des ganzen Abends war die Stimmung eine sehr heitere und vergnügte und endete das schöne Fest erst spät nach Mitternacht. Auch dem Wirt, Hrn. C. Hardtmann, für sein liebevolles Entgegenkommen, äußerst gute Bewirtung und für die hübsche Dekoration der Fest-Räume sei deshalb höchstes Lob gespendet.
Calw, 15. Sept. Von Unterreichenbach meldet man ein Bubenstück gemeinster Art. Am Samstag war durch Hrn. Baurat Raible von Stuttgart und Hrn. Bader in Unterrcichenbach die Straße Oberlengenhardt—Schwarzenberg— Unterreichenbach abgesteckt worden, mehrere hundert Profile wurden dabei geschlagen und nun sind alle in letzter Nacht herausgerissen und den Berg hinabgeschleudert worden. Dem Techniker Lanz in Hirsau ist es dadurch unmöglich gemacht, die Bearbeitung der Straße vorzunehmen. Man vermutet, daß die Thäter Goldschmiede sind. Der Schaden berechnet sich auf mehrere hundert Mark; es ist unbegreiflich, daß es noch Leute giebt, die ihre Gemeinden, welche den Schaden zu tragen haben, bezw. sich selbst schädigen mögen. Nach den Thätern wird bereits geforscht. (C. W.)
Deutsches MeiE
Dem Reichstage sollte in seiner herannahenden Wintersession auch ein Versicherungsvertrag zugehen. Hierzu wird aus Berlin offiziös gemeldet, daß die Vorlegung dieser Materie unwahrscheinlich geworden sei, da die Vorarbeiten zu dem betreffenden Gesetzentwürfe in der Centralinstanz noch nicht abgeschlossen seien. Sobald dies aber der Fall sein werde, würde der Entwurf zunächst den einzelstaatlichen Regierungen zur Veröffentlichung zugehen und zugleich auch zur Veröffentlichung gelangen.
Wie die „Post" schreibt, wäre an der durch die Blätter gehenden Meldung, daß Deutschland mit China in Handelsvertrags-Verhandlungen eingetrcten sei, nur soviel richtig, daß nach dem Vorgang Englands und anderer Regierungen auch Deutschland mit China in Verhandlungen wegen eines ähnlichen Abkommens eingetreten ist. Im übrigen weisen die Schwierigkeiten, auf welche der englisch-chinesische Handelsvertrag stößt, darauf hin, daß sich diese Verhandlungen nur um Sicherung derselben vertragsmäßigen Basis mit den andern Handelsmächten drehen, ohne daß man von der Erzielung unmittelbarer Vorteile sprechen kann.
Berlin, 15. Sept. Der Schah von Persien traf heute Nachmittag 4 Uhr auf dem schlesischen Bahnhof auf der Durchfahrt nach Rußland ein. Zur Begrüßung waren Staatssekretär v. Richthofen, Wirklicher Legationsrat Rosen und andere Herren des Auswärtigen Amtes erschienen. Der Staatssekretär hatte vom Kaiser den Auftrag erhalten, dem Schah Grüße zu bringen und glückliche Fortsetzung der Reise zu wünschen. Der Schah unterhielt sich mit den Herren des Großveziers auf das liebenswürdigste. Bald nach 4 Uhr erfolgte die Weiterfahrt nach Rußland.
Berlin, 14. September. Der Manöverbesuch des deutschen Kronprinzen bei seinem erlauchten Pathen, dem Kaiser von Oesterreich, in Sasvar ist in befriedigendster Weise verlaufen, die große Herzlichkeit im Verkehr des greisen Monarchen mit seinem hohen Gast wurde allseitig sehr bemerkt. Kaiser Franz Josef zeichnete die Herren vom Gefolge des Kronprinzen durch Verleihung von Orden und durch Geschenke aus. Anderseits überreichte Kronprinz Wilhelm den bei ihm zum Ehrendienst befohlenen österreichischen und ungarischen Herreu die ihnen von seinem kaiserlichen Vater verliehenen Preußischen Ordensdekorationen. Im Verlaufe des Sonntag Nachmittag begab sich der Kronprinz vom Schloß Sasvar nach Kukla und stattete dort dem Erzherzog Franz Ferdinand einen Besuch ab.
Das große alljährliche Schaustück des sozialdemokratischen Parteitages ist seit Sonntag ab in München in Szene gegangen. An diesem Tage fand seine Eröffnung durch eine Versammlung statt, in welcher Birk-München und Reichstagsabgeordneter Auer sprachen. Die eigentlichen Verhandlungen begannen am Montag Vormittag. Zweifellos wird die Zolltariffrage einen Hauptgegenstand der Debatten auf dem
Münchener Parteitage der Sozialdemokratie bilden, und die „Genossen" werden sich hierbei in ihren Gefühlen der Entrüstung über die Zollpolitik der verbündeten Regierungen und über die zollpolitischen Forderungen der Agrarpartei sicher eine ganz besondere Güte thun. Auch die Fleisch- teuernng kommt als Redethema sür den Münchener Parteikongreß sehr gelegen. Daneben wird wohl auch wieder ein bischen Parteiwäsche gewaschen werden, das ist nun mal so hergebracht.
