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Untersuchung 30 ^ Das Landgericht verurteilte den Naturheilkünstler zur Gefängnisstrafe von sechs Monaten und zur Geldstrafe von40(H

Köln, 23. Okt. Wie die Kölnische Volks­zeitung aus Andernach meldet, ist das Hotel Kaiser Friedrich dortsel bst gestern Abend bis auf die Mauern niedergebrannt. Eine Zeit lang schien auch das gegenüberliegende Postamt gefährdet. ES gelang jedoch der Feuerwehr, das Element auf seinen Herd zu beschränken.

Berlin, 23. Ott. Der Reichs-Anzeiger veröffentlicht eine Bekanntmachung des Reichs­kanzlers vom 18. ds., wonach die 20 Pfennig- Stücke aus Nickel vom 1. Januar 1903 ab nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel gelten. Die­selben werden aber noch bis Ende 1903 bei den Reichs- und Landeskassen in Zahlung genommen.

Berlin, 23. Okt. Reichskanzler Graf Bülow nahm an der heutigen Reichstagssitzung nicht teil, weil er dem Kaiser in Potsdam Vortrag hielt. In Reichstagskreisen nahm man an, daß es sich dabei um eine Besprechung der parlamentar­ischen Situation handle, wie sie durch die bisherigen Abstimmungen des Reichstages über den Zolltarif sich gestaltet hat.

Berlin, 23-Okt. (DeutscherReichstag.) Fortsetzung der zweiten Lesung der Zolltarif- Vorlage, Zollsätze für Gerste und Hafer. Abg. Franken (natl.) erklärt, daß er und seine Freunde alle Minimalzölle in dem Entwurf bewilligten, da­rüber hinaus aber nicht einen Pfennig. Abg. Lucke (Bund der Landwirte) betont, was den Gerstenzoll anlangt, so habe der Niedergang der kleinen Braue­reien nicht den von den Abgeordneten Müller und Rösicke behaupteten Zusammenhang. Nicht durch höheren Gerstenzoll würden die kleinen Brauereien ruiniert, sondern durch die Großbrauereien, welche sich überall bei den Wirten Eingang zu verschaffen wüßten. Das Verhalten der Regierung werde in bäuerlichen Kreisen nicht verstanden. Man begreife nicht, wie die Regierung ihre' der Landwirtschaft gemachten Versprechungen so chjenig einhalte. Das sei der Eindruck, den die Bauern von der Rede des Reichskanzlers hätten. Wenn ^ zur dritten Lesung doch noch komme, so hoffe er, 'daß die Regierung noch nicht das letzte Wort gesprochen habe, sondern doch etwas den Agrariern entgegenkommen werde. (Beifall rechts.) Abg. Echinger (Centr.) empfiehlt namens der bayrischen Bauernvereine den Antrag Heim. Abg. Stolle (Soz.) äußert seine Ueber- zeugung, daß die Vorlage, soweit die Regierung in Betracht komme, zweifellos auch durch finanzielle Beweggründe veranlaßt sei. Die Regierung wolle Geld haben. Es ständen ja auch schon wieder neue Militär- und Flottenausgaben in Aussicht. Von einer wirklichen Not der Landwirtschaft könne keine Rede sein. Redner wendet sich dann gegen eine Erhöhung des Gersten- und Haferzolles und schließt mit den Worten: Hort mit diesem Zolltarif, der die deutschen Arbeitet und Bauern schwer schädigt. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Heim (Centr.) wirft den großen Brauereien vor, mit Vor­liebe ausländische Gerste zu verbrauchen und fügt auf einen Zwischenruf des Abgeordneten Rösicke- Dessau hinzu, was dieser wohl sagen würde, wenn die Biertrinker auch nur ausländisches Bier trinken wollten. (Heiterkeit.) Was die Futtergerste anlange, so seien seine (Redners) Freunde durchaus bereit, sie von den Mindestzöllen auszunehmen. Die Rede des Abgeordneten Müller-Meiningen sei sehr wässerig gewesen. Wenn das Bier erst einmal auch so wässerig sein werde, dann werde auch die ganze Gerstensrage gelöst sein. (Stürmische Heiterkeit.) Abg. S chw artze-München (liberal) verteidigt die Münchener Brauer gegen die Vorwürfe des Bundes der Landwirte und des Centrums. Die ausländische Gerste könne nicht ganz entbehrt werden, zumal sie den Vorzug der Frühreife habe. Könne denn übrigens ein Mensch glauben, die Brauer würden so dumm sein, teuere ausländische Gerste zu beziehen, wenn sie ganz eben so gute im Inlands billiger haben könnten? Bayrischer Ministerialdirektor Geiger erklärt verschiedentliche Aeußerungen des Abgeord­neten Hein für unbegründet. Nunmehr geht ein Schluß-Antrag ein seitens der Abg. Rettich (cons.), von Tiedemann (reichsp.) und Spahn (Ctr.). Abg. Singer (Soz.) beantragt über diesen Antrag namentliche Abstimmung. Der Antrag Singer

