Amts- und Anzeigeökrlt für den Bezirk Gal'w
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Amtliche AekavrttmachuKge«.
Straßensperre.
Die Straße von Calw nach Zavelstein
von der Abzweigung von der alten Calw-Altburger Straße bis auf die Höhe wird wegen des Neubaus der Calw—Altburger Straße bis auf weiteres gesperrt. Die Fuhrwerke haben die alte Calw—Altburger Straße zu befahren.
Calw, 29. August 1902.
K. Oberamt. K. Straßenbauinspektion.
Amtm. Conz, A.-V. Schab.
Die Ortspolizeibehörden
werden auf die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 22. Juli 1902, R.G.Bl. No. 37, und den hiezu ergangenen Erlaß des Ministeriums des Innern vom 14. Aug. 1902, Min.A.Bl. S. 350,
betr. die wechselseitige Benachrichtigung der Militär- und Polizeibehörden über das Auftreten übertragbarer Krankheiten ausdrücklich hingewiefen.
Hienach haben die Ortspolizeibehörden des Oberamtsbezirks
1) jede Erkrankung an Aussatz und an Unterleibstyphus, sowie jeden Fall, welcher den Verdacht einer dieser Krankheiten erweckt, ferner jede Erkrankung an Kopfgenickstarre oder an Rückfallfieber;
2) jeden ersten Fall von Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pest, Pocken, sowie das erste Auftreten des Verdachts einer dieser Krankheiten in dem betreffenden Orte;
3) jedes gehäufte (epidemische) Auftreten der Ruhr (v^sontki-is), der Diphtherie, des Scharlachs, sowie jedes neue Vorkommen von Massenerkrankungen an der Körnerkrankheit (Traellovv),
dann dem Generalkommando mitzuteilen, wenn zur Zeit des Ausbruchs der Krankheit Manöverübungen im Bezirk stattfinden.
Calw, 30. August 1902.
K. Oberamt.
Conz, Amtm., A.-V.
Bekanntmachung.
Durch Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 14. ds. Mts. ist der Zimmermeister Friedrich Henßler in Altensteig seinem Ansuchen entsprechend von der Stelle eines Flotzaufsehers für die Floßstraße des Zinsbachs und der oberen Nagold enthoben und diese Stelle dem Zimmermeister Adolf Henszler in Altensteig in stets widerruflicher Weise übertragen worden, was hiemit zu öffentlicher Kenntnis gebracht wird.
Calw, 30. August 1902.
K. Oberamt.
Amtmann Conz, A.-L.
^ Sagesrreuigkeiten.
Calw, 1. Sept. (Zur Stadtschult- heißenwahl.) Gestern Sonntag nachmittag stellten sich von den 7 Kandidaten für die Ortsvorsteherstelle fünf der überaus zahlreich erschienenen Bürgerschaft im badischen Hof vor: Hr. Amtmann Conz von hier, Hr. Rechtsanwalt Priester aus Frankfurt, Hr. Wann er aus Ludwigsburg, Sekretär der Lgndarmenbehörde des Neckarkreises, Hr.
Dienstag, den 2. September 1902.
Vierteljährlicher LbonnnnenrrpreiS in der Stadt Mk. L.LO ins Haue gebracht, Mk. 1. LS durch die 'Lost bezöget: im Bezirk; außer Bezirk Mk. 1. 35.
Schultheiß Fack von Mönsheim und Hr. Verwaltungsaktuar Staudenmeher von hier. Es wird keinem Zweifel unterliegen, daß nur der Erste oder Letzte dieser Herrn für die hiesige Stadt ernstlich in Betracht kommen kann, deshalb lassen wir deren Reden in ihren Hauptgedanken folgen.
Herr Anmnann Conz:
Zum erstenmale trete ich heute aus dem engen Wirkungskreis meiner Amtsstube an die weite Oeffent- lichkeit Ihrer Stadt. Werden Sie sich da wundern, wenn ich Ihnen gestehe, daß ich etwas befangen zu sein fürchte angesichts des großen Interesses, das Sie so zahlreich hieher geführt hat, befangen insbesondere bei dem Gedanken, daß ich, ein junger, in der Entwicklung seiner Anschauungen und Urteile noch stehender Mann, Ihnen, im Leben erfahrenen, im Urteil gereiften Männern, meine Meinung über die Fragen der öffentlichen Verwaltung Ihrer Stadt darlegen soll? Ermutigen kann mich in dieser Befangenheit nur die Hoffnung, daß es mir gelingen möchte, eine schöne Uebereinstimmung zwischen unseren beiderseitigen Anschauungen herbeizuführen.
Die erste Vorbedingung der Uebereinstimmung aber ist die persönliche Bekanntschaft und so gestatten Sie mir, daß ich Ihnen zunächst über meine Person, sodann über meine Anschauungen Auskunft gebe.
Ich, Amtmann Eduard Conz, bin im Jahr 1871 als Sohn des Pfarrers Conz in Kayh OA. Herrenberg geboren. Meine Vorbildung erhielt ich in den Seminaren Maulbronn und Blaubeuren, studierte in Tübingen und Berlin und war nach Erstehung der beiden höheren Dienstprüfungen im Departement des Innern der Reihe nach in den verschiedensten Zweigen der heimatlichen Staatsverwaltung beschäftigt: bei der Staatsschuldenzahlungskasse, der Kammer der Abgeordneten und der Kgl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel — Stellen, die mir nicht bloß eine, wenn «s sich fügen sollte, für Ihre Stadt wertvolle Bekanntschaft mit den im öffentlichen Leben unseres Landes am meisten hervorragenden Männern, sondern auch eine gewisse Vertrautheit mit vielen Seiten des wirtschaftlichen Lebens, insbesondere den Bedürfnissen der Industrie, des Handels und des Handwerks verschafft haben. Seit 3 Jahren bin ich in die oberamtliche Verwaltung eingetreten. In dieser Beschäftigung gewann ich den Einblick in die Gemeindeverwaltung, der, ich darf es gewiß ohne Ueberhebung sagen, mir die Uebernahme der Verwaltung einer Gemeinde, wie der Ihrigen, ich sage nicht leicht machen — aber doch erleichtern würde. Mit dem Anfang dieses Jahrs bin ich nach Calw versetzt worden und habe mich unterdessen bemüht, gerade hier in Ihre Calwer Verhältnisse mich einzuarbeiten.
