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Neuenbürg, Montag den 2. März 1903

61. Jahrgang.

RunSschau.

Im Reichstage wurde am Donnerstag die zweite Lesung des Etats für das Reichsamt des Innern zu Ende geführt Am Freitag wurde die Novelle zum Kranken­versicherungsgesetz beraten. Zu offener Gegnerschaft gegen den Entwurf bekannte sich kein Redner. Die allgemeine Verlängerung der Krankenunterstützung von 13 auf 26 und der Wöchnerinnenunterstützung von 4 auf 6 Wochen fand allseitige Zustimmung. An der Verschiebung der Regelung der Aerztefrage wird die Vorlage so wenig scheitern, wie an der Nichteinbeziehung der ländlichen Arbeiter in die Ver­sicherung. Es erscheint somit die Erwartung gerecht­fertigt, daß das Gesetz aus der 21gliedrigen Kom­mission, der es zur Vorberatung überwiesen wurde, noch rechtzeitig annahmereif an das Plenum zurück­gelangen wird. Am Samstag standen auf der Tagesordnung eine Reihe von Petitionen, dann die zweite Beratung des Postetats.

Bei der fortgesetzten Beratung des Militär etats in der Budgetkommission des Reichstags fragte der Abg. Müller-Fulda (Zentr.) an, ob die Vorwürfe, die vielfach in der Presse gegen unser jetziges Feldartilleriematerial erhoben worden seien, berechtigt wären, und ob man die Einführung neuer Geschütze beabsichtige. Der Kriegsminister gab darauf sehr umfassende Erklärungen ab, die dahin zusammen­gefaßt werden können, daß unsere neuen Geschütze als Schnellfeuerkanonen mit einem neuen Kaliber, mit Metallkartuschen und neuer Zündung sich durch­aus bewährt hätten. Nach langen sorgfältigen Vor­arbeiten eingeführt, hätten sie damals einen groß­artigen Fortschritt dargestellt. Die ausländischen Geschütze seien in keiner Weise besser, und von einer Ueberlegenheit der fremden Artillerie, namentlich der französischen, könne keine Rede sein. Die neue Kon­struktion von Rohrrücklaufgeschützen stelle unbestreitbar einen großen technischen Fortschritt dar, und sollte weiter erprobt werden. Man hoffe dadurch die Kräfte der Mannschaften zu sparen und gleichzeitig es dahin zu bringen, daß durch einen Umbau der Lafette unter Beibehaltung der gegenwärtigen Rohre und Munition mit verhältnismäßig geringen Kosten eine wesentliche Verbesserung unserer Feldartillerie ermöglicht werde.

Falsches Geld.

1) Novelle von K. v. Lippe. (Nachdr. Verb.)

Es war mir nach langen Jahren gelungen, auf meinen besonderen Wunsch zur Kriminal-Abteilung versetzt zu werden. Viel Thatendurst und Ehrgeiz nach Auszeichnungen hatte ich in meine neue Stellung mitgebracht, nur hatte die Gelegenheit noch gefehlt, mich hervorzuthun.

Für einen jungen Beamten, der an Avancement und dergleichen denkt, ein wirklich düsteres Geschick.

Die eines Vormittags bei dem Chef der Abteilung stattfindende Konferenz hatte fast ihr Ende erreicht. Ich war dem Vortrage wohl mit Aufmerksamkeit, aber ohne besonderes Interesse gefolgt; plötzlich wurde dasselbe geweckt durch die Mitteilung, daß nach einer aus Petersburg eingegangenen Anzeige sich in unserer Residenz Fälscher russischer, äußerst gut nachgeahmter Banknoten aufhalten sollten; wären die Leute nicht mehr in der Residenz, so sei doch unzweifelhaft, daß sie sich hier aufgehalten hätten, und es wurde dringend gebeten, die Spur der Verbrecher zu ermitteln und zu verfolgen. Leider fehlte jedes Signalement der Gauner, nur das war mit ziemlicher Gewißheit an­gegeben worden, daß es zwei Personen waren, von denen der eine schwarze Augen habe und mit dem Kreuze der Ehrenlegion geschmückt gewesen sei, ferner wäre er außer der russischen auch der französischen und deutschen Sprache vollständig mächtig. Dann wurde mitgeteilt, daß die Gauner in der Verbrecher-

So lange die Versuche nicht abgeschlossen seien, könne man natürlich keine Beschlüsse fassen; gründliche Er­probung auch für die Kriegsbrauchbarkeit sei dringend notwendig.

