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Der Enztyälen

Anzeiger für das Cnzthal und Umgebung.

Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Neuenbürg.

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16 .

Neuenbürg, Mittwoch dm 28. Januar 1903.

61. Jahrgang.

RrmSschau.

Zur Präsidentschaftskrisis im Reichstage verlautet. Graf Ballestrem sei zwar geneigt, eine etwa auf ihn fallende Wahl zum Präsidenten anzu­nehmen, aber nur unter der Bedingung, daß feste Normen für die Frage, ob und inwieweit Aussprüche und Handlungen des Kaisers in den Plenarverhand- lijngen des Hauses erwähnt werden dürfen, geschaffen wurden. Indessen erscheint es fraglich, ob hierüber bis diesen Donnerstag, als den Tag der Neuwahl des Präsidenten, eine Verständigung zwischen den maßgebenden Parteien des Reichstages erzielt werden wird. Uebrigens stattete der Reichskanzler dem Grafen Bällestrem anläßlich dessen Verzicht auf die Präsidentenwürde im Laufe des Sonntag einen Be­such ab.

Dem Bundesrat ist jetzt die angekündigte Reichstagsvorlage, betreffend die größere Sicherung des Wahlgeheimnisses, in Form eines vom Reichs­kanzler gestellten Antrages zugegangen. Dieselbe lehnt sich durchweg an den bekannten, den gleichen Zweck verfolgenden Antrag Rickert an, den der Reichs­tag seinerzeit einstimmig genehmigte. Derselbe ent­hielt genaue Bestimmungen über Größe, Format und sonstige Beschaffenheit der Stimmzettel und der am Vorstandstische bereit zu haltenden Umschläge, sowie auch über den Wahlakt selber. Bei letzterem ist das wichtigste Moment die Bereitstellung eines besonderen Nebenraumes neben der allgemeinen Wahllokalität, in welchen jeder Wähler einzeln einzutreten hat, um daselbst den Stimmzettel in den ihm eingehändigten Umschlag eiuzulegen.

Frankfurt, 26. Jan. Der Kaiser hat für den Gesangwettstreit in Frankfurt die Tage vom 4. bis 6. Juni, für das Empfangskonzert der Frankfurter Gesangvereine den Abend des 3. Juni bestimmt.

Der deutsche Kronprinz ist am Montag von seinem Besuche am Petersburger Hofe wieder in Berlin eingetroffen. Die Rückreise nach Deutschland führte der Kronprinz auf dem Umwege über Now­gorod aus, wo er am Samstag Nachmittag das Infanterieregiment Wyborg, dessen Chef Kaiser Wilhelm ist, besichtigte.

Der bisherige deutsche Botschafter in Washington, Dr. v. Holleben, ist am Sonntag in Berlin eingetroffen.

Ein verlorener John.

7 Erzählung von Ä. II.

Der Angeredete trat dicht an Rudi heran, der gerade in diesem Augenblick einen kräftigen Husten­anfall bekam.

Was treiben Sie hier, Mann?" fragte er in strengem Ton,mit dem Husten dürfen Sie nicht in solchem Hundewetter im Park bummeln. Können Sie radfahren?"

Ich habe es gekonnt, aber heute könnte ichs nicht," sagte Rudi leise.Lassen Sie mich ruhig hier, ich finde schon meinen Weg!"

Nein, das geht nicht, er könnte sich ein Leid anthun," raunte Ellen Ihrem Gatten zu.Da fährt ein Wagen, lauf Dicki und frage, ob er frei ist."

Der Knabe gehorchte.

Aber, kleine Frau, wohin willst Du mit dem Mann ?"

In irgend ein Krankenhaus, oder noch lieber erst zu uns. Hast Du etwas dagegen? Er ist kein Verbrecher, ich kenne ihn, nachher erzähle ichs Dir!"

In Gottes Namen denn, Du kleine Phantastin!" flüsterte der Gatte.

Dann wandte er sich an den Fremden und faßte seinen Arm.

Kommen Sie heute abend mit uns, mein Freund, morgen sehen wir weiter!" sagte er freundlich.Da kommt der Junge wahrhaftig mit einem Wagen. Also jetzt nicht gefackelt, hinein mit Ihnen!"

