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Tagesnemgkeiten.
Q Calw, 26. Okt. Auf Einladung des Hrn. Stadtschultheiß Hauser in Herrenberg hatten sich heute dort Interessenten aus verschiedenen Gemeinden des Herrenberger, Nagolder und Calwer Bezirks zur Besprechung der Eisenbahnfrage Herren berg-Nagoldthal zusammengcfun- den. Herrn Stadtschultheiß Hauser ist es geglückt, in Hrn. Reg.-Baumeister Wallersteiner aus Nürnberg einen von allen zuständigen Seiten auf's Beste empfohlenen Techniker zu gewinnen, welcher in klarster Weise die Möglichkeiten einer Bahnführung von Herrenberg nach Wildberg, Calw oder Althengstett darlegte. Die Versammlung war darüber einig, daß heute noch nicht die Entscheidung für und gegen die eine oder andere Führung fallen könne, beschloß vielmehr, es solle zunächst die Zustimmung der beteiligten Gemeindevertretungen dazu herbeigeführt werden, daß Hr. Reg.-Baumeister Wallersteiner mit der Vornahme von Voruntersuchungen und Ausarbeitung von bloßen Skizzen über die verschiedenen Möglichkeiten der Weiterführung der Bahn Tübingen-Herrenberg zur Nagoldbahn überhaupt beauftragt und daß die hiedurch entstehenden Kosten von sämtlichen beteiligten Gemeinden gemeinsam getragen werden sollen. Im Lauf des Winters würde dann eine große Versammlung zur Besprechung der verschiedenen Projekte stattfinden können.
Altensteig, 24. Okt. Vorgestern hatte Kameralverwalter Schmidt und Oberförster Pfister hier das seltene Glück, im hies. Stadtwald Enzwald je einen starken Hirsch zu erlegen. (N. Ges.)
Stuttgart, 23. Okt. Seit einigen Tagen, so schreibt man dem Schw. B. von hier, ist der Inhaber eines hiesigen Bank- und Kommissions-
SvTHtWMMch« WsittteurenKpreie in der Stadt Me. 1.10 H«»r tzMÄM MS. 1 . 15 durch die Dost bezogen im Bezirk; außer 8V. 1. -b.
derselben in der großen Jnfanteriekaserne fand gleichfalls heute statt.
Stuttgart, 25. Okt. Gestern abend hat in Heslach eine Frau nach vorausgegangenem Familienstreit Salzsäure getrunken und mußte ins Karl-Olga-Spital überführt werden. An dem Aufkommen der Frau, die ihrer Entbindung entgegensieht, wird gezweifelt.
Tübingen, 24. Okt. Die Unregelmäßigkeiten in der Gemeindeverwaltung Herrenalb sind mit der Entfernung des Ortsvorstands noch nicht vollständig geahndet. Heute hat sich der Stadtpfleger Gr. der Staatsanwaltschaft selbst gestellt, da er seit mehr als 15 Jahren Veruntreuungen und Bücherfälschungen sich beigehen ließ. Der unterschlagene Betrag, etwa 20,000 kann zum größten Teil durch das Vermögen des Stadtpflegers gedeckt werden. Neben dem Fall Breuninger dürfte auch diese Sache vor dem nächsten Schwurgericht verhandelt werden.
Dornhan, 24. Okt. Zum viertenmal in Jahresfrist schreckte in später Abendstunde die Feuerglocke die Stadt auf. Es brannte das Wohnhaus des Bauern Matthias Haug samt der Scheune, darin die ganze reiche Ernte geborgen war, bis auf den Grund nieder. Der Hausrat und das Vieh konnten gerettet werden. Brandstiftung scheint diesmal zur Beruhigung der Einwohnerschaft ausgeschlossen. Die ausgeschriebene Belohnung von 500 Mark für die Entdeckung des Anstifters der früheren Brände steht immer noch zur Verfügung. Das nahe Nachbarhaus konnte unter großer Anstrengung gerettet werden. Der mit Schindeln verwahrte Hausgiebel hielt wieder am längsten Stand; eine stets sich wiederholende Erfahrung, die endlich dazu
Dienstag, den 28. Oktober 1902.
