Märker und speziell an die Küstriner, ihre bewährte Disziplin und zugleich ihren Patriotismus zum Vorbild für das gesamte übrige Vaterland immerdar hochzuhalten, schloß der Kaiser seine Rede.

Der Kaiser vollzog am Mittwoch die Ernenn­ung des Regierungspräsidenten in Potsdam von Moltke zum Oberpräsidenten der Provinz Ostpreußen.

Das französische Ministerium Comb es hat in voriger Woche seitens der wiederzusammengetretenen Deputiertenkammer mit 329 gegen 227 Stimmen ein Vertrauensvotum für seine innere Politik gegenüber den Klöstern und Ordenskongregationen erhalten. Das Ministerium kann aber dieses Vertrauensvotums nicht froh werden, weil die Schwierigkeiten der aus­wärtigen Politik dadurch keineswegs gemildert werden. Der russische Minister des Auswärtigen, Graf Lamsdorff, ist nämlich am Mittwoch nach Paris ge­kommen und gedenkt den ganzen Rest der Woche dort zu bleiben. Er soll ein Handschreiben des Zaren an den Präsidenten Loubet mitgebracht haben, und um was es sich bei diesen diplomatischen Verhandlungen dreht, ist unschwer zu erraten. Den Russen kann es unmöglich gefallen, daß Frankreich mit Rußlands Todfeinden, den Engländern, liebäugelt und da der Ausbruch eines Krieges zwischen Rußland und Eng­land wegen der mandschurischen Frage nahezu sicher ist, so muß Rußland jetzt wissen, ob es auf seinen französischen Verbündeten rechnen kann oder nicht. Hierüber will sich Graf Lamsdorff unbedingt Sicher­heit verschaffen und wenn die Franzosen etwa gewillt sein sollten, den Zweibund nicht aufrecht zu erhalten, so wird Rußland Mittel und Wege zu seinem An­schluß an den Dreibund finden. Auch die Eng­länder machen sich offenbar auf einen Krieg mit Rußland gefaßt. Sonst wäre es einfach unverständlich, daß in dem Streit um die Grenze von Alaska zwi­schen Nordamerika einerseits und Kanada mit Eng­land andererseits der Vertreter Englands gegen Kanada gestimmt und den Amerikanern wesentliche Vorteile zu Ungunsten von Nordamerika Kanada gewährt hatte. Ueber dieses Verhalten Englands herrscht in Kanada große und nachhaltige Erbitterung, und es herrscht daselbst nur eine Stimme, daß auf England kein Verlaß sei, weil dieses immer Reichs- Politik treibe und seine Kolonien aufs schwerste schädige. Unter solchen Umständen werden die Eng­länder die imperialistischen Gedanken Joe Chamber- lains, der die Kolonien fest an das Mutterland an­schließen will, auf lange Zeit hinaus nicht zur Ver­wirklichung bringen können.

Paris, 29. Okt. DemEclair" wird von seinem Spezialberichterstatter in Tanger telegraphiert, daß der Thronanforderer Bu Hamara auf der ganzen Linie siegreich sei und den Norden Marokkos in seiner Gewalt habe. Er bestätigt ferner, daß der Sultan von Marokko nach Fes zurückgekehrt sei und sich dort eingeschlossen habe. Die Bevölkerung zwischen Tetuan und Tanger befinde sich in vollem Aufstande.

In der Schweiz haben am Sonntag wieder einmal mehrere Volksabstimmungen stattgefunden. Zunächst wurde über das Verfassungsrevisions­begehren von 57 000 Bürgern abgestimmt, wonach

künftig die Ausländer bei der Bestimmung des Ver­hältnisses der Vertretung der Kantone im Nationalrat nicht mehr in Betracht kommen sollen. Das Ver­langen wurde indessen bei der Volksabstimmung mit großer Mehrheit abgewiesen. Dasselbe Schicksal fand das Bundesgesetz, betr. die Ergänzung des militärischen Bundesstrafrechtes. Gleichfalls verworfen in der Volksabstimmung endlich wurde der Antrag der Bundesversammlung, es solle den Kantonen das Recht zu einer weiteren Beschränkung des Kleinhandels mit Branntwein zugestanden werden.

