über dieses Kapitel zeigte sich, daß Keßler mit seinen Bedenken allein stand. Bei Kap. 36 und 36a wurde der Wunsch laut, es mögen die Ausgaben in Zukunft nicht vermehrt werden, da die Pferdezucht nur einem kleinen Teil des Landes zu gute komme. Bei Kap. 38 (Zentralstelle für Gewerbe und Handel) entstand eine längere Debatte, in der zunächst Rembold-Aalen in der Arbeiterfürsorge ein weiteres Vorangehen in kräftigen Zügen wünschte. Röder bemängelte sodann die Verteilung der Kosten für die Handwerkskammer, Schumacher und Henning sprachen sich gegen den von Rembold geforderten Befähigungsnachweis aus; auch regte Henning die Bildung von fakultativen Arbeiterausschüssen an. Mayser verlangte die Zu­ziehung von Sachverständigen beim Abschluß der Handelsverträge. Nach 4stündiger Sitzung wurde schließlich die Weiterberatung auf Dienstag nachmittag 3 Uhr anberaumt.

Stuttgart, 23. Mai. Gestern hat der Kandidat der Deutschen Partei, Professor Gieß! er, seine Wahtätigkeit begonnen. Die Wählerversammlung in Gaisburg war sehr zahlreich besucht. Unter allge­meinem Beifall entwickelte der Kandidat sein Pro­gramm und hob dabei insbesondere hervor, daß alle nationalgesinnten Parteien sich vereinigen sollten, um derjenigen Partei, die nur einseitig die Interessen des Arbeiterstandes verfolge und damit die Interessen der Gesamtheit, des Reiches und des Vaterlandes aus dem Auge lasse, entgegenzutreten.

Württ. Kriegerbund. Gleichzeitig mit dem neuesten Rechenschaftsbericht ist im Verlag von W. Kohlhammer ein Wegweiser erschienen für die vormaligen Personen des Soldatenstandes vom Feld­webel abwärts zur Erlangung der gesetzlichen Ver­sorgung, von Gnadenbewilligungen aus dem Dispo­sitionsfonds des Kaisers für Teilnehmer am Krieg 1870/71, von Reichsbeihilfen an vormalige Kriegs­teilnehmer, von Bewilligungen für Hinterbliebene und von Unterstützungen aus Stiftungen rc. Die kleine Schrift ist vom Präsidium für die Mitglieder des Bundes herausgegeben.

Zum Submissionswesen wird demSt. Beob." vom Lande geschrieben: DerBeobachter" hat die Frage des Submissionswesens so eingehend und treffend behandelt, daß ihm jeder Handwerks­meister nur dankbar sein muß. Wie berechtigt die Ausführungen waren, das mögen einige Beispiele zeigen, a Zu kurze Lieferungstermine. Wäre irgend­wo ein schönes Geschäft zu machen, so wird der Termin so gestellt, daß ein kleinerer Handwerker nicht konkurrieren kann. Sieht man aber später nach demselben Geschäft, so wird sogar ein Jahr später daran gearbeitet: so war es bei dem Zoologischen Institut in Tübingen und so ist es beim Jünglings­vereinshaus in Stuttgart, dessen Schreinerarbeiten im Wert von 8000 in voriger Woche ausge­schrieben wurden, die aber schon Ende August ab- geliefert werden müssen, b Abwechslung bei den Meistern. Im Bezirk Herrenberg wurden nun schon zwei staatliche Arbeiten (Dekanat und Forstwarthaus) einem und demselben Handwerker, ohne daß man andere Handwerker zur Submission eingeladen hätte, überlassen. Da sagen sich die Handwerker: schilt man

Mein Schwager hatte von jeher den Ehrgeiz ge­habt, unsere Rhederei so viel als möglich zu ver­größern. Er stürzte sich demzufolge in gewagte Spekulationen, von denen ich nicht einmal Kenntnis hatte, da ich alles ihm überließ, und als ich, durch Ihre wohlgemeinten Warnungen aufmerksam gemacht, ihn wegen seiner Waghalsigkeit zur Rede stellte, wußte er so geschickt zu manövrieren, daß er mein Vertrauen zu Ihnen untergrub und ich mich allmählich von Ihnen gänzlich zurückzog."

