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77. Jahrgang
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Samstag, den 25. Oktober 1902.
Vierteljährlicher Lbom»tment«prelr in der Stadt Mk. 1.10 tu» Haus gebracht, Mk. 1. 1ö durch die Bost bezogen im Bezirk; außer Bezirk Mk. 1. 9b.
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Sagesriemgkeiten.
** Calw. Letzten Mittwoch fand hier im Vereinshause unter dem Vorsitz von Hrn. Bezirksschulinspektor Stadtpfarrer Schmid die Bezirksschulversammlung statt, zu der sich sämtliche Lehrer des Bezirks und viele Geistliche einfanden. Zum Anfang der Verhandlungen wurde vom Hrn. Vorsitzenden der neuen Volksschulgesetzesvorlage gedacht. Sie wird bei aller diplomatischen Fassung der Volksschule doch manches Gute bringen (Verminderung der Schülerzahl und Bezirksaufstcht im Hauptamt). Die obligatorische Einführung des Zeichnens wird von den meisten Lehrern des Bezirks gewünscht. Dem Rechenschaftsbericht ist zu entnehmen, daß zur Zeit im Bezirkt 59 ständige und 11 unständige Lehrstellen sind, bei einer Schülerzahl von 4140. Durchschnittlich kommen auf einen Lehrer 59 Schüler, lieber 100 Schüler zählt die Oberklasse in Altburg (113), 91—100 Schüler zählen
4 Klassen, 81—90 Schüler 7 Kl., 71—80 Schüler
5 Kl., 61—70 Schüler 12 Kl. Abteilungsunterricht wird in 35 Klassen erteilt. Der neue Gesetzes- enlwurf würde für den Bezirk keine bedeutende Veränderung im Lehrpersonal bringen. Visitiert wurden im letzten Frühjahr durch den Hrn. Bezirksschulinspektor 34 Schulklassen. Das Prüfungs- resultat ist ein recht erfreuliches. Unfern vaterländischen Dichter Wilhelm Hauff (geb. am 29. Nov. 1802), feierte Hr. Pfarrer Sch oll von Teinach in einem sehr interessanten Vortrag. Hr. Schullehrer Reiff-Althengstett referierte über die neue Rechtschreibung. An die amtlichen Verhandlungen schloß sich ein gemeinsames Mittageßen im Hotel Waldhorn an.
Teinach. Badbesitzer Brake hatte, wie der Staatsanz. berichtet, gegen die ihm auf Antrag der k. Staatsfinanzverwaltung und auf Grund alter dinglicher Lasten durch einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Calw vom 18. Juli d. I. gemachten Auflagen Widerspruch erhoben. Die Civilkammer des Landgerichts Tübingen hat durch Urteil vom 29. Sept. die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Calw aufrechterhalten, auch den Beklagten zur Zahlung der Kosten verurteilt.
Herrenberg, 23. Okt. In verflossener Nacht brach auf der Bühne des Wirts G. Kugel in Oberjet tingen auf noch unbekannte Weise Feuer aus. Die dem Wohnhaus vorgebaute Bierhalle und die Post mit der Telephoneinrichtung, die Kugel verwaltet, konnte gerettet werden. Auch das Wohnhaus blieb zum größten Teil stehen, während ein Wohnhaus hinter dem Kugel'schen Anwesen niederbrannte. Besonders tragisch gestaltet sich das Unglück angesichts der auf heute anberaumt gewesenen Hochzeit, die der Sohn des Hauses und Inhaber des Kugel'schen Geschäftes feiern wollte.
Glücklicherweise konnte die Aussteuer der Braut gerettet werden. Das Feuer entstand ungefähr um 4 Uhr heute nacht, und es wird seiner Entstehung eine böswillige Absicht zu Grunde gelegt.
Marbach a. N., 22. Okt. Nachdem das im Juli d. I. eingetretene große Fischsterben im Neckar allgemeines Aufsehen erregt hat, dürfte die Mitteilung interessieren, daß gegenwärtig im Auftrag der kgl. Eisenbahnverwaltung eine Kommission das mittlere Neckargebiet bereist, um einerseits den den einzelnen Fischereiberechtigten zugefügten Schaden, und andererseits die zweckmäßigste Art der Wiederbesetzung des Neckars mit geeigneten Fischarten zu ermitteln. Das in den letzten Tagen vorgenommene Probefischen an mehreren Stellen hat ergeben, daß durch den Inhalt des Karbolkesiels der kgl. Schwellenimprägnieranstalt in Zuffenhausen thatsächlich der ganze Fischbestand im Neckar bis Besigheim vernichtet worden ist. Demgemäß müssen im nächsten Frühjahr große Summen zur Erwerbung von Besatzfischen aufgewendet werden; aber auch dadurch läßt sich ein Erfolg nur erwarten, wenn jede Art des Fischfangs in der geschädigten Neckarstrecke während der nächsten 4 Jahre unterbleibt. Auch in den weiteren 4 Jahren kann der Fischereibetrieb in gewohnter Weise noch nicht wieder ausgenommen werden, aber es soll während dieser Periode gestattet werden, wenigstens gewisse Fischarten (z. B. starke Aale) zu fangen. Es ist zu hoffen, daß bei reichlichem Einsatz und nach achtjähriger Schonung der Fischwasserstrecken wieder normale Fangergebnisse erzielt werden können. Dementsprechend muß den Fischereiberechtigten für die ersten 4 Pachtjahre volle und für die folgenden 4 Jahre halbe Entschädigung gewährt werden. Obwohl die Abschätzungskommission für jede einzelne Markung an Ort und Stelle genaue Erhebungen anstellt und den Fischereiberechtigten nur einen kleinen Teil der von ihnen beanspruchten Beträge bewilligt, wird der durch das Auslaufen jenes Kessels in Zuffenhausen angerichtete Schaden doch aus, etwa '/« Million angenommen werden dürfen. Wenn den Fischern auch jetzt der Wert ihrer getöten Fische ersetzt wird, so fehlt ihnen doch auf Jahre hinaus die Gelegenheit zu einem Verdienst und außerdem wird es den meisten Fischern nicht leicht werden, auf eine langjährige und ihnen ans Herz gewachsene Beschäftigung zu verzichten.
