Präsident Loubet wird als seine persönlichen Vertreter zwei Offiziere seines militärischen Hofstaats nach Rom senden.
Die Reise des Königs von Italien nach Frankreich ist nunmehr auf den 8. Oktober bestimmt anberaumt worden. Der Aufenthalt des königlichen Gastes bleibt nach wie vor auf drei Tage berechnet. König Viktor Emanuel kehrt von Paris aus nach Rom zurück, um dann im November die Reise nach England anzutreten.
Kaum sind die Erörterungen über die französischenglische Annäherung etwas verstummt, so tritt die Nachricht von einem Abkommen zwischen Spanien und Frankreich über Marokko hervor, das seine Spitze natürlich nur gegen England richten kann. Der spanische Ministerpräsident Silvela erklärte im Parlamente, Spanien habe mit Frankreich ein Bündnis geschlossen, um seine Interessen in Marokko wahr- zunchmen. Deshalb sei der weitere Ausbau der Flotte unerläßlich. Die Erklärung erregte das größte Aufsehen.
London, 22. Juli. (Unterhaus.) Die von Brodrick beantragte Resolution betreffend die Ermächtig, ung der Verausgabung von 5 Millionen Pfund Sterling für militärische Bauten wird mit 118 gegen 68 Stimmen angenommen.
Aus Peking berichtet eine Reuter'sche Depesche vom 19. Juli über die gegenwärtige politische Lage in Ostasieu folgendes: Die hiesigen diplomatischen Kreise sind der Ansicht, daß die Versprechungen Rußlands, die Häfen der Mandschurei zu öffnen, wenig dazu beitragen werden, die Hauptschwierigkeit der Lage abzuschwächen, nämlich die wachsende Ge- fahr eines Krieges zwischen Rußland und Japan. Es werde klar, daß Rußland zum Kampfe mit Japan bereit sein würde, wenn es die Gewißheit hätte, daß keine andere Macht auf Japans Seite treten werde. Die Japaner anderseits glaubten, daß die russische Politik auf den Versuch ausgehe, England und die Vereinigten Staaten günstig zu stimmen und Japan zu reizen, daß es mit Feindseligkeiten beginne. Vermutlich gehört aber auch diese Meldung mit zu den Alarmnachrichten aus Ostasien, mit denen Reuter's Bureau in letzter Zeit schon immer aufgewartet hat.
Neapel, 22. Juli. Es finden fortwährend Ausbrüche des Vesuvs unter dumpfem Brausen statt. Ein Krater hat nach Pompeji hin Lava ausgeworfen. Der Ausbruch erinnert an diejenigen, welche den großen Ausbrüchen von 1878 vorausgingen. Für Neapel besteht keine Gefahr, weil die Lava sich nach der entgegengesetzten Seite ergießt.
Württemberg.
Stuttgart, 23. Juli. Letzten Samstag ist der württ. Landtag vertagt worden. 2 bedeutende Erfolge hat die letzte Tagung zu verzeichnen, nämlich 1) die Durchführung der Staats- und Gemeindesteuerreform (an der elfteren arbeiten Regierung und Landtag nun schon seit vollen 7 Jahren) und 2) die Beseitigung des Defizits, wenigstens auf dem Papier, durch beträchtliche Höherschätzung der Einnahmen einerseits und durch äußerste Sparsamkeit in den Ausgaben andererseits. Was nun die Steuerreform betrifft, so
Ein «Micher GehemMM
3) Original-Erzählung von Walter Hnstow.
- (Nachdruck verboten.)
Die alte Frau hatte die Türe des anstoßenden Bureaus aufgelassen und setzte sich so, daß sie von ihrem Platze aus die Buchhalter und sonstigen An- gestellten, welche darin beschäftigt waren, beobachten konnte. In einem von den andern durch eine Barriere getrennten Raume schrieb an einem eleganten Pult ein Mann von mittleren Jahren.
Während sich die alte Frau über die fingierte Hypothek unterhielt, war sie neben Francis Morton getreten und hatte ihm einen Zettel hingelegt, auf den sie geschrieben hatte: „Wer ist der Mann an dem allein stehenden Pulte?" Der Bankier schrieb als Antwort:
„Mein Kompagnon, Herr Georg Robertson."
* -I-
*
Frau Brown führte die Unterhaltung über Geschäftliches weiter, aber sie betrachtete dabei den ihr als Georg Robertson bezeichneten Herrn besonders genau.
