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richtet sei, die englische Regierung zur Anerkennung der mündlichen Zusagen zu bewegen, welche Kitchener gelegentlich der Friedensverhandlungen abgegeben hat. Kitchener habe ausdrücklich zugestanden, daß kein Treueid gefordert werde und daß es jedem Burenkämpfer und Mitkämpfer frei stehen solle, unbehelligt nach Südafrika zurückzukehren.

Berlin, 28. Aug. Der Lokalanzeiger läßt sich aus Paris telegraphieren: Der ehemalige Staatssekretär von Transvaal, Reitz, machte hier vor seiner Abreise nach Amerika über die in London seitens der Buren geltend zu machenden Ansprüche folgende Mitteilungen: Auf 5flO Millionen Francs belaufen sich unsere Kriegsschäden. Die englischen 75 Millionen Francs sind lediglich zur Einlösung der bis auf das Fundament zerstörten Farmen be­stimmt. Tie von den Engländern vollständig aus- geplünderten, ihrer Habe und ihres Viehs beraub­ten Landleute bleiben völlig unberücksichtigt. Nach Ansicht der Burenführer müßte der Kontrakt von Verceniging" einen jenen traurigen Verhältnissen entsprechenden Zusatz erhalten. Die volle Wahrheit über das Zustandekommen jenes Vertrages werde übrigens in kürzester Zeit Kestell in einem Buche bringen, welches in französischer, englischer, deutscher und holländischer Sprache erscheinen wird.

Berlin, 28. Aug. Aus Hamburg wird gemeldet: Nachdem 93 Opfer derPrimus"-Kata- strophe geborgen und beerdigt sind, ist für die Auf­findung und Bergung der noch fehlenden acht Lei­chen eine Belohnung von 400 auSgesctztHorden.

Berlin, 28. August. Der König von Italien stattete heute nachmittag dem Prinzen Friedrich Leopold einen Besuch ab. Um 3'/< Uhr fuhr der König nach dem Mausoleum in Charlotten­burg in Begleitung des Generals von Lindequist. Bei den Einzugsfeierlichkeiten sind 23 Ohnmachts­anfälle und kleinere Verletzungen vorgekommen.

Potsdam, 27. Aug. Der König von Italien traf pünktlich 5 Uhr 15 mittelst Sonder­zuges von Magdeburg kommend auf der Wildpark- Station ein. Dort waren kurz vorher der Kaiser, der Kronprinz, Prinz Friedrich Leopold und sämt­liche Prinzen des königlichen Hauses erschienen. Zu­gleich hatten sich eingefunden die Hofchargen, die Generalität von Berlin und Potsdam, der Stadt­kommandant von Potsdam, desgleichen der Polizei­präsident und außerdem mehrere zum Empfang be­fohlene Personen. Als der Zug signalisiert wurde, begab sich der Kaiser zum zweiten Bahngeleise und erwartete dort die Ankunft seines Gastes, während sich die Prinzen vor dem Empfangssalon aufstellten. Der Zug fuhr langsam in die Halle ein, die Musik intonierte die italienische Nationalhymne und der Kaiser ging seinem Gasie entgegen, ihm freundlich mit der Hand winkend. Nach dem Halten des Zuges entstieg der König elastischen Schrittes dem Salonwagen, beide Majestäten umarmten und küß­ten sich zweimal auf die Wange. Hierauf schritten beide Majestäten zum Empfangssalon, wo die Be­grüßung der Prinzen und der anderen Personen stattfand. Nach dem Abschreiten der Ehrenkompagnie nahmen beide Majestäten den Parademarsch der Ehrenkompagnie ab und verließen in einem vier­spännigen Wagen den Bahnhof, um nach dem Neuen Palais zu fahren.

Potsdam, 28. Aug. Wie das Jntelligenz- blatt meldet, ist in der Jßmer'schen Mordsache eine Wendung eingetreten. Nachdem gestern und vorgestern die Verwandten der Ermordeten die beiden Villen durchsucht hatten und bis gestern abend nur ^ 16.17 gefunden hatten, gelang es heute dem Kriminalkommissar Steinhauer, der heute Morgen nach Abreise der Verwandten eine neue Untersuchung vorgenommen, 30 Hundertmarkscheine, 180 Zwanzig­markstücke und ca. 4000 Coupons in dem Rückenteil und den Aermeln von Kleidungsstücken eingenäht vorzufinden. Ter wichtigste kriminalistische Fund aber ist ein mit Blut bedecktes Beil, das der Kommissar unter einem großen Kleiderschrank, der an der Erde festgeschraubt war, vorgefunden hat. Tie Blutspuren sind daran noch frisch.

