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Monsieur Pompejus!" erwiderte ich lachend über die naive Frage.

O, das traurig sein," entgegnen er, sein groteskes Gesicht zu einer traurigen Grimasse verziehend.Aber Pompejus große Bitte an gute Missts haben, was sich nicht fürchtet vor schwarzen Neger, und Bitte sicher nicht abschlagen."

Und als ich ihn fragend ansah, fuhr er fort:Pompejus, Herr Freundin haben, gute junge Weiße sein, wie Missis, und alte Mutter haben. Pompejus, Herr ihr heute Freude machen will und viel kaufen! O, Pompejus viel Geld haben! Gute Missis mit gehen und ihm viel kaufen helfen? ja?"

Was sollte ich machen? Der Neger sah mich aus seinen großen, weißen Augen so demütig an, daß ich ihm die Bitte nicht abschlagen konnte, andererseits aber reizte es mich, alle die herr­lichen Läden von innen zu sehen und einmal mit reichen Händen einzukaufen. Und so gingen wir denn zuerst in den Juwelierladen. Als ich mit dem mir folgenden Neger eintrat, schämte ich mich fast, als die vielen Bediensteten mich fast wie eine Fürstin empfingen und nach meinen Befehlen fragten. Ich war in arger Verlegenheit, da ich selbst nicht wußte, was ich wollte. Der Neger, der dies merkte, neigte sich zu mir herab und flüsterte:Missis haben eine Mutter; kaufen so. als wenn für sich und Mutter kaufen wollen! Aber schön, Pompejus, Herr sehr viel reich sein!" Ich atmete erleichtert auf und ließ mir verschiedene Gegenstände zeigen und entschloß mich endlich für ein wunderschönes Kreuz und ein Armband. Ohne um den Preis zu feilschen, erlegte mein Neger die bedeutende Summe und wir begaben uns in das erste Konfektionsgeschäft der Stadt, wo wir einen herrlichen, pelzbesetzten Mantel und ein pracht­volles Winterkostüm kauften. Der Neger über­gab dem Chef eine Karte mit dem Aufträge, die gekauften Sachen an die dort bezeichnete Adresse abzuliefern. So besuchten wir noch mehrere Läden und machten überall reiche Ein­käufe, ohne daß die Brieftasche des Negers er­schöpft schien. Endlich waren wir fertig und nun erst siel es mir schwer aufs Herz, daß du ob meines langen Ausbleibens besorgt sein könntest. Schnell verabschiedete ich mich von meinem neuen Bekannten, der mich, was mir jetzt erst auffällt, auf eine geschickte Weise über unsere Verhältnisse ausgeforscht hatte, auch unsere Namen und unsere Wohnung mußte ich ihm angeben als ich den elfteren nannte ging ein seltsames Zucken über sein gutmütiges Ge­sicht und eilte nach Hause. Nun, was sagst du zu meinem Weihnachtsabenteuer?"

Die Mutter saß in tiefes Sinnen versunken, so daß sie nicht sofort antwortete.

Die Tochter sah sie forschend an und sagte: Gewiß hast du wieder deinen trüben Gedanken nachgehangen und hast auf mein thörichtes Ge­schwätz gar nicht gehört!"

O doch," entgegnete die Mutter.Ich habe jedes Wort gehört und finde dein Abenteuer für ein junges Mädchen, dem sonst noch nichts im Leben begegnet ist, ganz reizend; aber ich dachte indessen nach, wie ich dir am geeignetsten die versprochene Erzählung mitteilen soll."

Mittlerweile war es im Zimmer ganz dunkel geworden, und die Tochter fragte, ob sie die Lampe anzünden solle.

Laß es vorläufig sein, Lucie!" erwiderte diese.Die Geschichte, die ich dir als Weih­nachtsangebinde erzählen will, ist so traurig, daß es wahrlich keines Weihnachtsbaumes be­darf, auch werde ich im Dunkel leichter sprechen können. Also höre:

Heute werden es 13 Jahre, da war ich die glücklichste Gattin und Mutter und nie hätte ich gedacht, daß auf diesen Tag so viele Jahre folgen würden, wo ich an dem lieblichsten Feste der Christenheit, das in jedem Hause, selbst dem ärmsten, ungeteilten Jubel hervorruft, eine Beute der schrecklichsten Erinnerungen sein werde. Dein Vater war einer der reichsten Kaufleute in einer großen Handelsstadt und wir führten das glück­lichste Familienleben, da mein Gatte mich wahr­haft liebte und ich diese Liebe mit der zärtlichsten Zuneigung erwiderte. Da wurdest du geboren und unser Glück war grenzenlos! Der Vater

