sang „Meeresstille". Der Kaiser meinte: „Nun hören Sie doch diese Komposition; die Menschen singen 65 mal „geschwinde — geschwinde" und 72 mal „ans Land — ans Land!" und das nennt der Komponist eine Seefahrt! Sehen Sie mal, in diesem Verein singen 4 Friseure und 2 Photographen mit; das interessiert mich besonders. Ich will immer wissen, welche Berufsstände in einem Gesangverein vertreten sind!"
Augsburg, 12. Juni. Ein Stück Wahlkampfpoesie wird aus dem niederbayerischen Dorfe Bodenmais der „Augsb. Abendztg." erzählt. Dort war auf Pfingstmontag eine sozialdemokratische Versammlung augekündigt, in der die Genossen Schmid und Kubitschek sprechen sollten. Die Plakate für die sozialdemokratische Versammlung wurden aber heruntergerissen und dafür in der Nacht siflche von dreifacher Größe und knallrotem Papier angeschlagen, auf denen in unendlich fetten Lettern folgende hohe Poesie zum Volke sprach: „O gescheiter Schmid Wir toan net mit. O Kubitschek Du fällst in Dreck. Wir sind Zentrumsleut, Ihr von uns ferne bleibt."
Cannstatt, 14. Juni. Ein menschlicher Wiederkäuer wurde unlängst ins hiesige Bezirkskrankenhaus ausgenommen und nach 6 wöchiger Behandlung als geheilt entlassen. Der Mann, der 38 Jahre alt ist, gab bei seiner Aufnahme ins Krankenhaus an, daß bei ihm kurz nach der Mahlzeit alle genossenen Speisen in einzelnen Stößen aus dem Magen wieder in den Mund kommen; er kaue dann alles nochmal durch, um es später endgültig zu verschlucken; zum zweitenmal kommen die aufgenommenen Speisen nicht mehr aus dem Magen heraus. Das Wiederkäuen, das einige Minuten nach der Nahrungsaufnahme und ganz unabhängig von der Art der genossenen Speisen auftrete, dauere etwa eine halbe bis eine Stunde; unterdrücken könne er es nicht; bei Versuch hiezu bekomme er Uebelkeit und Druck in der Magengegend. Schmerzen im Magen habe er für gewöhnlich nicht und auch sonst überhaupt keine Beschwerden. Diese Angaben wurden durch die Beobachtungen im Krankenhaus bestätigt. Der Patient gab hierbei noch an, daß die wieder hochkommenden Speisen denselben Geschmack wie bei der ersten Nahrungsaufnahme haben und keineswegs schlecht schmecken. Wiederholt gekaut wurden sämtliche Speisen, in erster Linie und stets zuerst das genossene Fleisch, ferner Kartoffeln, Brot, aber auch dünnflüssige Nahrung, wie dünne Suppen, gekochtes Obst u. s. w. Der Prozeß des Wiederkäuens wurde von den Aerzten des Bezirkskrankenhauses als Magen- neurose aufgefaßt und einer rein suggestiven Therapie unterworfen, die von Erfolg begleitet war. In der medizinischen Literatur werden etwa 100 Fälle von menschlichen Wiederkäuern aufgeführt.
Siegen, 12. Juni. Auf den noch rauchenden Trümmern eines abgebrannten Hauses in Dülnhüttan trieben sich heute einige Knaben herum, plötzlich ver- sank einer von ihnen in dem Kellerraum, der mit glühenden Massen angefüllt war. Auf die Hilferufe des Knaben eilten Leute herbei, die den Bedauernswerten aus seiner schrecklichen Lage befreiten. Der Knabe, der 11jährige Sohn des Lehrers Jaspert aus
Die ganze Bemannung des Schiffes, die Waren, alles halte das unersättliche Meer verschlungen.
Auch Rolf Feddersen war zu Grunde gegangen; die gerechte Strafe des Himmels hatte ihn erreicht, als er seine Hand gegen eine Schutzlose erhoben.