Zürich, 27. Aug. Auf den in Bern auf­gestiegenen Militärballon, in welchem sich der Chef der schweizerischen Luftschiffer-Abteilung, Oberst Schaeck, befand, wurde in der Nähe von Freiburg in der Schweiz mehrere Flintenschüsse abgegeben. Nur durch rasches Auswerfen von Ballast konnten

sich die Luftschiff» retten. Eine strenge Untersuchung ist eingeleitet.

Zürich, 28. Aug. Anläßlich der Durch­fahrt des Königs von Italien wurde in Goldau ein italienischer Anarchist verhaftet.

Wien, 27. Aug. Tie Blätter besprechen in s ympathischer Weise den Besuch des Königs von Italien in Berlin. Die Neue Freie Presse legt dem Besuche schon deshalb eine außergewöhnliche Bedeutung bei, weil dadurch die in letzter Zeit zirkulierenden Gerüchte, daß sich Italiens Verknüpfung mit dem Dreibünde gelockert und daß man in Rom eher zum Zweibund Hinneige, ein entschiedenes Dementi erfahren.

Newyork, 27. Aug. Ein Telegramm aus St. Thomas berichtet, daß laut Mitteilungen aus Martinique gestern zwischen 10 Uhr morgens und 3 Uhr nachmittags in der Richtung des Mont Pelee große schwarze Wolken beobachtet worden sind. Gleichzeitig wurde ein starkes unterirdisches Getöse vernommen. Ein vulkanischer Aschenregen ist über die ganze Insel niedergegangen.

New-Aork, 28. Aug. Ein Telegramm, das gestern abend von der Insel Dominique einge­troffen ist, berichtet, daß seit gestern Nachmittag 2 Uhr in südlicher Richtung fortdauernd Erdstöße, welche von unterirdischem Donner begleitet waren, verspürt wurden. Man glaubt, daß ein neuer schwe­rer Ausbruch erfolgt sei. Alle Verbindungen sind abgeschnitten, und alle Versuche Einzelheiten zu er­halten, blieben bisher erfolglos.

Permischl es.

Für dieBeteiligungDeutschlands an der Weltausstellung in St. Louis soll, wie nach derNat.-Ztg." verlautet, beim Reichstag eine Geldbewilligung beantragt werden. Von einer umfassenden deutschen Ausstellung soll nicht die Rede sein. Es werde aber beabsichtigt, eventuell der Be­reitwilligkeit Deutschlands zu einem Entgegenkommen für die amerikanischen Wünsche durch eine Ausstel­lung von Kunstwerken, von kunstgewerblichen Erzeug­nissen, vielleicht auch von bildlichen Darstellungen der Ergebnisse der deutschen Sozialpolitik u. dgl., Ausdruck zu geben. Die Frage, ob und wie sich Deutschland an der Ausstellung von St. Louis beteiligen soll, bedarf jedenfalls der sorgfältigsten Prüfung. Es kommt dabei ebenso die Rücksicht auf unsere Cxportinteressen in Betracht, wie die un­zweifelhaft vorhandene Ausstcllungsmüdigkeit.

Ein französischer Berichterstatter, der die Begrüßung der Burengenerale aus nächster Nähe beobachtet haben will, schildert diese Szene wie folgt:Chamberlain schien sich in Gegenwart der Burengenerale nicht recht behaglich zu fühlen, als er ihnen die Hand reichte, wendete er seinen Kopf ab. Auch die Buren wendeten den Kopf ab, sie kniffen die Lippen zusammen und schlossen die Augen als wenn sie eine bittere Medizin einnehmen sollten. Chamberlain, schon vor der Unterredung bleich, war nach derselben noch bleicher." Als sich herausstellte, daß die Burengenerale auf ihrer Wei­gerung, der Flottenschau beizuwohnen, beharrten, hörte der französische Journalist, wie Lord Roberts zu Botha sagte:Glauben Sie mir, General, Sie sind im Begriff, einen großen Fehlgriff zu thunl", worauf sich Lord Roberts ohne Abschied entfernte, während Kitcheuer noch zurückblieb und einen letzten vergeblichen Versuch machte, die Generale umzu­stimmen.

In Vallombrosa (Italien), einer der beliebtesten Sommerfrischen der Toskaner, nament­lich der Florentiner, die sich gerne aus der heißen Stadt in die über 900 Meter hohe, herrlich im Wald gelegene Stätte der einstigen Vallombrosaner Mönche flüchten, ist jüngst das große Hotel voll­ständig abgebrannt. Ter Gasthof enthielt hundert Zimmer. Alle Insassen des Hotels ca. 80 Per­sonen waren schon zur Ruhe gegangen, als sie das Feuer aufschreckte. Sie konnten nur das nackte Leben retten; da die Treppen schon brannten, mußten sie an Seilen aus den Fenstern herabgelassen werden. Ter Löschdienst funktionierte elend; der Aschenregen von der Brandstätte bedrohte eine Zeitlang den Wald und die benachbarten Bauernhäuser. Nur im rechten Flügel de? Hotels, der zuletzt vom Feuer erfaßt wurde, konnte die bewegliche Habe gerettet

werden; sonst verbrannte alles Mobiliar, sowie die Kleider und Kostbarkeiten der Fremden.