(Schw. M.)
Heilbronn, 22. Oktober. Der zu vier Jahren Zuchthaus verurteilte Direktor der Gewerbe - bank, Keese, hat sein Revisionsgesuch zurückgezogen. Er beschränkt sich gleich dem Prokuristen Krug darauf, durch ein Gnadengesuch die Umwandlung der Zuchthausstrafe in Gefängnisstrafe zu erwirken.
Göppingen, 22. Okt. Der langjährige Streit zwischen der hiesigen Mctzgergenossenschaft und der Konsumvereinsmetzgerei ist nun durch ein Urteil des Reichsgerichts zu Gunsten der letzteren entschieden worden. Die erstere wurde dazu verurteilt, ca. 7000 zu viel erhobener Schlachtgebühren wieder herauszubezahlen, wozu noch die nicht unbeträchtlichen Kosten auch der beiden Vorinstanzen kommen. Die Genossenschaft hatte sich
beharrlich der Ausnahme des Konsumvereinsmetzgers widersetzt und als dieselbe gerichtlich erzwungen war, denselben sofort wieder ausgeschlossen und von ihm die doppelten, bezw. vierfachen Schlachtgebühren erhoben, obwohl er durch Ortsstatut gezwungen war das der Genossenschaft gehörige einzige Schlachthaus der Stadt zu benützen.
Reichenbach a. d. Fils, 19. Okt. Forstwart Haupt von Hegenlohe fand letzten Montag im Staatswald bei Thomashardt Rehschlingen, in welchen bereits ein Reh hing. Mit dem Forstwart Wagner von Baltmannsweiler versteckte er sich im Walde in der Nähe des gefangenen Rehs, um abzuwarten, wer dieses abholcn werde. Zwei Tage und zwei Nächte mußten die Wächter ausharren, bis endlich am Mittwoch abend zwei Männer in den Wald kamen, das Reh losmachten nnd es in einem Kartoffelsock verschwinden lassen wollten. Als die Forstwarte auf die Wilderer zueilten, nahmen diese Reißaus. Die Forstwarte verfolgten sie über Stock und Stein 4—5 km weit; in Manolzweiler bei Winterbach konnten die Wilderer dingfest gemacht werden. Es waren der alte Da ferner von Manolzweiler, der wegen eines Raubmords in den 60er Jahren 25 Jahre Zuchthaus abgesesien hat, und sein 19 Jahre alter Neffe. Beide wurden dem Amtsgericht Schorndorf eingeliefert.
Rottweil, 22. Okt. Vergangenen Sonntag vormittag, während des Gottesdienstes, wurde in dem Pfarrhause Altstadt-Rottweil mittels Einbruchs eine Kassette mit Wertpapieren im Betrage von 100,000^. gestohlen. Der vorsichtige Pfarrherr hatte jedoch nur die Mäntel dieser Obligationen in der Kassette verwahrt gehabt, die Couponsbogen aber an anderer Stelle. Der Dieb hat wohl eingesehen, daß diese Papiere für ihn nicht verwertbar seien, denn es wurde die Kassette nebst Inhalt bald in der Nähe wieder gefunden. Wie es scheint, hat man es hier mit einem internationalen Gauner zu thun, da der Dieb Teile einer französischen Zeitung am Thatort zurückließ. Es fielen ihm noch 300 Baargeld, eine goldene Uhr nebst Kette und mehrere Münzen zur Beute. Gleich wie bei den früher vorgekommenen Diebstählen in den Pfarrhäusern zu Zimmern und Laufen verbarg sich der Dieb in einer angebauten Scheune und stahl während des Gottesdienstes.
Vom Oberamt Saulgau, 21. Okt. In Scheer wurden seit 11. Sept. 33 400 Feldmäuse abgeliefert und hiefür von der Sladtpslege 167 ^ bezahlt. In Saulgau sah sich das Stadtschult- heißenamt veranlaßt, bei Beginn der Saatzeit anzuordnen, daß hinter jedem Ackerer resp. Pflug eine eigene Person behufs Tötung der Mäuse zu gehen habe.
Nürnberg, 21. Okt. Kurpfuscherei. Der Naturheilkundige Lorenz Feuerlein spiegelte einem Manne vor, er werde dessen an Lungenschwindsucht erkrankte, inzwischen verstorbene Frau binnen acht Tagen heilen und ließ sich für die Behandlung ein Honorar von 327 bezahlen. Auch dem vollkommen gesunden Ehemann spiegelte Feuerlein vor, er sei erkrankt und forderte für di