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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg, 20. Dez. Bei der heutigen Bürgerausschußwahl zeigte sich eine so schwache Beteiligung, daß abends 7 Uhr, wo die Wahl­handlung geschlossen werden mußte, noch einige Stimmen zur notwendigen Hälfte der Wahl­berechtigten fehlten, so daß Fortsetzung der Wahl aus Montag abend 6 bis 7 Uhr anberaumt werden mußte.

Neuenbür g, 20. Dez. Der aus dem Eisen- furtsägwerk bedienstete Fuhrknecht Friedrich Waidelich (geb. 1866 in Schwarzenberg) ver­unglückte gestern beim Abladen von Stammholz derart, daß er eine schwere Unterleibsquetschung erlitt, welche heute den frühen Tod des braven Mannes zur Folge hatte.

N euenbürg. Die in Württemberg und im Reichspostgebiet bis Ende März gültig gewesenen Postwertzeichen werden gegen solche mit der In­schriftDeutsches Reich" nur noch bis Ende Dezember d. I. umgetauscht. Vom 1. Januar 1903 ab werden Anträge aus Umtausch alter Postwertzeichen nicht mehr berücksichtigt. Es ist daher anzuraten, den Umtausch der etwa vor­handenen alten Postwertzeichen baldigst zu be­wirken. Dies kann an den Postschaltern und bei den Landpostboten geschehen. Die Post­anstalten werden die Frankierung von Sendungen mit alten Postwertzeichen bis zum Ablauf der Umtauschfrist nicht beanstanden. Dagegen werden die nach Ablauf der Frist etwa vorkommenden alten Postwertzeichen als ungiltig behandelt werden.

Deutsches Aeich

Berlin, 20. Dez. DerReichsanzeiger" meldet:Nachdem die Regierung der Vereinigten Staaten von Venezuela es abgelehnt hat, den Forderungen der kaiserlichen Regierung zu ent­sprechen, wird die Blockade über die Häfen Puerto Cabello und Maracaibo verhängt. Die Blockade tritt am 20. d. M. in Wirksamkeit." Die gewährten Gnadenfristen sind dieselben, die England gewährt.

Ein Aktenstück von außerordentlicher Wichtig­keit ist die amtliche Mitteilung des Petersburger Regierungsboten" über Rußlands Stellung zur mazedonischen Frage. So nachdrücklich und unzweideutig hat Rußland bisher noch nicht seinen Willen verkündigt, daß es die Ruhe auf dem Balkan nicht gestört sehen will. Die Kund­machung der Petersburger Regierung richtet sich nicht nur gegen das gefährliche Treiben der mazedonischen Ausschüsse, sie enthält auch an die Regierungen von Serbien und Bulgarien die ernste Mahnung, die gefährliche Agitation nieder- zuhalten. Durch dieses entschlossene Eingreifen in die mit dem Frieden Europas leichtherzig spielende Bewegung hat sich Rußland den Dank aller derer gesichert, die es für einen unerträg­lichen Zustand halten, daß das Schicksal eines Landesteiles von dem Ermessen einer gewissen­los arbeitenden Abenteurergesellschaft abhängt. Wenn dieser das Handwerk gelegt ist. dann wird auch die Türkei die noch sehr unvollkommenen Ver­waltungs-Zustände in jenen Ländern verbessern können.

Kiel, 20. Dez. Auf der hiesigen Germania­werft erfolgte heute der Stapellauf des Linien­schiffs U., das bis jetzt das größte der deutschen Flotte ist. Prinz Albrecht von Preußen taufte das Schiff auf den Namen Braunschweig.

Augsburg, 20. Dez. Vergangene Nacht ist das Elektrizitätswerk im benachbarten Göggingen gänzlich abgebrannt.

Württemberg.

Stuttgart, 20. Dez. Die Kammer der Abgeordneten beschäftigte sich auch heute wiederum mit der Volksschulnovelle. Es handelte sich zunächst noch um eine anderweitige Regelung der Schulversäumnisstrafen. Das Zentrum hatte beantragt, das Strafminimum von 1 -/A für ein Schulversäumnis oder 1 Tag Haft auf 25 herabzusetzen, während der Abg. Vogt (B. d. L.) das Strasminimum auf 60 .ff festsetzen wollte. Derselbe Redner beantragte auch, die Schulver­säumnisstrafen bei den Fortbildungsschülern auf dem bisherigen Minimalsatz von 1 ^ zu be­lassen, eventuell den Schüler selbst in Haft zu ttehmen, wenn die Verschuldung nicht den Vater oder dessen Stellvertreter, sondern den Schüler