wird angenommen. Hierauf wird der Schluß-Antrag zurückgezogen. (Große Heiterkeit links, die sich noch steigert, als Singer erklärt, daß er die Zurückziehung des Schluß-Antrages für unzulässig halte). Vice- prästdent Graf Stolberg pflichtet dieser Auffassung bei. Es muß also über den Schluß-Antrag nament­lich abgestimmt werden. Die Abstimmung ergiebt Annahme des Antrages mit 209 gegen 104 Stim­men. 2 Abgeordnete enthalten sich der Abstimmung. Hierauf wird über den Mindestsatz für Gerste und zwar über Antrag Heim, der auf 6 lautet ab­gestimmt. Der Antrag Heim wird mit 242 gegen 83 Stimmen abgelehnt. Der von der Kommission beantragte Mindestzoll auf Gerste 5'/- wird mit 183 gegen 133 Stimmen angenommen und in einfacher Abstimmung der Gerstenzollsatz im auto­nomen Tarif auf 7 -A. festgesetzt. Zum Mindestzoll­satz sür Hafer hat der Abg. Heim seinen Antrag zurückgezogen. Die namentliche Abstimmung für den Kommissions-Antrag 5'/- ergiebt Annahme desselben mit 180 gegen 139 Stimmen. Endlich wird noch der Hafcrzollsatz im autonomen Tarif dem Kommissions-Anträge gemäß auf 7 fest­gesetzt. Morgen 1 Uhr Fortsetzung der heutigen Beratung. Schluß 6 Uhr.

Berlin, 23. Okt. Nach einem Telegramm dcs Berliner Tageblattes aus New York sind am Brodway bei einem Hausein stürz 15 Per­sonen verunglückt.

Berlin, 23. Okt. Veruntreuungen in Höhe von circa einer halben Million Mark sind in dem Kaufhause N. Israel entdeckt worden. Die­selben sind von 2 Brüder Besas begangen worden. Der eine der Brüder war Buchhalter in der Kon­trolle und verstand eS durch Fälschung der Ver­kaufszettel in seine Tasche zu wirtschaften, während der Aeltere, der als Kassier fungierte, seinem Bruder behilflich war, die Unterschlagungen zu verdecken. Als vor 8 Tagen Verdacht rege wurde, verschärfte man die Kontrolle wobei die Veruntreuungen ent­deckt und die Schuldigen entlassen wurden. Eine Anzeige wurde bis jetzt nicht erstattet. Die Unter­schlagungen der beiden Brüder, die 54 und 62 Jahre alt sind, sollen ror mehr als 15 Jahren ihren Anfang genommen haben.

Rom, 23. Okt. Heute Vormittag 9 Uhr 51 Min. wurde hier ein heftiges Erdbeben verspürt.

Rom, 23. Okt. Eine große Strecke der aurelianischen Mauer zwischen der Via Us- colina und der Via Appia ist während eines heftigen Gewitters eingestürzt. Die Umwallungsstraße wurde verschüttet. Wachtsoldaten versichern, daß die Straße im Augenblick des Einsturzes menschenleer war. Nur ein Zollbeamter erlitt leichte Hautab­schürfungen.

Konstantinopel, 23. Okt. Der russi­sche Botschafter Sinowjew wurde vor seiner Abreise nach Livadia gestern vom Sultan in Au­dienz empfangen, bei welcher Gelegenheit der Sultan dem Botschafter mittcilte, daß die Säuber­ung Macedoniens von den aufrührerischen Banden und die Beruhigung des Landes gesichert sei. Gleich­zeitig ließ der Sultan dem Zaren Grüße und die Versicherung unwandelbaurer Freundschaft übermit­teln. Die türkische Mission wird Anfang nächster Woche sich nach Livadia begeben, um dem Zaren ein eigenes Handschreiben des Sultans sowie die üblichen Geschenke zu überbringen.

Vermischtes.

Ein unschuldig Verurteilter. In Zürich wurde nach zwanzig Jahren, so meldet die T. R.", ein aus Südamerika zurückgekehrter Zü­richer Namens Heusser unter dringendem Verdachte der Thäterschaft eines im Februar 1882 begangenen Doppelraubmordes an den Eheleuten Schult- heß in Küßnacht verhaftet. Wegen dieses Mordes ward seinerzeit vom Schwurgerichte Ulm ein Deut- cher zum Tode verurteilt.