Berlin, 28. Okt. Der im Rathaus tagenden zweiten internationalen Konferenz zur internationalen Bekämpfung des Mädchenhandels ist auf das heute vormittag an den Kaiser gesandte Telegramm fol­gende Antwort zugegangen: Seine Majestät der König läßt allen Mitgliedern der internationalen Konferenz für den freundlichen Gruß bestens danken und den Beratungen der Konferenz, deren bedeut­ungsvolle Arbeit Seine Majestät mit besonderem Interesse und lebhafter Befriedigung begleitet, segens­reichen Erfolg wünschen."

Berlin, 28. Okt. Der elekrische Schnellbahn- wagen, der Allgemeinen Elcktrizitätsgesellschast erreichte heute morgen auf der Versuchsstrecke Berlin-Zossen eine Geschwindigkeit von 210 Kilometern die Stunde, die höchste bisher erreichte.

Karlsruhe, 28. Okt. Eine heute dahier statt­gehabte Versammlung, die von über 300 Wirten aus ganz Baden besucht war, nahm Stellung gegen den preußischen Gesetzentwurf, betr. die Bekämpfung des übertriebenen Alkoholgenusscs. Es gelangte eine Petition an die badische Regierung zur Annahme, in welcher dieselbe ersucht wird, gegen einzelne Para­graphen zu stimmen, die das Halten von weiblichem Arbeits- und Hilfspersonal unter gewissen Umständen untersagen und das Verbot des Borgens an Gäste enthalten.

Die Rheinische Gasmotoren-Aktien-Gesellschaft Benz u. Komp, in Mannheim kann auf das vergangene Geschäftsjahr keine Dividende verteilen, trotzdem der Umsatz von 2 702 228 ^ auf 3121982 Mark gestiegen ist. Die Preise waren zu gedrückt. Es liegen noch für mehrere Monate Aufträge vor, doch sind auch diese zu wenig günstigen Preisen angenommen worden.

Breiten, 28 Okt. Das aus Anlaß der Ein­weihung des Melavchthon-Hauses am Dienstag erst­mals zur Aufführung gelangte Thoma'sche -,,Me- lanchthon-Festspiel" verfehlte nicht, auch am Mitt­woch bei dessen Wiederholung eine große Zugkraft auszuüben, so daß die Darstellung wieder vor bei­nahe ausverkauftem Hause vor sich ging. Eine große Anzahl Besucher war diesmal aus der Resi­denz eingetroffen und herrschte über die Darbietung nur eine Stimme des Lobes. Sämtliche Akte wurden von den Darstellern sehr gut wieder gegeben und die Wirkung einzelner Szenen war geradezu er­greifend. Erhebend war es, als die hundertköpfige Zuschauermenge am Schluffe des vierten Aktes in das Lutherlied einstimmte und dasselbe stehend mit­sang. Prächtig wirken die von Hrn. Kunstmaler Schön aus Stuttgart eigens dazu gemalten Kou- liffen, wie auch die schönen Kostüme aus dem Atelier der Firma Diringer in München. Die Gesänge werden durch hiesige Musikliebhaber begleitet, wie auch die Pausen durch tadellosen Vortrag passender Stücke angenehm ausgefüllt. Bei der nächsten Sonntag nachmittag 4 Uhr stattfindenden Vorstellung werden auch Stehplätze ü 50 ausgegeben. Allen Freunden der Sache sei der Besuch bestens em­pfohlen, umsomehr, als der Reinertrag der Kaffe des Melanchthonhauses zur Deckung der Bauschuld zufließt.

London, 27. Okt. Ein Telegramm aus Kapstadt bringt auszugsweise einen Artikel derSouth African New", welcher ebenso großes Aufsehen erregen wird, wie seiner Zeit die Enthüllungen aus den Konzen­

trationslagern. Es heißt darin, das Burenvolk in beiden Kolonien sei dem Hungertode nahe. Familien, die früher wohlhabend waren, leben jetzt von Almosen. Die Mehrzahl der Buren hat keine Häuser, viele sind gezwungen, Pferde und Maulesel zu schlachten. Krankheiten fordern große Opfer. Anstatt Hilfe zu bringen, veröffentlicht die Regierung falsche Berichte, worin versichert wird, daß die Bevölkerung sich Wohl befinde, loyal verhalte und die Lage eine befriedigende sei.

