Vorwürfe darüber, daß seit mehr als 6 Jahren alle Posten im Finanzdepartement ohne öffentliche Ausschreibung unter der Hand besetzt werden. Ein auf diesbezügliche Abhilfe dringender Antrag Nieder und v. Kiene wurde an die staatsrechtliche Kommission verwiesen. Gröber wünschte die Einrechnung der Militärdienstzeit in den Gesamtdienst der mit Taggeld angestellten Finanzbeamten, was der Finanzminister zusagend beantwortet. Im weiteren Verlauf wurden noch verschiedene Wünsche laut, bezüglich innerer Einrichtungen im Ständehaus. Debattelos wurden schließlich die Positionen betr. die Leistungen an das deutsche Reich genehmigt. Die Sitzung wurde um 12^/si Uhr geschlossen. Nächste Sitzung Montag 3 Uhr
Stuttgart, 21 . Juni. Am 1 . Juli nachmittags 3 Uhr tritt die Kammer der Standesherren zu einer längeren Sitzungsperiode wieder zusammen und beschäftigt sich in ihrer ersten Sitzung mit dem Entwurf des Hauptfinanzetats, Departement des Innern, sowie einer Reihe von Petitionen.
Stuttgart, 20. Juni. Ueber den Ausfall der Stuttgarter Wahl schreibt der „Schw. Bote": „Mit einem Zuwachs von 1800 Stimmen (es sind 1911 St. mehr) hat die Deutsche Partei trotz alledem wesentlich besser abgeschnitten, als ihr vielfach Pro- phezeit wurde. Sie verdankt dies ihrem Kandidaten und der guten Parteileitung. Woran es allein fehlte und worin die Genossen weit voraus waren, das war die Unter stützung in der Agitation durch Parteiangehörige. Ganz abgesehen davon, daß die Sozialdemokratie jahraus jahrein mit ihren Angehörigen im Kontakt stand und die Agitation nie ruhen ließ, hing bei der Deutschen Partei auch im Wahlkamps alles an einem kleineren Kreis von Männern. Jedenfalls können die Angehörigen der bürgerlichen Par- teien von den Sozialdemokraten lernen, was es heißt, am Parteileben und der Agitation auch selbst teilzunehmen; allenfalls am Wahltag den Wahlzettel abzugeben, damit allein ists nicht getan." Sehr richtig! Aber wenn die Leute nur wenigstens ihre Wahlzettel abgeben wollten, aber auch diese kleine Mühe ist ihnen zu viel!
Die elektrische Stromzuleitung von Untertürkheim nach Stuttgart hat, laut „N. Tagbl.", nunmehr die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erhalten und es wird in den nächsten Tagen mit der täglichen Abgabe von etwa 450 Pferdekräften von dem Unter- türlheimer an das städtische Elektrizitätswerk begonnen Werüen.
Tübingen, 19. Juni. Aus der heutigen Tagesordnung des Schwurgerichts stand die Anklagesache gegen den ledigen Säger Bott von Calmbach, wegen eines Verbrechens des Meineids. Dem Angeklagten war zur Last gelegt, bei einer schöffengerichtlichen Verhandlung in Neuenbürg seinen Zeugeneid wissentlich verletzt zu haben, um seinem damaligen Kameraden hinauszuhelfen. Es hatte sich um eine Prügelei bei der Kirchweih in Calmbach gehandelt, bei der Bott zu Gunsten eines der Körperverletzung angeklagten Kameraden in einer Schöffengerichtsverhandlung sein Zeugnis abgelegt hatte. Die Geschworenen verneinten dis Schuldfrage, weil die Zeugenaussagen sich vielfach widersprachen und die Beweiserhebung kein genügendes Material für die Schuld des Angeklagten ergab, worauf der Angeklagte freigesprochen und aus der Haft entlassen wurde. — In der Nachmittagssitzung wurde der 51 Jahre alte Taglöhner Chr. G. Maier von Nagold wegen Mißbrauchs einer geisteskranken Person unter Annahme mildernder Umstände zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt. Der Angeklagte war früher Polizeidiener in Nagold.
Tübingen, 20 . Juni. Die „Tüb. Chronik" meldet: Die heutige Schwurgerichtsverhandlung
mußte schon nach fi '2 stündiger Dauer unterbrochen und aus Montag verschoben werden, weil einer der Geschworenen Plötzlich krank wurde und die Ersatz, geschworenen bereits entlassen waren. Ein anderer Geschworener hatte gestern das Unglück, einen Fuß zu brechen, er mußte der chirurgischen Klinik übergeben werden.
Ulm, 20 . Juni. Eine durch das Bürgerliche Gesetzbuch bedingte zeitgemäße Neuerung hat der Verein der hies. Hundefreunde dadurch eingeführt, daß er für seine sämtlichen Mitglieder ohne Erhöhung des Beitrags bei einer Gesellschaft eine Haftpflichtversicherung einging.
