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dem bedarf die Uebernahme einer staatlichen Nebenverwaltung, z. B. des Ortssteueramts, wie bisher der Genehmigung der Gemeindeaufsichts­behörde. Was die Kassenrevision anbelangt, so wird verfügt, daß bei den Gemeiuderechneru und Gemeindestiftungsrechnern deren ordentl. Jahres - einnahmen 3000 ^ nicht übersteigen, jährlich mindestens ein unvermuteter Kassensturz, bei allen übrigen Gemeinderechnern und Gemeindestiftungs- rechnern jährlich mindestens zwei unvermutete Kassenstürze vorzunehmen sind. Die Vornahme dieser Kassenstürze ist Obliegenheit des Orts­vorstehers; in größeren Stadtgemeinden kann auch ein Gemeinderatsmitglied oder ein besonders hiefür angestellter Beamter damit betraut werden. Bei dem Oberamtspfleger und dem Oberamts­sparkassier hat das Oberamt jährlich zwei un- vermutete Kassenstürze vorzunehmen, ebenso bei den Landarmenpflegern. Ueber die Kassenkontrolle bei den Oberamtssparkassen sind noch besondere Bestimmungen aufgestellt. Bei jeder Sparkasse, ohne Rücksicht auf die Größe ihres Vermögens, ist ein Kontrolleur aufzustellen. Derselbe hat insbesondere für sämtliche Spareinlagen und Kapitalzurückzahlungen sowie für sämtliche Ab­hebungen im Kontokorrent- oder Chcckverkehr gemeinschaftlich mit dem Kassier zu bescheinigen, auch hat er bei den Monatskassenstürzen des Sparkassiers mitzuwirken.

Stuttgart, 9. Septbr. Auf dem Cann- statter Wasen wurden gestern Vormittag die Wirtschaftsplätze für das Volksfest versteigert. Trotz der vorhergehenden Abmachung der Volks­festwirte unter sich, einander nicht zu überbieten, erreichten diesmal die Pachtpreise eine Höhe, die teilweise das Doppelte und Dreifache derjenigen des vorigen Jahres ausmacht. Namentlich leb­haft steigerten die großen Brauereien, da sie ihre bisherigen Plätze wieder haben wollten. Die Brauerei Wulle zahlte für ihren Platz 890 Büchner 600 Frank 605 Eng­lischer Garten 675 Mergenthaler 806 u. f. w. Angesichts solcher Preise verzichteten viele Wirte überhaupt darauf, dieses Jahr auf das Volksfest zu gehen, da sie nicht glauben, auf ihre Rechnung kommen zu können. Der Bolks- festplatz ist dieses Jahr auch etwas kleiner, da die Militärbehörde nicht erlaubt, den Exerzierplatz so weit zu benützen wie sonst. Die Stadt Cann­statt hat auch eine Kanalisation des Wasens vornehmen lassen. Die Buffets der Wirtschaften müssen deshalb an den Stellen aufgestellt werden, wo sich die Einmündungen in die Kanäle befinden.

In Stuttgart fand die Delegiertenver­sammlung des Landesvereins für Bienenzucht statt, an der 42 Vereine beteiligt waren. Archi­tekt Schäufelin sprach über Mittel und Wege, wie dem Honigverkauf durch Selbsthilfe Schutz zügewendet werden kann, Oberlehrer Vischer- Ellwangen über die beste Art und Weise, wie der Honigverkauf in geeigneter Weise vermittelt werden könne. Mehrere Anträge wurden beraten. Nächstes Jahr soll eine Ausstellung und General­versammlung in Tuttlingen stattfinden.

Es dürfte die Kreise der Bijout er Le­ih ran che interessieren zu hören, daß die Lehr- und Versuchswerkstätten der Kunstgewerbeschule in Stuttgart in ihrer Einrichtung fertig sind. In der Metallwerkstätte befindet sich eine Cise- leurwerkstätte, ein Emaillierofen und eine Spindel­presse. Die Leitung der Metallwerkstütte über­nimmt Lehrer Berner, Vorstand der Fachschule in Schw. Gmünd.

Stuttgart, 10. Sept. Vermißt wird hier seit einigen Tagen der Gastwirt des Hotels Ihle, Herr Burkhardt, über dessen Vermögen nun inzwischen das Konkursverfahren eingeleitet worden ist. Häuserspekulationen, mit denen Burkhardt Unglück hatte, haben den Mann rasch in den Konkurs getrieben. Eine Anzahl hiesiger Bürger soll dabei beträchtliche Verluste erleiden. Hierzu wird noch mitgeteilt, daß Burkhardt durch Zurücknahme seines verkauften Hauses auf dem Leonhardsplatz, dessen Käufer zahlungsunfähig war, in finanzielle Schwierigkeiten geriet und deshalb dem enormen Preis von 450000 -/A für das Hotel Ihle nicht mehr gewachsen war. Burkhardt soll sich am 2. Sept. nach Amerika eingeschifft haben.

