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die Absicht hatte, sich ihnen anzuschließen. Die Belohnung von 25 000 Franken wird dem Mad­rider Polizeiinspektor Caro zuerkannt werden, da festgestellt wurde, daß er das Haus, in dem die Humberts wohnten, bereits seit dem 15. Dezember überwachte, während der anonyme Brief erst vom 17. Dezember datiert ist. Die Geliebte Romain Daurignacs, Fräulein Dalaza, wurde in dem Augenblick verhaftet, als sie in Buenos Aires den Dampfer «Labrador", mit dem sie aus Lon­don eingetroffen war, verlassen hatte.

Belgrad, 25. Dez. Halbamtlich wird ver­sichert, daß Graf Lamsdorff, der hier mit großen Ehren empfangen worden ist, eine Spezialmission des Zaren an den KöniK von Serbien und den Fürsten von Bulgarien durch­zuführen habe. Außer der mazedonischen Frage werde auch die Frage der Reise des Königs nach Rußland und die Thronfolgefrage zwischen dem Könige und Lamsdorff zur Sprache gelangen.

Wie die ZeitungRußkij Turkestan" meldet, hat der Zar als erste Hilfeleistung für die durch das Erdbeben in Andischan Betroffenen 50 000 Rubel gespendet.

Hlnteryutterider Heil.

Schweigt, ihr ernsten Glocken, schweiget!"

Eine Weihnachtsgeschichts.

Sie begehen nicht nur eine Thorheit, wenn Sie dasselbe aus falschem Ehrgefüble zurück­weisen, sondern auch eine Sünde gegen Ihr Kind. Ueberdies kann ich Ihnen zu Ihrer Be­ruhigung die Versicherung geben, daß niemand auch nur den geringsten Verlust erleiden wird, mithin auf die Ehre Ihres Gatten auch nicht der Schatten eines Makels fallen wird.

Ich mußte dem alten, treuen Diener nach einigem Nachdenken recht geben, steckte das Kouvert zu mir und verließ mit wankenden Schritten das Zimmer, in dem mein unglück­licher Gatte so viele Jahre im ernsten Streben für seine Familie geschafft hatte und kehrte, auf den Arm des treuen Martens gestützt, in unser verödetes Haus zurück. Einen Monat harrte ich, ob keine Nachricht von meinem Mann ein- treffe, dann verließ ich mit dir die Stadt und das Land, ängstlich bemüht, einen möglichst großen Zwischenraum zwischen der Stätte meines höchsten Glückes, aber auch meines entsetzlichsten Elends, und meinem künftigen Aufenthaltsorte zu bringen und wählte endlich diese große Stadt, wo mich niemand kannte, zugleich hoffend, in dem ungeheuren Menschenstrom unbeachtet zu bleiben. Das Plötzlich über mich hereingebrochene Unheil hatte aber eine große Schwäche in mir hinterlassen, die mich für jede Arbeit unfähig machte, und nun der Gedanke an dich, das teure Vermächtnis meines Gatten, verlieh mir die übernatürliche Kraft, daß ich nicht auf's Siechbett fiel. Dadurch schmolz aber mein Ver- mögen zusehends, und als deine Erziehung be­endet war, war es auch mit diesem zu Ende und ich war nun arm, ärmer als die geringste Taglöhnerin, welche durch ihre Hände Arbeit sich und die Ihrigen vor Hunger und Not be­schützen kann; so mußte ich den Leidenskelch bis zur Neige leeren, indem ich es zugeben mußte, daß mein Kind für mich arbeiten mnß, damit wir wenigstens vor der äußersten Not geschütztseien."

«Und ich habe es so gern gethan, Mütter­chen," entgegnete das junge Mädchen, indem eine holde Röte ihr Antlitz wunderbar verschönte. O, du kannst nicht ermessen, mit welcher seligen Wonne ich arbeite bei dem Gedanken, daß ich dies für die beste Mutter thue. Aber seit ich deine so unendlich traurige Geschichte gehört habe, ertönt fortwährend eine immer lauter werdende Stimme in mir, welche mir zuruft daß mein Vater lebt und bald zu uns zurück­kehren werde, und daß wir nach der langen Nacht des Elendes noch unsagbar glücklich sein werden. Gewiß, diese innere Stimme trügt nicht, wenn sie mir fort und fort zuruft: «Hoffe, o Menschenkind! Die Nacht ist vergangen, die Dämmerung bricht an!" Ja für uns bricht die Dämmerung an und bald wird es Tag werden, ein langer, ewig langer Tag des Glückes, der Seligkeit und der Wonne! Doch jetzt,

Mütterchen, stille deine Thränen! Hörst du die Weihnachtsglocken ertönen, die aus allen gläu- Herzen mit sanfter Macht verdrängen die Schmerzen und sie öffnen der Lust, daß sie rufen aus voller Brust: Groß ist Gott in der Höh'! Und nun komm' und laß uns wie alljährlich, so auch heute, mein liebes Weih­nachtslied singen, daß auch wir dem Vater im Himmel unsere Anbetung zollen, daß er der sündhaften Menschheit seinen Sohn als Erlöser gesandt hat, als Erlöser von der Sünde und bösen Lust, als Bringer alles Segens und der himmlischen Freude."

