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Weise zu erlassen und sind diejenigen Pferdebesitzer, welche Pferde zur Vormusterung zu stellen haben, urkundlich aufzufordern, ihre gestellungspflichtigen Pferde zu der oben festgesetzten Zeit an dem bestimmten Musterungsorte vorzuführen.
4) Die Pferde müssen der Musterungskommission vorgesührt werden und es wollen die Ortsbehörden dafür sorgen, daß die Pferde womöglich durch ehemalige Soldaten berittener Waffen vorgefühn werden.
Jedem Pferd muß an dem Halfter die früher hinausgegebene rote Nummertasel, welche der Nummer der Vorführungslifte entspricht, links befestigt werden.
Außerdem sind bei denjenigen Pferden,
welche bei der vorjährigen Vormusternng als
kriegsdrauchbar bezeichnet wurden, die den
Schultheißenämtern zugegangcnen Bestimmungstäfelchen, welche von den Ortsbehörden auszu- süllen sind, am linken Backenstück der Halfter zu befestigen.
Die erforderlichen Formulare für die
Anlegung der Vorführungslisten in doppelter Ausfertigung und für die Aufforderung der Pferde- bcsitzer zur Vorführung ihrer Pferde sind den Schultheißenämtern bereits früher zugegangen.
Auf dem Musterungsplatz ist an geeigneter Stelle ein Tisch mit 3 Stühlen, Tintenzeug und Federn aufzustellen.
Die Ortsbehördeu sind für die vollzählige Vorführung der Pferde ihrer Gemeinden, für die geordnete Aufstellung und Vorführung der Pferde, sowie für die richtige Anbringung der Nummern und Bestimmungstäfelchen an den Pferden verantwortlich und können sich in Ausführung ihrer Thätigkeit von den örtlichen Polizeiorganen und der Landjägermannschaft unterstützen lassen.
Tie Polizeidiener sind rechtzeitig und genau zu instruieren.
Kurzer Bollzugsbericht ist spätestens bis 14. Sept. ds. Js. anher als „Militaria" zu erstatten.
Calw, 2. September 1902.
K. Oberamt.
V o elter.
An die Lrtsbehörden.
. Pferdemusterung betreffend.
Ten Ortsbehörden gehen demnächst die zu der nächsten Pfcrdevormusterung notwendigen Be- stimmungstäfelchen (Anlage L zu tz 5 der Pferde-Aushebungs-Vorschrift) Reg.Bl. von 1900 Nr. 19 S. 277 in einer dem Bedarf genügenden Anzahl zu sorgfältiger Aufbewahrung zu
Die Ortsvorsteher werden darauf hingewiesen, daß diese Täfelchen unter ihrer Verantwortlichkeit auf Grund der vorjährigen Pferdeliste auszufüllen und bei der Vorführung den bei der letztmaligen Musterung als kriegsbrauchbar bezeichneten Pferden am linken Backenstück der Haltter zu befestigen sind.
Calw, 2. Sepr. 1902.
K. Oberamt.
Voelter.
^ Lagesnrmgkeiten.
^ 8 L i e b e n z e l l, 2. Sept. Daß auch Heuer
wieder unser als Lad und Luftkurort bekanntes Städtchen eineZunahme des Fremdenverkehrs zu verzeichnen hat, zeigt ein Blick in die heutige Kürliste. Uebcr 1800 Kurgäste — ohne Passanten — haben sich in dieser Saison hier aufgehalten und es kommen immer noch Gäste in reichlicher Zahl hier an. Man darf sich aber auch nicht darüber wundern, denn unser Ort bietet seinen Kurgästen immer mehr Unterhaltung. So wurden neben den regelmäßigen Tageskonzerten in den herrlichen Kuranlagen stark besuchte Nachmittagskonzerte abgehalten und im unteren Bad kürzlich bei ausverkanftem Hause eine überaus gelungene musikalisch-dramatische Abendunterhaltung veranstaltet, in welcher eine Künstlerin von Äeruf und der Großh. Hofopernsänger Herr Erl aus Mannheim die Führung übernahmen. Als besonders gelungen kann auch die letzten Donnerstag abend mit Konzert stattgefundene Beleuchtung der Kuranlagen, welche einen feenhaften Eindruck machte und das Abbrennen eines Brillantfeuerwerks bezeichnet werden.
