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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Seine Majestät der König hat die er­ledigte Assisteiuenstelle bei dem Kameralamt Geislingen dem Finanzpraktikanten Schwab in Neuenbürg übertragen.

Neuenbürg, 19. Aug. Der kurzen Nach­richt über das Brandunglück in der Gemeinde Salmbach tragen wir folgendes nach: Das Feuer entstand gegen 10 Uhr in der mit Heu angefüllten, zum Gasthaus z. Ochsen gehörigen Scheuer, wo es alsbald lichterloh aufflammte und sich über das ganze Anwesen verbreitete. Von da überschlug das mächtige Feuer die Straße und entzündete den vereinzelt am Grunbacher Weg stehenden, zum Hause des Heinr. Schöninger, Gottlob Pfrommer und der Witwe Weil ge­hörigen schindelbedeckten Holzschopf. Fast gleich­zeitig stand auch das unmittelbar oberhalb am Ochsen am alten Engelsbrander Weg stehende Haus des Goldarbeiters Hermann Calmbacher in Flammen, ebenso bald darauf gegenüber das Doppelwohnhaus mit Scheune der Schöninger- Pfrommer-Weik. In diesem Anwesen befand sich auch die Bäckerei des Gottl. Pfrommer, sowie eine von Metzger Kübler betriebene Schlächterei. Trotz der Thätigkeit der Feuerwehr, welcher die Feuerwehren von Engelsbrand, Grunbach und Langenbrand zu Hilfe kamen, war an eine Rettung der brennenden Gebäude nicht zu denken, zumal, da ja im Ort auch kein Uebersluß an Wasser ist. (Wasser mußte auch von Engels­brand zugeführt werden.) Es war noch günstig, daß Südwestwind herrschte. Im .Ochsen", in welchem außer der Familie Löffler die aus 7 Köpfen bestehende Familie des Goldarbeiters Fricker wohnte, konnte fast nichts an Mobiliar gerettet werden; weniges, nur das nötigste, konnten auch die übrigen vom Brandünglück überraschten Familien den Flammen entreißen. Beteiligt an der Mobiliarversicherung sind die württ. Privat- Feuerversicherungs-Gesellschaft, eine Karlsruher, die Magdeburger und die Helvetia. Der Ver­sicherungswert der abgebrannten Gebäude beträgt ca. 27 500 Das total abgebrannte Anwesen zum Ochsen war eines der ältesten Gebäude; der gegenüberliegende, gleichfalls gänzlich eingeäscherte Gebäudekomplex stammte aus dem Jahr 1808. Der Brandfälle in der Gemeinde sind es in den letzten 30 Jahren 11 an der Zahl. Noch lebhaft in Erinner­ung ist der große Brand des Löwenwirtshauses und des Schul- und Rathauses am 24. Aug. 1893, wo 4 Kinder der Pforzheimer Ferienkolonie jämmerlich verbrannten. Diesmal mußte die im Neben­gebäude des Löwen untergebrachte Pforzheimer Kinderschaar wieder Zeuge eines Großseuers sein, das, wäre es bei Nacht ausgebrochen, sicherlich größere Ausdehnung angenommen hätte. Wie die Entstehung des damaligen Feuers heute noch nicht aufgeklärt ist, so bestehen auch über den heutigen Brandfall nur Vermutungen.

Grunbach, 16. Aug. Heute Samstag den 16. August verläßt uns wieder die aus 26 Mädchen bestehende Stuttgarter Ferienkol«nie. Dieselbe ist seit dem 25. Juli unter Führung der Lehrerin Fräulein Mack i« den Räumen des Union-Lustkurhauses zum Adler hier untergebracht. Daß Grunbach schon seit 18 Jahren Kolonie­ort ist, beweist am besten, daß die Kinder hier finden, was sie suchen und was für ihre Gesund heit zuträglich ist, nämlich herrliche Waldluft, angemessene Bewegung und gute Verpflegung. Daher gedeihen sie zusehends und manche, die bleichwangig «nd kränklich hier ankamen, können am Ende ihrer Ferienzeit den Eltern in blühen­dem Aussehen übergeben werden.

Pforzheim, 19. August. Heute morgen erschoß sich der in der Lindenstraße wohnhafte Goldarbeiter Christian Stockinger aus noch un­bekannter Ursache.

Vaihingen a. E., 19. August. Ein seit einigen Tagen im Pfarrhaus in Rieth auf Be­such weilendes 12 Jahre altes Mädchen aus Tübingen erlitt bei anscheinend bestem Wohlbefinden plötzlich einen Schlaganfall und war sofort tot.

Neuenbürg, 20. Aug. Auf dem heutigen Vierteljahrsviehmarkt waren ca. 150 Stück Läufer- und 170 Milchschweine zum Verkauf. Elftere galten bei lebhaftem Handel 40110 Milchschweine 2844 ^ pr. Paar. An Rind­vieh war nur weniges zugeführt.