Und die Arme zärtlich um die Mutter schlingend, stimmt sie mit einem wohlklingenden Sopran Krummachers schönes Lied, «Der heilige Abend", an, in welches die Mutter mit einem schmiegsamen Alt einfiel:

«Schweigt, ihr ernsten Glocken, schweiget!

Stily Getümmel nah und fern!

Von dem hohen Himmel steiget Die geweihte Nacht des Herrn!

Droben wohnt das klare Licht,

Hier auf Erden ist es nicht.

Geist empor! Mein Herz nach oben!

Lasset uns den Vater loben!

Bon des ew'gen Lichtes Throne,

In ein Pilgerkleid gehüllt.

Kommt, daß er auf Erden wohne,

Er, des Bakers Ebenbild.

Heilige, geweihte Nacht,

Die das Kindlein uns gebrach!,

Dir ertönen unf're Lieder!

Schweb', o schwebe sanft hernieder!"

Sie waren in der Andacht, die das liebliche Lied in ihnen erweckt, so versunken, daß sie ein leises Klopfen an der Thür gar nicht hörten; kaum waren jedoch die letzten Töne verklungen, als ein riesiger Mann hereintrat, der die Thür jedoch nur anlehnte, und dessen dunkelschwarzes Gesicht unter,einer Menge von Schachteln und Päckchen, die er auf beiden Armen trug, fast ganz verschwand, so daß Mutter und Tochter bei der plötzlichen Erscheinung auseinanderfuhren. Bald aber hatte die Tochter den Neger erkannt, welcher mit feucht schimmernden Augen, das Gesicht zu einem komischen Ausdruck verzogen, dastand und bald das dürftig eingerichtete Zimmer, bald die beiden Frauen anblickte.

Ach, Sie sind es, Monsieur Pompejus?" fragte das erstaunte Mädchen, auf den Neger zutretend. «Wie in aller Welt kommen Sie hierher? Sie haben sich wohl im Hause oder in der Thür geirrt?"

«O, Pompejus nicht geirrt! Pompejus weiße Missis gesucht. Massa Sandhurst sagen: «Pom­pejus nehmen alle Sachen, was haben gekauft und tragen hin gute Missts. Weiße Missis scheinen arm, viel Freude haben an heiliger Abend." Da Pompejus machen großen Sprung, nehmen aller Sachen und laufen hierher. Pom­pejus weiße Missis sehr viel gern haben!"

Erstaunt und gerührt blickte Lucie auf den riesigen Neger mit dem kindlichen Gemüt, ehe sie erwiderte:Sie sagten mir doch, daß die Sachen für Ihres Herrn Freundin und deren Tochter bestimmt seien. Wie soll ich mir das erklären?"

Massa nicht Wahrheit reoen," entgegnete der Neger zögernd.Massa fremd in Stadt sein und gar keine Freundin haben. Massa Weiße Missis und diese viele Erinnerungen in ihm hervorgerufen. Kaufen die schönen Sachen und machen gute Missis viel Freude."

Was für ein sonderbarer Gebieter muß Euer Herr sein," bemerkte das Mädchen,wenn er für eine wildfremde Person, die er vordem nie gesehen, so erschrecklich viel Geld ausgiebt, und welche Meinung muß er von mir haben, wenn er glaubt, ich könne diese Laune eines Augenblicks mißbrauchen, und alle diese Schätze von ihm annehmen. Aber leget doch die Sachen ab, guter Pompejus, und ruhet ein wenig aus; die schwere Last muß Euch ja sehr ermüdet haben."

O nein!" erwiderte der Neger mit trauriger Miene;Pompejus wieder gehen, wenn Weiße Missis nicht alle Sachen nehmen. Aber armer Massa viel traurig sein werden!"

Seid kein Kind, Pompejus, und Euer Herr wird sich Wohl auch zu trösten wissen. Aber sagt, warum nennt Ihr Euren Herrn, der sehr reich zu sein scheint, arm?" fragte das Mädchen neugierig.

Massa viel reich sein, aber auch viel arm,* beharrte der Neger.