Ulm, 20. Juni. Das kürzlich von der hiesigen Gewerbebank behufs Vergrößerung des einer Erstellung eines Bankgebäudes dienenden Bauplatzes angekaufte Jack'sche Haus wird durch Werkmeister Rückgauer in Cannstatt etwa 20 Meter weiter rück- wärts transferiert, damit Platz für den Neubau gewonnen wird.
Slus SlaSI, Bezirk unö Umgebung.
Zur Reichstagswahl im 7. württ. Wahlkreis.
Wir werden um Aufnahme des im „Calwer Wochenblatt" enthaltenen „Zur Stichwahl, ein- gesandt von der Waldseite", ersucht.
Die Resultate der ersten Wahl sind nun so ziem- lich allgemein bekannt. Das Hauptresultat derselben ist, daß die Zahl der sozialdemokratischen Stimmen riesig angewachsen ist, und wenn dieses so fortgeht, was nicht anders zu erwarten ist, solange die andern Parteien nur kurz vor den Wahlen mit den Wählern in Fühlung treten, während die Sozialdemokratie die ganze Zeit über Versammlungen abhält, so werden wir sicher in 10—15 Jahren im Reichstag zur Mehrzahl sozialdemokratische Abgeordnete haben.
Dieser Gang der Ereignisse wird dadurch wesentlich gefördert, daß sich die bürgerlichen Parteien gegenseitig bekämpfen. Dies wird nun freilich später anders werden, wenn es zu spät ist.
Was haben aber diese Ausführungen mit unserer Stichwahl zu tun?
Sehr viel.
11 Seither sind die Parteiführer der sogenannten Volkspartei bei den Stichwahlen zwischen den Sozialdemokraten und den rechtsstehenden Parteien für den Sozialdemokraten eingetreten.
Ich frage: Kann ein Mann, der die Sozialdemokratie für eine Gefahr ansieht, einen von der Volks- Partei wählen, wenn die Parteiführer derselben offenkundig mit der Sozialdemokratie Brüderschaft schließen?
Ihr Wähler, legt Euch selbst diese Frage vor. Fragt Euch selbst und nicht die Hetzblätter, die Ihr erhaltet.
2 . Die Presse der sogenannten Bolkspartei betreibt bisher vielfach eine Hetzarbeit, welche schließlich nicht einmal dieser Partei selbst, sondern der Sozialdemokratie zu gute kommt und nimmt sie es dabei mit der Wahrheit nur gar nicht genau. Ein guter Beweis hiefür ist das kurz vor der Hauptwahl verbreitete Flugblatt derselben.
Was hat denn Schrein Pf in der letzten Reichstagsperiode getan, das Euch veranlassen soll, ihn nicht mehr zu wählen?
Er ist mit aller Entschiedenheit für die Interessen unseres Bauernstandes eingetreten und das mit Recht. Welcher Bauer wollte sich nicht hiebei an seine Rede gegen den Fleischnotrummel im vorigen Herbst erinnern.
Aber sagt der Städter:
Unseren Bauern helfen doch die Kornzölle nicht viel und denen auf dem Wald gleich gar nichts und auf dem Wald was? Da sind die Bauern doch in einer guten Lage.
Darauf ist zu erwidern:
Die Kornzölle nützen allerdings dem Waldbauer direkt nichts, aber es handelt sich bei den Maßnahmen zur Erhaltung des Bauernstandes auch nicht um die Kornzölle allein, und was das weitere anbetrifft, so weiß derjenige, welcher die Verhältnisse kennt, es anders.
Das anscheinende Wohlbefinden des Waldbauers rührt lediglich von den üblichen zu billigen Guts- übergaben her. Der Bauer erhält dabei für seinen Grund und Boden gar nichts, vielfach wird nicht einmal der Gebäudewert und der Wert des Viehes und sonstigen Inventars und der Holzbestand im Wald bezahlt.
Und warum das?
Wollte so ein Alter einen Preis für sein Gut fordern, welcher annähernd den Preisen bei Einzelkäufen von Grundstücken entspräche, so würde der Junge einfach sagen: Ja Vater, da dank ich schön, verkauf an wen du willst, da wär ich bald kaput, da geh ich lieber.
Die Folge aber ist, daß dann die andern Kinder vielfach, oder ihre Nachkommenschaft, sich der Stadt zuziehen, wo sie dann vielfach der Umsturzpartei in die Hände geraten.
7 Am heutigen Sonntag den 21. ds. sprach noch in einer Reihe von Wählerversammlungen im Oberamt Nagold, in Schönbronn, Effringen, Gültlingen, Wildberg, Haiterbach und in der Stadt Nagold selbst Rechtsanwalt Fr. Haußmann zu Gunsten der Schweickhardt'schen Kandidatur.
Neuenbürg. Das in Calw ermittelte, in vorliegendem Blatte enthaltene amtliche Wahlergebnis stimmt genau überein mit den Zahlen, wie wir solche gleich am Wahlabend des 16. Juni durch Extrablatt und alsdann in Nr. 93 des Enztälers vom 17. ds. Mts. bekannt gegeben haben; nur bei der für Gröber abgegebenen Stimmenzahl ist eine kleine Abweichung insoferne bisher 421 angegeben, nun aber die Zahl, 422 zutreffend ist. Ferner sind die Zahlen der Wahlberechtigten und der Abstimmenden nun zu berichtigen.
