Vizepräsident Dr. v. Kiene (Ztr.) zählte drei Wege zur Sanierung der jetzigen Finanzverhältnisse aus. I) Steuererhöhung, 2) Staatsanlehen, 3) Umgestalt, ung des Etats durch Verminderung der Ausgabe- und Hinaufrücken der Einnahmeposten. Er sprach sich für den zweiten Weg in Verbindung mit dem dritten aus, warnte vor einer übertriebenen Sparsam­keit und begrüßte die zur Besserung der landwirt schaftlichen Verhältnisse, zur Unterstützung des Klein­gewerbes und der Arbeiter, zum Ausbau des Eisen­bahnnetzes eingestellten Posten. Redner kam dann noch auf die Aenderung des Eisenbahnsystems zu sprechen und betonte die Notwendigkeit der Selbst ständigkeit Württembergs als Glied des deutschen Reiches aus Politischen und wirtschaftlichen Gründen. Hildenbrand (Soz.) bezeichnte den Etat als agrarisch beeinflußt, kritisierte scharf die finanziellen Verhält­nisse des Landes zum Reiche, insbesondere in Bezug aus die Militärausgaben, und versprach sich einzig und allein von der Erhöhung der direkten Steuern ein Mittel, die finanzielle Lage des Landes zu sanieren. Weiterhin sprachen noch die Abgeordneten Schuhmacher (Volksp.) und Dammbacher (Zentrum) Morgen Fortsetzung.

Stuttgart, 17. März. Bei der heutigen fort gesetzten Beratung des Hauptfinanzetots für 1903/04 nahm der Finanzminister v. Zkyer das Wort, um zunächst die gestern gemachten Ausstellungen am Etat zu widerlegen. Wegen der Reichsfinanzreform schweben Verhandlungen zwischen den Einzelstaaten und dem Reich. Sollte nicht bald eine Besserung der Finanzlage sich zeigen, so würde die Regierung nicht zögern, Vorschläge zur dauernden Gewinnung größerer Mehrerträge zu machen. Es sprachen noch Krug (Z), Kraut (K.), v. Wöllwarth und F. Haußmann.

Heilbronn, 16. März. Der bisherige Reichs­tagsabgeordnete, Oberbürgermeister Hegelmaier (Rp.), wurde gestern in einer aus den 4 Oberämtern des 3. Wahlkreises besuchten Vertrauensmänner­versammlung des Bundes der Landwirte fast ein­stimmig wieder als Kandidat ausgestellt. Hegelmaier hat angenommen. Die Vollspur tei hat in Lausten Landtagsabgeordneten Betz von Heilbronn als Kandidaten aufgestellt.

Rottweil, 17. März. Auf der gestrigen Ver­trauensmännerversammlung des Zentrums für den 9. Reichstagswahlkreis (Balingen-Rottweil-Spaich- ingen-Tuttlingen) wurde die Kandidatur einstimmig Redakteur Erzberger-Stuttgarl angetragen. Derselbe hat sich, wie das D. V." berichtet, Bedenkzeit auserbeten.

Crailsheim, 15. März. Eine am letzten Sonntag hier gehaltene Versammlung der Volkspartei des 12. Wahlkreises (Crailsheim, Gerabronn, Künzelsau, Mergentheim) beschloß einstimmig, den bisherigen Reichstagsabg. Augst um nochmalige Annahme der Kandidatur zu bitten. Augst hat nun angenommen.

Tübingen, 17. März. Der gestrige erste Tag vor dem Schwurgericht endete mit einem Freispruch. Der ledige Lumpensammler Joh. Scheffel von Stein a. Rh. traf im Oktober 1901 mit einer Gesellschaft von Scherenschleifern, Schirmflickern und Seiltänzern, die zwischen Betzingen und Reutlingen ein Lager aufgeschlagen hatten, in einer Wirtschaft zusammen und bekam mit dem Korbmacher Eichhorn aus Schwanheim Streit. Um sich seinen Gegner vom Leibe zu halten, feuerte Scheffel einen scharfen Schuß ab. Er behauptete, er habe in die Luft gefeuert und den Eichhorn mit diesem Schuß nur einschüchtern wollen. Angesichts der widersprechenden Aussagen der Zeugen ließ der Staatsanwalt dir Anklage auf versuchten Totschlag fallen und beantragte selbst die Freisprechung des Angeklagten. Am 26. März kommt die Anklagesache gegen den Stadtpfleger Grüßle von Herrenalb wegen Unterschlagungen im Amt zur Verhandlung.