Stuttgart, 2. Sept. Zur Feierndes Sedantages haben die öffentlichen und auch viele Privatgebäude Flaggenschmuck angelegt. Gestern abend wurde in üblicher Weise eine Totenfeier am Kriegerdenkmal auf dem Fangelbachfriedhof abgehalten. Unter den Teilnehmern an der Feier, welche sich vom Friedhofportal im Zuge nach dem Denkmal begaben, befanden sich Kricgsminister v. Schnürlen, Generalleutnant v. Hiller, Generalarzt v. Schmidt, die Generale v. Pfister, v. Faber und v. Schill, als Vertreter der Stadt Gemeinderat Dr. Rettich, einige weitere Mitglieder der bürgerlichen Kollegien und verschiedene Mitglieder des Präsidiums des württembergischen Kriegerbundes, sowie Abordnungen der Stadtgarde und der hiesigen Krieger- und Militärvereine mit umflorten Fahnen. Stadtpfarrer Dr. Mosapp hielt die Gedächtnisrede. Zum Schluß legte noch F. Busch, Vorstand des KriegervercinS „Königin Charlotte" namens der bürgerlichen Kollegien einen Kranz am Denkmal nieder.
Tübingen, 80. Aug. Der Stand der Hopfen darf hier "in ausgezeichneter genannt werden und verspricht aualitativ als auch quüifiitativ zur Zufriedenheit auszufallcn. Mit der Ernte wird voraussichtlich übernächste Woche allgemein begonnen. An alter Ware ist nur noch eine kleine Partie bei Privaten vorhanden.
Schramberg, 29. August. Der neugewählte Stadtschultheiß Harrer erläßt eine Erklärung, in der es heißt: Wenn Eiferer und Fanatiker glauben, sie können diesen Unglücksfall als Zeichen des Himmels deuten, und mir meine Aufgabe noch erschweren, so erreichen sie weiter nichts als gerade das Gegenteil. Anstatt Furcht oder gar Mangel an Zuversicht ergreift mich nur kalte Ruhe und der unwiderstehliche Wunsch, in erster Linie durch eiserne Pflichterfüllung meine Gegner zu entwaffnen.
Mannheim, 1. Sept. Heute nacht Uhr explodierte in Schwetzingen der Dampfkessel der Ritter-Brauerei. Hierbei wurde der Arbeiter Helm getötet, während der Heizer Kapp schwer verletzt unter den Trümmern hervorgezogen wurde. Man erwartet auch dessen Tod. Der Brand des Kessels wurde in ein Nachbarhaus geschleudert, das sofort zu brennen anfing. Das Feuer konnte jedoch bald gelöscht werden. Die Unglücksstelle wurde noch in der Nacht abgesperrt, weil der große F-abrikschorn- stein sich auf die Seite geneigt hatte und sein Einsturz befürchtet wird.
