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Anzeiger für das Enztal und Umgebung.

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Fernsprecher Nr. 4.

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Neuenbürg, Montag dm 25. Mai 1903.

61. Jahrgang.

Rundschau.

Karlsruhe, 24. Mai. Aus Anlaß des 100- jährigen Bestehens des badischen Leibgrenadier-Regi- ments 109 fand heute vormittag ein Festgottesdienst und später eine Parade statt, welcher der Großherzog und die Großherzogin, der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin, sowie Prinz und Prinzessin Max von Baden beiwohnten. An der Parade nahmen einschließlich der ehemaligen Angehörigen des Regi­ments ca. 12000 Mann teil. Der Großherzog hielt eine Ansprache, in der er auf die Bedeutung des Festes hinwies und schloß mit einem Hoch auf den Kaiser. Hierauf fand ein Parademarsch der aktiven Truppen und der Veteranen statt. Mittags wurden auf dem Festplatz in großen Zelten ungefähr 15000 Personen bewirtet. Den Tag beschloß großer Zapfen­streich und Beleuchtung des Lauterbergs.

Der Berliner Oberbürgermeister Kirschner reist nach Petersburg, um, einer Einladung der rus­sischen Hauptstadt folgend, als Vertreter der Stadt Berlin den Festlichkeiten beizuwohnen, mit denen in den letzten Maitagen an der Newa das 200jährige Bestehen der nordischen Hauptstadt begangen werden soll.

Leipzig, 22. Mai. Großes Aufsehen erregte die gestern erfolgte Verhaftung des Gemeindevorstandes Ender in Mühlau wegen jahrelanger großer Unter­schlagungen.

Vorbereitungen zur Reichstagswahl. Aus Elberfeld sind schon die erforderlichen Wahlumschläge in Berlin eingetroffen. Der Magistrat von Berlin hat 500000 Stück dieser mit dem Reichsadler be­druckten Wahlkouverts erhallen. Damit wäre eine Schwierigkeit schon beseitigt. Größer ist die, für 724 Wahllokale die nötigen Zellen rechtzeitig und dem Gesetz entsprechend ohne allzu große Belastung der städtischen Finanzen bis zum 16. Juni zu be­schaffen. Auch für große Wahlurnen muß gesorgt werden. In den 724 Berliner Wahllokalen werden mindestens je zwei Zellen, zusammen rund 1450 Zellen, aufgestellt werden müssen. Die Privatindustrie hat sich daran gemacht, solche Zellen (Jsolierräume) ähnlich den bereits gebräuchlichen Fernsprechzellen, anzufertigen. Ein aus drei Seitenbrettern bestehender etwa 1 in hoher Rahmen, der durch Charniere sich zusammenklappen läßt, wird in den Wahllokalen auf

Ein Dämon.

12) Roman von Hh. v. Itengersdorff.

- (Nachdruck verboten.)

Was er durch seinen Leichtsinn gesündigt hatte, das war durch lange Jahre voller Reue und Ge­wissensbisse gesühnt; aus den Trümmern seines einstigen Glückes blühte ihm noch eine Blume empor und diese sollte ihm erhalten bleiben.

Man hat Sie schmählich getäuscht/ sprach der Justizrat nach einer langen Pause.Fred Walker war nicht tot, sondern nur betäubt; er lebt und von ihm habe ich alle Einzelheiten jener unglückseligen Nacht erfahren.

Erlebt?" wiederholte Bergen, zweifelnd zudem Justizrat aufblickend.O, sagen Sie es noch ein­mal, daß es wahr ist, daß mein Gewissen frei ist von jener schweren Schuld, frei frei!"

Er ergriff Francks Hände, und preßte dieselben aufgeregt zwischen den seinen.

Mein Ehrenwort darauf," versetzte der Justizrat mit feierlicher Stimme, Fred Walker lebt!"

Dem Himmel sei Dank!" rief Bergen, indem er wie von einer schweren Last befreit aufatmete.O, wie furchtbar habe ich Jahre hindurch gelitten mit dieser entsetzlichen Schuld auf meinem Gewissen! Erzählen Sie mir alles, daß ich klar sehe, denn ich wage es noch immer nicht, daran zu glauben. Ich kann wieder jedem ehrlichen Manne frei ins Auge sehen; ich brauche mich nicht mehr zu scheuen, unter

einen passenden Tisch gestellt und die Zelle ist fertig. Es liegt das Angebot eines Fabrikanten vor, der solche Zellen zum Preise von 30 das Stück anbietet.

