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Fernsprecher Nr. 4.
Neuenbürg, Freitag den 17. Juli 1903.
61. Jahrgang.
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RunSschau.
In der kommenden Parlaments-Session dürfte, soweit sich übersehen läßt, ein Gesetz-Entwurf über die Regelung der Unfallfürsorge für Kommunalbeamte die gesetzgebenden Körperschaften beschäftigen, nachdem diese Frage für die Staatsbeamten bereits gelöst ist. Vor längerer Zeit haben die erforderlichen Erhebungen stattgefunden. Das gewonnene Material Wird fetzt bearbeitet, so daß die Erwägungen über die Grundzüge des Gesetz-Entwurfes in der nächsten Zeit abgeschlossen werden.
Es kommt nicht selten vor, daß Beamten bei ihrem Uebertritt aus einer Dienststelle in eine andere von ihren bisherigen Untergebenen oder von anderer Seite Geschenke gemacht werden. Der preußische Minister des Innern erkennt nun in einem Erlaß an, daß hierin zwar ein erfreuliches Zeichen guten Einvernehmens zwischen dem Scheidenden und den Geschenkgebern zu erblicken ist, er macht jedoch gleichzeitig darauf aufmerksam, daß die Annahme derartiger Geschenke, die doch Wohl nicht anders als aus Anlaß der Amtsführung des Beamten gegeben zu betrachten sind, nach einem Erlasse vom Jahre 1847 unstatthaft ist, wenn Geschenke den Rahmen einer einfachen Erinnerungsgabe überschreiten.
Dresden, 15. Juli. Das „Dresdener Journal" meldet an amtlicher Stelle: Seine Majestät der König haben sich in Gnaden bewogen gefunden, der vormaligen Frau. Kronprinzessin von Sachsen, Prinzessin Louise Antoinette Maria, auf ihr Ansuchen den Namen und Adelstitel einer Gräfin von Montignoso zu verleihen.
Konstanz, 16. Juli. Gegen 1 Uhr trafen die württembergischen Majestäten mit großem Gefolge mit Schiff „Königin Charlotte" im hiesigen Hafen ein. Daselbst von Graf Zeppelin empfangen, fuhren die hohen Herrschaften nach Schloß Giersberg, wel- ches Besitztum des Grafen Zeppelin ist und Stunden von hier entfernt auf schweizerischem Gebiet liegt.
Frankfurt a. M., 16. Juli. Die „Franks. Ztg." meldet: Leutnant v.Salzmannvonderfahrenden Batterie der ostasialischen Besatzungsbrigade, der am 2. Jan. d. I. von Tientsin aufgebrochen und quer durch China nach Turkcstan geritten ist, ist heute wohlbehalten in Konstantinopel eingetroffen. — Dasselbe Blatt meldet: Auf der Insel Samos sind archäologische Funde von großer Bedeutung gemacht worden. Der Abteilungsdirektor des Berliner Museums in Konstantinopel, Dr. Wiegand, hat sich sofort dorthin begeben.
Berlin, 15. Juli. Aus dem Teltower Magda- lenenstift sind 20 zur Zwangserziehung unterge- brachte Mädchen ausgebrochen. 10 wurden durch die Polizei zurückgebracht, die übrigen sind nach Berlin entkommen.
Der deutsche Burenoberst Schiel, der wegen schwerer Erkrankung längere Zeit in Bad Reichenhall weilte, ist jetzt so weit hergestellt, daß er sich zur Nachkur nach Salzburg begeben konnte.
Rappoltsweiler, 13. Juli. Seit einiger Zeit tritt in unseren bisher recht schönen Ertrag versprechenden Weinbergen ein neuer Feind auf, der schon bedeutenden Schaden angerichtet hat. Es sind dies etwa 2 em lange, schmutziggrüne Rüupchen, Springwickler genannt, welche die Blätter abfrefsen und sogar die jungen Holztriebe anbeißen. Berührt man ein Blatt, so schnellen sie pfeilgeschwind in die Höhe, gewöhnlich auf einen benachbarten Weinstock nieder fallend. Haufenweise findet man sie oft in zusammengerollten welken Blättern, in welchen sie sich verpuppen. Oft spinnen sie auch die Blüten- bezw. die Fruchtansätze mit den anstoßenden Blättern zu Bündeln und wolligen Päckchen zusammen, auf diese Weise jede Weiterbildung verhindernd. Sachverständige Winzer schreiben die Schuld an der Massenverbreitung dieses gefährlichen Insekts der Ausrottung der Obstbäume und Hecken zu, die man früher überall in und um die Weinberge fand, und die den Vögeln
gute Gelegenheit zum bequemen Nisten gaben. Einige Weinbergsbesitzer tragen sich bereits mit dem Gedanken, in ihren Reben wieder wie früher Pfirsich- und Mandelbäume, die nicht viel Schatten verursachen, anzupflanzen. Der Rebstock ist eben ein Kulturgewächs, das seine natürliche Widerstandskraft eingebüßt hat und sich nicht aus eigener Kraft seiner zahlreichen Feinde gus dem Pflanzen- und besonders aus dem Tierreiche erwehren kann.