Im Innern Englands sind durch die in den letzten Tagen niedergegangenen außergewöhnlich hef­tigen Regenfälle, die erst am 28 morgens aufhörten, Hunderte von Quadratmeilen unter Wasser gesetzt. Massen von Getreide liegen auf den Feldern. Die Landwirte sind schwer geschädigt. Die Hauptflüsse traten über die Ufer und verursachten gewaltigen Schaden. Die mittleren und nördlichen Grafschaften haben ganz besonderen Schaden erlitten.

Madrid, 29. Okt. Nach den letzten amtlichen Nachrichten über die Vorgänge in Bilbao begingen die Ausständigen gestern vormitttag Gewalttätigkeiten in den Markthallen, Bäckereien und Kaufläden und errichteten Barrikaden aus einer Brücke. Letztere wurde vom Militär genommen, worauf sich die Aus­ständigen nach allen Richtungen zerstreuten. Die Zahl der Toten vom gestrigen Tage betrug fünf, nach den Angaben der Militärbehörde sieben. General Zazino ist heute mit einem Regiment Infanterie, zwei Schwadronen Kavallerie und einer Batterie Artillerie hier eingetroffen.

New-Uork, 29. Okt. Bei Dean, im Staate Iowa, ereignete sich ein Eisenbahnunfall, bei dem der Oberst von der Heilsarmee, Holland, getötet, und ferner außer der Frau Booth von der Heilsarmee, die bereits ihren Verletzungen erlegen ist, noch 16 Personen verletzt wurden, darunter 2 lebensgefährlich.

Württemberg.

Die Ersatzwahl eines Abgeordneten für den Be­zirk Waldsee findet am 20. November statt. An der Wahl des vom Zentrum aufgestellten Kandidaten, des Pfarrers Keilbach in Ellwangen OA. Leutkirch ist kaum zu zweifeln, weshalb man bis jetzt auch nichts von einer Gegenkandidatur hört.

Eßlingen, 28. Okt. Der König hat die Widmung der in nächster Zeit erscheinenden Gedicht­sammlung des Fabrikarbeiters Karl Weiland entgegen­genommen und diesem für die betätigte Aufmerksamkeit den freundlichsten Dank aussprechen lassen. Gleich­zeitig ließ Seine Majestät als Beitrag zu den Kosten der Drucklegung des Merkchens den ansehnlichen Betrag von 50 überweisen.

Stuttgart, 25. Okt. Eine oft streitige Frage über die Pflicht zur Verwahrung öffentlicher Wege durch Anbringung von Sicherheitsschranken ist nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart dahin zu beantworten, daß eine Verwahrung anzu­bringen ist, sofern unter normalen Verhältnissen nach dem regelmäßigen Gang der Dinge aus dem Un­verwahrtsein eine Gefahr für andere entstehen kann.

Roigheim, 25. Okt. Die Wahl eines Orts­vorstehers hat uns, als neuen Ortsvorsteher den bisherigen Oberamtssekretär Reichert in Neuenbürg, einen hiesigen Bürgerssohn gebracht. Allem nach kann man sich über diese Wahl nur freuen und hoffen, daß der gedeihliche Fortgang, den Roigheim in der dreizehnjährigen Amtsführung seines bisherigen Schultheißen Wöhrle, nunmehrigen Stadtpflegers von Schorndorf, dank dem Fleiß, der Treue und Gewissen­haftigkeit desselben genommen hat, wofür ihm auch der Dank der Gemeinde nicht fehlt, nicht stillstehen wird, sondern daß auch fernerhin, wie bisher, das Wohl und die Interessen der Gemeinde aufs beste vertreten werden.

Heilbronn, 28. Okt Gestern abend gegen 8 Uhr kam auf der Straße Heilbronn. Weinsberg in der Nähe: vonGutentrunk" der 27 Jahre alte Fuhrmann Müller von hier mit einem schwer beladenen