In Hamburg angelangt, führte Klaudius die Gerettete sogleich nach Altona zu seinem Vater, doch fand er denselben nicht daheim.
Der Justizrat hatte Elsas Schreiben aus Wien kaum erhalten, als er nichts Eiligeres zu tun gehabt hatte, als unverzüglich dorthin abzureisen, um Elsa in ihre Heimat zurückzuholcn. So empfing nun statt seiner Bergen freudebebend die gerettete Tochter aus Klaudius' Hand.
Ein neues Leben ging fortan für Elsa auf; sie, die bisher so wenig Liebe genossen, wurde jetzt mit Zärtlichkeit überschüttet und ein wunderbarer Friede kehrte in ihre Seele ein.
Als Justizrat Franck, welcher sofort von Elsas wunderbarer Rettung verständigt worden war, von seiner Reise zurückkehrte, brachte er die Nachricht mit, daß Fred Walker sich in seinem Gefängnis erhängt habe, nachdem er den an Erich Feddersen verübten Totschlag eingestanden hatte.
Frau Thekla kehrte nicht nach Hamburg zurück; das Vermögen, das ihr Feddersen hinterlassen, gestattete ihr, ihren Neigungen gemäß in Paris ein sorgenfreies Leben zu führen; mehr begehrte die Herz- und gefühllose Frau nicht.
Die schlummernde Neigung Klaudius Francks zu Elsa Bergen ward durch ihr stetes Beisammensein
Geisweid, war aber bereits an seinen unteren Körperteilen entsetzlich verbrannt. An seinem Aufkommen wird gezweifelt.
In New-Ä)ork hat sich kürzlich-eine merkwürdige Geschichte abgespielt. Ein reicher Spekulant in vorgerücktem Lebensalter lernte in einer Gesellschaft eine etwa 60jährige Dame kennen, die es ihm auf den ersten Blick antat und in seinem greisen Herzen lebhafte Sympathie erweckte. Er beeilte sich, ihr einen Heiratsantrag zu machen, der prompt angenommen wurde. Bei Aufnahme des Ehekontrakts stellte es sich aber heraus, daß die Braut seine 1866 von ihm geschiedene, inzwischen wieder verheiratete und verwitwete ehemalige Ehegattin war, ein Umstand, der ihn jedoch nicht hinderte, seine Frau zum zweiten Male zu ehelichen. — (Amerikanisch!) —
Ettlingen, 14. Juni. Schreckliche Mißhandlungen scheint der 11jährige Knabe eines in Neuburgweiler beschäftigten, in zweiter Ehe verheirateten Ziegelarbeiters ausgesetzt gewesen zu sein. Der Junge konnte in der Schule nicht sitzen. Ueber den Grund befragt, gab der Junge an, seine Eltern hätten ihn angeschnallt, ihm den Mund zugestopft und dann mit einem Tragband derart auf ihn eingeschlagen, so daß am Rücken das rohe Fleisch herausschaut. Nachdem Anzeige erstattet war, nahm der Bezirksarzt eine Untersuchung vor. Der mißhandelte Junge wurde in ein Spital eingewiesen. Gegen die Rabeneltern soll Untersuchung eingeleitet sein.
(Die Münzsammlung des Königs von Italien.) Der König von Italien besitzt die schönste private Münzsammlung der Welt. Sie umfaßt nicht weniger als 50000 verschiedene Nummern. Die Leidenschaft des Königs, Münzen zu sammeln, stammt aus seinem zwölften Jahr, und er wurde hierin von seiner englischen Lehrerin, Miß Lee, unterstützt, die selbst eine eifrige Münzsammlerin war. Die Sammlung des Königs füllt nicht weniger als 24 Schränke im Quirinal, und ein guter Teil seiner freien Zeit opfert er seinen lieben Münzen.