Die französische Presse kann sich gleich der englischen nicht genug tun in der Verherrlichung der angeblichen Erfolge, welche die Reise des Präsidenten Loubet nach London für Frankreich gebracht habe. Wenn man diese Zeitungsartikel liest, könnte man meinen, es habe niemals ein Faschoda gegeben, auch niemals französisch-englische Streitigkeiten wegen des Verbleibens der Engländer in Egypten oder wegen der Aspirationen Frankreichs auf Marokko. Kurz, der Himmel hängt den französischen Blättern voller Baßgeigen und sie meinen, wenn sie es auch nicht direkt aussprechen, einen Beitritt Englands zum Zweibund, der sich Wohl gegen den älteren Dreibund, oder namentlich gegen Deutschland richten würde, sicher in der Tasche zu haben. In der Rechnung steckt aber ein ebenso großer als lächerlicher Fehler, denn an dem Tag, wo Frankreich und England sich etwa alliieren würden, wird sich Rußland an den älteren Dreibund, speziell an Deutschland anschließen und von den Franzosen nichts mehr wissen wollen; denn die Gegensätze zwischen Rußland und England sind unversöhnlich. Rußland wirft immer mehr Truppen und Kriegsmaterial nach Ostasten und bereitet sich offenbar auf einen entscheidenden Krieg vor. Daß die Engländer eine Masse Kriegsschiffe nach Ostasien geschickt haben, wird jetzt allmählich bekannt. Japan rüstet gleichfalls zum Krieg und die Nordamerikaner, welche mehrere Kriegsschiffe und 1500 Mann Truppen aus den Philippinen nach Haus holen wollten, lassen alles hübsch dort, um bei einem ostasiatifchen Krieg auch ein Wort.mitsprechen zu können. Die fremden Gesandten in der chinesischen Hauptstadt treffen auch alle möglichen Befestigungs- und Verproviantierungsmaßregeln, um einer zweiten Belagerung stand halten zu können und es gewinnt mehr und mehr den Anschein, als ob ein größerer Krieg in und um Ostasien nicht mehr lange auf sich warten lassen wolle.
Englands Verluste im Somalilande. Kriegsminister Brodrick erklärte am Dienstag im Unterhause auf eine Interpellation über die englischen Verluste im Somalilande, die Engländer hätten bisher 16 Offiziere, 2 Weiße und 338 eingeborene Soldaten verloren; Krankheiten erlegen seien 1 Offizier und 4 weiße Soldaten, verwundet 1 weißer und 1 eingeborener Soldat. Die bisherigen Kosten des Feldzugs beliefen sich auf 450000 Pfd. Sterling, die monatlichen Ausgaben auf 50000 Pfd. Sterling.
Washington, 15. Juli. Die Beamten des Marinedepartements sind dem „Daily Expreß" zufolge betroffen über den baufälligen Zustand der amerikanischen Flotte. Kaum ein Schiff konnte an den diesjährigen Manövern teilnehmen, ohne eine vorherige Ausbesserung zu erfahren. 7 der neuesten Schlachtschiffe erforderten Reparaturen, noch bevor sie nach ihren Stationen abgehen konnten. Gegen 15 Kreuzer und zahlreiche Torpedobootzerstörer waren in leckem Zustande. Das Kriegsschiff „Kearsarge" mußte von der Europareise her renoviert werden. Das Schlachtschiff „Iowa" ist aus gleichem Grunde mehrere Monate außer Dienst gestellt worden. Fast das ganze Pacificgeschwader mußte in Dock gehen Die Reparaturfonds sind bereits aufgebracht.
Prätoria, 15. Juli. Die Einnahmen der Transvaalkolonie für 1903/04 werden auf 4 500000, die Ausgaben auf 3 590000 Pfund Sterling veranschlagt. Der Ueberschuß soll für das gemeinsame Budget der Kolonieen verwendet werden für die Tilgung der Kriegsschuld.