Eine Prägung von 20 Millionen Fünfmark­stücken ist für dieses Jahr beschlossen worden. 10 Millionen davon werden in wenigen Wochen in Umlauf gesetzt werden. Es wird dies vielfach Ver­wunderung erregen, da diese Münze als unhandlich nicht beliebt ist. Aber die Fünfmarkstücke treten an die Stelle der zur Einziehung verurteilten Taler, deren Fehlen als Silbermünze sich bereits so fühlbar macht, daß an die Reichsbant vielfach die Forderung ergangen ist, die Taler wieder verkehren zu lassen. Diesem Wunsche kann aber nicht entsprochen werden, dafür wurde die Ausprägung jener 20 Millionen Fünfmarkstücke angeordnet.

Mit einem Siege des Ministeriums Combes hat kürzlich die kirchenpolilische Debatte in der fran­zösischen Deputiertenkammer geendet Es wurde die Resolution des sozialradikalen Deputierten Hubbard, wonach alle die Trennung von Kirche und Staat betreffenden Anträge der Kongregations-Kom- Mission zugewiesen werden sollen, mit 274 gegen 178 Stimmen abgelehnt. Sodann wurde die von den Radikalen Etienne, Dubief und Sarrien eingebrachte und von dem Ministerpräsidenten Combes genehmigte Tagesordnung, in der die Kammer die Erklärung der Regierung billigt, im Vertrauen zu den Entschließ­ungen des Ministeriums, die Uebergriffe des Kleri­kalismus zu unterdrücken, mit 313 gegen 237 Stim­men angenommen.

Eine interessante Statistik über den Weinkonsum in Frankreich zeigt, daß der Weinverbrauch in Städlen mit Oktroi seit dem Jahr 1900 in den letztvergangenen Jahren über 3'/: Millionen lil zu­genommen hat. Die Stadt Paris verbrauchte im Jahre 1900 nicht weniger als 6 802 483 Liter Wein, also durchschnittlich Pro Kopf im Jahr 268 l Wein.

Wie aus London depeschiert wird, beabsichtigt Chamberlain die Auflösung des Unterhauses und dadurch eine parlamentarische Krise herbeizuführen. Mehrere Kabinettsmitglieder sind infolge des neuen Schulgesetzes abtrünnig geworden. Chamberlain will unter allen Umständen einen Ministerwechsel veran­lassen und einige ihm mißliebige Minister durch liberale Imperialisten ersetzt wissen.

die Menschen zu treten! O, wenn Sie wüßten, wie unnennbar mich ihre Worte beglücken!"

Und wiederholt Preßte er die Hände des Justiz­rats zwischen den seinen.

Ja, Sie haben nichts mehr zu scheuen. Kein Schatten steht mehr Ihrer Rückkehr nach Hamburg im Wege!" sprach Franck, den Händedruck Bergens herzlich erwidernd.

Aber mit verfinstertem Antlitz senkte dieser plötz­lich seine Blicke.

Ach, was ist mir diese Rückkehr!" sprach er ge- Preßten Tones.Frau und Kind sind mir ver­loren; man hält mich für tot; wie sehr ich mich auch nach meiner Vaterstadt zurücksehne, ich werde diesem Verlangen widerstehen müssen, das Glück der Heimat ist für mich verloren!"

Der Justizrat gab keine Antwort auf diesen Ausbruch bitteren Schmerzes.

Minuten vergingen so im tiefsten Schweigen.

Die Blicke des Justizrats hingen erwartungsvoll an den sorgendurchfurchten Zügen des andern, der mit leiser, bebender Stimme nun zu sprechen anhob.

* *

*

Es wird Ihnen jedenfalls nicht unbekannt ge­blieben sein, daß Rolf Feddersen, nachdem er Witwer geworden, sich um meine geliebte Adele bewarb," leitete Bergen ein, seine Augen fest und klar auf den Justizrat richtend.