Dem oberflächlichen Beobachter mochte die Physiognomie des jüngeren Chef der Firma als eine alltägliche und harmlose erscheinen; aber die scharfen, hinter der dunklen Brille verborgenen Augen des weiblichen Geheimpolizisten blickten tiefer und ihr sprachen aus den harten Zügen des Mannes List, Habgier und rücksichtslose Grausamkeit. Sie hielt es nicht für unmöglich, daß dieses Gesicht, welches
ist vor allem erreicht, daß die Schuldenzinsen vom reinen Einkommen abgezogen werden dürfen und daß an die Stelle der Ertragssteuern eine Progressive Einkommensteuer tritt, wodurch die Leute mit kleinem Einkommen entlastet, diejenigen mit großen Einkünften aber in durchaus gerechter Weise wesentlich höher belastet werden als bisher. Auch die Gemeinden erhalten wesentlich bessere Einnahmen. Ob sie aber, wie einzelne Parteien gewünscht hätten, auf das Oktroi, d. h. auf die besonderen Abgaben auf Gas, Bier und Fleisch, verzichten können, ist mehr als zweifelhaft. Auch die Wirte, welche von der neuen Steuerreform beträchtliche Mehreinkünfte des Staates erhoffen, welche es dann ermöglichen sollen, das Umgeld (man würde richtiger sagen Ohmgeld) aufzuheben, ist mehr als unwahrscheinlich. Das Ohmgeld beträgtnämlich jährlichnahezu 2'/r Millionen und dessen Aufhebung würde eine bedeutende Lücke in den Staatseinnahmen Hervorrufen, andererseits aber den Wirtshausbesuchern wohl kaum nennenswerte billigere Weinpreise bringen.
Finanzminister v. Zeyer hat für die Durchführung der Steuerreform von dem König den höchsten Orden, nämlich das Großkreuz der württ. Krone erhalten. Diese Auszeichnung war Wohl verdient.
Stuttgart, 23. Juli. Die von dem König dem Bildhauer Federlin in Ulm aufgetragene Büste des früheren Ministerpräsidenten Staatsministers a. D. Dr. Frhrn. v. Mittnacht ist nunmehr in sehr gelungener Weise fertig gestellt und hat, wie der „St.A." mitteilt, zu ehrender öffentlicher Anerkennung der hervorragenden Verdienste des Freiherrn v. Mittnacht um das Land auf allerhöchsten Befehl als Geschenk Seiner Majestät in der König Karl-Halle des Landesgewerbe- museums Aufstellung gefunden.
Cannstatt, 21. Juli. Als Vollzugstermin der Eingemeindung von Wangen und Untertürkheim nach Stuttgart ist der 1. Januar 1904 in Aussicht genommen. Nach dem Inhalt zweier, in der Cann- statter Zeitung mitgeteilten Regierungserlasse besieht die sichere Aussicht, daß Cannstatt gemeinsam mit Wangen und Untertürkheim der Residenz einverleibt wird. Cannstatt soll ein besonderes Grundbuchamt behalten, ebenso Vormundschaftsgericht, Nachlaßgericht und Standesamt. Dekanat und Kameralamt werden auch hier belassen werden. Nachdem also allen früher knndgegebenen Wünschen der Vertreter Cannstatts in weitgehendem Maße entgegengekommen ist, wird amtlich besonders noch betont, „daß keine Gewähr besteht, daß dasselbe Entgegenkommen gegen die Wünsche der Stadt Cannstatt auch später unter etwa veränderten Verhältnissen erreichbar sein wird." Mit der Ausscheidung von Wangen und Untertürkheim wird sich die Amtsversammlung demnächst zu beschäftigen haben. Die Zustimmung wird anstandslos erfolgen. Es steht nun zu hoffen, daß sich die bürgerlichen Kollegien in Bälde einstimmig für die Vereinigung mit Stuttgart erklären.
Cannstatt, 23. Juli. Ein in der Marktstraße auf dem Trottoir stehendes Wägelchen, in welchem ein kleines Kind unbeaufsichtigt saß, geriet durch eine Bewegung des Kindes in Lauf und lief in die Hinterfüße eines vor einem Hause stehenden Pferdes hinein,
sich den Stempel Philisterhaften Tugendftolzes zu geben versuchte, das eines geriebenen Schurken sein konnte.
Die alte Frau schien ihr Geschäft mit Herrn Morton zu einem befriedigten Abschluß gebracht zu haben. Sie erhob sich, um zu gehen. Der Bankier flüsterte ihr zu:
„Haben Sie Hoffnung, in den Besitz der gestohlenen Effekten zu gelangen?"
„Gewiß."
„Sie glauben in der Tat?"
„Ich hoffe es ganz bestimmt."
„Es ist Ihnen mitgeteilt worden, wen wir im Verdacht haben."
.Ja."
Laut sagte Francis Morton:
„Hier, Frau Brown, kommen Sie ebenfalls nach dem Ausgang," und dabei geleitete er sie durch eine andere Tür, als die, durch welche sie gekommen war, in den Korridor, wo er sie in ein kleines, äugen- blicklich leer stehendes Zimmer führte.
„Sie sind der Detektive?" fragte er.
-Ja."
„Entschuldigen Sie — habe ich es mit einem Herrn oder einer Dame zu tun?"
Sie lächelte. „Sehe ich nicht wie eine Frau aus?"
„Gewiß. Aber bei Detektivs kann man nie wissen . . . ."
„Das ist auch in diesem Falle nicht nötig; ich werde Ihnen nur Mitteilen, was zur Sache gehört."
wobei das Kind von den Hinterfüßen des erschreckten Tieres derart getroffen wurde, daß es schwer verletzt vom Platze getragen werden mußte.