Dr. Reinhard, der Minister ohne Portefeuille im badischen Staatsministerium, die eigentliche lenkende und treibende Kraft in der Klosterangelegen- heii, ist plötzlich von einer Blinddarmentzündung be­fallen worden. Er mußte daher seine geplante Er­holungsreise nach Italien aufgeben.

Dresden, 26. Jan. Der Senat der technischen Hochschule macht durch Anschlag am schwarzen Brett bekannt, er habe den im vorigen Herbste als Studierender der allgemeinen Abteilung immatrikulierten Andro Giron wegen Nichterfüllung seiner Zahlungsverbind­lichkeilen ans der Liste der Studierenden gestrichen.

Kehl, 25. Jan. Nachdem man erst vor vier Tagen im benachbarten Straßburg eine Dienstmagd wegen Kindesmords verhaftet hatte, wurde am Freitag Abend gegen ^9 Uhr wiederum ein ge­meiner Kindesmord begangen. Die in einem dortigen Restaurant beschäftigte Dienstmagd A. W. aus Herrenalb schnitt dem Neugeborenen mittels eines Küchenmesfers die linke Halsschlagader auf, sodaß der herbeigerufene Arzt blos den Tod konstatieren konnte.

Aus Franken, 23. Jan. Ein Teil der großen Faßfabrik Wellhöfer in Heidingsfeld a. M. wurde vorgestern mittag ein Raub der Flammen. Gegen lOOO Stück vorrätige Wein- und Bierfässer sind verbrannt. Der entstandene Schaden beläuft sich auf etwa 40000

Den Franzosen ist vom Väterchen an der Newa eine neue Aufmerksamkeit gerade während des Besuches des deutschen Kronprinzen in Petersburg erwiesen worden. Dieselbe bestand darin, daß der Kaiser Nikolaus dem Präsidenten Loubet mittels Telegramms 25000 Franks für die notleidende Be­völkerung der Bretagne zur Verfügung gestellt und hierbei diese Spende als ein Zeichen seinerHoch­achtung und seiner lebhaften und unveränderlichen Sympathien für das befreundete und verbündete Frankreich" hingestellt hat. Dasbefreundete und verbündete" Frankreich kann also ruhig sein, der Petersburger Besuch des deutschen Thronfolgers wird die intimen russisch-französischen Beziehungen unbe­einflußt lassen! Natürlich beeilte sich Herr Loubet, dem Zaren in einer Antwortdepesche zu danken und bei dieser Gelegenheit ebenfalls die unveränderte Fortdauer der dicken russisch-französischen Freundschaft zu betonen.

So kam es, daß Rudi Keller in das Haus des Kaufmanns Harry Morton kam.

Wie dieser ihn mit eben so viel Energie wie Gutmütigkeit in den Wagen genötigt hatte, so ge­leitete er ihn in das Gastzimmer, welches Frau Ellen in Eile hergerichtet hatte.

Rudi hatte ja niemals einem energischen Willen gegenüber sich wehren können.

Jetzt fühlte er sich vollends unfähig, dem kraft­vollen Mann zu widerstehen. Er ließ alles mit sich geschehen, stumm und völlig apathisch.

Wer er nur sein mag?" sagte Morton sinnend. Seinen Namen hat er mir genannt und auch ge­sagt, daß er vor zwei Jahren herüber gekommen ist. Aber er spricht wie im Traum und nur, wenn man ihn direkt fragt. Dabei ist seine Garderobe in kläglichem Zustand, alles fast in Lumpen; ich fürchte, wir haben uns einen jener Deklassierten ins Haus geholt, mit denen Europa uns so reich beschenkt!"

Er ist gewiß nicht schlecht," sagte Frau Morton eifrig,man kann doch auch unverschuldet ins Un­glück kommen. Ich erzählte Dir noch nicht, daß ich diesen armen Mann im vergangenen Sommer schon einmal sah. Es war während Du in England warst. Papa hatte mich eingeladen, bei Thaylor mit ihm zu Abend zu essen. Es war ein glühend heißer Tag gewesen, und dieser Kellner sah so krank aus, als solle er im nächsten Augenblick umfallen!"