Deutsches Weich

Neben dem fortgesetzten Streite um den Zolltarif hat das bekannte Telegramm des Kaisers an den Prinz-Regenten von Bayern die sommerliche Ruhe in unserem politischen Leben etwas unterbrochen und ein höheres politisches Interesse an der weiteren Entwicklung der all­gemein wichtigen Fragen im Deutschen Reiche erweckt. Wer indessen aus dem Telegramme des Kaisers folgert, daß er irgendwie den be­rechtigten Eigentümlichkeiten Bayerns damit Abbruch hätte thun wollen, der irrt sich Wohl sehr. Der Kaiser hat mit dem Telegramm offenbar nur in einer Frage, in der er inte­ressiert war, seine klare, deutliche und unzweifel­hafte Meinung sagen wollen. Aus München wird übrigens nach derAugsb. Abendztg." gemeldet, daß von Berlin aus die Veröffent­lichung des kaiserlichen Telegrammes ohne Ein­vernehmen mit München erfolgt sei. Von München aus sei in der Sache jede Mitteilung an die Presse vermieden worden, da man die Sache als eine persönliche Angelegenheit zwischen dem Kaiser und dem Prinz-Regenten ange­sehen habe.

Der Reichsrat Graf v. Moy, der Stifter der 100000 ^ für Kunstzwecke, ist gestern auf Einladung des Prinzregenten im Hoflager in Linderhof eiugetrosfen, wo er an den K. Jagden teilnehmen wird.

Metz, 18. Aug. Gestern nachmittag wurde die feierliche Weihe des vom Sachsenverein in Metz und Umgegend angekauften Hauses in Roncourt bei St. Privat, in dem in der Nacht vom 18. zum 19 Aug. 1870 der nunmehr ver storbene König Albert von Sachsen als Kronprinz nach der Schlacht bei St. Privat gewohnt hat, vollzogen.

Im preußischen Eisenbahnministerium wird geplant, zur Vermeidung von Betrügereien zweiteilige Rückfahrkarten einzuführen.

In einer vom Reichseisenbahnamt heraus­gegebenen Nachweisung von Zugverspät ungen nehmen, wie derStaatsanz." hervorhebt, die württembergischen Staatseisenbahnen die 38. Stelle ein, 37 deutsche Bahnen hatten verhältnis­mäßig mehr und nur 12 deutsche Bahnen ver­hältnismäßig weniger Verspätungen. Unter den Verwaltungen mit Bahngebieten von mehr als 1000 km haben die württ. Staatseisenbahnen die geringste Zahl von Zugverspätungen.

Berlin, 17. August. DieNordd. Allg. Ztg." schreibt: Die Finanzverwaltung hat bisher darauf verzichtet, zu den Erörterungen der Tages­blätter über denFall Löhning" ihrerseits in der Presse das Wort zu nehmen. Die Blätter selbst weisen darauf hin, daß die Löhning'sche Angelegenheit in der preußischen Volksvertretung zur Sprache kommen müsse. Dort ist der Ort, wo der zuständige Ressortminister zu dem Nach weis Gelegenheit finden wird, daß die den Intentionen der Staatsregierung direkt zuwider­laufende Haltung Löhnings in der Polenpolitik für seine Versetzung in den Ruhestand entscheidend gewesen ist.

Karlsruhe, 18. Aug. Als heute Vormit­tag 10.42 Uhr der Paris-Wiener Schnellzug den hiesigen Hauptbahnhof verließ, fuhr ihm eine Rangiermaschine in die Seite. Der direkte Wagen Avricourt - München wurde vollständig aus dem Geleise gehoben. Ein Personenwagen wurde zertrümmert. Ein Schaffner ist schwer verletzt. Von den Reisenden hat niemand Ver­letzungen erlitten. Der Materialschaden ist nicht erheblich. Der Schnellzug konnte mit Iflrstün- diger Verspätung die Fahrt fortsetzen. Infolge der Versperrung nach dem Ausfahrtsgeleise hatten die Mittagszüge ' - 2Istündige Verspätung.

Nürnberg, 14. Aug. Wegen Verkaufes von Ansichtspostkarten an Sonntagen während der Ladenschlußzeit erhielten zwei hiesige Wirte Strafmandate. Das Schöffengericht sprach jedoch den Gastwirt Fikenscher frei, weil Ansichtspost­karten als Bedarfsartikel für das Publikum zu erachten feien. Wie man hört, will die Amts­anwaltschaft Berufung einlegen. (Man scheint allmählich darauf zu kommen, daß es Unrecht und widersinnig ist, dem einen Gewerbe zu ver­bieten, was dem andern gestattet ist. Wenn bei­spielsweise die Ansichtskarte doch als Bedarfs­

artikel angesehen wird, so ist nicht einzusehen daß deren Verkauf im Laden an Sonntagen nicht durchweg ebenso gestattet sein soll, wie im Wirtshaus.)