Das war der erste gelungene Streich der an­gesponnenen Intrige," sprach Franck. Rolf Feddersen tut nie etwas ohne einen besonderen Grund. Doch fahren Sie fort, mein Freund!"

Ich benötigte immer mehr Geld und Rolf schien es kaum zu beachten, daß ich das Doppelte von meinen ehemaligen Ausgaben gebrauchte; um so er­staunter war ich, als er mir eines Tages ohne alle Vorbereitung sagte:

Bergen, Du mußt Dich mehr einschränken! Die Geschäfte gehen schlecht, es ist fast kein Geld mehr in der Kasse."

Seine Worte versetzten mich in die größte Be­stürzung. Er sah dies und drang nun in mich, ich sollte meine Frau bewegen, ihr Vermögen in unserm Geschäft anzulegen. Ich wollte auf sein Ansinnen nicht eingehen und es kam zu eiuem stürmischen Auf­tritt zwischen uns. Das Ende war, daß er mir das Versprechen abzwang, wenn die Verhältnisse sich in einiger Zeit nicht bessern würden, an meine Frau die Bitte zu stellen, sich dem Gesetz, welches

über solche Zustände, dann erhält man die Arbeiten nicht; schilt man nicht, dann erhält man sie auch nicht. Was also zu machen? (Die Red. d. Beob. gibt dazu den Rat: jede derartige Angelegenheit zur Kenntnis der Oberbehörde zu bringen, welche den festen Willen hat, das Submissionswesen unparteiisch nach den neuesten Kundgebungen durchzuführen.)

Freuden st ad t, 21. Mai. Werkmeister Rückgauer von Stuttgart hat auch hier gestern eine sehr inte­ressante Hebungsarbeit vollzogen. Mit 52 Hebe­maschinen und 15 Zahnstangenwinden wurde gestern nach den seit letzten Donnerstag dauernden Vorarbeiten der Gasthof zur Rose um 1,20 Meter gehoben zur Gewinnung höherer Lokalitäten im Parterre. Ohne jegliche Störung vollzog sich diese interessante Arbeit während zweier Stunden mit bewundernswerter Ruhe und Sicherheit. Die in den oberen Wirtschaftsräumen anwesenden Gäste merkten nichts vomhöheren Flug" und die kolossale Menschenmenge rings ums gehobene" Haus waren verblüfft über die scheinbare Leichtigkeit, mit welcher der Koloß sich fügte und langsam heben lassen mußte. Wie wir hören, regt sich auch in anderen Häuserbesitzern die Lust, die niedern Räumlichkeiten ihrer Erdgeschosse durch solche Hebung in schönere, lichtere Lokale umzuwandeln.

Hall, 24. Mai. Das 9 Jahre alte Söhnchen das Ochsenwirts Frenz in Geislingen a. K. wollte über ein Gartentor steigen, wobei ihm eine eiserne .Spitze des Staketenzauns in den Unterleib bis zum Rückgrat drang. Der Knabe hatte noch soviel Kraft, sich selbst zu befreien und nach Hause zu eilen, wo er zusammenbrach. Ins Haller Krankenhaus ver­bracht, wurde er operiert, starb aber bald darauf an den schweren Verletzungen.

Stuttgart, 23. Mai. Wochenmarkt. Heute kosteten Gurken 3040 Kopfsalat 810 Rettiche 68 französischer Blumenkohl 80 ^ das Stück, italienische Bohnen 80 das Pfund, Bröckeln 30- 35 ^ das Pfund, Spargeln (Untertürkheimer) 50 bis I «kt der Bund, alte Kartoffeln 56 das Pfund, Sommermaltakartoffeln 1515 das Pfund, egyptische Zwiebeln 12 das Pfund. Eier 2 Stück II Landbutler 95^ bis 1 .kd, Tafelbutter 1.15 1 . 20 «« das Pfund. Angeboten wurden französische Kirschen zu 1.20 «« das Pfund, italienische Kirschen 4050^ das Pfd., französische Erdbeeren 6 «L das Körbchen, französische Prestlinge 2 -4L das Pfund. Auf dem Geflügelmarkt kosteten junge Gänse 5.5.50-4L, junge Enten 2.503-4L, Suppen. Hühner 1.50-1.80 -4«, Hahnen 1.501.80 -4L, Tauben 5055 das Stück.

