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Fernsprecher Nr. 4.
^ 107
Neuenbürg, Samstag den 11. Juli 1903.
61. Jahrgang.
RunSschau.
In der inneren deutschen Politik beginnt sich allmählich die sommerliche Ruhe bemerkbar zu machen, besonders, da die mancherlei Preßbetracht- ungen über den Ausfall der Reichstagswahlen und über die Gestaltung der Dinge im neuen Reichstage sich nun doch mehr und mehr erschöpfen. Von irgendwelchen neuen Fragen in den deutschen und preußischen Angelegenheiten ist einstweilen keine Rede, was der Herbst mit dem intensiveren Wiederbeginn des politischen Lebens von solchen Fragen bringen wird, das bleibt einstweilen getrost abzuwarten. Mit Befremden hat man in weiten Bevölkerungskreisen das erstaunliche milde Urteil des Kieler Oberkriegsgerichts im Revifionsprozeß gegen den Marinefähnrich Hüssener entgegengenommen, nachdem schon das auf 4 Jahre Gefängnis lautende Urteil der ersten Instanz von vielen als eine ungenügende Sühne für die von Hüssener begangene schwere Untat erachtet worden war; nun soll der Mörder des unglücklichen Artilleristen Hartmann gar mit der gelinden Strafe von noch nicht 2 Jahren Festungshaft davonkommen! Vielleicht steht zu erwarten, daß der Fall Hüssener noch dem Reichsmilitärgericht unterbreitet wird, welches dann hoffentlich das Kieler Erkenntnis umstößt. Dafür hat die Verurteilung des „Treberschmidt" zu zwei Jahren 8 Monaten Zuchthaus seitens des Kasseler Schwurgerichts eine gewisse Genugtuung in der öffentlichen Meinung hervorgerusen, diese Strafe^entspricht wenigstens einigermaßen den Betrügereien und Schwindeleien des ehemaligen Generaldirektors der Trebergesellschaft.
Kaiser Wilhelm hat seine Nordlandsreise, welche er bereits am 6. Juli anzutreten gedachte, noch verschoben, und zwar in Hinblick auf die schwere Krankheit des von ihm so verehrten Papstes Leo XIII. Einstweilen weilt der Kaiser mit der Kaiserin nach Beendigung seines Aufenthaltes in Warnemünde und Travemünde in Saßnitz auf der Insel Rügen. Wie bestimmt verlautet, würde der Kaiser die Nordlandsfahrt unterbrechen, falls während derselben das Ableben des Papstes erfolgen sollte, und sich nach Rom zur Teilnahme an der Beisetzungsfeier Leos XIII. begeben.
Zur sommerlichen Reiseperiode hat der Eisenbahnminister Budde eine auf den Betrieb der
Das Turmstnstkr.
Eine Erzählung aus dem dreißigjährigen Kriege.
7) Von K. H. Keims.
- (Nachdruck verboten.)
-Schluß.-
Der Hausherr sah finster und unruhig zu, wie sie vier Laken in Streifen von einer halben Elle Breite schnitten und zusammenknoteten. Draußen nahm der tolle Lärm zu. Harte, dröhnende Schläge krachten gegen die verschlossene und in der Eile verrammelte Tür des Schlosses.
Die Stelle, von der aus der Graf flüchten wollte, lag nach jener Seite des Schlosses, wo, wie früher erwähnt, der Erdwall für überflüssig angesehen und weiter außen herum geführt war. Statt dessen war der Graben bis ungefähr 6 Fuß an die dicke Schloßmauer herangeführt. Diese war ohne eine Oeffnung; nur das vorspringende Turmfenster schaute nach dem Graben; und von ihm aus sollte die Flucht bewerkstelligt werden.
Wie der Graf gedacht hatte, warf das Schloß hier einen breiten, dunkeln Schatten über das Wasser. Der Wald gegenüber war in dichten, grauen Nebel gehüllt.
„Löscht das Licht aus!" flüsterte Graf Jürgaß. „Und nun lautlos! Ein Wort oder Schrei kann uns verderben! Sobald ihr draußen seid, sucht die flache Stelle oder schwimmt hinüber! Fähnrich, Sie nehmen den Befehl! Ich komme zuletzt!"