Unterschlagungen in bedeutender Höhe man spricht von 120000 ^ sind bei der Firma Schäffer und Budenberg in Magde­burg begangen worden. Infolgedessen wurden zwei in verantwortlichen Stellen befindliche An­gestellte verhaftet, nach dem bereits vor ca. zwei Monaten zwei untergeordnete Beamte der Firma verhaftet worden find. Seit dieser Zeit wurden umfangreiche Nachforschungen angestellt, die zu den beiden letzten Verhaftungen geführt haben.

Breslau, 16. August. In Cziernakow (Rußland), nahe an der schlesischen Grenze, brach in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag ein verheerendes Feuer aus. Ueber 200 holz- bedeckte Gebäude sind vollständig eingeäschert. 150 Familien sind obdachlos und die Ernte ist vernichtet. Mehrere Kinder sind in den Flammen umgekommen. Bei den Rettungsarbeiten wurden viele Personen verwundet.

Ensisheim, 16. Aug. Ueber einen Vorfall im hiesigen Zuchthaus, bei dem ein Sträfling erschossen wurde, berichtet derExpreß": Der Sträfling gelangte aus seiner Flucht auf das Dach und bombardierte einen ihn verfolgenden Wächter mit Dachziegeln, sodaß sich dieser ihm nicht nähern konnte. Der Wächter rief nun um Hilfe, und das Wachkommando besetzte die Mauer. Der wachthabende Leutnant forderte den Flüchtling auf, sich zu ergeben. Dieser setzte aber sein Bombardement um so eifriger fort. Darauf erhielt ein Unteroffizier Befehl zum Schießen. Der Schuß traf und der Sträfling fiel herab.

Er hauchte bald seinen Geist aus. Der auf­regende Vorfall hatte eine große Menschenmenge herbeigelockt.

Aus der Pfalz, 17. August. War der Verkehr mit Obst in den letzten Wochen schon ! ein recht lebhafter, so war derselbe in den letzten Tagen infolge der raschen Ausreifung der ver­schiedenen Obstsorten ein so umfangreicher, daß die Märkte die zugeführten Mengen kaum fassen ^ konnten. Trotz dieses Umstandes konnten sämt­liche Bestände rasch und sogar zu steigende» , Preisen Absatz finden. Im Vordergründe dn Nachfrage standen Birnen und Aepfel, die zu Preisen zwischen 916, bezw. 1016 ^ je nach Güte und Menge die 50 kg abgesetzt wur­den. Zwetschgen gingen in größeren Posten zu 1246, Pflaumen zu 711, Mirabellen und i Reineclauden zu 1318, Aprikosen zu 2225, ^ Pfirsiche zu 2830 und türkische Kirschen zu ^ 1517 ^ der Zentner in andere Hände über. Infolge rascher Ausreifung der Malingretrauben kamen in den jüngsten Tagen auch größere Quantitäten hiervon zur Anlieferung. Zu Nenn ungen von 3040 wechselten solche die kg ihre Eigner. Die Einwirkungen der in den letzten Tagen herrschenden warmen Tage und lauen Nächte machte sich auf beste Weise an den Trauben sichtbar. In allen, sogar in den ge­ringsten Lagen, sind die Trauben in das Sta­dium der Reife getreten. Der Weinftöck und das Laub sind gesund und gut entwickelt. Trauben- und Laubkrankheiten sind bis jetzt nicht zu ver­zeichnen gewesen. Im allgemeinen rechnet man auf einen befriedigenden Herbstertrag. Im Wein­handel machte sich in den jüngsten Tagen recht viel Leben bemerkbar. 1900er und 1901er Weine wurden in größeren Quantitäten vom Handel zu steigenden Preisen aufgekauft.

Vom Gebiet, 17. August. Ein reicher Obstertrag, wie seit 2 Jahren nicht mehr, steht dieses Jahr wieder in unserer Gegend in Aus­sicht, trotz des schlechten Wetters, welches das Frühjahr uns brachte. Am Besten sieht man dies daran, daß in einzelnen Orten in den Ge­meindewäldern sehr viele Baumstützen gehauen werden, ebenso auch in Privatwaldungen. Be­sonders giebt cs viele Aepfel; Birnen sind sorten­weise weniger zahlreich geraten.

Württemberg.

Haftpflicht der Gemeinden. Zu dieser vielumstritteneu Frage findet sich in der neuesten Nummer der Württ. Gemeindeztg. ein interes­santer Beitrag, dem Nachstehendes entnommen ist: Am Abend des 16. Dez. 1900 fiel der