Lord Kitchener und das Monocle. Wir lesen imFigaro": Es ist bekannt, daß der Sieger von Khartum seinerzeit bei einem Artillerie­manöver das Opfer einer Minenexplosion wurde und dabei ein Auge verlor. Dieser Umstand sollte ihm eigentlich für die Anwendung des Monocles Nachsicht einflößen, aber er kann die Offiziere nicht leiden, die ein Stück Glas in's Auge klemmen. Während deS Tranvaalkrieges verbot er den Offi­

zieren geradezu den Gebrauch dieser Zierde. Ein einziger Offizier kehrte sich nicht an das Verbot, Lord Kitchener berief ihn zu sich.Sie sehen schlecht, Herr Major, wie es scheint?"Sehr schlecht!"Sie können also ohne diese Ma­schine da nicht sehen?"Ich kann ohne sie nicht sehen, Mylord!"Schade, denn ich kann in meinem Generalstab nur Offiziere brauchen, die gut sehen. Ich bin genötigt, Sie zurückzusenden, auf die Verbindungslinie." Und der Major mußte wirklich zurück. Und drei Monate später überfielen die Buren den rückwärtigen Flügel der englischen Armee, nahmen Soldaten und Offiziere gefangen, entkleideten sie völlig und ließen sie dann frei. Nur Major X blieb nicht völlig unbekleidet er behielt sein Monocle. Der Vorfall wurde selbst in London viel belacht, wo sein Opfer sich besondere Aufmerksamkeit erfreute.

Marktberichte.

Stuttgart, 22. Okt. (Mostobstmarkt.) Auf dem Nordbahnhof Stuttgart standen heute 132 Waggons. Hiervon waren 90 Waggons neu zugeführt, welche in der Hauptsache zu folgenden Preisen per 10,000 Kilogramm verkauft wurden und im übrigen den angeführten Preiswert besaßen: 4 Waggons aus Preußen zu 1000 bis 1040 ^., 9 Waggons aus Oesterreich zu 1000 bis 1060 59 Waggons aus der Schweiz zu 950

bis 970 18 Waggons aus Italien zu 920

bis 980 zusammen 90 Waggonladungen zu ca. 10,000 Kilogramm Mostäpfel. Kleinverkauf 4 80 A bis 5 50 per Zentner. Nach

auswärts wurden heute 32 Waggons versandt.

Weilderstadt, 20. Okt. Der Kirchweih- markt war mit 600 Stück Vieh befahren. Zuerst wurde flott gehandelt, dann aber wichen die Preise. Gesucht wurden Mastochsen, Milchkühe und Einstell­vieh. Der Schwcinemarkt war mit 270 Körben Milchschweinen und Läufern, ca. 1500 Stück, be­fahren. Für das Paar wurde 2038 bezahlt, Läufer galten 5090 Dieser Tage wurden

noch mehrere Partien Hopfen bis 115 und Leih­kauf verkauft. Der größte Teil war aber zu 70 bis 80 ^ abgesetzt worden. Auch dieses Jahr hatten wir wieder ein schönes Produkt, das allgemein gefiel.

Herbstnachrichten.

Rohracker. Lese vom Frühgewächs be­gonnen. Einige Käufe zu 120 ^.. Käufer werden eingeladen.

Mühlh ause n a. E. Die allgemeine Wein­lese ist der günstigen Witterung wegen auf Montag, den 27. d. M. verschoben worden. Bei dem schönen Stand der Weinberge und da die Trauben voll­ständig gesund sind, ist hier ein gutes Erzeugnis zu erwarten, jedenfalls wird die Qualität der Weine der vorjährigen nicht nachstehen.

Besigheim, 22. Okt. Die Weinlese der Weinbaugenossenschaft beginnt morgen. Da die Trauben völlig ausgereift und gänzlich gesund sind, so ist bei der sorgfältigen Auslese ein recht gutes Erträgnis zu erwarten.

Gemmrigheim, 22. Okt. Die Weinlese hat sich infolge schlechter Witterung etwas verzögert und geht erst Donnerstag zu Ende. Qualität besser als in den letzten Jahren. Preise zu 142 und 155 pro 3 Hekt.

WmilWftl. Smsiimmi«, Mi».

Den verehrt. Mitgliedern des Vereins teilen wir hiedurch mit, daß in den nächsten Tagen Malz­keime eintreffen.

Ferner ist Thomasmehl, Knochenmehl, Kainit auf Lager.

Der Vorstand:

Fr. Gärtner.

Gottesdienste

am 22. Sonntag nach Hrtnltatis, 26. Oktober.

Vom Turm: 230. Predigtlied: 401. 9'/- Uhr: Vormitt.-Predigt, Herr Dekan Wurm. 1 Uhr: Christen­lehre mit den Söhnen. 5 Uhr: Bibelstunde im Vereinshaus, Hr. Stadtpfarrer Schmid.

Aeieriag Simon «nd Andä, 28. Oktober.

9'/- Uhr: Predigt im Vereinshaus, Hr. Stadt­pfarrer Schmid.

Donnerstag, 30. Oktober.

Abends 8 Uhr - Bibelstunde von Hrn. Dekan Ro o S.

Areitag, 31. Oktober.

10 Uhr: Vorbereitungs-Predigt und Beichte im Vereinshaus, Hr. Stadtpfarrer Schmid.