Berlin, 28. Febr. DieNat.-Ztg." schreibt: Der Bundesrat hat über die Aufhebung des K 2 des Jesuitengesetzes noch nicht Beschluß gefaßt. Es wird angenommen, daß, falls der preußische Ein­fluß eine Mehrheit für den von dem Grafen Bülow angekündigten Antrag Preußens bewirkt, doch die Minderheit eine starke sein wird. Als sicher für die Aufhebung des K 2 werden bis jetzt die 18 Stimmen Preußens mit Waldeck und, zumal nach dem Minister­wechsel, die 6 Stimmen Bayerns, also 24 unter 58, angesehen. Gegen den Antrag werden Sachsen (4), Württemberg (4) und Braunschweig (2), zusammen 10 Stimmen sein. Wie die anderen Staaten votieren werden, ist nicht bekannt."

Berlin, 28. Febr. Der Seniorenkonvent des Reichstages entschied sich für die Tagung nach Ostern. Die Osterferien sollen vom 25. März bis zum 21. April dauern. Vor den Osterferien soll der Etat und nach den Osterferien die Krankenkasfennovelle und das Phosphorzündwarengesetz erledigt werden.

Die Sekundärbahn-Vorlage ist dem Preuß­ischen Abgeordnetenhause zugegangen. Es werden im ganzen 83 Millionen Mark gefordert, nämlich 14 Millionen Mark für die Hauptbahn Saarbrücken- Bonn, 58 Millionen Mark für 15 Nebenbahnen, 6 Millionen Mark Mehrkosten für später bewilligte Bahnen, 5 Millionen Mark zu Kleinbahnen.

Berlin, 28. Febr. Das Kaiserpaar fuhr vor­mittags beim Chef des Generalstabes der Armee, General der Kavallerie Graf v. Schlieffen vor und überbrachte ihm seine Glückwünsche zum 70 Geburtstage.

Der Kaiser und die Kaiserin haben vom Nordd. Lloyd eine Einladung erhalten, auf dem neuen DoppelschraubenschnelldampferKaiser Wil­helm II." eine Vergnügungsfahrt in die Nordsee zu unternehmen.

Aachen, 27. Febr. Das verstorbene Freifräulein v. Lommesfen hat die Stadt Aachen zur Universalerbin eingesetzt. Nach Abzug einiger Legate verbleiben aus dem Nachlaß noch 189 000 ^ zur Verwendung der Stadt.

Welt derFälscher" sehr gute Verbindungen haben müßten; dafür spräche die Art und Weise, wie in Moskau, Warschau und anderen Orten die Veraus­gabung der Falsifikate bewerkstelligt worden wäre.

Es wurde also von dem Vortragenden empfohlen, unsere besondere Aufmerksamkeit zunächst auf die in der Residenz anwesenden Russen, und namentlich auf ein Subjekt mit stechenden schwarzen Augen, mit dem Kreuze der Ehrenlegion dekoriert, zu richten.

Nun hatte ich am Samstag der vergangenen Woche im Garten des Friedrich - Wilhelmstädtischen Theaters nach Schluß der Vorstellung, während des noch stattfindenden Konzerts, einen Herrn bemerkt, auf den diese Beschreibung genau zutraf, und der mit einem Herrn, anscheinend einem Geistlichen, an einem Tische unweit meines Platzes gesessen hatte. Ich hatte hierbei bemerkt, daß die beiden sich nicht unterhielten, und glaubte deshalb, daß sie zufällig an ein und demselben Tisch Platz genommen und sich vollständig fremd wären, wurde aber eines Bessern belehrt, als ich eine Viertelstunde später in der Karls­straße beide Personen in der Droschke 2007 bei mir vorüber fahren sah.

Die Konferenz war beendigt und in größter Eile verließ ich das Präsidium. Was ich thun, wie ich beginnen wollte, wußte ich selbst noch nicht, nur da­rüber war ich mit mir einig, daß, wenn der Ritter der Ehrenlegion, den ich im Theatergarten gesehen, der verfolgte Fälscher war, ich sicher seine Spur finden würde; denn ich wußte ja die Nummer der Droschke, die der Herr Ritter mit dem Geistlichen

Das Frankfurter Journal ist die älteste deutsche Zeitung. Sie besteht seit 287 Jahren und leidet schon lange an Altersschwäche. Am nächsten 1. April wird sie zu bestehen aufhören.