Dorsten (Westfalen), 15. Sept. In dem hiesigen Klosterpensionat der Ursulinerinnen brach der Typhus aus. Von 21 Pensionärinnen starben sieben.
Aus der Rheinpfalz, 12. Sept. (Wein). Der Versand von Tafeltrauben ist sehr rege. Portugieser-Rottrauben erzielten die 50 Kilo 14—17 -/A und Weißtrauben 20—22 ^
Mannheim, 12. Sept. (Holz.) Rohholzzufuhr vom 4. bis 11. Sept. 1609 Stämme. Bei der schwachen Zufuhr vergrößerten sich die Vorräte nicht, zumal der Absatz sich etwas hob. Die rheinisch-westfälische Säge-Industrie erwarb einige Posten. Die Verkäufer zeigten mehr Entgegenkommen und regten dadurch die Kauflust an. Meßholz war am meisten begehrt.
Württemberg.
Stuttgart, 12. Sept. In seinem „Kinderheim Waiblingen" feierte gestern der Verein von Kinderfreunden das Fest seines 25 jährigen Bestehens. Die Anstaltsgebäude waren schön beflaggt, im Garten war eine Rednerbühne und Bänke aufgeschlagen. Zu der Feier, welche um ^/z4 Uhr begann, waren erschienen: Frau Herzogin Wera von Württemberg in Begleitung ihrer Hofdame, als Vertreter ihrer Majestät der Königin, der hohen Protektorin des Vereins, Kabinettsrat Kübel und die Palastdame Excellenz Gräfin Uxkull-Gyllenband, als Vertreter der Zentralleitung des Wohlthätigkeitsvereins Ober regierungsrat Falch, sodann Oberamtmann Dr. Bertsch, die Mitglieder des Komites nnd endlich frühere Zöglinge und Einwohner von Waiblingen und Umgebung. Dekan Herzog von Waiblingen hielt die Festrede und gab einen Bericht über die Entstehung und das Wachstum des Vereins, der einem thatsächlichen Bedürfnis entspricht, über die Gründung des ersten Kinderheims vor 25 Jahren in der Hegelstraße in Stuttgart, die llebersiedelung der Anstalt nach Rommelshausen und von dort im Jahre 1885 nach Waiblingen. Im ersten Jahr waren es 13 Kinder welche der Verein in seine Pflege nahm, in Rommelshausen stieg die Zahl aus 35, und nunmehr sind es etwa 50 arme, verwaiste oder sonst dem Verkommen ausgesetzte Kinder jeder Konfession, vom Säuglingsalter bis zum sechsten Lebensjahr, welchen der Verein eine freundliche Heimstätte bereitet hat. Durch die in den letzten Jahren gemachten baulichen Veränderungen wäre der Verein in der Lage, 65 Kinder aufnehmen zu können, vorausgesetzt, daß ihm die hiezu nötigen Mittel seitens edler Menschenfreunde an die Hand gegeben werden. Der Verein ist ferner kräftiger Unterstützung um so mehr bedürftig, als ihm im letzten Jahr durch die Herstellung eines Wirtschaftsgebäudes und die Verbesserung im Hauptgebäude ein großer Aufwand erwachsen ist.
Vaihingen, a. E, 16. Sept. Landtagsabgeordneter Maurer ist heute früh gestorben. Maurer war geboren am 16. Aug. 1838. Erstmals wurde er in den Landtag gewählt am 16. Juni 1882, von welcher Zeit an er ihm ununterbrochen als Mitglied zuerst der Linken und dann der Volkspartei angehörte. Maurer war schon längere Zeit leidend. Bei der letzten Wahl wurde Maurer mit 2167 gegen 1240 Stimmen gewählt, die auf den Bauernbundskandidaten Körner fielen; die Sozialdemokratie brachte es auf 56 Stimmen. Abgestimmt haben damals etwa 73°/o der Wahlberechtigten. Es wird in dem Wahlkreis nunmehr zweifellos zu einem hitzigen Kampf zwischen Bauernbund und Volks- Partei kommen. (S. M.)