Waffenfabrik Mauser, A.-G. in Oberndorf a. N. Aus dem neuen Geschäftsbericht der Gesell­schaft, deren Aktienkapital von 2 Millionen Mark sich zum weitaus größten Teil im Besitz der deutschen Waffen- und Munitionsfabrik in Berlin befindet, geht hervor, daß das Unternehmen im verflossenen Jahr in der Hauptsache durch verschiedene Bestellungen der preußischen Militärverwaltung beschäftigt war. .Es wurden für diese insgesamt 17 500 Gewehre angefertigt. Weiter stellte die Fabrik Pürschbüchsenteile und Selbst- ladepistolen her. Der Verkauf an Pistolen ist weiter zurückgegangen; er erreichte aber immer noch eine befriedigende Ziffer. Auf diese Weise konnte die Fabrik, wenn auch mit verringerter Arbeitszeit, ohne wesentliche Unterbrechungen arbeiten und einen Be­triebsgewinn von 315 618 (i. V. 534191 ^.)

erzielen. Aus dem nach Kürzung der Unkosten ver­fügbaren Reingewinn von 85213 ^ sollen 4 Prozent Dividende gezahlt werden. Im vorigen Jahr wurden

5 Prozent gezahlt. Im laufenden Jahr bringt die Fabrik zunächst noch eine Lieferung für die preußische Militärverwaltung zum Abschluß. Im übrigen ist den Betrieben des Unternehmens durch die Bestellung der türkischen Regierung auf 200000 Jnfanteriegewehre für die Jahre 1903/04 volle Beschäftigung gesichert.

Göppingen, 16. März. Der Dompertsche Konkurs hat jetzt nach derGöpp Ztg." seinen Abschluß gefunden. Auf die unbevorrechteten Forderungen in Höhe von rund 160000 ^ kommen annähernd 10 Proz. zur Verteilung. Die Vorlegung der Schlußabrechnung ist auf den 14. April festgesetzt.

Rottenburg a. N. Bei Rottenburg-Kiebingen geht eine Wasserkraftanlage, verbunden mit Elektrizitäts­werk ihrer Vollendung entgegen, die, wenn vollständig ausgebaut mit einer Maximalleistung von 1500 Pferde­stärken die größte Wasserwerksanlage in Württemberg werden wird. Bauunternehmer Baresel hatte die Grab- und Wasserbauarbeiten übernommen, die Maschinen­fabrik Geislingen lieferte die Eisenkonstruklion des Wehrs nach Plänen von Professor Maurer, Voith in Heidenheim die Turbinen und zwar seine rühmlich bekannte Spezialität, SystemFrancis". Oskar v. Miller, München, ein hervorragender Fachmann auf dem Gebiete der Elektrotechnik, namentlich bekannt durch die nach seinem Projekt ausgeführte Kraft­übertragung von Lauffen a. N. nach Frankfurt a. M., anläßlich der Ausstellung 1891, hielt unlängst einen Vortrag, in welchem er die wirtschaftliche Bedeutung der Ausnutzung von Naturkräften durch elektrische Uebertragung ganz besonders hervorhob. Im ganzen sind zurzeit in Deutschland und Oesterreich Wasser­kräfte mit ca. 180 000 Pferdestärken verwendet. Für die Schweiz wird die Zahl auf 160000 Pferdestärken und für Schweden auf 20000 Pferdestärken angegeben, während Nordamerika Wasserkräfte mit ca. 40000 Pferdestärken für elektrische Betriebe verwendet. Die Gesamtleistung der zurzeit mit Wasserkraft betriebenen Elektrizitätswerke der Welt schätzt man auf 2 Mill. Pferdekräfte.