Die Karlsruher Warenhäuser verkaufen jetzt auch frische Gemüse zu spottbilligen Preisen. Am Mittwoch abend hielten sie eine Versammlung ab. Es ging dabei äußerst lebhaft zu, da der Grimm über die Warenhäuser sich in der derbsten Weise Luft machte. Beschlossen wurde die Gründung eines Ver­eins zum gemeinsamen Waren-Einkauf.

Die Eisenbahndirektion in Breslau hat an ihre Beamten die folgende löbliche Warnung vor dem sogen. Naturheilverfahren erlassen: Neuerdings werden wiederum von sogenannten Naturärzten und deren Vertretern Versuche gemacht, den Eisenbahn­bediensteten das Naturheilverfahren zu empfehlen und sie zum Ankäufe von Schriften über Naturheilkunde und über Naturhellverfahren zu verleiten. Wir ver­anlassen die Dieustvorsteher und Jnspektionsvorstände wiederholt, dafür besorgt zu sein, daß die Eisenbahn­bediensteten nicht durch sogen. Naturärzte und deren Agenten oder durch Verbreitung von Schriften über Naturheilkunde für das Naturheilverfahren zu ge­winnen versucht werden. Die Bediensteten sind auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die mit dem sogen. Naturheilverfahren für die Gesundheit verbun­den sein können und vor dem Ankäufe derartiger Schriften zu warnen.

Neustadt a. H, 27. Febr. Die Weinhändler von Neustadt und Umgebung wollen nunmehr der Weinschmiererei, die trotz Weingesetz immer noch nicht aufgehört hat, durch eigene Thätigkeit zu Leibe gehen. Sie gründeten in einer heute hier abgehaltenen Ver­sammlung einen Verein zum Schutze der Interessen des reellen Weinhandels. Die Bestrebungen gehen besonders darauf hinaus, die Schund-Offerten zu bekämpfen, die von unreellen Firmen in die Welt hinausgehen, die minderwertige Ware unter der Etikette berühmter Marken zu Schandpreisen anbieten und dadurch das reelle Weingeschäft unmöglich machen.

Markirch, 27. Febr. Eine schreckliche That beging heute kurz nach Mittag der anfangs der dreißiger Jahre stehende Fabrikangestellte Schmidt. Vom Büreau zu Hause angelangt, ergriff er sein einziges Kind, ein fünfjähriges Söhnlein, und schnitt

erst vor fünf Tagen benutzt hatte, und ich glaubte mit Recht voraussetzen zu können, daß die Herren zu so später Stunde Wohl nur nach ihrem Hotel den Weg genommen hatten; entweder fand ich dort noch beide, oder waren dieselben schon abgereist, so konnte ich von dort aus ihre Spur weiter verfolgen. Trafen diese Voraussetzungen zu, dann war die Verfolgung der Fälscher in meiner Hand.

Ich war ganz mit diesem Gedanken beschäftigt weiter gegangen, ich sah gar nicht den Hellen freund­lichen Morgen, wie die Sonne so lustig in den Straßen der Residenz hineinschien, daß die Gesichter der hier wandelnden glücklichen Menschen noch früh- licher ausschauten, und die Betrübten und Unglücklichen unter diesem Sonnengruße wohl, wenn auch nur auf fünf Minuten, das, was sie bekümmerte, ver­gessen konnten.

Instinktiv hatte ich meine Schritte nach den Straßen gelenkt, in welchen die Wogen des Menschenstromes vom frühen Morgen bis spät in die Nacht hinein fast gleichmäßig fluten. Ich war in die Königstraße gelangt, und drüben da stand vor dem Schau­fenster eines Juweliers der Herr Prediger, der mich in Gemeinschaft mit seinem Freunde, dem Ritter der Ehrenlegion, seit einer halben Stunde so lebhaft beschäftigte.

Etwas unschlüssig, ob ich den Herrn Prediger nicht sofort anreden und um Ausweis seiner Person bitten sollte, bemerkte ich, wie ein kleiner, aber kräftiger Herr in grüner Joppe, einen Kalabreser burschikos auf dem Kopfe, einen Stock mit Gems-