Frankfurt a. M., 1. Sept. DerKönig von Italien ist gestern abend pünktlich 6'/s Uhr auf seiner Rückreise von Berlin nach Rom mit seinem Sonderzug hier eingetroffen. Zum Empfange auf dem Bahnhof, dessen nördliche Halle eine Stunde vor dem Einlaufen des Zuges für das Publikum durch Mannschaften des 81. Infanterie-Regiments abgesperrt worden war, fanden sich die Spitzen der militärischen und bürgerlichen Behörden ein. Als der Zug einlief intonierte die Kapelle des 81. Infanterie-Regiments die italienische Königshymne, die aufgestellte Ehrenkompagnie präsentierte das Gewehr. Nach Halten des Zuges entstieg dem königlichen Wagen zuerst General von Lindequist, Kommandeur des XV11I. Armeekorps, welcher dem König vom Kaiser als persönlicher Adjudant zugeteilt worden war. Elastischen Schrittes entstieg alsdann der König dem Wagen, und ließ sich die zum Empfang anwesenden Herren vorstellen, schritt darauf die vom 81. Infanterie-Regiment gestellte Ehrenkompagnie ab und begab sich auf den Querverron des Hauptbahnhofs, wo er mit seinem zahlreichen Gefolge hielt, um den Parademarsch der Ehrenkompagnie abzunehmen. Hierauf begrüßte der König den am nördlichen Ende deS Hauptbahnhofs anwesenden italienischen Konsul mit seinen Damen, mit denen er sich kurze Zeit freundlichst unterhielt und bestieg darauf mit General von Lindequist den Wagen. Als die den Bahnhof seit Stunden belagernde Menge des Königs ansichtig wurde, brach sie in begeisterte Hurrahrufe und EvvivaS aus, die sich auf der Fahrt zum Hotel Imperial durch die vieltausendköpfige Menschenmasse fortpflanzte. Vor und nach dem königlichen Wagen folgte je eine halbe Schwadron des 13. HusarL'u-RegrmentS, ^ N -ist. i ,, König trug. An der Krenxunj r--'-.. > Lo: straße und Taunus-Anlage a .' n-'u-:,. > -
königliche Wagen in ri:
Husaren-Regiwent uuiv. 'M Tor die Front entlang und zurück, verließ alsdann den Wagen, worauf das ganze Regiment vorbeiritt. Nach dem Vorbeiritt des Regiments folgte die italienische Kolonie in der Stärke von ca. 50 Personen, welche den König mit lebhaften Evvivas begrüßten. Alsdann bestieg der König mit General Lindequist wieder seinen Wagen und begab sich zum Hotel Imperial am Opernplatz, wo eine Tafel von 100 Gedecken stattfand. Kurz nach 7 Uhr setzte man sich zu Tisch. Die Tafelmusik lieferte die Kapelle des 13. Husaren-Regiments. Auf dem Opernplatz war
F^NlklekON, Nachdruck verboten.
Walter (LarpenLer's Nachlaß.
Original-Roman von Jos. Baierlein.
(Fortsetzung.)
Julius spürte bald eine bedeutende Abnahme seiner Kräfte. Die See ging eben überaus unruhig; die Wogen begruben ihn bald unter sich, bald hoben sie ihn auf ihren schäumenden Scheitel — der Kampf mit ihnen schwächte den Schwimmer von Minute zu Minute immer mehr. Er mußte alle Willenskraft ausbieten, um sich bei Besinnung zu erhalten; denn die große körperliche Anstrengung äußerte ihren Rückschlag auch auf seinen Geist. Es schien ihm, als tanzten zuerst schwarze Punkte, dann feurige Funken vor seinen Augen; in den Ohren hörte er ein Brausen gleich dem Geräusch vieler Wasserfälle, dann drohte ihn das Bewußtsein zu verlassen. Die nassen Kleider hingen wie eine Zentnerlast an seinem Leibe und zogen ihn in die Tiefe.