Wie ist das möglich? Das ist ja ein vollständiger Widerspruch!" ^Schluß folgt.l

Zu ««er vekauute« Erscheinung in der Kinder- «vekt gehört die Abneigung der Kleinen gegen Suppen, insbesondere die sogenannten Schleimsuppen. Gerade diese aber spielen bei der Ernährung eine so wichtige Rolle. Weder Zureden noch Drohen vermögen das Kind zum Essen zu veranlassen. In solchen Fällen wirkt ein kleiner Zusatz der altbewährten Maggi-Würze geradezu Wunder. Keine Mutier sollte deshalb ver­fehlen, noch dieser Richtung hin einen Versuch zu machen.

(Eine fatale Zeugin.jSie sind vorgeladen, Zeugin, um in der Klagesache Meier gegen Schmidt sich vernehmen zu lassen. Wie heißen Sie?"Aber, Herr Offiziant, wie mögen Sie nur so fragen! Sie rufen doch alle Abend so und so oft: Zenzi, ein frisches Seidel!""

(Ländlichsittlich.j Frau (beim Eintritt eines neuen Dienstmädchens vom Lande):Wenn Beschuch kommt, haben Sie denselben anzumelden!"

- Als bald darauf eine Dame erscheint, öffnet das Mädchen die Thür und ruft hinein:Jetz^ kimmt Eine!" (Fl. Bl.")

Icm-e Nachrichten«. Telegramme.

Genf, 25. Dez. Die Kronprinzessin von Sachsen ermächtigte ihren Anwalt, den Altbundes­rat Lachenal, zu folgender Erklärung: Sie sei entschlossen, die eheliche Gemeinschaft nicht wieder aufzunehmen und werde vor Lösung der jetzigen Schwierigkeiten betr. die Auflösung der Ehe weder nach Deutschland, noch nach Oesterreich zurückkehren, da sie überzeugt sei, daß man sie, wenn sie zurückkehrte, für geistig gestört aus­geben würde, um sie in einem Irrenhaus zu internieren. Sie sei glücklich, sich unter dem Schutz der schweizerischen Gesetze zu wissen. Erzherzog Josef Ferdinand erklärt, er sei nach der Schweiz gekommen, um die Schwester zu begleiten, zu schützen und in den augenblicklichen großen Schwierigkeiten nach Kräften zu unter­stützen.

Washington. 26. Dez. In den am 23. Dez. überreichten Noten haben sich die deutsche und die britische Regierung bereit erklärt, den Streit mit Venezuela für den Fall, daß Präsi­dent Roosevelt das angetragene Schiedsrichter- amt nicht übernehmen sollte, unter gewissen Vor­behalten dem Haager Schiedsgericht zu unter­breiten. Eine solche Bereitwilligkeit hat dann auch die italienische Note zum Ausdruck gebracht.

Waschington, 25. Dez. (Reutermeldung.) Präsident Roosevelt und Staatssekretär Hay. hatten heute eine Besprechung bezüglich der Schiedsgerichtsvorschläge.

Washington, 26. Dez. (Reutermeldung.) Das Kabinett trat heute vormittag zur Be­ratung der venezolanischen Angelegenheit zu­sammen. Präsident Roosevelt wird das Schieds­richteramt nicht übernehmen. Die ganze Streit­frage wird dem Haager Schiedsgericht überwiesen.

New-Uork, 25. Dez. (Reutermeldung.) Nach einem Telegramm ans La Guayra be- trägt der Wert der von den blockierenden Mächten genommenen Schiffe nicht viel über 5000 Dollars.

Hamburg. 26. Dez. Gestern abend und in der letzten Nacht herrschte hier ein schwerer Sturm, verbunden mit Gußregen und Hochflut. Von dem Turme des Hornhardschen Konzerthauses löste sich das Blechdach ab und stürzte auf einen vollbesetzten Motorwagen der Ringbahn. Zwei Personen wurden verletzt. Der Südweststurm hält an.

Petersburg, 25. Dez. Die Nowoje Wremja meldet aus Aschabad vom 23. Dez: In der Nacht auf den 23. Dez. erfolgten in Andischan 3 heftige Erdstöße. Am Morgen des 23. Dez. wiederholte sich die Erderschütterung und brachte sämtliche auf der Eisenbahnstation haltende Waggons in Bewegung. Da mit dem durch diese Vorfälle in eine Panik versetzten Eisenbahnpersonal eine ordnungsgemäße Er­ledigung des Dienstes nicht möglich ist, ordnete die Eisenbahnverwaltung in Andischan die zeit­weilige Schließung der Station Andischan und der Strecke bis zur Station Fedtschenko an. Das Erdbeben dauert fort. Es erfolgen vier bis fünf Stöße täglich.

Redaktion, Druck und Vertag von C. Meeh in Neuenbürg.