Louis Botha äußerte sich dem Kapstädter Korrespondenten der „Daily Mail" gegenüber ab- fällig über den Oberkommissar Milner, der alles selbst tun wolle und Jedermann mißtraue. Botha lehnte deshalb seine Berufung in den gesetzgebenden Rat ab, da er keine Ursache habe, Milners Verantwortlichkeit zu verringern. Er warte die Ablösung von dem Despotismus Milners durch die verantwortliche Regierung ab. Uebrigens wird aus dem Haag gemeldet, daß Botha demnächst (aus Kapstadt) dorthin käme, um Lehrkräfte für die neu zu errichtende holländische Hochschule in Südafrika anzuwerben.
Ein weiblicher Kommissar. Frau Leone! Roß Anthony aus Colorado ist von der Regierung jenes Bundesstaates zum vollberechtigten Regierungskommissar für die Weltausstellung in St. Louis 1904 ernannt worden. Der Staat Colorado beteiligt sich nicht nur sehr umfangreich an der Ausstellung, sondern er baut auch ein eigenes Gebäude. Die anderen Regierungskommissare sind sämtlich männlichen Geschlechts, und wenn auch in anderen Staaten Damen als beratende Mitglieder der Kommission für die Weltausstellungsangelegenheiten hinzugezogen worden sind, so dürfte Frau Leone! Roß Anthony doch die einzige Dame sein, welche die volle Würde eines Regierungskommissars besitzt. Die sehr ansehnliche und noch junge Dame, deren Bild die amerikanischen Zeitungen soeben veröffentlichen, ist Journalistin und in der amerikanischen Zeitungswelt wohlbekannt.
Württemberg.
Stuttgart, 15. Juli. 210. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. Zuerst gelangte zur Beratung der Gesetzentwurf betr. die Entschädigung der Gemeinderatsmitglieder, dessen einziger Artikel lautet: Die Giltigkeitsdauer des Gesetzes vom 9. Oktober 1901 betr. die Entschädigung der Gemeinderatsmitglieder wird bis zum Ablauf des Jahres 1906 verlängert. Der Entwurf wird in 1. und 2. Lesung ohne Debatte und ebenso in der Schlußabstimmung angenommen. Sodann erledigte die Kammer noch verschiedene Differenzpunkte mit der ersten Kammer, namentlich bezüglich der Beschaffung von Geldmitteln für den Eisenbahnbau, wobei die zweite Kammer auf ihrer Resolution beharrte, die Regierung möge einen Generalplan bezüglich der künftig noch zu erbauenden Nebenbahnen vorlegen. Der Staatsbedarf erfordert für die beiden Finanzjahre 1. April 1903 bis 31. März 1905 183156432 ^ Aus dem Reinertrag des Kammergutes, aus den direkten und indirekten Steuern und mit einem Zuschuß aus der Restverwaltung wird dieser Betrag nahezu gedeckt; ein etwaiger Abmangel ist aus dem Vorratskapital der Staatshauptkasse vorzuschießen. Bei der fortgesetzten Generaldebatte über den Entwurf einer Gemeindeordnung wurden heute wieder eine Menge Wünsche vorgebracht und Abänderungsanträge angekündigt. Es handelte sich dabei um die Frage, ob der Bürgerausschuß in kleineren Gemeinden fortbestehen solle oder nicht, ob die Abschaffung der Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher rückwirkend gemacht werden solle u. s. w. Das freie Bestätigungsrecht der Regierung auch für wiedergewählte Ortsvorsteher wurde namentlich von dem Abg. Liesching bemängelt, der auch von einer Magistratsverfassung der großen Städte nicht erbaut ist. Der Sozialdemokrat Tauscher meinte, seine Partei werde nach und nach doch die Rathäuser erobern, das sei unabwendbar. wenn auch die Regierung dagegen arbeite. Seine Partei wolle dieses Gesetz wesentlich zu verbessern suchen. Verschiedene Redner warnten davor, bloß die eine oder andere Bestimmung als unannehmbar zu bezeichnen und so das ganze Gesetz zu gefährden. Ein Beschluß wurde heute noch nicht gefaßt. Die Generaldebatte wird am Donnerstag vormittags 9 Uhr fortgesetzt.
Stuttgart, 16. Juli. Die Kammer der Ab- geordneten setzte die Generaldebatte über die Ge-