geschäftes H. von der Bildfläche verschwunden. Durch ihn haben verschiedene hiesige Kunden, die durch seine Vermittlung an der Londoner Börse in Goldshares und amerikanischen Papieren spekulierten, schwere Verluste erlitten. Auch eine hiesige Bank ist in Mitleidenschaft gezogen; dieselbe zahlte dem H. den Gegensatz eines Checks auf London im Betrage von 1500 Pfund Sterling aus, wofür aber, wie sich beim Inkasso herausstellte, keine oder nur teilweise Deckung vorhanden war. Man muß sich wirklich darüber wundern, mit welcher Leichtigkeit sich gewisse Personen in das Vertrauen der Großbanken einzunisten verstehen, während sonst ansässige Geschäftsleute, die durch ihr Geschäft und Vermögen ganz andere Garantien bieten, vielfach vergebens bei den Banken um einen laufenden Kredit von einigen Tausend Mark anklopfen.
Stuttgart, 25. Okt. Heute vormittag fand die Vereidigung der bei den hiesigen Truppen eingestellten Rekruten statt, in der evangelischen Garnisonkirche um 9'/-, in der Eberhardskirche um 10'/» Uhr. Die Eidesabnahme geschah in der evang. Kirche durch den Kommandeur des Infanterieregiments Kaiser Friedrich Nr. 125 Obersten von Monsterberg, in der kath. Kirche durch den Kommandeur des Grenadierregiments Königin Olga Nr. 119 Obersten von Berger. Den Eidesvorhalt verlasen die Regiments-Adjutanten der Regimenter 125 und 119. Die Mannschaften preußischer, elsaßlothringischer und braunschweigischer Staatsangehörigkeit wurden besonders vereidigt. Die Fahnen und Standarten waren zu beiden Seiten des Altars, den Truppen gegenüber aufgestellt. Das Grenadierregiment Königin Olga hatte die Fahnenkompagnie gestellt. — Die Vorbereitung der israelitischen Mannschaften in der Synagoge und die Vereidigung
Ferrtkletiirr, «achdrus vnb°»n.
Waller Larpenter's Nachlaß.
Original-Roman von Jos. Baierlein.
(Schluß.)
Gefolgt von einem Polizeiinspektor und drei Wachtmännsrn betrat der Kapitän des »Cerberus", welcher die Straßentänzerin Stella Maria schützend an der Hand führte, den Bar-room von Farmers Home. Ein rascher Blick überzeugte ihn, daß seine Matrosen stramm auf ihren Posten waren. Dann gab er dem Inspektor einen Wink.
«Im Namen des Gesetzes I" rief dieser mit tönender Stimme. „Patrik Snapper und Ihr, den die als Zeugin mit anwesende Tänzerin Stella Maria als den Akrobaten Tom Graß-green bezeichnet, — seid meine Gefangenen. Ich verhafte Euch wegen Menschenraub und widerrechtlicher Einsperrung zweier Passagiere des deutschen Dampfers „Cerberus"."
«Nicht ich — nicht ich!" schrie der Wirt, der durch den furchtbaren plötzlichen Auftritt Geistesgegenwart und Besinnung vollständig verloren hatte. „Dort, James Player war der falsche Polizeidiener — und — und John Clerk machte den Kutscher-
Er stotterte so sehr vor Angst, daß ihm endlich die Sprache versagte.
«Schurke! Elender, verräterischer Schurke!" zischte der Lord ihm zu.
-Dann hörte man das Klirren zerschmetterten Glases. Der Lord
und sein Bedienter waren durch die geschloffenen Fenster gesprungen, da die Flucht durch die Thüren von den Matrosen verwehrt wurde. Aber ehe noch die Verbrecher das Blut der von den Scheibensplittern gerissenen Wunden aus dem Gesicht zu wischen vermochten, nahmen sie schon zwei andere vor dem Hause aufgestellte Polizisten beim Kragen. Es half ihnen nichts, daß sie sich wie Verzweifelte sträubten und wehrten; — in wenigen Augenblicken steckten ihre Hände in festen, jeden Widerstands spottenden Handschellen.