selbst trifft. Der auch von der Kommission an­genommene Antrag des Zentrums (25 ^s) wurde genehmigt, der Antrag Vogt wurde an die Volksschulkommissiou überwiesen. Nun folgten Art. 2 und 3 des Volksschulgesetzes; es handelt sich hiebei um die dauernde Feststellung der Maximalzahl von Schülern in einer Klasse, so daß, wenn diese Zahl dauernd überschritten wird, eine weitere Lehrerstelle errichtet werden muß. Der Regierungsentwurf verlangt, daß bei einer Zahl von 70 Schülern 2, von 140 Schülern 3 und von 240 Schülern an einer Schule 4 Lehrer anzustellen sind und daß in letzterem Verhältnis bei einer noch höheren Schülerzahl auch die Zahl der Lehrer zu vermehren ist. Ferner regeln die Artikel die Anstellung von unständigen bezw. stän­digen Lehrern. Die Kommission hatte die oben erwähnten Zahlen auf 60,130 und 200 reduziert. Nun würde aber eine solche Einrichtung, wie der Kultminister nachwies, in Württemberg die Erbauung von 700 bis 800 neuen Schulhäusern und die alsbaldige Ernennung von 700 bis 800 Lehrern zur Folge haben und einen sehr großen Mehraufwand von mindestens 547 390 und von höchstens 893 310 jährlich erfordern. Dadurch würde auch die Aufbesserung der Lehrer in unabsehbare Ferne gerückt. Ein Beschluß über diese Frage wurde noch nicht gefaßt. Die nächste Sitzung findet am Montag statt.

Stuttgart, 21. Dez. In der Sitzung der Kammer der Abgeordneten vom Freitag den 19. ds. gelangte bei der Beratung der Volks­schulnovelle, wie schon berichtet, ein Antrag Sommer, der gemäß einer Petition des württ. Obstbauvereins die Obstbaukunde ebenfalls den freiwilligen Lehrgegenständen augliedern will, zur eingehenden Beratung. Völlige Einigkeit herrschte über den Wert der Obstbaukunde aus volkswirtschaftlichen Gründen, auch der Minister v. Weizsäcker sprach den Wunsch aus. der Sinn für den Obstbau möge in weiten Kreisen im Interesse der Gemeinden sich zeigen. In Ueber- einstimmung mit dem Minister äußerte jedoch der Präsident der Zentralstelle, Frhr. v. Ow, eine Reihe von Bedenken. Der Berichterstatter Hieb er erblickte in der Obstbaukunde trotz ihrer Schönheit und ihrer praktischen, volkswirtschaft­lichen Bedeutung kein Fach, das sich für Kinder unter 14 Jahren eigne, v. Geß dagegen empfahl den Antrag Sommer; die Obstkunde sei gerade für Württemberg von großer Bedeutung. Abg. Weiß zeigte sich in einer Rede gegen den Sommer'schen Antrag nicht bloß als ein sehr tüchtiger Pomologe, sondern auch als ein ganz gewandter Redner, der die Aufmerksamkeit des ganzen Hauses für sich gewann. Er führte aus, daß unsere Schulgärten eine Last für die Ge­meinden geworden seien, daß aber nichts dabei herauskomme. In keinem Fache trete so leicht ein Konflikt zwischen Theorie und Praxis ein, wie in der Obstbaukunde. Redner schildert die Baumpflege und meint, man könne dem Lehrer doch nicht zumuten, daß er in die Kronen der Bäume steige. Das Zentrum, namentlich der Antragsteller, gab sich redliche Mühe, alle Be­denken zu zerstreuen, betonte namentlich die Bedeutung der Obstbaukunde für die ländlichen Gemeinden und erreichte auch schließlich die An­nahme des Antrags Sommer.

Stuttgart, 20. Dez. Wie nunmehr fest- zustehen scheint, soll am Dienstag die Vertagung des Landtags erfolgen; es wird angenommen, daß die Schulaufsichtsfrage in der zweiten Hälfte des Januar beraten wird.

Heidenheim, 21. Dez. Bei der gestrigen Stadtschultheißenwahl erhielt Amtmann Jäckle- Cannftatt 547 und Rechtsanwalt Storz-Heiden­heim 438 Stimmen. Elfterer ist somit gewählt.

Heilbronu, 20. Dez. Das am 8. Dez. in öffentlicher Sitzung verkündete Urteil des Reichsgerichts, durch welches die Revision des ehemaligen Gewerbebankdirektors Fuchs gegen das Urteil des Schwurgerichts Heilbronn ver­worfen worden ist, wurde Fuchs gestern zugestellt. Daraufhin erfolgte nach derNeck.-Ztg." heute früh 7.55 seine Ueberführung nach Ludwigsburg zum Antritt der Zuchthausstrafe. Daselbst be­finden sich nun alle 3 der Heilbronner Direktoren.