Wahlaufruf der deutschen Partei Württembergs.

Mitbürger! Wiederum ergeht an das deutsche Volk der Ruf, die Männer zu wählen, die im Reichs­tag für die nächsten 5 Jahre über seine Geschicke zu entscheiden haben. Eine ernste Pflicht tritt damit an die Wähler heran. Je weiter die beklagenswerte Zersplitterung der Parteien fortschreitet, desto schwieriger ist die Aufgabe, die richtige Wahl zu treffen und die richtigen Männer zum Siege zu führen.

Des deutschen Vaterlandes Einheit und Stärke, die ihm den Frieden sichern, Schutz und Ausbau seiner freiheitlichen Errungenschaften, Wohlfahrt aller Stände auf dem Boden eines gerechten Ausgleichs der Interessen, einträchtliches Zusammenleben der Konfessionen das sind Ziele, denen wir nachstreben.

Heißer Streit ist entbrannt um wirtschaftliche

Gütergemeinschaft der Gatten vorschreibt, zu fügen. Mir war dies alles entsetzlich peinlich; ich hatte meine Frau um ihrer selbst willen und nicht ihres Reich­tums wegen geheiratet. Welche Vermutungen mußten aber in ihr auftauchen, wenn ich dieses Verlangen an sie stellte!

Um meine quälenden Gedanken los zu werden, suchte ich Gesellschaft außer dem Hause. Aus Furcht, Adele könnte meine Zärtlichkeiten für Verstellung nehmen, um sie meinen Wünschen gefügig zu machen, begann ich, meine Frau zu vernachlässigen; lockere Freunde taten das übrige. Ich spielte und vergaß Weib und Kind daheim. Es hatte mich die fixe Idee erfaßt, im Spiel gewinnen und so die Verluste im Geschäft wieder ausgleichen zu können. Daß ich, anstatt zu gewinnen, immer verlor, zerstörte meinen Wahn nicht. Einmal mußte ich ja doch gewinnen! Meine unselige Leidenschaft hatte mich gänzlich verblendet.

So hatte ich nach und nach Wechsel unterzeichnet, von deren Höhe ich kaum mehr eine Ahnung besaß. Ich wußte nur, daß, wenn es zum Zahlen kam, das ganze Vermögen meiner Frau geopfert werden mußte, um mich dem Verderben zu entreißen. Das meiste schuldete ich einem gewissen Walker, einem Menschen, von dem ich nicht mehr wußte, als daß er ein ebenso leidenschaftlicher wie glücklicher Spieler war und stets über große Geldsummen verfügte. Bei ihm wurden auch die wüsten Spielgelage abgehalten, welche mich in kurzer Zeit so tief hatten sinken lassen, daß ich,

! meine Pflichten als Gatte und Vater vernachlässigend,

Fragen. So sehr aber diese unsere ernste Beachtung verdienen, so dürfen wir darüber nicht vergessen, daß sie nicht das einzige und nicht das letzte sind, was über das Glück der Völker entscheidet. Langfristige Handelsverträge sind für unser gesamtes Wirtschafts­leben, für die Blüte der Industrie und des Handels, wie für das Gedeihen der Landwirtschaft eine unleug­bare Notwendigkeit. Eine geeignete Grundlage für solche Handelsverträge erblicken wir in dem nach schweren Kämpfen geschaffenen Zolltarif. Berechtigten Wünschen der namentlich durch den übermächtigen Wettbewerb des Auslandes bedrängten Landwirtschaft ist durch Erhöhung und Festlegung der Getreidezölle Rechnung getragen, soweit die Rücksicht auf das Allgemeinwohl dies gestattet. Das Handwerk hat im Laufe der letzten Jahre seine Origanisation aus­gebaut. Den Anregungen, die aus ihrer Mitte hervorgehen, werden Regierung und Reichstag volle Aufmerksamkeit zu schenken haben, damit auch dieser Stand fortschreitender Besserung seiner Verhältnisse teilhaftig werde. Der Kleinhandel wird durch un­lauteren Wettbewerb, wie gegen schwindelhafte Aus­verkäufe durch den Ausbau der Gesetzgebung auf Grund praktischer Erfahrungen wirksamer zu schützen sein.