(Anstandsregeln aus dem 16. Jahrhundert.) In einem sog. „Komplimentierbuche" aus dem Jahre 1540 finden sich u. a., wie ein Mitarbeiter der „Tgl. Rundschau" schreibt, folgende Anstandsregeln für solche, welche an herrschaftlichen Tafeln teilnehmen: „Wenn du zu einer Herrentafel gehst, so sollst du vor allem deine Hände und deine Nägel rein haben, das sollst du aber nicht bei Tische machen, sondern wenn du allein bist. — Wenn du trinkst, so hebe den Becher mit beiden Händen empor. Du sollst nicht trinken mit einer Hand, wie ein Fuhrmann, wenn er den Wagen schmiert. Ferner sollst du nicht in den Becher husten und nicht trinken, wenn du noch Speise im Mund hast, gleich dem Rind, noch mit Geräusch trinken wie ein Ochs, auch sollst du die Nase und den Mund abwaschen, wenn du getrunken hast. — Du sollst den Knochen nicht ab- nagen wie ein Hund, noch das Mark aus den Knochen saugen. — Einen Apfel iß nicht allein, sondern schneide ihn durch und gib deinem Nachbarn auch ein Stück. — Willst du eine Birne schälen, so mußt du beim Stiel anfangen, beim Apfel beginne bei der Blume. — Die Butter streich' nie mit
zur Hellen Flamme angefacht; nicht vieler Worte bedurfte es, um sie einander finden zu lassen, und mit inniger Herzensfreude segneten die Väter den Bund der Kinder.
Nur eine einzige Bedingung knüpfte Bergen an sein Jawort: Klaudius sollte das Seemannsleben aufgeben, und gern fügte sich der junge Mann diesem Wunsche. Welches Opfer wäre ihm zu groß gewesen, um den Besitz der Geliebten zu erlangen?
Durch die Fenster der alten Jakobkirche zu Hamburg drangen die glänzenden Sonnenstrahlen und überfluteten mit ihrem lichten Glanze ein Braut- paar, über das der Priester die letzten segnenden Worte sprach.
Es war ein schönes Bild. Die zarte Gestalt der Braut schmiegte sich mit hingebender Zärtlichkeit an die kraftvolle, echt männliche Erscheinung des Bräutigams, dessen Blicke glückstrahlend auf dem holden Antlitz des jungen Mädchens ruhten, daß sich ihm zu eigen gegeben für alle Zeiten.
Das bindende „Ja" war gesprochen, sie waren vereint für immerdar.
Der glückliche Mann schlang den Arm um sein Weib und führte sie zu einem alten Herrn, der die Neuvermählte mit Freudentränen in seine Arme schloß.
„Gott segne Dich, Elsa, mein Kind!" flüsterte er bewegt. „Gott segne euch beide. Ihr habt euer Glück schwer erstreiten müssen. Möge es euch treu bleiben, das ist mein einziger Wunsch!"
Bergen kehrte nicht mehr in das öffentliche Leben zurück. Er sehnte sich nach seinem früheren Wirk-
dem Daumen auf daS Brot. — Die Suppe trinke nicht vom Teller, sondern iß sie mit dem Löffel, und sollst du dabei nicht laut schlürfen wie ein Kalb."
(Ein eigenartiges und geschmackvolles Kleid), das bei der Damenwelt, die für Kostümbälle schwärmt, gewiß viel Ankiang finden wird, ist jüngst von einer Dame der englischen Gesellschaft hergestellt und bei einem entsprechenden Anlasse getragen worden. Allerdings erfordert die Herstellung viel Mühe und Zeit, und eine Schneiderin wird die Arbeit kaum unter 400—600 übernehmen. Es handelt sich, mit wenigen Worten, um ein aus Briefmarken verfertigtes Kostüm, das durch einen ebenfalls mit Briefmarken überklebten Strohhut und einem ähnlich hergestellten Fächer an Wirksamkeit außerordentlich erhöht wurde. Für das Kleid, den Hut und den Fächer waren nicht weniger als 30000 Briefmarken erforderlich, die die Besitzerin zum Teil käuflich erwarb, zum Teil von Freunden und Bekannten zum Geschenk gemacht erhielt.