wurde in dir wieder zum Kinde und der sonst so ernste Kaufherr konnte Stunden lang sitzen und deinem unverständlichen Lallen lauschen und deinen unbeholfenen ersten Gehversuchen folgen. Als du zwei Jahr alt warst und bereits lausen und halbwegs sprechen konntest, wollte er sich fast gar nicht von dir trennen, so daß du einige Male während des Tages ins Comptoir zu ihm gebracht werden mußtest. So kam der Weih­nachtstag des Jahres 18** heran. Wir hatten die letzte Zeit über allerhand geplant, und deinen ersten Weihnachtsbaum, unserem Reichtum und unserer Liebe zu dir entsprechend, zu schmücken und beschlossen am Nachmittage des 24. Dezbr. gemeinsam die Einkäufe zu besorgen. Ich hatte für diesen Tag die Zeit für das Mittagessen um eine Stunde zurückgelegt und erwartete be­reits meinen Gatten, als ein Kommis unseres Geschäftes hereintrat, welcher mir einen Brief überreichte, an dessen an mich gerichteten Adresse ich die Hand deines Vaters erkannte. Ahnungs­los öffnete ich das Kouvert, kaum aber hatte ich die erste Zeile gelesen, als eine Wolke meine Augen zu verdunkeln schien und eine Ohnmacht mich anwandelte._ (Fortsetzung folgt.)

Vermischtes

Breslau, 19. Dezbr. Folgende hübsche Geschichte von einem übereifrigen Lehrling wird demNiederschles. Anz." aus Liegnitz berichtet: Der kleinsteStift" einer Fabrik wurde vom Buchhalter beauftragt, Prospekte auf die Post zu tragen. Es waren etwa 500 Stück in Um­schlägen, welche vorschriftsmäßig mit dem Ver­merkDrucksache" versehen und mit Drcipfennig- marken frankiert waren. Der Lehrling, der vorm, gegen 10 Uhr zur Post gegangen war, blieb unverhältnismäßig lange aus. Nach halb 12 Uhr kam er endlich wieder im Kontor an und wurde dort vom Buchhalter G. ob seines langen Ausbleibens angefahren.Sind Sie nur stille, Herr G.", sagte der Lehrling zu seinem Vor­gesetzten,wenn ich nicht aufgepaßt hätte, wär s Ihnen vielleicht schlecht gegangen. Der Karle hatte vergessen, die Briefe alle zuzukleben; das habe ich am Schalter besorgt! Mir thnt jetzt noch die Zunge Weh von dem vielen Lecken."

In England erhängte sich ein Henker; das Totengericht erklärte, dies sei kein Selbstmord, der Mann sei in seinem Berufe gestorben.

Verschiedene Gaben.

Allmählich ist es zur feststehenden Gewohn­heit geworden, sich am Weihnachtstage gegen­seitig zu beschenken, leider oft nur aus formalen Rücksichten. Wie sehr verlieren in diesem Falle die Gaben an Wert! Alle die, welche darüber klagen,so vieles bedenken zu müssen, um allen gerecht zu werden", sollten lieber nichts schenken. Beglückt doch eine mit liebevollem Herzen ge­spendete Kleinigkeit mehr als ein der Sitte wegen dargebrachtes großes Geschenk. Der Geldwert ist dabei nicht ausschlaggebend.

Ein großer Unterschied liegt zwischen Geben und Geben, ein gleich großer zwischen Annehmen und Annehmen.

Wer für das Gute Dank begehrt,

Der ist des Dankes gar nicht wert.

Der ganze Charakter eines Menschen spricht sich im Geben und Empfangen aus. Was liebenswürdig, herzlich gegeben wird, wird meist auch so angenommen. Erfüllt ein reicher Freund zur Erleichterung der Verhältnisse des weniger gut situierten diesem einen Wunsch, als sei es selbstverständlich, als freue er sich, endlich etwas schenken zu dürfen, so wird der Empfangende nur das Gefühl des Dankes haben. Dann be­darf es beiderseits keiner vielen Worte. Ein Blick, ein Händedruck sagt genug.

Andererseits erweckt jedes Geschenk Beschäm­ung, verursacht zum mindesten ein peinliches Gefühl, wenn es in verletzender Weise aufge­drungen wird oder durchaus nicht zu den Lieb­habereien oder Bedürfnissen des Empfängers Paßt. Es wurde dann nicht mit dem Herzen geschenkt, und der Dank dafür kann ebenso wenig aus dem Herzen kommen.