Also Kellner ist er? Hm, das werden alle diese nichtsnutzigen Bengel, die man um irgend einer

Ueber den dem Senat in Washington unter­breiteten Panamakanal-Vertrag zwischen der Union und Columbien werden weitere Einzelheiten ver­öffentlicht. Aus ihnen ist hervorzuheben, daß das Gebiet am Panamakanal neutral sein soll und daß die Vereinigten Staaten diese Neutralität, sowie außerdem die Oberhoheit Columbiens über den Kanal garantieren. Die Unionsregierung versichert über­haupt, daß sie mit dem Erwerb des Panamakanals keine politischen Sonderzwecke verfolge und daß sie namentlich nicht daran denke, der Selbständigkeit Columbiens und der anderen südamerikanischen Staaten zu nahe zu treten.

Paris, 27. Jan. Gestern ist aus dem Mont Peloe auf Martinique ein 250 Meter hoher Feuer­strahl aufgeschossen. Menschen kamen nicht zu Schaden.

Durban, 26. Jan. Reutermeldung. Infolge der Ausbreitung der Bubonenpest verlassen die ein­geborenen Dienstboten und Arbeiter zu Tausenden die Stadt. Die Zululandfurten sollen geschlossen werden.

Württemberg.

Stuttgart, 26. Jan. Der König hat sich heute Vormittag zur Geburtstagsfeier des Kaisers nach Berlin begeben.

Stuttgart, 27. Jan. Zur Landtagsersatzwahl im Bezirk Münsingen erfährt derBeob." von zuverlässiger" Seite, daß in einer am letzten Samstag in Auingen veranstalteten Vertrauensmännerversamm­lung des Bundes der Landwirte Reichstagsabgeordn. Schrempf als Kandidat aufgestellt worden sei. Die Volkspartei soll an den Direktor des Münsinger Zementwerks, Oßwald (früher Stadtschultheiß von Münsingen), denken. Sonst werden noch Geometer Ostertag-Laichingen und ein Bauer Schmied von Oberwilfingen genannt.

-n. Heilbronn, 27. Jan. Gestern Abend war hier großer Zapfenstreich, prächtige Beleuchtung der Kilianskirche, deren Turm sich wie ein gewaltiger Chriftbaum ansah, Bankett in der Harmonie (Fest­rede von Ephorus Dr. Lechlcr), heute festlicher Kirch­gang des hiesigen Bataillons und nachher Parole, wobei die Regimentsmusik spielt. Heute herrliches Kaiserwetter.

-n. Heilbronn, 27. Januar. Die Streitaxt ist begraben, Friede ist im hiesigen Rathaus eingekehrt,

schmutzigen Geschichte halber einfach nach Amerika schickt," bemerkte der Kaufmann gedankenvoll.Mit diesem jungen Menschen ist es wohl schnell bergab gegangen, und wärst Du nicht dazwischen gekommen, so wäre die Welt um einen Lumpen ärmer!"

Harry, Du sprichst so hart, viel strenger als Du bist," sagte Ellen vorwurfsvoll,aber glaubst Du wirklich, daß er . ." sie stockte.

Morton zog den kleinen Taschenrevolver hervor.

Dies Ding fand ich in seiner Rocktasche, als ich ihn zu Bett brachte!"

O Gott, wie schrecklich!" murmelte die junge Frau totenbleich.

Du versprichst mir, Dich vorläufig nicht mit der Pflege dieses Gastes zu befassen," sagte Morton, zunächst wollen wir abwarten, was Dr. Spencer sagt. Du hast nach ihm geschickt?"

Sie nickte.

Auch nach einer Pflegerin!"

Ach, sie kannte ja so wenig von der Schlechtig­keit der Welt. Sie kannte nur ihren braven, ehren werten Mann, an dem sie, die um fast 20 Jahre Jüngere, mit abgöttischer Liebe hing, und dessen kleinen Sohn sie wie ihr eigenes Kind liebte. Ihr Haus war ihre Welt, und was schlecht und gemein war, hielt man ihr fern. Wie leicht hatte sie es, rein und gut zu sein!

Aber er, dieser arme, junge Mensch, welchen Versuchungen war er wohl ausgesetzt gewesen?

Ter Arzt kam und untersuchte den Kranken genau.