Erscheint

Montag, Mittwoch, Freitag u. Samstag.

Areis vierteljährl.: inNeuenbürgL1.20. Durch d. Post bezogen: im <vrts> u. Nachbar. orts-Verkehr ^ 1.15; im sonstigen inländ. verkehrt 1.25; hiezu je 20 Bestellgeld.

Der «nztälsn

Anzeiger für das Enztal und Umgebung.

Amtsblatt kür Sen Vberamtsbczirlr Neuenbürg.

Anzeigeupreis:

die 5 gespaltene Zeile od. deren Raum 10 ^j; beiAuskunfterteilung durch die Lxxed. 12 Reklamen die 3gesx. Zeile 25

Bei öfterer Insertion entsxrech. Rabatt.

Fernsprecher Nr. 4.

^ 1V8.

Neuenbürg, Montag den 13. Juli 1903.

61. Jahrgang.

RunSschau.

Der Kaiser besuchte» am Freitag auf der Reede von Swinemünde das russische KriegsschiffSwetlana" und lud dessen Offizierkorps zu einem Diner an Bord derHohenzollern" ein.

DieNordd. Allg. Ztg." meldet: Ein Berliner Börsenblatt berichtete am 7. Juli, der Kaiser habe beim Schiffsgottesdienst an Bord derHohenzollern" ein Gebet für den erkrankten Papst gesprochen. Andere Blätter wußten zu melden, daß der Antritt der Nordlandsreise sich deshalb verzögert habe, weil der Kaiser sich im Falle des Todes des Papstes zu den Beisetzungs-Feierlichkeiten nach Italien be­geben wolle. Wir sind ermächtigt, alle diese Meld­ungen als erfunden zu bezeichnen. Die Nordlands­reise wird vermutlich am Samstag angetreten werden.

Berlin. Nach einer soeben erlassenen Ver­fügung erfolgt die Rekruten-Einstellung in diesem Jahre zwischen dem 13. und 17. Oktober.

Eine Regierungskommission des preußischen Mini­steriums sür Handel und Gewerbe bereist in diesem Monat die süddeutschen Staaten sowie die Schweiz, um die Einrichtungen des gewerblichen Unter­richts- und Fachschulwesens eingehend kennen zu lernen. Die Studienreise begann mit dem Groß­herzogtum Hessen, dessen Zentralstelle für die Ge­werbe die obere Verwaltungsbehörde für die ge­werblichen Unterrichts-Anstalten und die Gewerbe­vereine bildet.

Wie rege und in welchem Umfange das Ge­sang vereinsleben im allgemeinen gepflegt wird, zeigen die gegenwärtig in verschiedenen Gegenden Deutschlands zur Abhaltung gelangenden Sängerfeste. Der letzte Sonntag allein vereinigte in Königsberg i. P., in Bad Nauheim und in Liegnitz größere Sängerverbände. In Königsberg wurde das 21. Preußische Provinzial-Sängerfest gefeiert, woran nicht weniger als 2400 Sänger beteiligt waren. In Bad Nauheim wurde das 60 jährige Stiftungsfest des dortigen VereinsFrohsinn" festlich begangen und dabei ein Gesangswettstreit abgehalten, an wel­chem 40 Vereine mit 1400 Sängern teilnahmen. Den vom Großherzog dazu gestifteten 1. Ehrenpreis errang der Quartettverein aus Köln-Elberfeld, wäh­rend für die anderen besten Leistungen noch fünf weiter. Ehrenpreise und 19 verschiedene Klassen- Preise zur Vergebung gelangten. In Liegnitz endlich feierte der Niederschlesische Sängerbund mit 54 Ver­einen und etwa 1000 aktiven Sängern des fünften Bundesfest. für die nächsten Tage, den 10., 11. und 12. Juli ist in Quedlinburg ein großes Bundes­sängerfest angesagt, das von den vereinigten Lieder­tafeln Norddeutschlands abgehalten wird. Diesem im Jahre 1831 gegründeten Sängerbünde gehören zur Zeit 67 Gesangvereine aus 44 Städten an.

Aus der Rheinpfalz, 10. Juli. Die Träub- chen sind stark angewachsen und so schwer geworden, daß sie sich neigen. Zu den schönsten Hoffnungen berechtigt daher das Aussehen des Weinstocks in Bezug auf Quantität wie Qualität. Infolge der guten Ernteaussichten zeigen sich Eigner in der Abgabe noch lagernder Weine viel nachgiebiger als vor 14 Tagen. Zu etwas billigeren Preisen wurden größere Umsätze in 1902 er Weiß- und Rotweinen am oberen und unteren Haardtgebirge betätigt.

Rom, 12. Juli. (9 Uhr morgens.) Der Papst verbrachte eine ruhige Nacht. Der Schlaf von einigen Stunden trug sichtlich zur Besserung des allgemeinen Befindens des Papstes bei.