(Beim Rekruten-Unterricht.) „Pollig, nennen Sie mir die hervorragendsten Soldatentugenden! — „Mut, Tapferkeit, Ausdauer!" — „Gut!" .. Schulz, fahren Sie fort!" — „Schweigsamkeit!" — „Drücken Sie sich deutlicher aus!" — „Maulhalten!" („Fl. Bl.")
(Zarter Wink.) „Wer war denn das, der Dich eben grüßte?— „Der Geldbriefträger meines Reviers, Onkel!" — „Hm, kennt der Dich denn so genau?" — „Na, er muß wohl! Sagt er mir doch jeden Tag, daß er nichts für mich hätte!"
(Der vorsichtige Rennstallbesttzer.j „Dies Pferd scheut also vor nichts, sagen Sie? Dann wirds meine Frau Wohl reiten können?" — „„Das weiß ich nicht, mein Herr: ich Hab' Ihre Frau noch nicht gesehen.""
(Boshaft.) Fräulein: „Sind Sie ein großer Musikfreund, Herr Professor?" — Professor (gutmütig): „„O ja, aber das schadet nichts, deshalb spielen Sie mir nur ruhig etwas vor!""
Dreisilbige Charade.
Im Reichstag hat die Erste gesessen,
Mit vielen im Redekampf sich gemessen.
Als Fisch ist bekannt das letzte Paar.
Ein berühmter Freiherr das Ganze war.
Charade.
Oft wird mit harten Mühen Des Ersten Haupt erreicht;
Das Leben muß entfliehen Sobald der Andere weicht.
Vom Ganzen gibt uns Kunde Der Vorzeit graue Mähr,
Daß es im tiefen Grunde Dem ersten tätig war.
Auflösung des Charade in Nr. 9l.
Hausfrau.
Mutmaßliches Wetter am 18. und 19. Juni.
Für Donnerstag und Freitag steht neben kurzer Aufheiterung größtenteils bewölktes und auch zu mehrfachen Niederschlägen geneigtes Wetter in Aussicht.
ungskreise und die alten Freunde waren ihm fremd geworden.
Er überredete den Justizrat, sich zur Ruhe zu setzen, um mit ihm gemeinschaftlich im sicheren Hafen des Friedens von den Stürmen des Lebens auszuruhen.
Am grünumkränzten Ufer der blauen Alster erwarb er einen Prachtvollen Besitz und hier bildeten die beiden alten Freunde mit dem jungvermählten Paare eine glückliche Familie.
Inmitten ihres jungen Glückes hatte Elsa aber nicht ihre Wiener Freunde vergessen; ein lebhafter Briefwechsel entspann sich zwischen beiden Familien, und so weit die Entfernung auch war, so blieben doch die innigen Beziehungen stets mit unverminderter Zärtlichkeit ausrecht erhalten, denn weder die Zeit noch das ihr treu bleibende Glück konnte in Elsas Herzen das Andenken derjenigen verwischen, die ihr einst in ihrer Verlassenheit hilfreich beigestanden hatten.
Klaudius liebte seine junge Gattin um ihre Treue für ihre dereinstigen Freunde nicht weniger und er selber war es, der auf der Hochzeitsreise, die daS junge Paar nach dem Süden antrat, einen persön- lichen Besuch bei Baron Lorenzen und dessen edelmütiger Gattin vorschlug. So lernte er diejenigen auch näher kennen, denen Elsa so viel zu danken hatte, und von nun an ward jeder Brief aus Wierr von beiden Gatten gleich freudig begrüßt.
— Ende. —
Redaktion, Druck und Verlag von L. Me eh in Neuenbürg.