Stuttgart, 16. Sept. Durch die letzten regnerischen Tage haben die fast reifen Portugieser Trauben etwas gelitten, da viele Beeren aufsprangen. Im übrigen hat die kühle Witter-
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbü
ung nichts geschadet, sie wirkt nur verzögernd auf das Reifwerden ein. Aller Voraussicht nach dürften die Portugieser in etwa 10—14 Tagen und die Trollinger in etwa 4 Wochen geherbstet werden können. Obwohl der Behang der Reben im Stuttgarter Thal sehr schön ist, wird er sür die Canustatter Markung als noch reicher geschildert.
Böblingen, 15. Sept. Gestern morgen stieß Forstwart Weber von Musberg im Böb- linger Stadtwald auf 3 Wilderer, welche er verfolgte. Im sogenannten „Beckenhäulc" stellte er einen derselben und forderte ihn auf, sein Gewehr abzulegen. Nachdem solches nicht geschah, vielmehr der Wilderer sich anschickte, auf Weber anzulegen, feuerte letzterer und traf den Wilderer mitten in die Brust, sodaß der Tod nach kurzer Zeit eintraf. Forstwart Weber begab sich sofort nach Böblingen und machte von dem Vorfall bei Gericht Anzeige, worauf sich eine gerichtliche Kommission an den Thatort begab. Es stellte sich heraus, daß der erschossene Wilderer der 18 Jahre alte Steinhauer Ludwig Fehrle aus Echterdingen ist. Der Gelötete trug eine Fahrkarte nach Echterdingen bei sich. Da in letzterer Zeit das Wildererunwesen in unserer Gegend ziemlich stark überhand genommen hat, dürfte dieser Fall dazu beitragen, für einige Zeit wieder Ruhe herzustellen.
Heilbronn, 15. Sept. Die Anklagesache gegen die vormaligen Direktoren der in Konkurs geratenen hiesigen Gewerbebank wird nunmehr am Mittwoch, 1. Okt. d. I., vor dem hiesigen Schwurgericht zur Verhandlung kommen. Das Prozeßmaterial ist so umfangreich, daß voraussichtlich 10—14 Verhandlungstage nötig sind. — Im Konkurs der Gewerbebank steht dem Vernehmen nach in Bälde wieder eine Abschlagszahlung von etwa 20 o/o bevor. Eine weitere Zahlung ist noch zu erwarten, sodaß auf eine Dividende von 80°/^ oder mehr im ganzen mit Sicherheit zu rechnen ist.
Gaildorf, 15. Sept. In der Avenmühle Gem. Bühlerthann O. A. Ellwangen verbrannte am Sonntag vormittag bei einem ausgebrvchenen Brande ein 4—5 jähriges Mädchen des Besitzers. Auch einige Schweine fielen dem Feuer zum Opfer.
Ravensburg, 15. Sept. Gestern nachmittag fand im Konzerthaus hier die zahlreich besuchte Schlußversammlung des histor. Festzugs statt, nachdem schon am Samstag Abend dem Veranstalter desselben, Kommerzienrat Vogler, eine Ehrung in Form eines Fackelzugs dargebracht worden war. Bei der Schlußfeier erstattete Vogler Bericht über den Verlauf und den Erfolg des Festes, das mit einem Ueber- schuß von 12 000 auch nach dieser Seite hin einen glänzenden Abschluß findet. Der Ueberschuß wird hälftig zu Wohlthätigkeitszwecken hälftig zur Gründung eines Verkehrsvereins verwendet.
Laupheim, 14. Sept. (Gewerbegericht.) Das im vorigen Jahr neuerrichtete Gewerbegericht trat dieser Tage erstmals in Thätigkeit, hatte aber sofort einen interessanten Fall zu entscheiden. Ein Schlosfermeister hatte seinen Lehrling noch ein Jahr lang als Gesellen beschäftigt, für denselben aber weder zu Beginn noch im Verlaufe des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitsbuch beschafft. Weil er sich Thätlich- keiten gegen den Arbeiter zu schulden kommen ließ, trat dieser ohne Einhaltung der Kündigungsfrist aus und suchte eine andere Beschäftigung. Der neue Meister sagte ihm Arbeit zu, verweigerte aber die Einstellung solange, als der Arbeiter kein Arbeitsbuch hatte. Weil dadurch dem Arbeiter ein Verdienst entging, klagte er gegen seinen alten Meister auf Schadenersatz. Der Anspruch des Arbeiters wurde als begründet erachtet. Der Arbeitgeber anerkannte auch, daß er sich gegen die Bestimmungen der Gewerbeordnung verfehlt habe, glaubte aber, ein Arbeitsbuch sei für den Lehrling und minderjährigen Gesellen nicht nötig, weil dieser aus dem gleichen Orte gebürtig sei. Es ist das ein bedauerlicher Irrtum, den man ab und zu findet und der die Arbeitgeber nur in Schaden bringen kann.
Fortsetzung in der Beilage.
I
s