Das Interesse an den politischen Vorgängen im europäischen Wetterwinkel" konzentriert sich augenblicklich auf den Stand der türkisch-bulgarischen Beziehungen, der sehr zu wünschen übrig läßt. Die Diplomatie der Mächte arbeitet allerdings in Kon­stantinopel wie in Sofia mit Hochdruck, um einen kriegerischen Zusammenstoß zwischen der Türkei und Bulgarien zu verhindern. Ob diese Bemühungen

Erfolg haben werden, das muß ja die weitere Ent­wicklung der Dinge zeigen.

Degeneration des englischen Volkes. In dem Oberhause brachte eine Debatte über die physische Degeneration des englischen Volkes über­raschende Tatsachen zur Sprache. Der Bischof von Ripon erklärte, daß innerhalb 18 Jahren der na­türliche Volkszuwachs vollständig zum Stillstand ge­kommen sein werde, wenn der Rückgang in den Fa­milien so fortschreite, wie es augenblicklich der Fall sei. Der Prozentsatz an Geburten sei so zurückge­gangen, daß heute dadurch bereits 1 100 000 Kinder weniger vorhanden seien, als nach dem früheren Prozentsatz vorhanden sein müßten. London allein habe im letzten Jahre einen Rückgang der Kinder- zahl um 26 000 Köpfe zu verzeichnen gehabt. Der Herzog von Devonshire stimmte dem Bischof bei, daß die Verhältnisse nicht nur vom militärischen, sondern auch vom industriellen Standpunkte aus tatsächlich bedenklich seien. Der Herzog las einen Briefwechsel des Kriegsministeriums mit dem Home- osfice vor, aus dem hervorging, daß von je drei jungen Leuten, die sich zum Militärdienst stellen, einer als unbrauchbar zurückgewiesen werden muß. Die Regierungsdepartements seien davon überzeugt, daß die Gründe des körperlichen Rückganges der städtischen Bevölkerung einer ernstlichen Unter­suchung bedürften.

London, 10. Juli. Nach einer Meldung aus Kapstadt fand dort gestern mittag ein Erdbeben statt, wie es in solcher Heftigkeit in den letzten 20 Jahren nicht beobachtet wurde.

Der Haupt- und Glanzpunkt der Weltaus­stellung in St. Louis 1904 werden die großen Kaskaden sein, welche gleichzeitig den Mittelpunkt dex fächerförmig angeordneten Ausstellungsgebäude bilden werden. Auf der Spitze eines Hügels, der eine senkrechte Höhe von 61 Fuß hat, aber in sanfter Abdachung sich zum Zentrum der Ausstellung abflacht, ist die sogenannte Festhalle errichtet. Sie ist ein Rundbau mit großer Kuppel mit einem Durchmesser von 250 Fuß uud steht in der Mitte eines Halb­kreises, den ein grandioser Säulengang bildet. An den Enden dieses Säulenganges stehen stilvolle Pavillons, welche Restaurationszwecken dienen. Von der Festhalle stürzt sich über Terrassen bis zum Fuße des Hügels, an dem sich ein Wasferbassin von 600 Fuß Durchmesser befindet, in dreifacher Gliederung die Hauptkaskade, welche in einer Breite von 80 Fuß beginnt und am Fuße des Hügels 140 Fuß breit ist. Diese Hauptkaskade ist 290 Fuß lang und stürzt über zwölf Terrassen. 145000 Gallonen (je 3,78 Liter) beträgt die Wassermasse, die in der Minute über diese Terrassen fließt. Das Wasser wird aus besonderen Brunnen gehoben und gefiltert, so daß es kristallklar ist. Von den beiden Endpavillons des Kolonnadenhalbkreises stürzen schmälere Kaskaden in den See am Fuße des Hügels. Die beiden Kaskaden sind an der Spitze des Hügels 25, am Fuße des Hügels 80 Fuß breit, und jede von ihnen braucht in der Minute 80000 Gallonen Wasser. Zwischen der Haupt- und den beiden Nebenkaskaden befinden sich auf der Abdachung des Hügels Gartenanlagen, die mit bildhauerischem Schmuck versehen sind. Ueber der Hauptkaskade befindet sich ein Riesenbildwerk. Dasselbe stellt die Freiheit dar, welche den Schleier der Unkenntnis und Unbildung von sich streift und welche Wahrheit und Gerechtigkeit schützt. Auch die Nebenkaskaden sind mit gewaltigen Bildwerken ge­schmückt, von denen das eine den Atlantischen, das andere den Stillen Ozean darstellt. Hinter den Wasserstürzen der Kaskaden sind viele Tausende von elektrischen Glühlichtern, teils weiß, teils bunt, an­gebracht, welche nach Beginn der Dunkelheit die Wasserfälle erleuchten werden. Das große Wasser- bassin am Fuße des Hügels ist mit einem halbkreis­förmigen Säulenkolonnade umgeben, die ebenfalls reich mit Bildwerken geschmückt ist. Es lag in der