Eßlingen, 12. Sept. Welche Früchte das Submissionswesen zeitigt, zeigen die gestern im hiesigen Gemeinderat vergebenen Arbeiten zum neuen Mädchenvolksschulgebäude. Bei Schmiede­arbeiten wurde auf den Voranschlag 44"/» und bei den Anstricharbeiten des Walzeisens 40 "/g von hiesigen Meistern abgeboten.

Vom Oberland, 12. Sept. Ueber das schwere Gewitter, das am letzten Mittwoch das Oberlaud heimgesucht hat, gehen uns noch immer weitere Berichte zu. In Roth a. d. Roth fiel dichter Hagel; eine Menge Fensterscheiben wurde durch die Hagelkörner eingeschlagen und der das Gewitter begleitende Sturm deckte viele Dächer ab und riß eine Menge Bäume um. Die im Rißthal bei der Aigermühle befindliche Seiler­bahn wurde, wie derAnz. v. Oberl." meldet, ihrer ganzen Länge nach umgestürzt wie ein Kartenhaus. Dächer im Jordansbad und in Rißegg an letzterem Ort auch das Kirchen­dach wurden abgedeckt und viele Heuwagen umgeworfen. Der an den Bäumen angerichtete Schaden läßt sich noch gar nicht übersehen. In Leupolz bei Wangen wurde lt.Oberschw. Anz." eine 400 Jahre alte Linde mit 4 gewaltigen Aesten, an welche eine schöne Lourdesgrotte ge­baut war, umgerissen, wobei die Anlagen bei der Kirche stark beschädigt wurden. In Erhofen Gde. Wilflingen, OA. Riedlingen, schlug der Blitz lt.Riedl. Ztg." in das Haus des Bauern Joh. Bulander, zündete glücklicherweise nicht, richtete jedoch am Gebäude verschiedenen Schaden an. Die vom Oehmden zurückkehrende Magd wurde von dem geteilten Strahl, als sie eben den Hausschlüssel langen wollte, getroffen, zu Boden geschleudert und ihr der Schuh am rechten Fuß vollständig zerrissen. Auch in Braunenweiler hat das Gewitter schwer gehaust, es fielen Hagelkörner von über Wallnußgröße.

Stuttgart, II. Sept. ^Kartoffelmarkt auf dem Leonhardsplatz.f Zufuhr 700 Ztr. Preis 2.50 bis 4 »<« für 1 Zir. sKrautmarkt aus dem Char- lottenplatz.f Zufuhr 1000 Stück. Preis 1015 ^ für 100 Stück.

Ausland.

London, 12. Sept. In einem Artikel über die Frage der Erziehung, in dem auch die deutschen Kaisermanövern erwähnt werden, rühmt Daily Telegraph" aufs höchste die deutschen Erziehungsgrundsätze und sagt, Kaiser Wilhelm und die Deutschen sind nicht nur imstande, die größte militärische Kampfesorganisation zu er­halten, die die Welt je gesehen hat, sondern auch eine Flotte zu bauen, die in ihrer Organisation gegen keine andere von ihrer Größe zurücksteht. Diese Flotte ist gegenwärtig in der Größe be­schränkt, wie es auch das englische Landheer ist, aber sie besitzt eine unbestritten vollkommene Kriegstüchtigkeit, während die englische Armee nach einer solchen immer noch tappt.

Ueber die Besprechung, welche die Buren­generäle neulich in London mit dem Kolonial­minister Chamberlain gehabt haben, liegt nun mehr der angekündigte amtliche Bericht vor. Aus demselben erhellt, daß dem Empfang der Generäle bei Chamberlain Vorverhandlungen zwischen, letzterem und Botha vorangingen, die sich auf eine ganze Reihe von Vorschlägen der Burenführer zur Abänderung der Friedens- bedinguugen von Pretoria im Interesse des Burenvolkes bezogen. Chamberlain lehnte es indessen rundiveg ab, sich in Erörterungen über eine Abänderung der Friedensbedingungen ein­zulassen, wobei er die für die Ansichten der heutigen maßgebenden Staatsmänner Englands charakteristische Behauptung anssprach, die Be­dingungen, unter denen England den Buren den Frieden bewilligt hätte, seien so großmütige, wie man sie in der Geschichte noch nie erlebt habe. Wer lacht da?! Die hierauf gegebene Erwider­ung Botha s bekundet klipp und klar, daß die Buren beim Friedensschlüsse von den Engländern einfach über s Ohr gehauen worden sind, daß ihnen von Kitchener und Milner Versprechungen und Zusagen gemacht wurden, an welche sich die Londoner leitenden Persönlichkeiten nicht kehrten! Die hierauf erfolgte Besprechung der Buren­generäle mit Chamberlain konnte unter solchen Umständen fast nichts zeitigen, was ihren Wün­schen entsprochen haben würde, ihre politische

Mission in England ist mit diesem Fiasko bei dem allmächtigen Chamberlain als völlig P. scheitert zu erachten. Von London sind nun > Botha, Dewet und Delarey zunächst nach dem Haag zurückgereist, wo sie am Mittwoch Nachm, eine längere Konferenz mit dem Ministerpräsi­denten Kuyper hatten. !