Bahnhofswirtschaften bezügliche Verfügung erlassen, durch die wiederholt darauf hingewiesen wird, daß auf das reisende Publikum, das sich in den Wartesälen aufhält, keinerlei Zwang zum Verzehren von Speisen und Getränken ausgeübt werden soll. Das bedienende Personal soll nicht, wie es in andern Gastwirtschaften üblich ist, an die Reisenden herantreten und nach, ihrem Begehr fragen, sondern warten, bis es gerufen wird. In der Verfügung wird bemerkt, daß durch solche Fragen der Kellner besonders alleinreisende Damen, die nicht gewillt sind, etwas zu verzehren, in eine Peinliche Lage versetzt würden.
Berlin, 9. Juli. Vor der 9. Strafkammer des Landgerichts I fand der Prozeß gegen den ehemal. Tresorverwalter der Darmstädter Bank, Neßler, wegen Unterschlagung von über 800000 Fälschung von Depotbüchern und Aufnahmescheinen statt. Der Angeklagte, der sich schuldig bekannte, wurde zu 5 Jahren Gefängnis und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt. Der Staatsanwalt hatte 5 Jahre Zuchthaus beantragt.
Eine Zentral-Polizeistelle zur Bekämpfung des internationalen Mädchenhandels ist als ein neues Dezernat bei der Berliner Kriminalpolizei errichtet worden. Solche Stellen werden auf Anregung Frankreichs, wo die Konferenzen stattfanden, über die ganze zivilisierte Welt verbreitet werden. Die Verhandlungen über die Einrichtung fanden auf diplomatischem Wege durch das Auswärtige Amt statt.
Mannheim, 7. Juli. Holzmarkt. Während der letzten Zeit hat die Rundholzzufuhr nach den oberrheinischen Floßholzmärkten wesentlich zugenommen. Das warme Wetter der letzten Wochen trocknete das Rundholz im Walde gehörig aus und machte es zum Bahnversand bis an die Einbindeplätze geeignet. Das Angebot ist infolge der reichlichen Beiflößung von Rohware gewachsen, und damit ist auch die Verkaufsneigung des Langholzhandels größer geworden. Die Haltung des Markts mußte darunter leiden. Am hiesigen Floßhafen langten in letzter Woche 6000 Stämme, meistens Meßholz an. Der hier befindliche verfügbare Vorrat beläuft sich auf rund 15000 Stämme aller Sorten. Im Absatz war es hier im allgemeinen recht still. Was die rheinisch-westfälischen Sägewerke kauften, diente meistens nur zur Ergänzung der Lager. Nach Köln-Bayenthal fanden 500 Stämme
Unterdessen hatte er das Fenster geöffnet und ausgehoben. Ein Reiter stieg auf die Fensterbank. Das Laken wurde um seinen Leib gebunden, dann faßten zwei Mann den gewundenen Strick und ließen ihn herunter. Der erste Versuch glückte, der folgende verlief ebenso gut. Der Graf Jürgaß lächelte und sagte zum Fähnrich: „Das geht ja prächtig! Vor mir kommen Sie. Und machen Sie's brav!"
Der Fähnrich wollte etwas sagen, aber der Graf wandte sich ab und drückte ihm die Hand. „Vorwärts!" Endlich waren alle Reiter aus dem Schloß, ohne das irgend ein Unfall ihnen begegnet war. Alles ging in ununterbrochener Stille vor sich. Auf zehn Schritt Entfernung hätte man nichts vernommen von dieser Flucht der Panzerreiter, die allerdings ohne Panzer hinausgingen.