Absicht der Ausstellungsleiter, mit diesen Kaskaden etwas zu schaffen, was noch nie in der Welt dagewesen ist, und nicht nur auf die Großartigkeit, sondern auch auf die künstlerische Wirkung und Schönheit dieses Glanz- und Mittelpunkles der Ausstellung Kosten und Arbeit zu verwenden. Das Deutsche Haus wird auf einem unmittelbar angrenzenden Hügel in so günstiger Lage errichtet, daß sich dem Besucher von dort ein prächtiger Blick auf diese großartigen Kaskaden bieten wird.

Württemberg.

Stuttgart, 11. Juli. Die Kammer der Ab­geordneten hatte heute eine schwierige Aufgabe. Es handelte sich um die verschiedenen Differenzpunkte mit Beschlüssen der ersten Kammer in Sachen der Steuerreform, der Kapitalsteuer sowie der Gemeinde- und Körperschaftssteuer. Es handelte sich um die Einschätzung von Waren und Leistungen bei der Steuerfatierung. Die Kommission hat eine etwas abweichende Fassung beschlossen, womit die Regierung einverstanden ist. Die Kammer stimmt zu. Sodann handelt es sich um den Steuereinzug in solchen Ge­meinden, wo Bezirkssteuerämler sind. Die Kammer stimmt dem Beschluß des anderen Hauses zu. Hier­auf wird das ganze Gesetz bezüglich der Steuerreform mit 61 gegen 6 Stimmen angenommen. In Sachen der Warenhausbesteuerung hat bekanntlich die erste Kammer diese Art Steuer nur fakultativ zugelassen, während die zweite Kammer diese Besteuerung obli­gatorisch machen wollte. Es entspinnt sich eine größere Debatte hierüber, wobei Keil (Svz.) uud Galler (Vp.) sich entschieden gegen eine obligatorische Warenhaussteuer aussprechen und erklären, die Stadt Stuttgart werde eine solche Steuer nicht erheben, wenn sie nicht müsse; während Kraut und v. Kiene den früheren Beschluß dieses Hauses aufrecht erhalten wollen. Man kommt schließlich auch noch zu der Frage bezüglich der Vorausbelastung des Grund-, Gebäude- und Gewerbekatasters in Höhe von 2°/o anstatt 4"/o wie die erste Kammer wollte. Hierüber beantragt die Kommission, auf dem früheren Beschluß zu beharren, dagegen dem Beschluß des anderen Hauses darin zuzustimmen, daß die Gemeinden erst bei 6°/» Gemeindeumlagen statt 4"/«, wie früher die zweite Kammer beschlossen hatte, zur Erhebung einer Gemeinde - Einkommensteuer verpflichtet sein sollen. Weiter wird noch über die Gewerbekataster debattiert. Die Kommission beantragt, eine Erhöhung der Ge­meindeeinkommensteuer über 50°/» der staatlichen Einheitssätze hinaus nicht zu gestatten. Keil spricht noch von Drohungen der ersten Kammer und von deren Rücksichtslosigkeit und wird vom Präsidenten zur Mäßigung gemahnt. Redner verwirft namentlich auch die Wohnsteuer, wird aber von Gröber darauf hingewiesen, daß die Sozialdemokraten, wie im Reichs­tag, so nun auch hier, einfach gegen alles stimmen und nachher die Parteien, welche die Verantwortlich­keit tragen, um ein Gesetz überhaupt zu stände zu bringen, als Verräter am Volkswohl bezeichnen. Keil wurde von Gröber in einer Weise zugedeckt, die eine förmliche moralische Hinrichtung bedeutet. Redner weist auf das große Entgegenkommen der ersten Kammer hin. Ein gleiches tut auch der Minister des Innern. Ohne daß es über alle diese Fragen zu einer Abstimmung kommt, die auf eine spätere Sitzung verschoben wird, wird die Beratung nach ffs2 Uhr abgebrochen. Nächste Sitzung Diens­tag Nachmittag 3 Uhr.

Gerichtsferien. Am 15. d. M. beginnen die Gerichtsferien, die am 15. September endigen. Während der Ferien werden nur in Feriensachen Termine abgehalten und Entscheidungen erlassen. Als Feriensachen sind im Gerichtsverfassungsgesetz aufgeführt: 1. Strafsachen (für diese sind die Ge­richtsferien überhaupt ohne Bedeutung); 2. Arrest­sachen und die eine einstweilige Verfügung betreffenden Sachen; 3. Meß- und Marktsachen; 4. Streitigkeiten