Was meine Militärverhältnisse betrifft, so bin ich Leutnant der Reserve. Ich bin stolz darauf, Soldat zu sein, aber ich erkläre Ihnen ausdrücklich, daß ich im 13. Dienstjahr stehend nur noch freiwillig der Reserve angehöre und jederzeit in die Landwehr II. Aufgebots übertreten kann, in welchem Dienstverhältnis ich nicht durch langdauernde Hebungen meinem Amt entzogen wäre.
Ueber meine Familienverhältniffe habe ich Ihnen mitzuteilen, daß ich verheiratet bin mit Else, Tochter des Hrn. Oberconsistorialrat Wunderlich in Stuttgart; ich habe zwei Kinder. Ich lege auf die Hervorhebung der Familienverhältnisse besonderen Wert, denn, m. H.: wer Vater einer ganzen"Stadt werden will, muß zuerst Familienvater sein, sonst könnte er manche ihm vorgetragene Anliegen nicht verstehen.
Fast fürchte ich, Sie mit meinen Personalien schon gelangweilt zu haben. Sie wollen Greifbares! Sie rufen nach meinem Programm. Ihren Ruf höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube an — die Programme!
Und in der That, was ist ein Programm für ein elend Stückchen glatten Papiers, von dem alle die-guten Vorsätze und schönen Versprechungen gehobener Stunden so gar glatt abrutschen! Sie wollen kein papierenes Programm, sondern einen Mann.
Ich will Ihnen daher ein moralisches Programm geben, ich will Ihnen die Gesinnungen aufdecken, welche mich auf den hauptsächlichsten Gebieten der öffentlichen Verwaltung Ihrer Stadt Calw vorwärts treiben würden.
Bei der öffentlichen Verwaltung wäre Öffentlichkeit mir erster Grundsatz. Ich würde Ihnen, wie dies in größeren Städten schon da und dort eingeführt ist, auf Wunsch nicht nur im Blatte Berichte über die Beratungen der Kollegien erstatten, sondern wäre bereit. Sie alljährlich in mündlichem Vortrag über den Stand der Gemeindeangelegenheiten zu unterrichten. Ich würde das Amt nie als ein lästiges Anhängsel eines schmunzelnd zu verzehrenden Gehalts ansehen, sondern die Ausfüllung meines Postens als meine Lebensaufgabe betrachten. Sie würden mich zu jeder schicklichen Zeit auf dem Rathause treffen, insbesondere würde ich nicht nach dem lockeren Vers arbeiten:
„Der Bureaukrat lhut seine Pflicht von 3—6, mehr thut er nicht!" sondern ich würde, wie ich dies bisher beim hiesigen Oberamt in ausgedehnter Weise schon gethan habe, an wenigstens einigen Tagen der Woche der arbeitenden Bevölkerung nach Schluß ihrer Fabrik- und Geschäftsstunden meine Kanzlei offen halten. Kommen Sie da, wie Sie sind, im Arbeitsrock; ich trage im Dienst auch einen Arbeitsrock, dann passen wir gut zusammen.
Die Art meines amtlichen persönl. Verkehrs mit den Gemeindegenossen würde dieselbe entgegenkommende bleiben, die ich bisher meinen Bezirksangehörigen gegenüber geübt habe.
In meiner Stellung zu den bürgerlichen Kollegien würde ich stets auch in Fällen von Meinungsverschiedenheiten, der Achtung eingedenk bleiben, die ich der bewährten Einsicht der mir von der Bürgerschaft gesetzten Berater schuldig bin.
Soweit die persönliche — nun die s a ch- lich-e Geschäftsführung.
In der Finanzverwaltung wäre äußerste Sparsamkeit und Erhaltung der Gemeindeeinnahmen aus dem Grundbesitz sowohl, also Pflege der Forstwirtschaft, als aus den Steuern mein erster Grundsatz. Weiter aber auch: Vorsichtige Aufstellung des Etats, Berücksichtigung der jährlichen Erwerbsverhältnisse in Industrie, Gewerbe und Handel -c.
In der Armenpflege würde ich stets des Wortes eingedenk sein, das der größte Sozialpolitiker aller Zeiten uns ins Gewissen gebrannt hat: Arme habt ihr allezeit bei euch! Was heißt das ? Ein Dreifaches! Einmal, wir dürfen nie rasten in der Armenfürsorge, denn Arme haben wir allezeit bei uns. Wir dürfen aber auch unsere Mittel nicht verschleudern, denn — Arme haben wir nicht bloß heute, wir haben sie auch morgen, wir haben sie allezeit bei uns. Und endlich ist es uns eine ernste Warnung, daß die Armut nicht mit Gewalt aus der Welt zu schaffen ist.
Der Schule würde ich aus innerster Ueber- zeugung meine Sorge zuwenden: Wer für die Jugend sorgt, sorgt für die Nation. Ten Fortbildnngsein- richrungen, deren Wert für die Einführung ins