Eßlingen, 14. März. Der vor kaum Monats­frist von ca. 80 Geschäftsinhabern aus allen Ge­schäftszweigen hier gegründete Rabattvercin hat sich inzwischen in das Vereinsregister eintragen lassen und dadurch die Rechtsfähigkeit erlangt; der Verein hat in dieser kurzen Zeit über 1200 Rabattbücher verkauft und der Verkauf von Rabattmarken entspricht bis jetzt einem Umsatz von ca. 25 000 »/L, welcher sich auf die angeschlossenen Geschäfte verteilt. Dieses Vorgehen des Vereins bietet einen erfreulichen Be- weis dafür, daß durch gemeinschaftliche, zielbewußte Arbeit etwas geschaffen wird, was vielleicht geeignet ist, dem ferneren Umsichgreifen der Konsumvereine, der Warenhäuser und der Filialgeschäfte ein Ziel zu setzen und damit den vielfachen Klagen der schwer geschädigten Geschäfte des mittleren und kleineren Handels- und Gewerbestandes ein Ende zu bereiten.

Neckarsulm, 17. März. In Oedheim, OA. Neckarsulm, entstand gestern abend kurz nach 8 Uhr in der Scheuer des Gustav Sandel Großfeuer. 5 Wohnhäuser und 7 Scheuern wurden ein Raub der Flammen. Brandstiftung wird vermutet.

Stuttgart. fLandesproduktenbörse.s Bericht vom 16. März von dem Vorstand Fritz Kreglinger. Die Marktlage im Getreidegeschäft blieb in der abgelaufenen Woche ziemlich unverändert. Von Argentinien liegen ge­nügende Offerte inWeizen vor und find wiederholt Abschlüsse zu stände gekommen. Geschäft ruhig, Preise vorwöchenilich. Mehlpreife per 100 üZ inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 23 50 ^ bis 29 Nr. 1 : 26 «« 50 bis 27 «k ^

Nr. 2: 25 ^ bis 25 50 Nr. 3: 23 50

bis 24 ^ ^I, Nr. 4: 20 50 bis 21

Suppengries 28 50 ^ bis 29 Kleie 9

Slus SlaSI» Bezirk uns Umgebung.

Neuenbürg, 17. März. Am Samstag Abend fand in derSonne" dahier wieder eine Vorstands­sitzung des Schwarzwaldvereins, Bezirksverein Neuenbürg statt. Unter dem Vorsitz des Hrn. Baron v. Moltke wurden wieder verschiedene, die Ver­besserung von Wegen bezweckende Beschlüsse gefaßt. Zunächst wurde ein Beitrag von 30 verwilligt zur besseren Instandsetzung des Fußweges zum viel­begangenen Sträßchen Wildbad-Eyachmühle-Dobel. Hierzu hat auf Anregung des Vorsitzenden auch die Stadt Wildbad einen Beitrag von 50 verwilligt und wird sich bei Ausführung der Arbeit bethätigen, ebenso hat die K. Badverwaltung einen namhaften Beitrag in Aussicht gestellt. Dieser Fußsteig beginnt beim Bahnhof Wildbad bezw. am Bahnübergang und dies ist nun durch Wegtafeln kenntlich gemacht. Schon im letzten Herbst wurden an dem in Rede stehenden Sträßchen eine Anzahl Sitzbänke aufgestellt, wofür dem Hrn. Oberförster Bosch und Hrn. Ober­förster Ramm verdienter Dank ausgesprochen wurde. Desgleichen wurde auch Hrn. Oberförster Bühl er in Langenbrand der Dank' des Vereins gezollt für

seine außerordentliche Bemühung um die Errichtung des Aussichtsturms bei Langenbrand. Zum Turm selbst werden noch Wegzeichen, der Weg dazu ver­bessert, je 1 Bank oben auf der Plattform und am Fuß des Turmes angebracht werden. Für Besucher des Turmes werden auf einer Reihe von noch bekannt zu gebenden Orten Schlüssel niedergelegt. Ein leb­hafter Besuch ist sehr zu empfehlen. Wir werden bald wieder Gelegenheit haben, über die rührige Thätigkeit der Vereinsleitung zu berichten.

Neuenbürg. Die Nummer 3 der Blätter aus dem Schwarzwald enthält die Fortsetzung der lebhaft geschildertenSchwarzwaldwanderung" von A. Reitz, eine Beschreibung und die Geschichte vonSchloß Lichlenegg bei Harthausen OA. Obern­dorf", sehr anmutendeWaldbilder aus der Rotmurg" von K. Regelmann in Stuttgart, geschichtliche Er­innerungen vonLangensteinbach und der Barbara- Kapelle" von Gerwig-Pforzheim, eine anziehende Schilderungeiner Winterfahrt in den Schwarzwald", eine humoristische Einladung zur Besichtigung des Kurhauses Hohen-Rodt" und sonstige verschiedene Nachrichten. Nach einem Ausweis des Mitglieder­verzeichnisses ist die Zahl der Mitglieder in stetem Wachsen begriffen. Die Märznummer zeichnet sich durch reichen, gediegenen Inhalt und durch sehr schöne Bilder aus.