„Hilfe! Hilfe!" schrie der ermattete Schwimmer mit dem Aufgebot seiner letzten Kraft. Allein die versagende Stimme vermochte nicht einmal bis zum Boot zu dringen, welches so rasch, daß die Riemen sich bogen, herbeischoß, und schon wollte Julius ins Unvermeidliche sich fügen und nach einem letzten Segenswunsch
für die ferne Braut seine Seele dem barmherzigen Gott empfehlen — da-
im entscheidenden Augenblick vor dem Versinken fühlt er sich am Kragen seines Rocks gefaßt und festgehalten. Cäsar ists, der treue Hund, der, nachdem er über Bord gesprungen, sich mutig durch Gischt und Wogenbraus bis zu seinem Herrn hinarbeitete, und gerade noch zur rechten Zeit seine scharsin Zähne in das Kleid des Versinkenden geschlagen hat. —
Und diese kurze Zögerung genügte, um dem schnell heranschießendcn Boot die Rettung des mit dem Tode kämpfenden Menschen und des Hundes selbst zu erinoglichen. Eine scharfe Wendung des Steuers brachte das Schifflein hart neben! den Schwimmer, dessen Kopf, vom Hund festgehalten, noch allein aus dem Wasser herausragte. Als die Seeleute den Mann ergriffen und ins Boot hoben, war er fast regungslos, und nachdem sie ihn behutsam auf den Boden des kleinen Fahrzeugs niedergelegt hatten, schwanden ihm die Sinne und er fiel in eine tiefe Ohnmacht. —
Darauf halfen die Matrosen auch der völlig ersHöpfren Dogge ins Boot.
Während dieses ganzen Vorgangs stand der Lord mit den übrigen Passagieren und Seeleuten an der Bordwand und beobachtete mit unheimlich glühenden Augen einerseits die verzweifelten Anstrengungen seines von ihm dem Tode geweihten Opfers, andererseits die Versuche, welche die Mannschaft des „Cerberus" zu seiner Rettung unternahm. Haß und der auf's höchste gesteigerte böse Wille des Verbrechers schienen seine Sehkraft so sehr zu schärfen, daß er die verzerrten Mienen, die verfallenen Züge des jungen Mannes zu sehen glaubte, denen Angst und Hoffnungslosigkeit ihren Stempel aufdrückien. Bei diesem Anblick huschte ein häßliches zufriedenes Lächeln über sein finsteres Gesicht und unwillkürlich rieb er sich die Hände.
Als er aber wahrnahm, wie die brave Dogge sich zu ihrem Herrn hinkämpfte, und das Gebiß in seinen Rockkragen schlug, da ballte er die Hand zur Faust und seiner vor Erregung keuchenden Brust entrang sich ein Fluch, so schrecklich und schaurig, -aß dre Feder sich weigert, ihn nisderzuschreiben. Fortgerissen vom leidenschaftlichen Verlangen, sein Opfer sterben zu sehen, murmelte er halblaute Worte, die, wären sie von einem fremden Ohr vernommen worden, die ganze Verworfenheit seines Innern enthüllt hätten.
„Die Bestie ist vom Satan besessen", knurrte er in sich hinein; „laß ihn doch los, verdammtes Vieh, laß den Tropf ersaufen! O, warum Hab' ich dem Kerl nicht zuerst einen guten Dolchstoß versetzt, ehe ich ihn in's Meer stieß? Er bot mir doch so bequem den Rücken, und dann wär's gleich aus gewesen mit seiner Sä wimmeret — und mit ihm selber! Das war ein Versäumnis von mir, und cs rächt sich jetzt — es rächt sich; denn — wirklich — sie haben ihn aufgefischt — sie heben ihn und den Hund in's Boot — sie bringen ihn! Und — Teufel! Sie werden ihn nach der Kajüte tragen, in welcher John noch sein Wesen treibt. Ich muß ihn warnen."
Der Lord schleuderte langsam, um nicht aufzufallen, hinüber auf die andere Seite des Verdecks. Als er vor der verschlossenen Thüre der vierten Kabine vorüberging, räusperte er sich vernehmlich, dann sagte er halblaut in englischer Sprache: „Der Fuchs ist auf der Heimkehr nach seinem Bau."
Gleich darauf öffnete sich die Thür und John schlüpfte aus der Kajüte. Er bemerkte auf den ersten Blick seinen Partner, welcher, ohne sich nach ihm umzuschauen, den Weg nach dem bekannten Winkel hinterm Schornstein einschlug. Dorthin folgte ihm der Bediente.
(Fortsetzung folgt.)