Dieser neigte bejahend sein Haupt und Bergen fuhr fort:

New-Dork, 23. Mai. Gestern kam es wiederum zu Straßenunruhen. 200 Italiener, begleitet von 40 Frauen, versuchten die Arbeitswilligen an der Arbeit zu verhindern, indem sie in die Werkstätten der Metropolitan-Bahn eindrangen und die dort noch tätigen Arbeiter zum Ausstand aufforderten. Die Polizei wurde von den Italienern angegriffen, wobei ein Polizist durch einen Schuß, mehrere andere durch Steinwürfe von seiten der Frauen verletzt wurden. Hierauf zerstreute die Polizei die Ruhestörer mit Waffengewalt. Viele Italiener wurden durch Stock­hiebe schwer verletzt, andere erlitten Bein- oder Acmbrüche.

Der Obergeneral der amerikanischen Landtruppen, Miles, hat einen Bericht an die Regierung gesandt, über die geradezu abscheulichen Greueltaten, welche die Amerikaner auf den Philippinen verüben. Wer irgendwie verdächtig ist, kein unbedingter Anhänger der amerik. Regierung zu sein, wird mit Weib und Kind von Haus und Hof vertrieben, weshalb viele Ortschaften ganz entvölkert und die Felder unbebaut sind. Mancher nur vermeintliche Revolutionär wird in seinem eigenen Hause lebendig verbrannt. Dieser Bericht des Generals Miles ist nun in die Oeffent- lichkeit gedrungen und zahlreiche Amerikaner prote­stieren heftig gegen solche Scheußlichkeiten.

Württemberg.

Stuttgart, 23. Mai. Bei der fortgesetzten Beratung des Etats des Innern genehmigte heute die Kammer der Abgeordneten zunächst die Kapitel 35 (Förderung der Hagelversicherung), 36 (Laudgestüt), 36a (Fohlenaufzuchtsanstalt), und Kap. 37 (für Hebung der Privatpferdezucht). Zu Kap. 35 bemerkte Minister v. Pischek in Erwiderung der Aus­führungen Keßlers, der sich gegen die Exigenz von 200000 -/E. zur Förderung der Hagelversicherung ausgesprochen hatte, daß, solange der Hagelversicher­ungs-Fonds noch keine 10 Millionen betrage, zur Gründung einer eigenen württ. Hagelversicherungs- Anstalt nicht geschritten werden könne. Der Landwirt werde gut daran tun, die Norddeutsche Hagel­versicherungsgesellschaft, mit der Württemberg einen für das Land günstigen Vertrag abgeschlossen habe, im Hinblick auf deren Solidität und ihre billigen Prämiensätze zu unterstützen. In der längeren Debatte

Ich war si> glücklich, die Liebe des treuen Mäd­chens zu gewinnen und sie als mein Weib heimzu­führen. Rolf trug mir anscheinend deshalb keinerlei Haß nach; er verließ wohl das Haus, in welches meine junge Frau als Gebieterin einzog, in seinem sonstigen Benehmen mir gegenüber trat jedoch keinerlei Veränderung ein. Adele hatte stets eine fast kindische Furcht vor ihm empfunden und wenn er sie einmal fester ansah, zitterte und bebte sie unter seinen Blicken gleich Espenlaub. Sie war eine zarte, empfindsame Natur, wenig geeignet den Stürmen des Lebens Trotz zu bieten, die leider nur zu bald über sie Herein­brechen sollten.

Seit meiner Verheiratung nahm sich Rolf der Geschäfte mit verdoppeltem Eifer an; ich, ganz im Glücke meiner jungen Liebe schwelgend, überließ ihm alles vertrauensvoll, da ich wohl wußte, daß er bei weitem praktischer und umsichtiger sei, als ich; das hatte mir auch mein verstorbener Vater oft genug gesagt. Die ansehnliche Mitgift meiner Frau war für unsere kleine Tochter sicher gestellt worden; so hatte es ausdrücklich der Vormund meiner Frau ver­langt, der gegen Feddersen ein eigentümliches Miß­trauen hegte und mir Wohl nicht so viel Festigkeit zutrauen mochte, um das Vermögen meiner Frau gegen etwaige Unglücksfälle zu schützen. Rolf hatte es mich damals deutlich genug fühlen lassen, daß ich nicht energisch gegen diese Bestimmung aufgetreten war, allein ich hatte Adele nur unter dieser Be­dingung zur Frau erhalten und mußte es deshalb dabei bewenden lassen.