Neuenbürg. Der Frühling tritt an diesem Samstag seine kalendermäßig verbriefte Herrschaft an. Sem Kommen erfreut jeden, bietet es doch die Bürgschaft für die nun eintretende Auferstehung in der Natur! Als rotwangiger, lachender, von Lebens­lust übersprudelnder Knabe, geschmückt mit frischem Grün und den ersten duftigen Blumen, kommt er, getragen von den linden Lüften, in das Land ge­zogen! Seine Ausgabe ist, neues Leben, neue Luft und Freude zu spenden. Er schmückt die Erde immer mehr mit dem zarten Grün, das als Farbe der Hoffnung mit seinem lieblich leuchtenden Schein die Ahnung von neuem Leben und neuem Mut in den Herzen der Menschen weckt. Er bricht die letzten Herrschaftsversuche des Winters mit gewaltiger, ele­mentarer Macht und beendet damit auch das Leben in der engen, dunsterfüllten Stube! Jetzt heißt die Losung: Hinaus in die frische, reine, würzige Früh- lingslüft, die Lunge und Herz erquickt und stärkt, welche die Wangen mit gesundem Rot überzieht und den ganzen Menschen neu belebt. Hinaus zu den singenden, jubelnden Vögeln, zu den schwellenden Knospen und zu den blühenden Bäumen! Aber es heißt auch jetzt weiter: Herein du schöne Frühlings- tust! Erfülle Wohn- und Schlafgemächer mit deinem gesundheitspendenden Duft! Verjage den Winter aus jedem verstaubten und modrigen Winkel in den Wohnungen, damit erfrischender Geruch, wie Natur und Herz, auch Haus und Zimmer durchwehe! Die Frühlingslosung heiße: Herzen, Thüren und Fen­ster auf!

Neuenbürg, 17. März. Als Beweis, welche Wunder die warmen Frühlingstage der letzten Wochen bewirkt haben, wird uns heute aus dem Garten /des Gemeindepflegers Gottlieb Wolfinger in Rudmers­bach ein Zweig eines blühenden türk. Kirschbaumes überbracht. Wenn nur kein Frost mehr kommt, der die jungen Triebe und Blüten zerstört.

(:) Dobel, 16. März.Oculi da kommen sie!" Heute Abend wurde von Hrn. Forstamtmann Lang hier die erste heurige Schnepfe aus unserer Höhe erlegt.

Altensteig, 17. März. Ein in Nagold beschäf­tigter junger taubstummer Bursche schlich sich vor­gestern Nachmittag im Gasthaus zurLinde" hier, während die Wirtsleute in der Wirtschaft zu schaffen hatten, in.ein vom Wirt bewohntes Zimmer ein. Das Dienstmädchen kam gerade dazu, als der Bursche in den Kästen und Kommoden nach Geld suchte. Es benachrichtigte den Dienftherrn sofort, doch gelang es dem Burschen, noch rechtzeitig zu entfliehen. Erst abends gelang es den hiesigen Schutzleuten, den Burschen in dem Augenblick festzunehmen, als er mit der Bahn nach Nagold abreisen wollte.

Pforzheim, 7. Mürz. Der Betrieb des Bürlle'schen Sägewerks im Würmthal erleidet durch das Brandunglück keine Unterbrechung, da der Brand nicht das Sägewerk sondern nur die Werkstätten und das dazu gehörige Maschinenhaus zerstört hat.

Pforzheim. Auswärtige Blätter schreiben: Wie unehrliche Arbeiter oft handeln, beweist folgendes: Beim Ausgraben eines Bäumchens auf dem Hachel wurde dieser Tage ein Bündelchen Goldketten, teilweise schon fertig eingehängt, von einem Knaben gefunden. Die Kostbarkeit etwa 2 Pfund schwer und über 1000 im Wert wurde bei der Polizei abgeliefert. Ob der unehrliche Missethäter entdeckt wird?

LW" Hiezu zweites Blatt. "ML