Die sozialpolitische Gesetzgebung halten wir auch nach den neuesten Verbesserungen nicht für abgeschlossen, sondern wünschen deren Erweiterung. Dabei ist gebührende Rücksicht zu nehmen auf die Konkurrenz­fähigkeit unserer Industrie, der erst neuerdings wieder durch gesetzliche Bestimmungen erhebliche Mehrbelast­ungen auferlegt worden sind und von deren Gedeihen das Wohl des Arbeiters so gut wie das des Arbeit­gebers abhängt.

Die finanzielle Lage des Reichs gebietet äußerste Sparsamkeit. Darum sind etwaige militärische Vor­lagen der Regierung streng auf ihre Begründung zu Prüfen. An erster Stelle aber verlangen wir, daß eine Ehrenschuld vollends getilgt und die zur Unter­stützung bedürftiger Invaliden und Kriegsteilnehmer nötigen Mittel noch reichlicher als bisher bereit gestellt werden. Eine Reichsfinanzreform, die das Reich tunlichst unabhängig macht von den Matrikularbei- trägen der Einzelstaaten, erweist sich zusammen mit einer geregelten Schuldentilgung immer mehr als dringliche Forderung.

Für Freiheit auf religiösem, wirtschaftlichem, politischem Gebiet und im Vereinsleben treten wir allezeit ein. Am allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrecht halten wir unbedingt fest.

Wähler! Zahlreich und vielgestaltig sind die Gegner. Da und dort tauchen rückschrittliche Ström­ungen auf; einseitige Jnteressenpolitik auf der einen, unselige Verquickung von Religion und Politik auf der andern Seite beherrschen weite Volkskreise. Viel­fach fehlen Hingabe und Verständnis für unsere schwer errungenen nationalen Güter.

In erster Linie aber gilt es, die Wähler zu sammeln gegen die Sozialdemokratie, die den inneren Frieden wie den Ausbau der sozialpolitischen Gesetz­gebung schwer gefährdet, durch fortgesetzte skrupellose Verhetzung der Arbeitermasfen Unheil sät und die Grundlagen unserer ganzen Staats- und Gesellschafts­ordnung zu untergrabe» sucht.

mein mir ehedem so teures Heim floh, um der un­seligsten aller Leidenschaften zu fröhnen.

In einem kleinen unscheinbaren Hause der Vor­stadt fanden diese lichtscheuen Zusammenkünfte statt, deren Heimlichkeit schon allein mich hätte darauf aufmerksam machen sollen, daß ich es mit Leuten zu tun hatte, die das Spiel als Erwerb betrieben.

(Fortsetzung folgt.)

(Ein Depeschenfehler und seine Folgen.) Ein nettes Geschichtchen wird demFränk. Kur." zufolge gegenwärtig in Augsburg erzählt. Ein Mädchen aus guter Familie hatte schon seit einiger Zeit ein Ver­hältnis mit einem Offizier, doch war wegen des ge­ringen Vermögens vorerst an eine Heirat nicht zu denken. In letzter Zeit schien sich die Liebesglut des Offiziers überhaupt abzukühlen. Auf einmal bekam er ein Telegramm seiner Braut zugesandt mit den Worten:Onkel Millionär in Ostindien ge­storben." In Gala werfen und zu seiner Braut fahren war das Werk eines Augenblicks. Bald je­doch klärte sich die Sache auf, daß nicht ein Onkel Millionär, sondern ein Onkel Missionär in Ostindien gestorben sei.

(Aus der Geschichtsstunde, s Professor:Wer kann mir den Namen zweier jugendlicher Freunde nennen, die ein Freundschaftsband verknüpfte, wie es idealer nicht gedacht werden kann?" Karl; Max und Moritz!"