Wie der Fähnrich, als der letzte, unten angekommen war, wandte sich der Rittmeister zu dem Hausherrn: „Jetzt wäre die Reihe an mir. Aber ich will nicht. Ich mag nicht zum General kommen ohne die Kriegskasse, die mir anvertraut war, und nicht mit den Leuten ohne Pferde und Panzer. Sie verstehen das, nicht wahr? Ich habe aber noch eine Bitte an Sie: Hinten im Böhmerwald wohnt die alte Gräfin Jürgaß, meine Mutter. Lassen Sie ihr sagen, ihr Sohn wäre ehrlichen Soldatentod gestorben, und sie soll's ihm nicht nachtragen, wenn er ihr manchen Kummer gemacht, und den größten, als er unter die wilden Pappenheimer ging — nein! den größten, als er nicht wiederkam von den Pappenheimern!" Er gab ihm die Hand, die der Hausherr
Absatz, nach Düsseldorf 1200 Stämme und nach Darmstadt 300 Stämme. An den Hafen von Mombach wurden von hier aus 2000 Stämme abgeflößt. Ab Mannheimer Hafen wurde zuletzt für Kleinholz 21, für Mittelholz 23, für Meßholz 25 und für Holländer- Holz 27 das Festmeter bezahlt. Am Mainzer Markt kamen neuerdings auch größere Posten Rohholz an. Der Begehr seitens der Säge-Industrie war schwach, so daß das Angebot die Nachfrage überstieg. Das verursachte einen scharfen Druck auf die Preise, die etwas nachgaben. Im ganzen dürften etwa 5—6000 Stämme Absatz gefunden haben. Preis für den rheinischen Kubikfuß Wassermaß frei Köln- Duisburg 58—58 ff? Der Hobelholzmarkt des
Rheins zeigte sehr feste Haltung, doch ließ der Verkauf zu wünschen übrig. Die neuerlichen Angebote in Rohware vom Norden und Amerika für die Hobel- Waren-Herstellung waren sehr hoch gehalten. Im Bretterhandel vollzog sich ein ruhiges Geschäft. Verladungen, wenn auch nicht ausgiebigen Umfangs, fanden fortgesetzt statt. Breite Ware ist am Mittelund Niederrhein infolge scharfen Wettbewerbs der galizischen und bukowinischen schwer und nur zu gedrückten Preisen verkäuflich. Schlankem Absatz finden dagegen schmale Bretter, in denen keine großen Vorräte vorhanden sind. Der Begehr nach Bauholz ist mittelmäßig gewesen; die süddeutsche Säge-Industrie arbeitet bei eingeschränktem Betrieb. Preise sind unverändert.
AusdemMoßigtal (Elf.), 8. Juli. Die Reben stehen hier prachtvoll. Bis jetzt war die Witterung für die blühenden Gescheine sehr günstig, so daß diese in besseren Geländen verblüht haben.. Alle Anzeichen für einen sehr guten Herbst sind vorhanden, wenn die jetzt plötzlich eingetretene kalte nasse Witterung nicht anhält, da sonst das Auftreten des „Wurms" alle Aussichten vernichten würde.
Vom Kaiserstuhl, 5. Juli. Die Blüte ist beendet. Vom ganzen Kaiserstuhl lauten die Berichte über Stand und Behang sehr günstig. Krankheiten bis jetzt keine vorhanden, der Heuwurm hat nur sehr wenig Schaden angerichtet. Im Weingeschäft ist es noch flau, nur einige Abschlüsse zu bisherigen Preisen wurden perfekt. — Vom unteren Haardtgebirge, 7. Juli. Die Blüte ist beendet; dieselbe fand ungestört ihren Abschluß. Da viele
mit Wärme drückte. „Und nichts für ungut! Das ist halt der Krieg!"
„Dank, Herr Graf; soll bestellt werden," sagte er einfach.
Draußen kamen laute, tobende Stimmen und klirrende Schritte näher. „,Drauf und dran!' war unser Wahlspruch!" rief Jürgaß und raffte das breite Reiterschwert auf vom Tisch, auf den er es geworfen. Plötzlich flog vor den erstaunten Mans- feldischen gewaltsam eine Tür auf, und mit sausen- dem Schwertschlag stürzte sich ein Krieger in der Eisenkappe auf sie. Der vorderste sank, von dem furchtbaren Hieb getroffen, mit zerspaltenem Schädel röchelnd auf die Fließen. Rötlicher Fackelschein fiel auf das Bild, lieber den Hingestreckten stand der Rittmeister gebeugt: „Da Hab' ich ja den Rechten getroffen!" sagte er und lachte ingrimmig. Es war der Schreiber, der Leutnant von den Mansfeldischen. „Nun fehlt blos noch der Gärtnerbursche, dann kann ich ruhig sterben!"
Da sprang der Körnet vor: „Hier ist er!" schrie er. Im Fackelglanze blitzte blutrot eine Klinge, die sich tief in die Brust des Rittmeisters bohrte. Schwer fiel er zu Boden.
„Grüßt den General! — Mein Schild — ist wieder rein! Und den — Obersten Pappenheim — und — meine Mutter! Drauf — und — dran!"
Er sank zusammen. Schweigend standen sie über seine Leiche gebeugt. „Soldatentod!" sagte der Körnet. „Wir wünschen's nicht besser!"