(Berichtigung.) In dem in der letzten Nr. ds. Bl. enthaltenen Wahlaufruf für Fr. Schrempf, betitelt „Ein Wort zur Stichwahl" hat sich insoferne ein sinnstörender Fehler eingeschlichen, als es dort u. a. heißt, Schrempss Reden gegen die Mißhandlung der Deutschen in Ungarn und gegen die „burenfreundliche" Haltung der deutschen Kolonialregierung wurden im Reichstag von Freund und Feind beachtet u. s. w. Selbstverständlich soll es heißen: „gegen die buren fein bliche Haltung der deutschen Kolonialregierung". Der aufmerksame Leser wird dies von selbst berichtigt haben.
Stationsmeister Ohno in Höfen wurde vom 1 . Juli an von den Verrichtungen des Postexpeditors daselbst enthoben.
Pforzheim, 20 . Juni. Wie dem hiesigen „Anz." mitgeteilt wird, haben die Vertrauensmänner des Bundes der Landwirte in ihrer gestrigen Versammlung beschlossen, bei der Stichwahl aus nationalen Gründen für die Kandidatur Wittum einzutreten.
Pforzheim, 20 . Juni. Zwei Flöße kamen gestern nachmittag zwischen 1 und 2 Uhr zum großen Gaudium der Schuljugend die Nagold herunter. Beide waren ziemlich lang, hatten aber nur dünne Stämme und waren verhältnismäßig schmal gebunden. Aus Hunderten jugendlicher Kehlen klang den Männern vom Schwarzwald das bekannte „Jockele sperr!" entgegen, auf welches auch mitunter eine klassische Flößcrantwort erfolgte. (Gen.-Anz.)
vermischtes.
(Schuh und Dumreicher.) Die Professoren Schuh und Dumreicher fuhren auf der Eisenbahn nach Baden zu einem Konsilium. Im Coupe ihnen gegenüber saß eine Frau, der es bald zu langweilig wurde, immer zu schweigen, und sich daher in ein Gespräch mit ihrem Gegenüber einließ. Sie komme gerade aus der Stadt, erzählte sie, wo sie eine Schwester besucht habe, die an einer Geschwulst gelitten und vom Professor Dumreicher so verpatzt wurde, daß sie nun schon vier Wochen das Bett hüten müsse. „Da müssen Sie sich an diesen Herrn wenden," sagte Schuh auf Dumreicher weisend, „das ist der Professor Dumreicher!" Die Frau wurde bis in die Stirne rot und stammelte: „Ach, ich bitte um Entschuldigung, ich habe mich geirrt, es war nicht Dumreicher, es war Professor Schuh!" „Da müssen Sie sich an diesen Herrn wenden," sagte nun Dumreicher lachend, indem er auf Schuh wies, „dies ist der Professor Schuh!"
sDie Hauptsache.j „Nun, jetzt hast Du in der Ausstellung ja ein Automobil gewonnen, da kannst Du schon zufrieden sein." — „Jetzt suche ich nur noch eine Frau, die das nötige „Benzin" dazu hat."
sEin Schwerenöter.j Backfisch: „Wenn ich einen Haupttreffer machen würde, müßten Sie mich zur Frau nehmen, Herr Leutnant I" — Leutnant: „Gnäd- iges Fräulein wollen wohl zwei Haupttreffer machen?!'
Auflösung des Rätsels in Nr. 92.
Münchhausen.
Leiste Nachrichten u. Telegramme.
Hamburg, 21 . Juni. Der Kaiser und Prinz Adalbert begaben sich heute nachmittag mit dem Bürgermeister Burkhardt und den Herren des Gefolges zu dem Rennen des Hamburger Rennklubs, wo sie vor 4 Uhr eintrafen, von den nach tausenden zählenden Besuchern jubelnd begrüßt. Die Herrschaften wurden vom Vorstand des Klubs empfangen und nach ihrer Loge begleitet, wo sie etwa 1 Stunde verweilten. In dem deutschen Derby, das in Gegenwart des Kaisers gelaufen wurde, siegte Baron Springers mit Bono-Modo vor Hans Sachs mit Laurin.
Hamburg, 61. Juni. Der Kaiser hörte gestern auf der Herfahrt im Sonderzug den Vortrag des Chefs des Marinekabinetts an. Heute morgen hielt der Kaiser an Bord der Hohenzollern Gottesdienst ab.
Caracas, 21 . Juni. Reuter. Die venezolanische Regierung hat der deutschen Gesandschaft 316, 263 Franks in Gold ausbezahlt als 4. Rate der im Protokoll vorhergesehenen Zahlungen.
Bestellungen
auf den
„AnzLcrle r"
für das dritte Quartal (Juli, Aug., Septbr.) nehmen alle Postanstalten und Postboten entgegen. In Neuenbürg abonniert man bei der Expedition.
Hiezu zweites Blatt. "MjA