Der Backnanger Konkursprozeß Breuninger vor dem Schwurgericht Heilbronn

ging Donnerstag Abend nach 2 tägiger Dauer zu Ende. Die Geschworenen haben bei dem Angeklagten Breuninger die beiden Hauptschuld­fragen des einfachen und betrüglichen Bankerotts bejaht, dagegen die Nebenfragen in der Haupt­sache verneint, demselben aber auch das Vor­handensein mildernder Umstünde zugebilligt. Breuninger wurde zu der Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten, auf welche 4 Monate der erlittenen Untersuchungshaft angerechnet wurden, und zum Verlust der bürgerlichen Ehren­rechte auf die Dauer von 5 Jahren, der Angeklagte Schncckenburger wegen eines Verbrechens der Beihilfe zum betrüglichen Bankerott zu der Ge­fängnisstrafe von 2 Monaten und 3 Wochen, auf welche 3 Wochen der Untersuchungshaft ungerechnet wurden, verurteilt. Die Kosten des Verfahrens wurden den beiden verurteilten An­geklagten auferlegt, mit Ausnahme der durch das Verfahren gegen Gille erwachsenen Kosten, welche auf die K. Staatskasse übernommen wurden.

Ravensburg, 18. Dezbr. Zum Tode verurteilt wurde heute vom hiesigen Schwur­gericht iu nichtöffentlicher zweitägiger Verhandlung der 40 Jahre alte Arbeiter A. Wielath von hier, der am 31. Juli d. I. an der Arbeiterin Dan- nutzer in Weingarten einen Lustmord beging. Staatsanwalt Jelin vertrat die Anklage; mit der Verteidigung war Rechtsanwalt Schnitzer beauftragt.

Ausland.

Madrid, 20. Dez. Seit einigen Tagen beobachtete die Polizei das Haus Nr. 33 in der Ferrazstraße, bis die Verdächtsgründe, daß die bekannte Pariser Familie Humbert dort wohne, sich bestätigten. In der verflossenen Nacht 2 Uhr drangen die Polizisten, mit einem richterlichen Haftbefehl versehen, in das Haus, das von Polizisten und Gendarmerie rings um­stellt war. Nachdem die Schutzleute 20 Minuten lang vergeblich geschellt und die Bewohner den Versuch gemacht hatten, auf der Rückseite des Hauses zu entkommen, wurde die Thür geöffnet, worauf die Polizei die Mitglieder der Familie, Friedrich, Therese und Eva Humbert, sowie Maria und Romain Daurignac verhaftete. Diese waren am 9. Mai geradeswegs von Paris hier­hergekommen. Sie hatten anfangs in einem anderen Hause gewohnt und dann ihre jetzige Wohnung prächtig eingerichtet; sie versorgten sich dort mit feinem Essen und Silberzeug, hielten aber keine Dienstboten. Die Verhafteten erklärten, das Opfer großer Schändlichkeiten zu sein, sie stießen Drohungen aus gegen bekannte Persönlichkeiten in Frankreich und gaben an, sie seien seit dem 9. Mai in Madrid und hätten sich von Paris geradesweges dorthin begeben. In der Wohnung fand man an Bargeld 2275 Pesetas und Schmucksachen im Werte von etwa 10000 Franken. An das Haus wurden Siegel angelegt. Die Verhafteten wurden der fran­zösischen Botschaft zur Verfügung gestellt. Die Polizei vermutet, daß die Humberts, ehe sie die Thüre öffneten, wichtige Papiere vernichtet haben.

Paris, 20. Dez. Die heute nachmittag durch Extrablätter verbreitete Meldung von der Verhaftung der Familie Humbert wurde anfangs mit Unglauben ausgenommen, rief jedoch, als sie amtlich bestätigt wurde, lebhafte Sensation hervor. Frau Humbert bat schluchzend, sie nicht von ihrer kranken Tochter zu trennen. Alle Festgenommenen drohen mit furchtbaren Ent­hüllungen, die hervorragende Personen Frank­reichs blosstellen würden. Hier macht die Ver- haftung ungeheures Aufsehen.

Hlnlery ^ttend er Heil. Schweigt, ihr ernsten Glocken, schweiget!"

Eine Weihnachtsgcschichts.

(Nachdruck verboten 1

Und als ich lächelnd über das seltsame Kauderwelsch versicherte, daß ich mich ganz und gar nicht vor ihm fürchte, entgegnete er noch fürchterlicher grinsend, als zuvor:Junge Missts sehr gut sein gegen schwarzen Neger. Pompejus das freuen sehr! Weiße Missis sehen an schöne Sachen, warum nicht hineingehen und kaufen schöne Sachen?"

,O, dazu muß man reicher sein, als ich,