Ein großer Meteorstein ist in West- Mexiko entdeckt worden. Wann er zur Erde gefallen ist, hat nicht mehr festgestellt werden können, jeden­falls muß er während seiner Bahn durch das Luft­meer eine prachtvolle Erscheinung dargeboten haben, denn sein Gewicht beträgt noch über 1000 Zentner, seine Länge über 13 Fuß; durch die furchtbare Gewalt des Sturzes hat er sich fast 6 Meter in den Erdboden eingegraben. Ursprünglich muß der ungeheure Block aus Meteoreisen noch größer ge­wesen sein, denn in seiner Umgebung fanden sich kleinere Bruchstücke. Ueberhaupt pflegt ein Meteor von solcher Größe durch die Reibung mit der Luft während seines Niederfallens teilweise Explosionen und demzufolge Zertrümmerungen zu erleiden. In wissenschaftlicher Beziehung wird der Stein eine große Kostbarkeit bilden, die wahrscheinlich eines der Musecn in den Vereinigten Staaten erwerben wird. Allerdings wird der Preis schon deshalb kein geringer sein, weil die Kosten eines Transports vom Fund­ort bis zur Meeresküste auf 20 000 geschätzt worden sind.

Rache ist süß! Ein bayerischer Gemeinde­förster erhielt vom Magistrat der Stadt eine dienst­liche Anweisung auf gedrucktem Formular. Das der Anrede vorgedruckteHerr" war durchstrichen. Auf seine Anfrage nach dem Grunde der sonder­baren Maßnahme wird dem Förster die bündige Antwort, alles Durchgestrichene sei anzusehen, als hätte es nicht dagestanden. Doch der Förster zahlte eS mit gleicher Münze heim. Seine nächste schrift­liche Eingabe lautete:An den naseweisen Magistrat der Stadt N." Das Wortnase" hatte er aber durchstricheu.

Die Schulden einer Schauspielerin In Paris verstarb dieser Tage die dreißigjährige sehr beliebte Schauspielerin Wanda de Boncza von der Komödie Francaise. Nun erschien der Ge­richtsvollzieher und klebte im Aufträge mehrerer Kostümlieferanten seine ominösen Zettel auf die Hin­terlassenschaft, weil die Passiva der Diva bis jetzt die Kleinigkeit von 5 00,000 Francs ausmachen.

Auch eine Grabschrift. Ein Grab­stein auf einem niederbayerischen Friedhof weist folgende Inschrift auf:

Hier liegt mein Weib, Gott sei's gedankt!

So lang sie gelebt, hat's nix als zankt.

O lieber Leser, geh' weg von ihr,

Sie steht sonst auf und zankt mit Dir.

Aus der höheren Töchterschule. Lehrerin:In der nächsten Stunde kommen wir auf den Storch zu sprechen." Schülerin (leise zur Nachbarin):Also giebt es doch Störche."

Kitterarisches.

Präsident Krüger s Memoiren erscheinen im November ds. Js. durch I. F. Lehmann's Verlag in München. Präsident Krüger hat im Laufe dieses JahreS seine Lebenserinnerungen zwei hohen Staatsbeamten, die sein besonderes Vertrauen genießen, diktiert. Zur Herausgabe dieses Manu­skriptes wurde der Redakteur desBurenfreundes" A. Schowalter, der die Interessen der Buren seit langem litterarisch vertritt, nach Utrecht berufen. Um das Verlagsrecht haben sich 27 der größten Verleger der ganzen Welt beworben und um das hochinteressante Werk zu erhalten, enorme Summen geboten. Zumal wurden von amerikanischer Seite große Anstrengungen gemacht in den Besitz des Manuskriptes zu kommen. _

Standesamt Kakn».

Geborene.

18. Aug. Georg Eugen, Sohn des Johann Gg. Gauß, Glasers hier.

23. Aug. Emilie Katharine, Tochter des Josef Nagel, Fabrikarbeiters hier.

22. Aug. Anna Helene, Tochter des Gotthilf Jauß, Heizers hier.

Gestorbene.

2l. Aug. Philippine geb. Gengenbach, Ehefrau des Gottl. Heller, Bäckermeisters hier.

Gottesdienste

am 14. Sonntag nach Hrinitatis, 31. August. Vom Turm: 122. Predigtlied: 361 Eines wünsch ich mir rc- 9 Uhr: Vorm.-Predigt, Herr Dekan Roos. 1 Uhr: Christenlehre mit den Söhnen. 2 Uhr: Nachm.-Predigt, Herr Vikar Ehninger.

Sonnerstag, 4. September.

8 Uhr abends: Bibelstunde im Vereinshaus, von Hrn. Dekan Roos.

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