Wer es versteht, des andern Wünsche aus­zukundschaften, und diese bei der Wahl eines Geschenkes berücksichtigt, der beweist Freundschaft, der erfreut wahrhaft und kann stets eines freu­

digen Dankes sicher sein. Liebe streut nicht zwecklos die Gaben. Sie versteht aus wenigem. - viel zu machen. Sie beglückt durch ein Nichts. Die kleinste Handarbeit beweist mehr als ein großes Geschenk, das keine Arbeit bean­spruchte. da es die Schlußfolgerung des Gedenkens während der Anfertigung zuläßt.

Wie dankbar ist man für ein Zeichen der Freundschaft im Krankenzimmer! Mitleid schenkt weniger aus dem Grunde, zu erfreuen, als um zu helfen. Aber auch solche Gaben können geschenkt und empfangen werden in Liebe. Der Empfänger hat schon ein verwundetes Herz. Hier bedarf es vor allem der rechten Art und Weise. Darum verstehen eigentlich auch nur wenige, wohlthuend zu geben, daß es nicht das Gefühl des Almosens erweckt.

Liebenswürdige Menschen, die ein Herz für ihre Nebenmenschen und dadurch Takt besitzen, werden verstehen, die Klippe zu umschiffen, und jeder Zeit so geben, daß es dann empfangen wird mit freudigem Herzen.

(Borgen macht Sorgen!) Bezahle jeder gleich seine Weihnachtseinkäufe, und hat er nicht das nöiige Geld im Beutel, so beschränke er sich auf die allernotwendigsten Einkäufe und lasse die Hand von allen überflüssigen, nicht unbedingt erforderlichen Sachen. Borgen macht Sorgen. Der Borger denkt verdrießlich daran, daß er noch dies und jenes zu bezahlen hat, und der Verborger denkt betrübt an die lange Zeit des Ausstandes seiner Rechnung.

(Durchschaut.) Schaffner (zu einem Herrn auf dem ein Studiosus dringlich einredet):Wir fahren ab, mein Herr! Wenn Sie dem jungen Mann noch etwas Pumpen wollen, dann ist's höchste Zeit!" (Fl. Bl.")

(Naiv.) Hans (fragt den Vater):Nicht wahr, Papa, wenn ein Schutzmann stirbt, dann wird er im Himmel ein Schutzengel?"

(Glaubhaft)Ich möchte wissen, weshalb der Baron Herr I'. sein Automobil gerade nach seiner Frau benannt hat."Wahrscheinlich, weil er es auch nicht lenken kann."

Neue-e Nachrichten u. Telegramm.

Berlin, 21. Dez. DieNordd. Allg. Ztg." meldet: Die gleichzeitig in Berlin und London veröffentlichte amtliche Mockadeerklärung steht mit der für Amerika entgegenkommenden Halt­ung Deutschlands und Englands in der Frage der schiedsrichterlichen Lösung der venezolanischen Wirren nicht im Widerspruch. Es war auch in Washington vorher bekannt, daß die grundsätz­liche Zustimmung zu dem Gedanken eines Schieds­gerichts die zwischen Deutschland und England vereinbarten völkerrechtlich hergebrachten Zwangs­maßnahmen nicht aufhalten würde.

Washington, 21. Dezember. Präsident Roosevelt trägt kein Verlangen darnach, als Schiedsrichter aufzutreten. Man meint hier, daß er in dieser Eigenschaft zugleich Richter, Gerichts­hof und Polizei sein und unter der moralischen Verpflichtung stehen würde, sein eigenes Urteil zu vollstrecken. Ueberdies würde seine Entscheid­ung sicherlich die Feindschaft der einen oder der anderen Partei erwecken. Daher wäre eine Unterbreitung der Angelegenheit an das Haager" Schiedsgericht weit vorzuziehen. Wenn sich dies jedoch nicht erweichen läßt, so ist es sehr wahr­scheinlich, daß Roosevelt, ehe er die Streitigkeiten zum Aeußersten kommen läßt, sich, wenn auch mit Widerstreben, zur Uebernahme des Schieds­richteramtes bereit erklärt, um Blutvergießen und der Zerstörung von Eigentum sowie der Beein­trächtigung bedeutender Handelsinteresfen vor­zubeugen.

Mutmaßliches Wetter am 23. und 24. Dezember.

Am Dienstag und Mittwoch wird sich das Wetter nur noch zeitweilig bewölkt und bei langsam sinkender Temperatur auch fast ausnahmslos trocken gestalten.

Mit einer Weilage: Taxpreisliste

des Forstverbands Neuenbürg (Forstämter Calm- bach, Herrenalb, Meistern, Neuenbürg, Wildbadi für das Jahr 1903, welche den zahlreichen Interessenten in unserem Leserkreis willkommen sein wird.

Red. und Verlag des Enzthälers.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.