Heilbronn, 20. Juli. Wir lesen in der „Mg. Ztg.": Es dürfte wohl selten Vorkommen, daß ein fertiges Denkmal seit sieben Monaten verhüllt dasieht, wie es in der guten Stadt Heilbronn tatsächlich bezüglich des Bismarck-Denkmals der Fall ist. Es fehlt nämlich noch an dem Enthüllungs- und Ausschmückungskostenbeitrag der Stadt, über den sich, wie es scheint, die Stadtväter nicht einigen können. Bereits hat sich die Ansichtspostkarteuindustrie dieses Vorfalls bemächtigt. Es wurden nämlich Karten hergestellt, auf denen das fertige, aber in der Gestalt verhüllte Denkmal zu schauen ist. Darunter steht gedruckt zu lesen: „Das Bismarck-Denkmal in Heilbronn — das irgend einmal enthüllt werden soll."
Heilbronn, 22. Juli. Vergangene Woche wurden auf dem alten Friedhof mehr als 30 Gräber und viele von der Stadtgemeinde zur Verschönerung der Anlage gepflanzte Blumenstöcke und Zierpflanzen ihres Schmuckes durch Abschneiden der schönsten Zweige beraubt, so daß die Stöcke und Sträucher ein trostloses Aussehen gewährten. Der Täter ist in der Person eines hiesigen Gärtners ermittelt und dem Gericht übergeben worden. Gegen 1000 abgeschnittene Zweige wurden bei demselben vorgefunden, von welchen eine große Zahl schon verpflanzt war.
Marbach, 23. Juli. Gestern fand im Rathaussaal die Vorstellung der Bewerber um die hiesige Stadtschultheißenstelle statt. Von den anfänglichen Bewerbern sind 9 zurückgetreten, so .daß nur drei Kandidaten, Stadtschultheiß Härtner in Beilstein, Polizeikommissär Forstner in Cannstatt und der Stadtschultheißenamtsassiistent Zänker hier zur Vorstellung erschienen.
Heidenheim, 22. Juli. Zufolge einer Bekanntmachung der Staatsanwaltschaft Ellwangen sind 300 Mark Belohnung ausgesetzt auf die Ergreifung deS wegen Erschießens des Landjägers Schund von Heidenheim am 19. d. Mts. ausgeschriebenen Emil Fink, geboren in Pforzheim.
Malmsheim, 23. Juli. Ein Handwerksbursche versuchte in einem Hause, in welchem ihm keine Gabe verabreicht worden war, Feuer anzulegen. Es wurde jedoch rechtzeitig entdeckt und großer Schaden dadurch verhütet. Der Täter ist verhaftet.
Bus Staöt» Bezirk unS Umgebung.
Nagold, 22. Juli. Wegen Verdachts, ein Verbrechen gegen § 173 des St.-G.-B. begangen zu haben, wurde vorgestern abend der 61 Jahre alte Kirchenpfleger R. in Emmingen verhaftet und an das Kgl. Amtsgericht Nagold eingeliefert. Gestern früh fand man ihn in seiner Zelle erhängt vor.
Altensteig, 20. Juli. Kommerzienrat Brougier, ein geborener Altensteiger, der seiner Vaterstadt stets ein gutes Andenken bewahrte und den hiesigen Armen schon viele namhafte Unterstützungen zukommen ließ, beabsichtigt, unserer Kirche ein würdiges Kunstwerk zu schenken. In letzter Zeit war Kunstmaler Brou-
„Sie scheinen fest an die Möglichkeit einer Wiedererlangung der gestohlenen Wertobjekte zu glauben?"
„Ziemlich fest!"
„Finden Sie, daß wir richtig gehandelt haben, indem wir den Wertpapieren erst auf die Spur kommen wollen, ehe wir den Verlust nach außen verlauten lassen?"
„Sie taten recht daran."
„Herr Direktor Aoung hat Ihnen Wohl auch gesagt, daß Henry Wilbert schärfer beobachtet werden muß, als dies bisher von andern Detektivs geschehen ist, denn er muß ein ganz abgefeimter Schurke sein, der sein Spiel so gut zu spielen versteht, daß es schwer sein wird, ihm in die Karten zu sehen."
„Sie glauben, daß eine Frau die Mitschuldige oder wenigstens die Veranlassung zu dem Diebstahl ist?"
.Ja."
„Warum halten Sie denn überhaupt Henry Wilbert für den Dieb?"
„Weil er, der früher (er ist seit seinem 18. Jahre in meinem Geschäft) der solideste und zuverlässigste Arbeiter gewesen ist, seit einiger Zeit sich Fehler zu schulden kommen läßt, die nur von einer grenzenlosen Zerstreutheit herrühren können und von großem Abgespanntst!»: er trinkt, spielt, ist überhaupt keinen Abend mehr zu Hause, alles Dinge, die er früher nie getan. Nun sagen Sie mir, wie soll man sich diesen plötzlichen Umschlag denken — meiner Ansicht nach läßt es sich nur auf ein Weib-