„Um Gott!" rief Stella Maria, als die gefesselten Uebelthäter von den Polizeidienern in die Gaststube zurückgebracht wurden und ihr Blick auf den Lord fiel. «Das ist der Schauspieler James Förster, der meinen armen Vater verführte und verdarb! Ich erkenne ihn wieder trotz seines ungewohnten Vollbarts, und glaubte schon heute Nacht seine Stimme zu hören, als ich das Gespräch des Wirts mit meinem Meister und den zwei anderen Leuten belauschte.
„So haben wir also Dir diesen sauberen Streich zu verdanken, Du stin- k nde Kröte?" wütete der Lord. „Du hast das schönste Geschäft verdorben, das je von einem scharfen Geist ausgesonnen wurde? Sei verflucht!"
Er hätte sich trotz seiner gebundenen Hände auf die Tänzerin gestürzt, wäre er nicht von den kräftigen Fäusten der Wachtmänner und Matrosen in empfindlichster Weise zurückgehalten worden. —
So verzehrten sich einerseits der Lord und John, andrerseits der Seiltänzer und Pat Snapper in stummer, ohnmächtiger Wut. Die zwei Letzteren setzten ihrer Verhaftung wenigstens ke-nen Widerstand entgegen; sie sahen ein, daß das Spiel für sie verloren war und ließen sich zähneknirschend die Handschellen anlegen.
Bevor der Schenkwirt gefesselt wurde, mußte er noch die Schlüssel zum Gefängnis der Deutschen herausgeben. Die Eingeschlossenen wurden in Freiheit gesetzt und, nachdem sie das den Spitzbuben wieder abgenommene Geld und ihre Dokumente eingehändigt erhalten hatten, im Triumph auf den „Cerberus" zurück- gsbracht. Da begründeter Verdacht vorlag, die Mitglieder der Graßgreen'schen Truppe möchten sich an Stella Maria wegen der an ihren Meister erstatteten Anzeige rächen, nahmen Walter und Julius das zu ihrem Rettungsengel gewordene Mädchen mit aufs Schiff. Sie waren gesonnen, das schöne, gutherzige und dankbare Kind der Misere seiner gegenwärtigen Lebensstellung zu entreißen und — mochte sich die Sache in Betreff Walter Carpenters Nachlaß gestalten, wie immer, — für das bessere Fortkommen ihrer Befreierin nach Kräften zu sorgen.
So war eine von langer Hand vorbereitete, mit grenzenloser verbrecherischer Zähigkeit durchgeführts Jntrigue gescheitert, nachdem sie vollständig gelungen schien.-
Obwohl dem denkenden Leser Ursprung und Zusammenhang der in den vorliegenden Blättern erzählten Ereignisse von selbst klar geworden sind, erübrigen doch noch einige Nachträge aus den Verhandlungen, die bald nach der Verhaftung der Gauner vor dem Geschworenengericht in Adelaide stattfanden. Diese gerichtliche Prozedur zeigte einmal recht deutlich, daß wahre, aufopferungsfähige Freundschaft zwischen Bösen unmöglich ist, und daß der Kitt, welcher sie in guten Tagen an einander bindet, nur aus Selbstsucht und Eigennutz besteht. Denn um die eigene Haut zu salviren, oder wenigstens für sich selbst eine möglichst geringe Strafe herauszuschlagen, ließen Pat Snapper und der Lakai John sich als Kronzeugen der Verhafteten benützen. Der Schenkwirt sagte aus, daß man im Lord und dem Seiltänzer die so lange gesuchten Bankräuber erwischt habe, welche vor mehr als Jahresfrist die Melbourner Merchants Bank um eine bedeutende Summe