Die Eingeborenen Südafrikas wollen hie und da dem Gebot der englischen Regierung, die Feuerwaffen auszuliefern, bedingungsweise Folge leisten. Fünf Häuptlinge des Gebietes der Zont-Pans-Berge in Transvaal haben sich hierzu bereit erklärt, falls die Oberhäuptlinge die Waffen behalten dürfen.

Grenoble, 12. Sept. Ein cyklonartiker Sturm suchte den Kanton Vinay heim. Wein- stöcke und Nußbäume sind vernichtet. Bis 240 Gramm schwere Hagelkörner sind gefallen. Das Glasdach einer Seidenfabrik wurde durchschlagen. ^ Mehrere Personen sind verletzt.

Mutmaßliches Wetter am 14. und 15. September I

Der nordische Luftwirbel beherrscht in Verbinduni mit den zahlreichen Gewitterwirbeln in Frankreich unt Deutschland fast ganz Mitteleuropa. Bei vorherrschend südlichen Winden und demgemäß warmer Temperatur . ist für Sonntag und Montag größtenteils bewölktes > und auch zu mehrfachen Mederschlägen geneigtes Wetter in Aussicht zu nehmen.

vermischtes

Wien, 8. Sept. Der Beschluß der Wiener ! Gastwirte-Genossenschaft, auf Verlangen alko- - holfreie Getränke zu verabreichen, ist, wie das Wiener Extrabl." mitteilt, von einem großen Teile der Wiener Gastwirte bereits zur Durch, führung gelangt. In manchen Wirtschaften werden ! sogar alkoholfreie Abteilungen geschaffen. Ein ! Wirtshaus weist schon ein besonderesalkohol- i freies Zimmer" auf. !

Nach dem Muster der Pariser Millionen- > schwindlerin Humbert arbeitete in Breslau die verwitwete Frau Postsckretär Gottschling, die so­eben verhaftet wurde.Bresl. Gen.-Änz." teilt hierzu mit, daß die Genannte im vornehmsten Viertel eine elegant eingerichtete Wohnung unter- hielt und unter der Vorspiegelung, sie habe in Italien eine Erbschaft in der Höhe von 40000» bis 600000 zu erwarten, sich bedeutende > Summen erschwindelte. Ein Karlsbader Hotelier allein soll Summen von 200000 Kronen her­gegeben haben. Zur Beruhigung ihrer Haupt- gläubiger reiste sie auch nach Italien und sandte von dort Briefe, daß die Erbschaft in kürzester j Zeit fällig sei. >

Ein kostbarer Schädel! Dieser Tage ! verkaufte das Heidelberger Mineralienkomptoir ! von Blatz einen fossilen Schädel an Herrn ! Kommerzienrat Krupp in Essen um den Preis ! von 1900 -/A Der Schädel stammt von einem Titanotherium, einem tertiären Säugetier aus ! dem Bade Lands von Nordamerika. Einen Be­griff von der Größe des Schädels erhält man, ! wenn man erfährt, daß derselbe, obgleich der Unterkiefer fehlt, 1 ^ Zentner wiegt.

(Der noble Kellner.s Ein Mann (der sieht wie der Kellner das Essen am Büffet bezahlt, zu seinem Sohne):Guck emol, Gottlieb, der Herr Kellner bezahlt für uns; des is nobel, des muß mer sage!"

Neueste Nachrichten u. Telegramm.

Wildpark, 12. Septbr. Der Kaiser ist 52,4 Uhr abends hier eingetroffen und begab sich nach dem Neuen Palais.

Karlsruhe, 12. Sept. Die evangelische Kirchengemeindeversammlung hat heute mit allen gegen eine Stimme eine Eingabe an den Groß­herzog gegen die Klöster angenommen und unterschrieben.

München, 12. Sept. Die Korrespondenz Koffmann meldet: Mit Rücksicht auf die zu­nehmenden Klagen über den Mangel an ge- eignetem Schlachtvieh wurden vom königlichen Staatsministerium des Innern bereits vor einiger Zeit eingehende Erhebungen über den Stand der Fleischversorgung eingeleitet. Das Ergebnis dieser Erwägungen liegt nunmehr zum größeren Teile vor und unterliegt der erforderlichen Sich- tung und Würdigung.

LE" Mit einer Beilage. "MM

Redaktion, Druck und Vertag von C. Meeh in Neuenbürg.